TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/30 W138 2221588-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.10.2019
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Entscheidungsdatum

30.10.2019

Norm

ABGB §1005
AVG §10
B-VG Art133 Abs4
VermG §17 Z1
VermG §18
VermG §18a Abs1
VermG §18a Abs2
VermG §25 Abs1
VermG §25 Abs2
VermG §3 Abs4
VermG §43 Abs6
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W138 2221588-1/28E

W138 2221589-1/28E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Klaus HOCHSTEINER über die Beschwerden des 1. A XXXX SCH XXXX (W138 2221588-1) und der 2. Mag. M XXXX S XXXX (W138 2221589-1), beide XXXX , beide vertreten durch Winkler & Riedl Rechtsanwälte OG, Wiener Straße 7-9, Top 1/4, 3430 Tulln, gegen den Bescheid des Vermessungsamtes Wien, Obere Donaustraße 55, 1020 Wien vom 12.06.2019, Geschäftsfallnummer 1763/2017/01 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.10.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden des 1. A XXXX SCH XXXX (W138 2221588-1) und der 2. Mag. M XXXX S XXXX (W138 2221589-1) vom 10.07.2019 werden als unbegründet abgewiesen und der bekämpfte Bescheid des Vermessungsamtes Wien vom 12.06.2019, Geschäftsfallnummer 1763/2017/01 voll inhaltlich bestätigt

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Eigentümer des Grundstückes (Gst) 1689/1 der KG XXXX , A XXXX A XXXX (im Weiteren: mitbeteiligte Partei), beantragte am 02.08.2017 beim Vermessungsamt Wien gem. § 17 Z 1 VermG die Umwandlung des Gst 1698/1 der KG XXXX vom Grundsteuer- in den Grenzkataster. Das im gemeinsamen grundbücherlichen Eigentum stehende Gst 1554 der KG XXXX der beiden Beschwerdeführer (BF), grenzt nach der planlichen Darstellung in der digitalen Katastralmappe (DKM) an das umzuwandelnde Grundstück an.

Mit Bescheid des Vermessungsamtes Wien vom 05.06.2018, GFN 890/2018/01 wurden die BF als Eigentümer des Gst 1554 der KG XXXX aufgefordert, binnen 6 Wochen ein für die Bereinigung des Grenzstreites bestimmtes gerichtliches Verfahren anhängig zu machen. Begründet wurde dieser Bescheid im Wesentlichen damit, dass die Behauptung zum Grenzverlauf der beiden Beschwerdeführer nicht mit den Behauptungen der übrigen Eigentümer, die die Grenze laut den Behelfen des Katasters anerkennen würden, übereinstimmen würde. Für die Klärung der Eigentumsgrenze sei das Bezirksgericht und nicht die Vermessungsbehörde zuständig. Aus diesem Grunde wurden die BF gemäß § 25 Abs. 2 VermG aufgefordert, binnen 6 Wochen ab Rechtskraft der Bescheide ein Gerichtsverfahren zur Klärung des Grenzverlaufes anhängig zu machen.

Dagegen erhoben die BF fristgerecht im Wesentlichen gleichlautende Beschwerden.

Mit rechtskräftigen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.04.2019 zu den GZ W138 2207336-1/11E und W138 2207171-1/11E wurde den Beschwerden insoweit stattgegeben als der bekämpfte Bescheid des Vermessungsamtes Wien vom 05.06.2018, Geschäftsfallnummer 890/2018/01 ersatzlos behoben wurde. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass eine einmal vorbehaltlos erteilte Zustimmung nicht einseitig zurückgezogen werden könne. Die mittels Unterschrift bestätigten Zustimmungserklärungen gem. § 43 Abs. 6 VermG der BF im Verfahren der Landvermesser E XXXX GZ: 11056 seien daher für die BF bindend. Daran ändere auch der Hinweis der Landvermesser E XXXX auf der diesbezüglichen Urkunde nichts. Sollten die BF der Ansicht sein, dass sie bei Abgabe ihrer Erklärungen zur Festlegung des Grenzverlaufes einem Irrtum unterlegen wären, so könne dies nur im Wege einer zivilgerichtlichen Anfechtung wegen Irrtums geltend gemacht werden. Folge daraus sei, dass das Vermessungsamt Wien nach Erlangung der letzten noch fehlenden Unterschriften der Eigentümer des Gst. 1698/2 KG XXXX im Verfahren gem. § 18a Abs. 1 VermG gar nicht mehr zu einer Grenzverhandlung laden hätte dürfen, da ja auch die Unterschriften der BF zum Grenzverlauf zweifelsfrei bereits vorhanden waren. Somit hätte der Gerichtsverweis an die BF nicht ausgesprochen werden dürfen und sei dieser Bescheid daher spruchgemäß ersatzlos zu beheben. In weiterer Folge werde das Vermessungsamt Wien zu prüfen haben, ob sämtliche Voraussetzungen für eine Umwandlung gem. § 17 Z 1 VermG gegeben sind und allfällig einen Umwandlungsbescheid zu erlassen haben.

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des Vermessungsamtes Wien vom 12.06.2019, GFN 1763/2017/01 wurde das Grundstück 1698/1 der Katastralgemeinde XXXX auf Grund des Antrages vom 02.08.2017 von A XXXX A XXXX , vom Grundsteuerkataster in den Grenzkataster umgewandelt.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht die gegenständlichen Beschwerden und führten zusammengefasst aus, dass nicht dargelegt worden sei, dass für einen anderen Grundstückseigentümer die Zustimmungserklärung eingeholt werden solle. Es sei nicht dargelegt worden, dass es sich nicht um eine Grenzverhandlung durch eine behördliche Stelle handle. Über die Rechtsfolgen der Zustimmungserklärung sei nicht aufgeklärt worden. Die Grenzpunkte seien nicht abgeschritten und besprochen worden. Die Beschwerdeführer hätte nicht gewusst, wozu sie unterschreiben. Der Grenzverlauf sei unklar und die Beschwerdeführer seien nicht in das Ermittlungsverfahren eingebunden gewesen.

Der Bescheid des Vermessungsamtes Wien vom 05.06.2018, GZ 890/2019/01 und das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes seien noch nicht rechtskräftig. Der angefochtene Bescheid hätte daher nicht erlassen werden dürfen. Der Bescheid sei widersprüchlich. Die Zustimmungsverweigerung sei im Einvernehmen aller Beteiligten erfolgt und anerkannt worden. Die belangte Behörde habe die Begründung des Bundesverwaltungsgerichtes übernommen, ohne die Rechtskraft abzuwarten. Die Unterschrift sei einvernehmlich als nicht abgegeben und verweigert vermerkt worden. Die Grenzpunkte seien den BF, bis auf einen, vom Vermessungsamt nicht in Natura gezeigt worden und seien auf den Plänen nicht erkennbar gewesen. Die belangte Behörde habe kein Ermittlungsverfahren durchgeführt und sich lediglich auf die nicht rechtskräftige Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichtes gestützt.

Im Zuge eines Parteiengehörs führte die mitbeteiligte Partei aus, dass sie Herrn DI P XXXX beauftragt und bevollmächtigt habe ihre Liegenschaft zu vermessen bzw. die Umwandlung in den Grenzkataster mit allen dafür notwenigen Arbeiten durchzuführen.

Auch DI XXXX P XXXX gab im Rahmen des Parteiengehörs an, dass er bevollmächtigt worden sei Zustimmungen zum

Grenzverlauf einzuholen, da dies im Zuge der Grenzverhandlung

wesentlicher Bestandteil seines Auftrages sei. Ihm sei jedoch keinerlei schriftliche Vollmacht

erteilt worden die Unterschriften der Beschwerdeführer vom

Grenzverhandlungsprotokoll zu streichen.

Mit Stellungnahme vom 20.08.2019 führten die Beschwerdeführer aus, dass keine Zustimmung von Seiten der Beschwerdeführer vorläge. Es werde bestritten, dass es sich um eine Grenzverhandlung gehandelt habe. Die Vollmachtserteilung an das Vermessungsbüro E XXXX sei nur mündlich erfolgt. Es sei davon auszugehen, dass keine wirksame Vollmacht erteilt worden sei, da eine schriftliche Vollmacht erforderlich sei. Zudem sei die Veranlassung von Seiten des Antragstellers durch seine Lebensgefährtin erfolgt. Da keine Vollmacht vorliege, sei auch vom Antragsteller keine Erklärung hinsichtlich des Grenzverlaufes abgegeben worden.

Mit Stellungnahme vom 02.09.2019 führte DI P XXXX aus, dass es sich am 19.06.2017 sehr wohl um eine Grenzverhandlung gehandelt habe. Die Auftragserteilung seitens des Antragstellers sei mündlich über Frau A XXXX -H XXXX eingelangt. Frau A XXXX H XXXX habe auch bei der Grenzverhandlung als "Dolmetsch" für Herrn A XXXX fungiert. Die Zurückziehung der Unterschriften der Beschwerdeführer nach der Grenzverhandlung sei sein Fehler gewesen. Er sei davon ausgegangen, dass geleistete Unterschriften jederzeit zurückgezogen werden könnten, solange der Plan samt Protokoll noch nicht am Vermessungsamt eingereicht worden sei.

Mit Stellungnahme vom 10.09.2019 führte Frau A XXXX H XXXX in Vertretung für Herrn A XXXX aus, dass sie DI P XXXX beauftragt hätten. Sie hätten den Eindruck gehabt, dass die Beschwerdeführer mit dem Grenzverlauf einverstanden gewesen seien, weil diese kaum Fragen gestellt und die Zustimmungserklärung unterschrieben hätten. Es habe von ihrer Seite aus nie ein Einverständnis über irgendeine Zurückziehung von Unterschriften zum Grenzverlauf gegeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Am 02.08.2017 beantragte Herr A XXXX A XXXX , der grundbücherliche Eigentümer des Grundstückes 1689/1 der KG XXXX , beim Vermessungsamt Wien gemäß § 17 Z 1 VermG die Umwandlung des Grundstückes 1689/1 der KG XXXX vom Grundsteuer- in den Grenzkataster. Grundlage des Antrags bildete der Plan der Landvermesser E XXXX , GZ 11056 vom 20.06.2017 samt Niederschrift zur Grenzverhandlung inkl. dem Blatt "Zustimmungserklärung".

Die Niederschrift enthält, soweit entscheidungswesentlich, nachfolgende Ausführungen:

"[...]

Anwesende Grundeigentümer oder schriftlich bevollmächtigte Vertreter:

H. A XXXX A XXXX

[...]

Fr. Mag. S XXXX M XXXX

Hr. Sch XXXX A XXXX

"Der nachstehend beschriebene, seit der letzten Vermessung unverändert gebliebene Grenzverlauf wurde in der Natur überprüft und vermarkt, gekennzeichnet und den anwesenden Eigentümern und Vertretern unter Vorhalt der vorhandenen Unterlagen zur Kenntnis gebracht. Anschließend wurde dazu eine Sachverhaltsdarstellung aufgenommen.

Grenzverlauf und Sachverhaltsdarstellung

Die anwesenden Grundeigentümer stimmen dem im zugehörigen Plan/ nachstehend beschriebenen Grenzverlauf vollinhaltlich zu.

[...]

Die Grenze von Gst. 1698/1 zu Gst. 1554 geht von Punkt 6558 (ZS) zu Punkt 6559 (ME) zu Punkt 6560 (ME).

Zustimmungserklärung

Verzeichnis der Eigentümergemäß Vermessungsgesetz:

Die in nachstehendem Verzeichnis anwesenden Eigentümer stimmen gemäß § 43 Abs. 6 Vermessungsgesetz dem in der Natur festgelegten und im zugehörigen Plan dargestellten Grenzverlauf zu.

[...]"

Die Beschwerdeführer ("BF") sind grundbücherliche Miteigentümer des Grundstückes 1554 der KG XXXX . Die Grundstücke der Beschwerdeführer und der mitbeteiligten Partei grenzen aneinander an. (Offenes Grundbuch, digitale Katastralmappe).

Die beiden Beschwerdeführer haben die vorgenannte Zustimmungserklärung vorbehaltlos unterfertigt. Bei den Unterschriften der beiden BF findet sich der Hinweis "Unterschrift zurückgezogen!", jeweils versehen mit dem Siegel der Landvermesser E XXXX .

Die Unterschriften der beiden BF wurden erst Tage nach deren Leistung nach Rücksprache mit deren Rechtsvertreter zurückgezogen. (Akt des VA Wien)

Mit rechtskräftigen Erkenntnissen des BVwG vom 15.04.2019 zu den Zahlen W138 2207336-1/11E, W138 2207171-1/11E hat das Bundesverwaltungsgericht die Feststellungen getroffen, dass nicht festgestellt werden könne, dass den BF nicht bewusst gewesen wäre, wozu sie ihre Zustimmung erteilten. Eine einmal vorbehaltlos erteilte Zustimmung könne nicht einseitig zurückgezogen werden. Die mittels Unterschrift bestätigten Zustimmungserklärungen gem. § 43 Abs. 6 VermG der BF im Verfahren der Landvermesser E XXXX GZ: 11056 seien daher für die BF bindend. Daran ändere auch der Hinweis der Landvermesser E XXXX auf der diesbezüglichen Urkunde nichts. Sollten die BF der Ansicht sein, dass sie bei Abgabe ihrer Erklärungen zur Festlegung des Grenzverlaufes einem Irrtum unterlegen waren, so könne dies nur im Wege einer zivilgerichtlichen Anfechtung wegen Irrtums geltend gemacht werden. Folge daraus sei, dass das Vermessungsamt Wien nach Erlangung der letzten noch fehlenden Unterschriften der Eigentümer des Gst. 1698/2 KG XXXX im Verfahren gem. § 18a Abs. 1 VermG gar nicht mehr zu einer Grenzverhandlung laden hätte dürfen, da ja auch die Unterschriften der BF zum Grenzverlauf zweifelsfrei bereits vorhanden waren. Somit hätte der Gerichtsverweis an die BF nicht ausgesprochen werden dürfen und sei dieser Bescheid daher spruchgemäß ersatzlos zu beheben. In weiterer Folge werde das Vermessungsamt Wien zu prüfen haben, ob sämtliche Voraussetzungen für eine Umwandlung gem. § 17 Z 1 VermG gegeben sind und allfällig einen Umwandlungsbescheid zu erlassen haben.

Mit gegenständlich bekämpften Bescheid des Vermessungsamtes Wien vom 12.06.2019, GFN 1763/2017/01 wurde das Grundstück 1698/1 der Katastralgemeinde XXXX auf Grund des Antrages vom 02.08.2017 von A XXXX A XXXX , vom Grundsteuerkataster in den Grenzkataster umgewandelt.

Fristgerecht wurden von den Beschwerdeführern die gegenständlichen Bescheidbeschwerden erhoben. (Akt des BVwG)

Frau A XXXX H XXXX wurde durch die mitbeteiligte Partei rechtswirksam bevollmächtigt die Vermessungsbüro E XXXX zu beauftragen, ein Umwandlungsverfahren in den Grenzkataster nach § 17 Z 1 VermG einzuleiten und die erforderlichen Vorarbeiten durchzuführen. Eine schriftliche Bevollmächtigung liegt nicht vor. (Aussage von Herrn A XXXX und Frau A XXXX H XXXX in der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2019)

Die BF und Herr A XXXX persönlich haben rechtsverbindlich in der "Grenzverhandlung" der Vermessungsbüro E XXXX die Zustimmungserklärungen zum Grenzverlauf unterschrieben. (Akt des BVwG)

Herr A XXXX war sich der Folgen der Unterfertigung der Zustimmungserklärungen und des damit bestätigten Grenzverlaufes bewusst (Aussage von Herrn A XXXX in der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2019)

Die Streichung der Unterschriften der BF auf der Zustimmungserklärung durch DI P XXXX wurde nicht von allen Beteiligten anerkannt oder wurde dieser zugestimmt. DI P XXXX , Landvermesser E XXXX war nicht bevollmächtigt der Rücknahme der Zustimmungserklärungen durch die BF, für A XXXX A XXXX zuzustimmen oder diese anzuerkennen. Eine diesbezügliche Erklärung wurde den BF gegenüber auch nicht abgegeben. Die Streichung der Unterschriften der BF auf der Zustimmungserklärung erfolgte auf Wunsch der BF. Die Unterschrift der mitbeteiligten Partei und der anderen betroffenen Nachbarn wurden nicht gestrichen. (Stellungnahme von A XXXX A XXXX vom 10.09.2019, Aussagen des DI P XXXX , der mitbeteiligten Partei und seiner Vertreterin in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG; Akt des VA Wien).

Auch im beschwerdegegenständlichen Verfahren vor dem VA Wien wurde die mitbeteiligte Partei rechtswirksam durch Frau A XXXX H XXXX vertreten (Akt des VA Wien)

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem eindeutigen Akteninhalt, den Angaben des öffentlichen Grundbuches, der digitalen Katastralmappe und den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2019 im Verfahren W138 2221589-1/27Z und W138 2221588-1/27Z des BVwG.

Frau A XXXX H XXXX trat nach glaubhaften und nachvollziehbaren Angaben von Herrn A XXXX und Frau A XXXX H XXXX selbst in Vollmachtsnamen für die mitbeteiligte Partei bei der Beauftragung von DI P XXXX auf. Herr A XXXX führte dabei nachvollziehbar aus, dass er Frau A XXXX H XXXX beauftragt habe für ihn tätig zu werden, da sie bessere Deutschkenntnisse habe. Auch DI P XXXX gab in der mündlichen Verhandlung an, zu keinem Zeitpunkt den Eindruck gehabt zu haben, dass Herr A XXXX nicht mit seinem oder dem Handeln von Frau A XXXX H XXXX einverstanden gewesen wäre. Herr A XXXX hat in der "Grenzverhandlung" auch selbst die Zustimmungserklärung abgegeben und die Zustimmungserklärung unterfertigt. Es konnte daher festgestellt werden, dass Frau A XXXX H XXXX durch Herrn A XXXX bevollmächtigt war durch die Beauftragung von DI P XXXX ein Umwandlungsverfahren und die dafür notwendigen Vorarbeiten in den Grenzkataster nach § 17 Z 1 VermG einzuleiten und Herr A XXXX selbst die Zustimmungserklärung zum Grenzverlauf unterschrieben hat.

Die BF haben selbst bestätigten die Zustimmungserklärungen der Niederschrift zur Grenzverhandlung der Landvermesser E XXXX unterfertigt zu haben und erst Tage danach nach Rücksprache mit deren Rechtsvertretung, versucht zu haben die Unterschriften zurück zu nehmen. Es ergibt sich daher kein Umstand an der erfolgten rechtswirksamen Unterschriftsleistung der BF und der mitbeteiligten Partei zu zweifeln.

Frau A XXXX H XXXX und Herr A XXXX gaben ausdrücklich und glaubhaft an, DI P XXXX nicht dazu bevollmächtigt zu haben Zustimmungserklärungen zurückzunehmen. Sie führten zudem nachvollziehbar und glaubhaft an, dass es auch kein Einvernehmen über die Rücknahme der Zustimmungserklärungen gegen hat. DI P XXXX gab ebenfalls an, keine derartige Vollmacht erhalten zu haben. Er hat die Zustimmungserklärungen der BF ohne Rücksprache mit Herrn A XXXX oder Frau A XXXX H XXXX , aufgrund des Wunsches der Rechtsvertretung der Beschwerdeführer gestrichen. Die BF führten übereinstimmend aus, dass es keine Kontaktaufnahme zwischen ihnen und Herrn A XXXX oder weiteren Verfahrensparteien gegeben hat. Es konnte daher festgestellt werden, dass es keine Einigung zwischen den BF und Herrn A XXXX oder anderer Verfahrensparteien über die einvernehmliche Rücknahme der Zustimmungserklärungen gegeben hat.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG iVm § 3 Abs. 4 VermG hatte das BVwG gegenständlich durch Einzelrichter zu entscheiden und dabei mangels Sonderverfahrensvorschriften im VermG das VwGVG und subsidiär das AVG als Verfahrensgesetz anzuwenden.

3.1.1. Das Vermessungsgesetz lautet in den hier interessierenden Teilen wie folgt:

§ 17. Die Umwandlung (§ 15 Abs. 1 Z 1) erfolgt

1. auf Antrag des Eigentümers gemäß § 18,

[...]

§ 18. Dem Antrag auf Umwandlung gemäß § 17 Z 1 ist ein Plan einer der im § 1 Abs. 1 Z 1, 3 und 4 sowie Abs. 2 des Liegenschaftsteilungsgesetzes, BGBl. Nr. 3/1930, bezeichneten Personen oder Dienststellen, der den Voraussetzungen des § 39 Abs. 3 entspricht, anzuschließen.

§ 18a. (1) Sind bei Anträgen gemäß § 17 Z 1 nicht alle Zustimmungserklärungen im Protokoll gemäß § 43 Abs. 6 beigebracht worden, so hat das zuständige Vermessungsamt ein Ermittlungsverfahren zum Zwecke der Erlangung fehlender Zustimmungen zum Grenzverlauf einzuleiten.

(2) Können im Zuge des Ermittlungsverfahrens die fehlenden Zustimmungserklärungen nicht erlangt werden, so sind mit Einverständnis des Antragstellers zur Fortführung des Verfahrens jene Eigentümer, die für die Grenzfestlegung erforderlich sind, zu einer Grenzverhandlung zu laden. Die Bestimmungen der §§ 24 bis 28 Abs. 1 sind anzuwenden.

[...]

§ 43.

[...]

(6) Sind von Plänen über Vermessungen nach Abs. 4 Grundstücke betroffen, die noch nicht im Grenzkataster enthalten sind, so ist ein beurkundetes Protokoll über die Festlegung des Grenzverlaufs mit den Unterschriften der Eigentümer der angrenzenden und der betroffenen Grundstücke anzuschließen (Zustimmungserklärungen). Wenn diese Zustimmungen nicht zu erlangen waren, hat das Protokoll eine Erklärung des Planverfassers hierüber unter Angabe der Namen und Adressen der betreffenden Eigentümer zu enthalten. Für bereits im Grenzkataster enthaltene Grenzen ist eine Zustimmung nicht mehr erforderlich. Bei Mappenberichtigungen hat das Protokoll überdies die Erklärung der Eigentümer zu enthalten, dass der Grenzverlauf seit der letzten Vermessung unverändert geblieben ist, oder dem Eigentümer kein anderer Grenzverlauf bekannt ist.

Zu A)

Mit rechtskräftigen Erkenntnissen des BVwG vom 15.04.2019 zu den Zahlen W138 2207336-1/11E und W138 2207171-1/11E wurde festgestellt, dass eine einmal vorbehaltlos erteilte Zustimmung nicht einseitig zurückgezogen werden kann. Die mittels Unterschrift bestätigten Zustimmungserklärungen gem. § 43 Abs. 6 VermG der BF im Verfahren der Landvermesser E XXXX GZ: 11056 sind daher für die BF bindend. Daran ändert auch der Hinweis der Landvermesser E XXXX auf der diesbezüglichen Urkunde nichts. Sämtliches Vorbringen hinsichtlich der Umstände der Abgabe der Zustimmungserklärungen ist auf Grund der vorgenannten rechtskräftigen Erkenntnisse des BVwG nicht entscheidungswesentlich.

Das Vermessungsamt Wien sprach aufgrund dieser Feststellungen mit gegenständlichen Bescheid aus, dass der Grenzverlauf des umzuwandelnden Grundstückes mit den Zustimmungen im Protokoll des Planverfassers und den im Verfahren gemäß § 18a Abs 1 VermG abgegeben Zustimmungserklärungen aller beteiligten Eigentümer rechtsverbindlich geklärt ist und daher die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Umwandlung gegeben sind.

Die BF monieren diesbezüglich, dass sich das VA Wien auf eine nicht rechtskräftige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts stütze. Dabei verkennen die BF, dass die Verbindlichkeit einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes bereits mit ihrer Erlassung eintritt. Die Entscheidung ist bis zu einer allfälligen Aufhebung verbindlich (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht, 10. Auflage, RZ 869).

Einem allfälligen Rechtsmittel der BF gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.04.2019, zu den Zahlen W138 2207336-1/11E und W138 2207171-1/11E, wurde bis zum Entscheidungszeitpunkt die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt. Das Vermessungsamt Wien war daher gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihm zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Da keine Änderung des Sachverhalts eingetreten ist, hat sich das Vermessungsamt Wien zurecht auf die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes gestützt.

Im angefochtenen Bescheid führt das Vermessungsamt Wien aus, dass nicht eindeutig erkennbar gewesen sei, ob die Zustimmungserklärungen der BF vorhanden waren und daher eine Grenzverhandlung durchgeführt worden sei. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes sei klargestellt worden, dass die Zustimmungserklärungen der BF nicht einseitig zurückgezogen werden konnten und daher bindend sind. Da mit den Zustimmungen im Protokoll des Planverfassers und den im Verfahren gemäß § 18a Abs. 1 VermG abgegeben Zustimmungserklärungen aller Beteiligten der Grenzverlauf des umzuwandelnden Grundstückes rechtsverbindlich geklärt sei, ging das Vermessungsamt Wien davon aus, dass alle Voraussetzungen für eine Umwandlung gegeben sind. Inwieweit der angefochtene Bescheid widersprüchlich sein soll, konnte aufgrund dieser schlüssigen Begründung nicht nachvollzogen werden. Dies zumal das Vermessungsamt Wien wie oben schon näher ausgeführt, an die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes gebunden ist.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Bescheid des Vermessungsamtes Wien vom 05.06.2018, GFN 890/2018/01, von den BF angefochten und vom BVwG behoben wurde. Folglich war in Bezug auf den noch offenen Antrag neuerlich ein Bescheid, mit Bindung an die Entscheidungen des BVwG, von der Behörde zu erlassen. (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht, 10. Auflage, RZ 464). Entgegen den Ausführungen der BF, wurde mit dem angefochtenen Bescheid daher nicht zweimal in der selben Sachen entschieden.

Auf das Vorbringen der BF in Bezug auf das Verfahren gemäß § 25 Abs. 1 VermG bzw. die Grenzverhandlung des Vermessungsamtes Wien, war nicht näher einzugehen, da die Voraussetzungen für die Umwandlung bereits davor vorlagen. Die Geschehnisse bei der Grenzverhandlung des Vermessungsamt Wien haben daher keine Relevanz für den Ausgang des gegenständlichen Verfahrens. Auch Einwände gegen die zuvor geführten Verfahren vor dem BVwG können nicht Inhalt einer Bescheidbeschwerde sein.

Entgegen dem Vorbringen der BF, wurde die Rücknahme der Zustimmungserklärungen weder von allen Beteiligten anerkannt, noch gab es ein Einvernehmen darüber. Wie Herr A XXXX , Frau A XXXX H XXXX und DI XXXX P XXXX mehrfach bestätigten, war DI P XXXX nicht bevollmächtigt der Rücknahme der Zustimmungserklärungen durch die BF zuzustimmen. Eine solche Erklärung wurde auch gegenüber den BF oder deren Rechtsvertretung nicht abgegeben. Herr A XXXX und Frau A XXXX H XXXX selbst haben der Rücknahme der Zustimmungserklärungen durch die BF auch nicht zugestimmt. Der Hinweis der Landvermesser E XXXX bei den Unterschriften der BF hat daher wie das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 15.04.2019 schon rechtsverbindlich feststellte, keine rechtliche Bedeutung.

Die BF führen in der Stellungnahme vom 20.08.2019 aus, dass die Bevollmächtigung des Vermessungsbüros E XXXX schriftlich erfolgen hätte müssen, um wirksam zu sein und verweisen dazu auf § 10 AVG. Die BF verkennen jedoch, dass das AVG auf die "Grenzverhandlung" eines Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen nicht anwendbar ist, da es sich dabei nicht um ein behördliches Verwaltungsverfahren handelt. Bevollmächtigung sind nach § 1005 ABGB formfrei. Die Vermessungsbüro E XXXX konnte daher von Herrn A XXXX selbst bzw. in Vertretung desselben durch Frau A XXXX H XXXX auch mündlich wirksam beauftragt werden. Dass die Beauftragung der Vermessungsbüro E XXXX faktisch durch Frau A XXXX H XXXX erfolgte, ändert nichts an deren Wirksamkeit, da Frau A XXXX H XXXX im Namen von Herrn A XXXX und für diesen die Beauftragung vornahm. Herr A XXXX war selbst bei der Grenzverhandlung der Vermessungsbüros E XXXX anwesend und hat die Zustimmungserklärung eigenhändig unterschrieben. Aus welchen Grund die BF meinen, die Behörde hätte feststellen müssen, dass von Herrn A XXXX keine Zustimmungserklärung zu erlangen war, ist daher schleierhaft. Weder das ZTG noch das VermG fordern, dass die Beauftragung eines IKV schriftlich erfolgen muss. Aus dem Hinweis auf der Niederschrift zur Grenzverhandlung des DI P XXXX "[...] Anwesende Grundeigentümer oder schriftlich bevollmächtigte Vertreter [...]" ist rechtlich nicht der Schluss zu ziehen, dass die Beauftragung des IKV selbst schriftlich zu erfolgen hat. Diese Forderung des IKV dient vornehmlich dem Zweck Beweisprobleme hinsichtlich der rechtswirksamen Abgabe von Zustimmungserklärungen bei Prüfung durch die Vermessungsbehörde zu vermeiden.

Die Zustimmungserklärungen der BF sind, wie schon mit Erkenntnissen des BVwG vom 15.04.2019 rechtskräftig festgestellt, verbindlich. Mit Erlangung der letzten noch fehlenden Unterschriften der Eigentümer des Gst. 1698/2 KG XXXX im Verfahren gem. § 18a Abs. 1 VermG, waren daher alle erforderlichen Unterschriften zum Grenzverlauf des umzuwandelnden Grundstücks vorhanden.

Da somit sämtliche Voraussetzungen für eine Umwandlung gem. § 17 Z 1 VermG gegeben sind hat das Vermessungsamt Wien den Umwandlungsbescheid zu Recht erlassen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Absatz 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wobei auf die unter zu A) zitierten Entscheidungen verwiesen wird. Es liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung einer zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Bindungswirkung Gerichtsbarkeit Grenzkataster Grenzpunkt Grenzverhandlung Grenzverlauf Grundsteuerkataster Grundstück Irrtum mündliche Verhandlung Niederschrift Protokoll Umwandlung Umwandlungsbescheid Umwandlungsbeschluss Unterfertigung Unterschrift Vermessung Verweis Vollmacht Zurückziehung Zustimmungserklärung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W138.2221588.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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