TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/7 W221 2204228-1

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Veröffentlicht am 07.01.2020
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Entscheidungsdatum

07.01.2020

Norm

BDG 1979 §44
BDG 1979 §51
BDG 1979 §52
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W221 2204228-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch RA Dr. Martin Riedl, gegen den Bescheid des Personalamtes Wien der Österreichischen Post AG vom 29.06.2018, Zl. PAW-012006/16, betreffend Feststellungen in Angelegenheit einer Weisung, zu Recht:

A)

I.) Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt 1.) des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen und der Spruch des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe bestätigt, dass Spruchpunkt 1. zu lauten hat:

"Der mit Schreiben vom 28.08.2017 gestellte Antrag auf bescheidmäßige Absprache über die Rechtmäßigkeit und Befolgungspflicht der Weisung, sich einer Krankenbehandlung zu unterziehen, wird als unzulässig zurückgewiesen."

II.) Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt 3. stattgegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 02.08.2017, wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass aus einem von der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) im Rahmen eines eingeleiteten Ruhestandversetzungsverfahrens erstellten Stellungnahme des Chefärztlichen Dienstes vom 13.12.2016 und einem ärztlichen Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie vom 30.11.2016 hervorgehe, dass der Beschwerdeführer derzeit nicht in der Lage sei, die Anforderungen seines Arbeitsplatzes zu erfüllen, jedoch eine leistungskalülrelevante Besserung des Gesundheitszustandes durch fachärztlich-psychiatrische Behandlung sowie Psychopharmakologie und Psychotherapie für möglich gehalten und eine Nachuntersuchung empfohlen worden sei. Der Beschwerdeführer wurde daher unter Berücksichtigung des § 51 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) aufgefordert, die vorgeschlagenen und zumutbaren Krankenbehandlungen in Anspruch zu nehmen.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 26.08.2017 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er einen erneuten Untersuchungstermin bei der PVA am 29.01.2018 zwar wahrgenommen, eine Untersuchung aber verweigert habe, weshalb ihm ein neuer Untersuchungstermin am 21.03.2018 bekanntgegeben wurde. Auch wurde der Beschwerdeführer darauf aufmerksam gemacht, dass gemäß §§ 51 und 52 BDG 1979 sich der Beamte einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen habe, sofern berechtigte Zweifel an seiner Dienstfähigkeit bestünden. Dies sei aufgrund der Gutachten der PVA der Fall. Darüber hinaus wurde hingewiesen, dass ein neuerliches Nichtzulassen einer ärztlichen Untersuchung eine Dienstpflichtverletzung darstelle und eine allfällige Abwesenheit vom Dienst sodann gemäß § 52 BDG 1979 als ungerechtfertigt zu werten sei, was neben dienstrechtlichen auch bezugsrechtliche Konsequenzen für den Beschwerdeführer habe.

Mit Schreiben vom 28.08.2017 nahm der Beschwerdeführer zu einem Schreiben der belangten Behörde vom 02.08.2017 Stellung und führte aus, dass der von der PVA herangezogene Facharzt befangen sei, da das Gutachten nicht auf rationalen Überlegungen basiere. Der Beschwerdeführer beantragte daher primär die Einholung eines weiteren Gutachtens zu seinem psychischen Gesundheitszustand unter Beiziehung eines anderen Sachverständigen. Weiter (in eventu) beantragte er eine Gutachtensergänzung, da seit dem Gutachten vom 30.11.2016 neun Monate verstrichen seien und sich der damals konstatierte Zustand geändert haben könne. Darüber hinaus bemängelte der Beschwerdeführer, dass er in besagtem Gutachten fälschlicherweise als "Pensionswerber" bezeichnet worden sei, obwohl die belangte Behörde gegen seinen Willen eine Ruhestandsversetzung anstrebe. Im Hinblick auf die ihm unterstellte "mangelnde Ein- und Unterordenbarkeit" weise er darauf hin, dass er 45 Jahre lang Dienst versehen und zahleiche Weisungen an ihn in schikanöser Absicht ergangen seien. Es sei durch seine Weisungsmissachtungen auch zu keinen negativen Auswirkungen auf den Dienstbetrieb gekommen und es sei kein Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Er wende sich daher auch gegen die ihm erteilte Behandlungsweisung, da diese auf keiner rechtlichen Grundlage basiere und somit als rechtswidrig anzusehen sei. Schließlich stellte der Beschwerdeführer die Anträge, einen anderen Sachverständigen aus dem Bereich der Psychiatrie und Neurologie zum Beweis dafür beizuziehen, dass weder eine Einschränkung der Dienstfähigkeit noch eine Behandlungsbedürftigkeit gegeben sei, in eventu zum selben Beweisthema die gegebene Begutachtung zu aktualisieren und zu ergänzen, sowie die bescheidmäßige Absprache über die Rechtmäßigkeit und Befolgungspflicht der ihm erteilten Weisung, sich einer Krankenbehandlung zu unterziehen.

Mit Schreiben vom 26.02.2018 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass zur Klärung seiner Dienstfähigkeit die PVA mit der Befunderhebung und neuerlichen Gutachtenerstellung beauftragt worden sei. Weiter wurde der Beschwerdeführer aufgefordert einen Untersuchungstermin am 21.03.2018 wahrzunehmen. Schließlich wurde der Beschwerdeführer abermals auf die Bestimmungen der §§ 51 und 52 BDG 1979 aufmerksam gemacht, wonach der Beamte verpflichtet sei, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, sofern berechtigte Zweifel an seiner Dienstfähigkeit bestehen.

Mit Schreiben vom 15.03.2018 erklärte der Beschwerdeführer, dass - soweit im Schreiben der belangten Behörde vom 26.02.2018 eine neuerliche Weisung enthalten sei - er gegen diese remonstriere. Überdies wurde darauf hingewiesen, dass die belangte Behörde nicht innerhalb von sechs Monaten über den Antrag vom 28.08.2017 entschieden habe. Da es in diesem Antrag gerade auch um die Frage der Untersuchungen gehe, ergebe sich alleine daraus die Rechtswidrigkeit jeder neuen Weisung, die ohne eine bescheidmäßige Absprache ergehe. Weiter vermeinte der Beschwerdeführer, er müsse sich keiner physischen Untersuchung unterziehen, da die Zweifel an seiner Dienstfähigkeit im psychischen Bereich lägen, die belangte Behörde habe somit unzuständigerweise eine Weisung erlassen. Zum vorgesehenen Untersuchungstermin könne er nicht erscheinen, da er zeitgleich eine Ladung für eine Zeugeneinvernahme beim Bundesverwaltungsgericht erhalten habe.

Mit undatiertem Schreiben der belangten Behörde aus April 2018 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass aufgrund der Ausführungen im Schreiben vom 15.03.2018 der Untersuchungstermin auf den 04.06.2018 verlegt worden sei und durch einen anderen Sachverständigen, als den vom Beschwerdeführer für befangen gehaltenen Facharzt erfolgen werde. Der Beschwerdeführer wurde daher nochmals ersucht seiner Dienstpflicht gemäß § 51 Abs. 2 BDG 1979 nachzukommen und der Vorladung zur ärztlichen Untersuchung durch die PVA Folge zu leisten.

Mit Schreiben vom 18.04.2018 erhob der Beschwerdeführer Säumnisbeschwerde wegen Verletzung der Entscheidungsfrist und führte im Wesentlichen aus, dass die Passage betreffend die Krankenbehandlung im Schreiben vom 02.08.2017 als Weisung zu qualifizieren sei, wie das Wort "aufgefordert" zum Ausdruck bringe. Es sei jedoch davon auszugehen, dass durch die erhobenen Einwendungen gemäß § 44 Abs. 3 BDG 1979 diese als zurückgezogen gelte, da sie weder mündlich noch schriftlich wiederholt worden sei. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes werde der Antrag auf bescheidmäßige Absprache dadurch jedoch nicht obsolet. Sein konkretes rechtliches Interesse an einer solchen Entscheidung sei dadurch gegeben, dass der Dienstgeber weiterhin von der Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers ausgehe und daraus die Verpflichtung resultieren könne, sich einer Krankenbehandlung zu unterziehen. Sei hingegen der Standpunkt des Beschwerdeführers richtig, dass er nicht dienstunfähig sei, könne eine Krankenbehandlungspflicht aber gar nicht vorliegen. Auch werde darauf hingewiesen, dass selbst ein unzulässiger Antrag nicht ignoriert werden dürfe. In der Sache selbst halte er sein bereits erstattetes Vorbringen aufrecht und betonte abermals, dass eine Weisungsbefolgungspflicht auch deshalb nicht gegeben sein könne, da dem Dienstgeber keine Zuständigkeit zukomme, Krankenbehandlungsanordnungen zu treffen. Der Beamte sei weder unmittelbar aufgrund des Gesetzes verpflichtet, sich einer Krankenbehandlung zu unterziehen, noch könne eine solche Verpflichtung durch eine Weisung begründet werden. Der Beschwerdeführer stellte sodann den Antrag über die Rechtmäßigkeit und Befolgungspflicht in Bezug auf die Weisung vom 02.08.2017, sich einer Krankenbehandlung zu unterziehen, zu entscheiden.

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom 29.06.2018, zugestellt am 04.07.2018, machte die belangte Behörde von der dreimonatigen Frist gemäß § 16 VwGVG zur Nachholung des Bescheids Gebrauch und stellte fest, dass die Weisung des Personalamtes Wien vom 02.08.2017, sich der von der PVA vorgeschlagenen zumutbaren Krankenbehandlung, nämlich sich einer fachärztlich-psychiatrischen Behandlung, einer Psychopharmakotherapie und einer Psychotherapie zu unterziehen, rechtmäßig erfolgt ist (Spruchpunkt 1.), die Weisung mangels schriftlicher Wiederholung aufgrund der Aufhebungsfiktion des § 44 Abs. 3 BDG 1979 als zurückgezogen gilt (Spruchpunkt 2.) und für den Beschwerdeführer aufgrund der Bestimmungen des § 52 Abs. 2 BDG 1979 die Pflicht besteht, sich einer zumutbaren Krankenbehandlung zu unterziehen und er daher verpflichtet gewesen wäre, die unter Punkt 1. angeführten Behandlungen zu absolvieren (Spruchpunkt 3.).

Die Behörde führte begründend aus, dass der Beamte gemäß § 48 BDG 1979 die im Dienstplan vorgesehenen Dienststunden einzuhalten habe. Für den Fall einer Dienstabwesenheit aus gesundheitlichen Gründen habe der Beamte deshalb auch danach zu trachten, seine Dienstfähigkeit ehestmöglich wiederherzustellen. Aus der gesetzlich vorgesehenen Verpflichtung Dienst zu versehen, ergebe sich im Umkehrschluss die Verpflichtung des Beamten, alles zu unternehmen. um seine Dienstfähigkeit wiederzuerlangen. Darunter falle auch die Verpflichtung sich einer zumutbaren Krankenbehandlung zu unterziehen. Entziehe sich der Beamte dieser zumutbaren Behandlung, so gelte seine Abwesenheit vom Dienst gemäß § 51 Abs. 2 BDG 1979 als nicht gerechtfertigt. Zumutbar sei eine Behandlung lediglich in solchen Fällen nicht, in denen die Behandlungsmethode in der Schulmedizin strittig sei, hohe Schmerzintensität damit verbunden sei oder gar Lebensgefahr bestehe. Die Durchführung einer Psychotherapie gehöre aber zweifellos zu einer zumutbaren Behandlungsmethode, um die Dienstfähigkeit wiederherzustellen. Aufgrund dieser gesetzlichen Ausgangslage sei die Dienstbehörde berechtigt gewesen, die Durchführung einer solchen Therapie anzuweisen, und die am 02.08.2017 erteile Weisung, die von der PVA vorgeschlagene zumutbare Krankenbehandlung in Anspruch zu nehmen, rechtmäßig erfolgt. Der Antrag des Beschwerdeführers vom 28.08.2017 sei jedoch als Remonstration gegen die erteilte Weisung aufzufassen, wobei feststehe, dass die mit 02.08.2017 erteilte Weisung nicht schriftlich innerhalb eines zeitlichen Konnexes wiederholt worden sei. Zwar sei der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26.02.2018 auf die Bestimmungen der §§ 51 und 52 BDG 1979 aufmerksam gemacht worden, jedoch sei zwischen der Weisungserteilung vom 02.08.2017 und dem Schreiben vom 26.02.2018 ein so langer Zeitraum vergangen, dass dieses nicht als Weisungswiederholung anzusehen sei. Die Weisung vom 02.08.2017 gelte daher mangels Wiederholung als zurückgezogen. Eine Befolgungspflicht der konkreten Weisung bestehe daher nicht. Allerdings bestehe auch ohne Weisung die grundsätzliche Dienstpflicht des Beamten, sich einer zumutbaren Krankenbehandlung zu unterziehen um die Dienstfähigkeit wiederzuerlangen.

Gegen die Spruchpunkte 1. und 3. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer durch seine rechtliche Vertretung innerhalb offener Frist Beschwerde und brachte in dieser zusammengefasst vor, dass der Weisungswortlaut der erforderlichen Bestimmtheit entbehre. Die Weisung vom 02.08.2017 hätte nämlich zum Ausdruck bringen müssen, welcher Krankenbehandlung sich der Beschwerdeführer unterziehen solle. Auch ein solcher Weisungsinhalt wäre jedoch gesetzwidrig, da dies zu einer gegen Art. 8 EMRK verstoßenden Auslegung des § 51 Abs. 2 BDG 1979 führen würde. Auch gehe aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hervor, dass dem Dienstgeber nur insoweit Aufforderungsbefugnisse zukämen, als diese vom Gesetz eingeräumt seien, eine solche sei jedoch in § 51 Abs. 2 BDG 1979 nicht zu finden. Die Weisung sei somit rechtswidrig und nicht zu befolgen gewesen. Weiter wurde vorgebracht, dass mittlerweile seitens der PVA am 05.06.2018 ein neues Gutachten einer Fachärztin für Psychiatrie/Neurologie und psychotherapeutische Medizin erstellt worden sei, in dem kein Vorschlag einer durchzuführenden Krankenbehandlung enthalten sei. Die dazugehörige behördliche Zuschrift trage das Datum 16.07.2018, sodass die Möglichkeit bestehe, dass dieses der belangten Behörde im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits bekannt gewesen sei. Die belangte Behörde hätte daher bei adäquater Verfahrensdurchführung zu dem Ergebnis kommen müssen, dass eine behauptete Behandlungspflicht nie bestanden habe. Überdies werde geltend gemacht, dass Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides insofern unzulässig und rechtswidrig sei, als eine Feststellung zu der Frage, ob eine Behandlungspflicht bestanden habe, nie beantragt worden sei. Das Bestehen oder Nichtbestehen des Behandlungserfordernisses sei ein Teilaspekt im Ruhestandsversetzungsverfahren gewesen und eine gesonderte Bescheiderlassung damit sinnwidrig. Auch bestehe nach § 51 Abs. 2 BDG 1979 eine Behandlungspflicht immer dann, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang mit der gerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst gegeben sei. Dies treffe auf den Beschwerdeführer nicht zu, da er den Dienst nur deshalb nicht verrichte, da der Dienstgeber die Dienstverrichtung nicht zulasse. Er stelle daher die Anträge, Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides dahin abzuändern, dass festgestellt werde, dass die darin genannte Weisung rechtswidrig sei und von vornherein keine Befolgungspflicht begründet habe, und Spruchpunkt 3. ersatzlos aufzuheben oder dahin abzuändern, dass für ihn iSd § 51 Abs. 2 BDG 1878 keinerlei Behandlungspflicht bestanden habe oder bestehe und zwar weder auf Basis der verfahrensgegenständlichen Weisung noch aus anderen Gründen.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 22.08.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 02.08.2017 wurde der Beschwerdeführer unter Berücksichtigung des § 51 BDG 1979 aufgefordert, die von der PVA vorgeschlagenen und zumutbaren Krankenbehandlungen in Anspruch zu nehmen.

Am 28.08.2017 remonstrierte der Beschwerdeführer gegen die Weisung vom 02.08.2017 und stellte den Antrag, bescheidmäßig über die Rechtmäßigkeit und Befolgungspflicht der ihm erteilten Weisung, sich einer Krankenbehandlung zu unterziehen, abzusprechen.

Die Weisung wurde nicht schriftlich wiederholt.

Laut einem weiteren von der belangten Behörde bei der PVA in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten ärztlichen Gesamtgutachten einer Fachärztin für Psychiatrie/Neurologie und psychotherapeutische Medizin vom 05.06.2018 wurde festgestellt, dass durch Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation eine leistungskalülrelevante Besserung nicht möglich ist. Weiter wurde festgestellt, dass eine Besserung des Gesundheitszustandes nicht möglich ist.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei zurückzuweisen ist.

Zu A)

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) lauten:

"Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten

§ 44. (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.

(2) Der Beamte kann die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.

(3) Hält der Beamte eine Weisung eines Vorgesetzten aus einem anderen Grund für rechtswidrig, so hat er, wenn es sich nicht wegen Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt, vor Befolgung der Weisung seine Bedenken dem Vorgesetzten mitzuteilen. Der Vorgesetzte hat eine solche Weisung schriftlich zu erteilen, widrigenfalls sie als zurückgezogen gilt.

[...]

Abwesenheit vom Dienst

§ 51. (1) Der Beamte, der vom Dienst abwesend ist, ohne vom Dienst befreit oder enthoben zu sein, hat den Grund seiner Abwesenheit unverzüglich seinem Vorgesetzten zu melden und seine Abwesenheit zu rechtfertigen.

(2) Ist der Beamte durch Krankheit, Unfall oder Gebrechen an der Ausübung seines Dienstes verhindert, so hat er seinem Vorgesetzten eine ärztliche Bescheinigung über den Beginn der Krankheit und nach Möglichkeit über die voraussichtliche Dauer der Dienstverhinderung vorzulegen, wenn er dem Dienst länger als drei Arbeitstage fernbleibt oder der Vorgesetzte oder der Leiter der Dienststelle es verlangt. Kommt der Beamte dieser Verpflichtung nicht nach, entzieht er sich einer zumutbaren Krankenbehandlung oder verweigert er die zumutbare Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung, so gilt die Abwesenheit vom Dienst nicht als gerechtfertigt."

Unter "Weisung" ist eine generelle oder individuelle, abstrakte oder konkrete Norm zu verstehen, die an einen oder an eine Gruppe von dem Weisungsgeber untergeordneten Verwaltungsorganwaltern ergeht. Sie ist ein interner Akt im Rahmen der Verwaltungsorganisation. Aus der Ablehnungsregelung nach § 44 Abs. 2 BDG 1979, die inhaltlich Art. 20 Abs. 1 letzter Satz B-VG wiederholt, ist abzuleiten, dass in allen sonstigen Fällen eine Weisung, und daher auch eine (aus anderen als in § 44 Abs. 2 BDG 1979 genannten Gründen) gesetzwidrige Weisung, grundsätzlich zu befolgen ist.

Gemäß § 51 Abs. 2 zweiter Satz, dritter Fall BDG 1979 gilt die Abwesenheit eines Beamten vom Dienst als nicht gerechtfertigt, wenn er sich einer zumutbaren Krankenbehandlung entzieht oder er die zumutbare Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung verweigert.

§ 44 Abs. 3 BDG 1979 verpflichtet den Beamten - sofern nicht Gefahr in Verzug ist - vor Befolgung der Weisung seine Bedenken dem Vorgesetzten mitzuteilen; nur dann ist eine Aussetzungswirkung hinsichtlich der Weisung gegeben. Das bedeutet jedenfalls, dass der Beamte die erteilte Weisung nur dann nicht befolgen muss und sich auf die Aussetzungswirkung berufen kann, wenn er seine Bedenken in einem vertretbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Weisung geltend gemacht hat (vgl. VwGH 26.09.1989, 88/09/0126).

Im vorliegenden Fall erfolgte die Weisung, die von der PVA vorgeschlagenen und zumutbaren Krankenbehandlungen in Anspruch zu nehmen am 02.08.2017. Der Beschwerdeführer remonstrierte mit Schreiben vom 28.08.2017 gegen diese Weisung. Im Lichte der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seine rechtlichen Bedenken gegen die gegenständliche Weisung in einem vertretbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Weisung geltend gemacht hat. Eine schriftliche Wiederholung dieser Weisung ist nicht erfolgt. Eine solche ist auch nicht im Schreiben der belangten Behörde vom 26.02.2018 zu sehen, da diese nur auf die Pflicht des Beamten verweist, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Die gegenständliche Weisung ist daher gemäß § 44 Abs. 3 BDG 1979 als zurückgezogen zu betrachten, wovon auch die belangte Behörde selbst ausgeht.

Der Verwaltungsgerichtshof bejaht in seiner ständigen Rechtsprechung auch in Bezug auf Weisungen (Dienstaufträge) ein rechtliches Interesse an der Erlassung eines Feststellungsbescheides. Wie er in seinen Erkenntnissen vom 17.10.2008, 2007/12/0049 und 2007/12/0199, mit näherer Begründung klargestellt hat, kann Gegenstand eines solchen Feststellungsverfahrens einerseits die Frage sein, ob die Befolgung einer Weisung zu den Dienstpflichten des Beamten gehört, d.h., ob er verpflichtet ist, diese Weisung zu befolgen: Eine Pflicht zur Befolgung einer Weisung ist dann zu verneinen, wenn einer der in Art. 20 Abs. 1 dritter Satz B-VG genannten Tatbestände vorliegt, wenn die Weisung nach erfolgter Remonstration nicht schriftlich wiederholt wurde oder wenn die Erteilung gegen das Willkürverbot verstößt.

Andererseits kann Gegenstand eines Feststellungsverfahrens aber auch die "schlichte" Rechtswidrigkeit der Weisung sein, also eine solche, die die Pflicht zu ihrer Befolgung nicht berührt. Ein Recht auf eine solche bescheidmäßige Feststellung der Rechtmäßigkeit von Dienstaufträgen besteht jedoch bloß dann, wenn durch einen Dienstauftrag die Rechtssphäre des Beamten berührt wird (VwGH 22.05.2012, 2011/12/0170, 2011/12/0171 und 2011/12/0195; 27.02.2014, 2013/12/0159). Die Frage, ob die Befolgung einer Weisung zu den Dienstpflichten des Beamten gehört, einerseits, und die Frage ihrer "schlichten" Rechtswidrigkeit (im Verständnis einer Verletzung subjektiver Rechte des Betroffenen), andererseits, bilden somit unterschiedliche Gegenstände von Feststellungsverfahren. Die erstgenannte Frage ist demgegenüber mit jener, ob die Weisung zu befolgen ist, ident (VwGH 22.04.2015, Ra 2014/12/0003).

Vor dem Hintergrund der Funktion des dienstrechtlichen Feststellungsbescheides als subsidiärer Rechtsbehelf scheidet die Erlassung eines solchen Bescheides darüber, ob ein Beamter zu künftigen weisungsgemäßen Dienstleistungen verpflichtet werden kann, jedenfalls solange aus, als nicht eine Klärung dieser strittigen Frage im Wege des § 44 Abs. 3 BDG 1979 versucht wurde. Denn vor Durchführung dieses einer möglichen Konfliktbewältigung durch Klarstellung, Erläuterung, Modifizierung oder (ausdrückliche oder entsprechend dem letzten Satz der genannten Bestimmung vermutete) Zurückziehung der Weisung dienlichen Verfahrens steht der endgültige Inhalt der Weisung, um deren Zugehörigkeit zu den Dienstpflichten bzw. deren Rechtmäßigkeit es geht, noch nicht fest und muss demnach bis zum Abschluss dieses Verfahrens, auch wenn dieser nicht in der Erlassung eines Bescheides besteht, schon deshalb das Interesse an der Erlassung eines entsprechenden Feststellungsbescheides verneint werden (vgl. VwGH 13.03.2002, 2001/12/0181).

Der Beschwerdeführer beantragte in seinem Schreiben vom 28.08.2017, bescheidmäßig über die Rechtmäßigkeit und Befolgungspflicht der ihm erteilten Weisung, sich einer Krankenbehandlung zu unterziehen, abzusprechen.

Hinsichtlich der Befolgungsplicht der Weisung vom 02.08.2017 ist anzumerken, dass diese nach erfolgter Remonstration durch den Beschwerdeführer, wie oben ausgeführt wurde, als zurückgezogen gilt, gemäß § 44 Abs. 3 BDG 1979 nicht mehr dem Rechtsbestand angehört, nicht zu befolgen ist und somit auch kein diesbezügliches Feststellungsinteresse besteht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erlassung eines Feststellungsbescheides nur dann zulässig, wenn sie entweder im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist oder wenn eine gesetzliche Regelung zwar nicht besteht, die Erlassung eines solchen Bescheides im öffentlichen Interesse liegt oder wenn sie insofern im Interesse einer Partei liegt, als sie für die Partei ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung darstellt. Dieses rechtliche Interesse ist nur dann gegeben, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen. Ein wirtschaftliches, politisches oder wissenschaftliches Interesse rechtfertigt nicht die Erlassung eines Feststellungsbescheides. Ein Feststellungsbescheid als subsidiärer Rechtsbehelf ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens entschieden werden kann (vgl. VwGH 17.10.2011, 2010/12/0150 mwN).

Hinsichtlich der beantragten Feststellung der Rechtmäßigkeit der Weisung vom 02.08.2017, in der angeordnet wurde, die vorgeschlagenen und zumutbaren Krankenbehandlungen in Anspruch zu nehmen, ist auszuführen, dass sich diese auf die in der Stellungnahme des Chefärztlichen Dienstes vom 13.12.2016 bzw. einem ärztlichen Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie vom 30.11.2016 empfohlene Krankenbehandlung bezogen hat. Jedoch wurde mittlerweile ein weiteres von der belangten Behörde bei der PVA in Auftrag gegebenes ärztliches Gesamtgutachten einer Fachärztin für Psychiatrie/Neurologie und psychotherapeutische Medizin vom 05.06.2018 erstellt, aus dem sich ergibt, dass durch Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation eine leistungskalülrelevante Besserung bzw. eine Besserung des Gesundheitszustandes nicht möglich ist.

Vor diesem Hintergrund ist daher mangels einer Abwendung zukünftiger Rechtsgefährdung kein rechtliches Interesse des Beschwerdeführers an der Erlassung eines Feststellungsbescheides bezüglich der Rechtmäßigkeit der zurückgezogenen Weisung vom 02.08.2017 mehr gegeben.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides ist daher mit der Maßgabe abzuweisen, dass der mit Schreiben des Beschwerdeführers vom 28.08.2017 gestellte Feststellungsantrag als unzulässig zurückgewiesen wird.

Demgegenüber ist dem Beschwerdeführer jedoch zuzustimmen, dass er keinen Antrag auf Feststellung einer Behandlungspflicht gestellt hat und die Behörde somit in Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides über etwas abgesprochen hat, das nicht beantragt wurde. Auch besteht keine Zuständigkeit der belangten Behörde von Amts wegen über eine allgemeine Behandlungspflicht für die Zukunft ohne konkreten Anlass abzusprechen.

Der Beschwerde ist daher hinsichtlich Spruchpunkt 3. stattzugeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos zu beheben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Durch die unter A) genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in der Rechtsprechung auch nicht uneinheitlich beantwortet.

Schlagworte

ärztliche Untersuchung Befolgungspflicht Dienstfähigkeit Feststellungsantrag Feststellungsinteresse Weisung Zurückweisung Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W221.2204228.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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