TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/3 W257 1430849-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.03.2020
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Entscheidungsdatum

03.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §6 Abs1 Z4
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs3a
AsylG 2005 §9 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W257 1430849-2/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Herbert MANTLER, MBA über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, 1090 Wien, Alserstraße 20/5 etalbiert, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, vom 30.04.2019, XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.02.2020 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer - ein afghanischer Staatsangehöriger, der der Volksgruppe der Tadschiken angehört - stellte am 13.03.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Auf die Frage, was passieren würde, wenn er nach Hause zurückkehren müsste, führte er aus, dass sein Leben dort in Gefahr wäre. Seine Eltern seien davon überzeugt gewesen, dass er dort in Gefahr sei und fliehen müsse.

1.2. Mit dem Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.10.2014 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.) und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen (Spruchpunkt III).

1.3. Am 26.11.2012 brachte der Beschwerdeführer durch seine rechtsfreundliche Vertreterin binnen offener Frist gegen den Bescheid eine Beschwerde ein. Darin wurde der Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge eines mangelhaft durchgeführten Ermittlungsverfahrens und inhaltlicher Mängel angefochten.

Mit Schreiben vom 20.08.2014 bestätigte der Co-Pastor der Baptistengemeinde Salzburg, dass der Beschwerdeführer ein Mitglied der genannten Baptistengemeinde sei, sich zum Christentum bekenne und bereits getauft worden sei.

1.4. Am 08.10.2014 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, bei der der Beschwerdeführer neben seinen Personalien im Wesentlichen angab, dass er früher Moslem bzw. Sunnit gewesen sei und nunmehr den christlichen Glauben angenommen habe. Er sei afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der tadschikischen Volksgruppe.

Zu seinen Fluchtgründen führte er aus, seine Eltern hätten ihn aus Afghanistan weggeschickt, weil er Probleme gehabt habe und sein Leben in Gefahr gewesen sei. Der Stiefsohn seiner Tante väterlicherseits habe Anspruch auf Grundstücke erhoben, die dessen Vater während der Taliban (unrechtmäßig) an sich gerissen und der Vater des Beschwerdeführers sich nach deren Entmachtung wieder angeeignet hätte. Der Verwandte habe mit der Tötung des Beschwerdeführers gedroht, falls sein Vater die Grundstücke nicht zurückgeben sollte. Aus Angst um sein Leben habe ihn der Vater aus Afghanistan weggeschickt.

1.5. Unter Verweis auf das von ihm vorgelegte Taufzeugnis vom Juli 2014 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, näher zu schildern, wie er zum christlichen Glauben gefunden habe. Daraufhin führte er aus, dass er sich während seiner Flucht auch rund 6 bis 7 Monate in Griechenland aufgehalten und damals noch keine Informationen über das Christentum gehabt habe. Dennoch sei er regelmäßig in die Kirche gegangen und sie hätten dabei Filme über Jesus angesehen. Die Mitarbeiter der Kirche seien sehr hilfsbereit gewesen und hätten sehr vielen Flüchtlingen geholfen. Er habe sich in Griechenland mit einem im Iran aufgewachsenen Afghanen angefreundet, der eine Bibel bei sich getragen habe. Als er ihn hinsichtlich einer möglichen Konversion angesprochen habe, habe ihm der Freund erzählt, dass dieser sich über die Religion informieren und viel darüber lernen würde. Er habe ihn daraufhin gebeten, ihn zu unterstützen. Er habe sich bereits damals für das Christentum interessiert.

1.6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.12.2014, Zahl W136 1430849-1/13E, wurde der Beschwerde stattgegeben und ihm der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass ihm damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Es wurde festgestellt, dass er glaubhaft vorbrachte, dass er sich vom Islam abwandte und einen christlichen Glauben angenommen hat. Aufgrund dieser Feststellung ist vor dem Hintergrund der Länderberichte, welche darlegen, dass Christen in Afghanistan verfolgt werden, davon auszugehen, dass er im Falle einer Rückführung eine solche Verfolgung zu erwarten hat.

1.7. Am 16. Oktober 2015 zeigte die Landespolizeidirektion Salzburg, Stadtpolizeikommando Salzburg, den Beschwerdeführer wegen des Verdachtes des Vergehens wegen Körperverletzung bei der Staatsanwaltschaft Salzburg an (OZ1, AS 415).

1.8. Am 09.02.2017 wurde er aufgrund eines europäischen Haftbefehles, ausgestellt vom Staat Griechenland, an seiner Wohnadresse in 5020 Salzburg festgenommen. Als Fahndungsgrund wird angegeben. "vorsätzliche Tötung, schwere Körperverletzung". Bei der Einvernahme vor der Polizei gab er an, dass er nach dem Asylbescheid als Küchenhilfe gearbeitet und eine Mietwohnung in Salzburg bezogen hätte. Zur Sache selbst brachte er vor, dass er in Griechenland niemanden getötet hätte. Die Polizei berichtete der StA, dass er in Griechenland den Namen XXXX benutzt hätte und unter diesen Namen gesucht worden wäre. Am 09.03.2017 wurde über ihn die Übergabehaft verhängt. In weiterer Folge berichtete die Polizei am 10.11.2017, dass er in Griechenland ca vier Monate in Untersuchungshaft verbracht hätte und am 08.11.2017 von der griechischen Polizei nach Österreich überstellt worden wäre. Die griechische Polizei berichtete, dass der Beschwerdeführer verdächtigt wird mit einer anderen Person am 05.01.2012 in Athen in ruhiger psychischer Verfassung jemanden getötet zu haben.

In weiterer Folge strengte das BFA von Amts wegen ein Asyl-Aberkennungsverfahren an. Aus einem E-Mail vom 18.02.2018 des BFA Verbindungsbeamten des BMI in Griechenland an die Behörde geht hervor, dass er zum Tatzeitpunkt minderjährig gewesen sei und nach griechischem Recht deswegen jedenfalls die Verjährung eingetreten sei. Dies wäre auch der Grund für die seinerzeitige Entlassung aus der griechischen Untersuchungshaft gewesen. Am 28.11.2017 teilte die Österreichische Botschaft in Athen der Behörde mit, dass aufgrund eines Gerichtsbeschlusses das Ausreiseverbot aufgehoben wurde und der Beschwerdeführer mit gültigem Fremdenpass nach Österreich zurückgekehrt sei. Am gleichen Tag stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung, welche am 26.01.2018 wiederholt wurde. Am 16.02.2018 wurde eine übersetzte Kopie des griechischen Gerichtsbeschlusses der Behörde vorgelegt, woraus zu entnehmen war, dass das Erstgericht in Athen das Verfahren gegen den Beschwerdeführer endgültig beendet hat und sämtliche einschränkende Maßnahmen aufgehoben wurden.

Am 02.08.2018 teilte ihm die Behörde mit, dass nunmehr unter Eingedenk des Verdachtes des Mordes in Griechenland abermals ein Aberkennungsverfahren eingeleitet werden, weil in Österreich Mord nicht verjähren würde und es als erwiesen anzunehmen sei, dass er bei einem Mord zum Nachteil des Griechen XXXX am 05.01.2012 beteiligt gewesen wäre (OZ 1, AS 495).

Am 18.09.2018 teilte er, unterstützt vom Verein Menschenrechte Österreich mit, dass er in Griechenland nicht verurteilt wurde und aufgrund des Artikels 11 Abs. 1 der allgemeinen Erklärung der Menschrechte der Vereinten Nationen von 1948 er als unschuldig gelte, solange nicht seine Schuld bewiesen wurde. Zudem sei es eines der wichtigsten Grundsätze des Strafrechts, dass die Verjährungsfristen von dem Staat berechnet werden, in dem die vermeinte Straftat begangen wurde. Österreich könne daher nicht die Verjährung von Griechenland unbeachtet lassen. Neben dem Gehaltsnachweis in der Höhe von ca 1.300.- Euro für den Monat Juli 2018 wurde eine Arbeitsbestätigung der " XXXX ", Niederlassung Österreich, 5020 Salzburg, vorgelegt, wonach er aus "privaten Gründen" die Lehre beendet hätte.

Am 08.10.2018 wurde er von der Behörde im Beisein eines Dolmetschers in der Sprache Dari niederschriftlich einvernommen. Dabei brachte vor:

Er hätte in Griechenland einen falschen Namen angegeben, weil er in dieser Hinsicht beraten worden sei. Weil er seinen Namen falsch angegeben hätte, wäre er verdächtigt worden; er hätte nicht seine Fingerabdrücke abgeben wollen. Auf die Frage zu welchem Glauben er sich bekenne, brachte er vor, dass er an jede Religion glauben würde. Er wies darauf hin, dass er in Griechenland für den Mord, für den er verdächtigt wurde, nicht verurteilt worden sei, und deswegen als unschuldig anzusehen sei. Er hätte Schadensersatz verlangt, hätte allerdings bis jetzt keines bekommen. Der Beschwerdeführer verantwortete sich nach dem Vorlesen der griechischen Anklageschrift dahingehend, dass er zwar an jenem Abend in der Wohnung des Opfers gewesen sei, allerdings nichts mit dem Mord zu tun hätte. Er hätte in Österreich bei verschiedenen Arbeitgebern gearbeitet, unter anderem bei XXXX 's, hätte allerdings, weil er immer sehr schnell nervös werde, immer wieder die Arbeit verloren. Derzeit würde er bei der Firma Metro arbeiten und würde ca. ? 1.400 im Monat verdienen. Er hätte eine Ausbildung als Kellner begonnen doch sei er ins Gefängnis gekommen, weswegen er seine Ausbildung nicht abschließen hätte können. Er sei ledig und hätte keine Sorgepflichten. Wegen des Druckes sei er krank geworden. Er wache in der Nacht oft auf und weine. Er sei bei einer Ärztin gewesen, hätte allerdings keine Befunde oder Atteste. Derzeit würde er den Führerschein machen, könne sich allerdings nicht richtig darauf konzentrieren. Er hätte keine Verwandten mehr in Afghanistan; seine Eltern würden in Deutschland leben. Auf die Frage was er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan befürchten würde, brachte vor, dass er keine Freiheiten hätte und es keine Gerechtigkeit geben würde. Die Feinde seines Vaters würden ihn töten. Er wisse auch nicht was in Afghanistan machen solle. Sein Vater hätte sehr viele Grundstück besessen und wegen Grundstücksstreitigkeiten wäre er seitens seines Onkels bedroht worden. Sein Onkel sei ein mächtiger Mann weswegen weshalb er ganz Afghanistan verfolgt werden würde.

Mit dem Bescheid der Behörde vom 30.04.2019, Zahl XXXX , wurde ihm

I. der mit Bescheid/Erkenntnis vom 17.12.2014, Zahl:, zuerkannte Status des Asylberechtigten gem § 7 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 aberkannt und zugleich festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt

II. der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt und gleichzeitig wurde festgestellt, dass gemäß § 9 Abs.2 Ziffer 1 AsylG 2005 ein Ausschlussgrund vorliegt und er gem § 8 Abs. 3a AsylG 2005 von der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten ex lege ausgeschlossen ist,

III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt.

VI. Sowie wurde eine Rückkehrentscheidung in sein Heimatland erlassen.

V. Weiters wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist und schließlich wurde ihm unter Spruchpunkt

VI. eine Frist für die freiwillige Ausreise im Ausmaß von 14 Tagen zugestanden.

Begründend für die Behörde an, dass seiner Person aufgrund der widersprüchlichen Angaben in Griechenland und Österreich nicht feststehe. Er hatte Asyl bekommen, weil er glaubhaft darlegen konnte, dass er wegen seines Abfalls vom Glauben in Afghanistan verfolgt werden würde. Das nunmehrige Ermittlungsergebnis zeige allerdings, dass er keiner Religion angehöre, welches er selbst vor der Behörde angab. Eine Verfolgung sei deswegen aus diesem Grund nicht mehr glaubhaft. Es stimme zwar, dass er in Griechenland wegen des Mordes nicht verurteilt wurde, dies sei allerdings auf die Verjährung zurückzuführen. Die Verjährung wäre deswegen eingetreten, weil er in Griechenland bzw. durch den europäischen Haftbefehl unter einem anderen Namen, nämlich den jenen, den er in Griechenland verwendet hätte, gesucht worden. Durch die Verjährung wäre er weder verurteilt noch freigesprochen worden. Es wäre allerdings weiterhin ein massiver Verdacht der Täterschaft wegen des Verbrechens des Modes gegeben. Nach Art. 1 Abschnitt F der Flüchtlingskonvention reiche ein Verdacht für die Aberkennung aus. Deswegen sei bereits aus diesem Grund der Asylstatus abzuerkennen. Der von ihm vorgebrachte Flüchtlingsgrund wegen dem Grundstücksstreitigkeiten würde keinen anerkannten Asylgrund darstellen. Eine neuerliche Überprüfung hinsichtlich seines Abfalls vom Glauben hätte ergeben, dass er keiner Religion angehöre und deswegen Afghanistan nicht mehr verfolgt werden könne. Diesbezüglich wäre ein Hinderungsgrund gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 Asylgesetz 2005 eingetreten und wäre auch bereits aus diesem Grund ihm der Asylstatus abzuerkennen gewesen.

Am 23.05.2019 wurde gegen den Bescheid seitens des Beschwerdeführers, vertreten vom Verein Menschenrechte Österreich, vollumfängliche Beschwerde vorgenommen. Der Beschwerdeführer rügte die falsche Tatsachenerhebung und die daraus abgeleiteten falschen rechtlichen Schlüsse. Im Kern bringt er vor, dass er in Griechenland wegen des Mordes nicht verurteilt worden sei und deswegen die Unschuldsvermutung gelte.

Der Verwaltungsakt wurde am 30.05.2019 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt. In der Beschwerdevorlage wurde seitens der Behörde angeführt, dass zweifelsfrei ein Ausschließungsgrund im Sinne des Art. 1 Abschnitt F lit b der Genfer Flüchtlingskonvention und damit auch in Ausschließungsgrund im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 festgestellt worden sei.

Am 12.11.2019 teilte die Landespolizeidirektion Salzburg mit, dass der Beschwerdeführer wegen des Verdachtes des Vergehens der gefährlichen Drohung bei der StA Salzburg zur Anzeige gebracht wurde. Er hätte sich mit einer Frau um einen Kfz-Parkplatz vor seinem Wohngebäude gestritten und ihr gegenüber folgendes geäußert: "Ficke deine Mutter, ich werde dein Auto anzünden." Dadurch sei das Opfer in Furcht und Unruhe versetzt worden.

Am 02.01.2020 wurde der Beschwerdeführer zu einer von ihm beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht geladen. Im Zuge der Verhandlungseinladung wurde ihm das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 13.11.2019 für den Staat Afghanistan mitgesandt. Ihm wurde Gelegenheit gegeben binnen 14 Tagen zu den Länderfeststellungen eine Stellungnahme abzugeben. Eine diesbezügliche Stellungnahme langte nicht ein.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht wiederholte er sich im Grunde. Zusammenfasend gab er an, dass er keiner Religion angehöre, das letzte Mal sei er vor ca 2 - 2 1/2 Jahre in einer Kirche gewesen, er sei wegen des Mordes in Griechenland nicht verurteilt worden und gelte daher als unschuldig, er könne nicht nach Afghanistan zurückkehren, weil er schon seit ca. 8 bis 9 Jahren hier leben würde, in Griechenland hätte er einen anderen Namen benutzt, weil es ihm geraten wurde. Hinsichtlich des Aspektes, ob er arbeiten würde, brachte er widersprüchliche Angaben vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2. Feststellungen:

2.1. Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und seines Privatlebens in Österreich.

2.1.1. Der Beschwerdeführer ist 24 Jahre alt, afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Tadschiken an und entstammt einer sunnitisch-muslimischen Familie. Er führt den im Spruch genannten Namen. Er stammt aus der Provinz Herat, aus dem Distrikt XXXX , das XXXX lautet XXXX

XXXX (im Folgenden "Beschwerdeführer" oder kurz "BF"), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 13.12.2012 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2.1.2. Der Beschwerdeführer ist unbescholten.

2.1.3. Er steht im Verdacht bzw., es ist aus schwer wiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt, das er in Griechenland an einem Mord beteiligt gewesen war (Mordverdacht). Die strafgerichtliche Verfolgung wurde in Griechenland, nach einer Auslieferung von Österreich nach Griechenland und einer U-Haft ebendort, aufgrund seiner Minderjährigkeit eingestellt.

2.1.4. Er wurde von der österreichischen Polizei wegen gefährlicher Drohung zur Anzeige gebracht.

2.1.5. Der Beschwerdeführer hat keine Familienangehörigen in Österreich oder sonstige enge private Beziehungen. Er ist gesund und arbeitsfähig und hat keine Sorgepflichten. Er hat keine schule besucht.

2.1.6. Er führte bisweilen verschiedene Gelegenheitsarbeiten ist geringfügig beschäftigt und bezieht derzeit staatliche soziale Beihilfen zur Lebensversorgung. Er wohnt in 5020 Salzburg.

2.1.7. Er ist nicht integriert und hat bisweilen keinen Sprachkurs abgeschlossen. Er besitzt einen Führerschein.

2.1.8. Er spricht Farsi, Arabisch, Englisch und ein wenig Deutsch, Hindi und Griechisch.

2.1.9. Der Beschwerdeführer ist in seinem Persönlichkeitsmerkmal nicht glaubwürdig.

2.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers

2.2.1. Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr nach Afghanistan keine physische und der psychischen Gewalt.

2.2.2. Auch in seinem sonstigen Fluchtvorbringen kann kein asylrelevanter Grund gesehen werden.

2.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Es kann mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass dem Beschwerdeführer bei einer Überstellung in seine Herkunftsprovinz Herat ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde. Es ist ihm möglich, ohne Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können bzw. in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten, zu leben.

Dem Beschwerdeführer droht bei seiner Rückkehr in diese Stadt mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit.

Der Beschwerdeführer ist jung und arbeitsfähig.

Seine Existenz kann er in Herat - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Er ist auch in der Lage, eine einfache Unterkunft zu finden. Der Beschwerdeführer hat auch die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen, sodass er im Falle der Rückkehr - neben den eigenen Ressourcen - auf eine zusätzliche Unterstützung zur Existenzsicherung greifen kann.

Diese Rückkehrhilfe umfasst jedenfalls auch die notwendigen Kosten der Rückreise. Er hat bereits Berufserfahrung in verschiedenen Gelegenheitsarbeiten in Österreich darunter die Gastronomie, die er auch in Herat wird nutzen können.

Es sind auch sonst keine objektivierten Hinweise hervorgekommen, dass allenfalls andere schwerwiegende körperliche oder psychische Erkrankungen einer Rückführung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

2.4. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

Zur Lage in Afghanistan werden die im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation in der Gesamtaktualisierung vom 13.11.2019 (LIB), in den UNHCR Richtlinien vom 30.08.2018 (UNHCR) und den EASO Leitlinien zu Afghanistan vom Juni 2019 (EASO) und im ecoi.net Themendossier vom 30.04.2019 zur Sicherheitslage und sozioökonomische Lage in Herat und Masar-e Sharif (ECOI 2019) enthaltenen folgenden Informationen als entscheidungsrelevant festgestellt:

2.4.1. Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren. Ausländische Streitkräfte und Regierungsvertreter sowie die als ihre Verbündeten angesehenen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte und Vertreter der afghanischen Regierung sind prioritäre Ziele der Aufständischen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen auf staatliche Einrichtungen aus. In einigen Teilen des Landes ist fehlende Sicherheit die größte Bewegungseinschränkung. In bestimmten Gebieten machen Gewalt durch Aufständische, Landminen und improvisierte Sprengfallen (IEDs) das Reisen besonders gefährlich, speziell in der Nacht. Bewaffnete Aufständischengruppen betreiben illegale Checkpoints und erpressen Geld und Waren. (LIB)

2.4.2. Herkunftsprovinz Herat

Die Provinz Herat liegt im Westen Afghanistans und teilt eine internationale Grenze mit dem Iran im Westen und Turkmenistan im Norden. Weiters grenzt Herat an die Provinzen Badghis im Nordosten, Ghor im Osten und Farah im Süden (UNOCHA 4.2014). Herat ist in 16 Distrikte unterteilt: Adraskan, Chishti Sharif, Fersi, Ghoryan, Gulran, Guzera (Nizam-i-Shahid), Herat, Enjil, Karrukh, Kohsan, Kushk (Rubat-i-Sangi), Kushk-i-Kohna, Obe/Awba/Obah/Obeh (AAN 9.12.2018; vgl. PAJ o.D., PAJ 13.6.2019), Pashtun Zarghun, Shindand, Zendahjan. Zudem bestehen vier weitere "temporäre" Distrikte - Poshtko, Koh-e-Zore (Koh-e Zawar), Zawol und Zerko (CSO 2019; vgl. IEC 2018) -, die zum Zweck einer zielgerichteteren Mittelverteilung aus dem Distrikt Shindand herausgelöst wurden (AAN 3.7.2015; vgl. PAJ 1.3.2015). Die Provinzhauptstadt von Herat ist Herat-Stadt (CSO 2019). Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans (PAJ o.D.).

Die CSO schätzt die Bevölkerung der Provinz für den Zeitraum 2019-20 auf 2.095.117 Einwohner, 556.205 davon in der Provinzhauptstadt (CSO 2019). Die wichtigsten ethnischen Gruppen in der Provinz sind Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Usbeken und Aimaqs, wobei Paschtunen in elf Grenzdistrikten die Mehrheit stellen (PAJ o.D.). Herat-Stadt war historisch gesehen eine tadschikisch dominierte Enklave in einer paschtunischen Mehrheits-Provinz, die beträchtliche Hazara- und Aimaq-Minderheiten umfasst (USIP 2015). Umfangreiche Migrationsströme haben die ethnische Zusammensetzung der Stadt verändert. Der Anteil an schiitischen Hazara ist seit 2001 besonders gestiegen, da viele aus dem Iran rückgeführt oder aus den Provinzen Zentralafghanistans vertrieben wurden (AAN 3.2.2019). Der Grad an ethnischer Segregation ist in Herat heute ausgeprägt (USIP 2015; vgl. BFA Staatendokumentation 13.6.2019).

Die Provinz ist durch die Ring Road mit anderen Großstädten verbunden (TD 5.12.2017). Eine Hauptstraße führt von Herat ostwärts nach Ghor und Bamyan und weiter nach Kabul. Andere Autobahn verbinden die Provinzhauptstadt mit dem afghanisch-turkmenischen Grenzübergang bei Torghundi sowie mit der afghanisch-iranischen Grenzüberquerung bei Islam Qala (iMMAP 19.9.2017). Ein Flughafen mit Linienflugbetrieb zu internationalen und nationalen Destinationen liegt in der unmittelbaren Nachbarschaft von Herat-Stadt (BFA Staatendokumentation 25.3.2019).

Laut UNODC Opium Survey 2018 gehörte Herat 2018 nicht zu den zehn wichtigsten Schlafmohn anbauenden Provinzen Afghanistans. 2018 sank der Schlafmohnanbau in Herat im Vergleich zu 2017 um 46%. Die wichtigsten Anbaugebiete für Schlafmohn waren im Jahr 2018 die Distrikte Kushk und Shindand (UNODC/MCN 11.2018).

Hintergrundinformationen zum Konflikt und Akteure

Herat gehört zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen Afghanistans, jedoch sind Taliban-Kämpfer in einigen abgelegenen Distrikten aktiv und versuchen oft terroristische Aktivitäten durchzuführen (KP 19.5.2019; vgl. KP 17.12.2018). Je mehr man sich von Herat-Stadt (die als "sehr sicher" gilt) und den angrenzenden Distrikten Richtung Norden, Westen und Süden entfernt, desto größer wird der Einfluss der Taliban (BFA Staatendokumentation 13.6.2019).

Auch im Vergleich zu Kabul gilt Herat-Stadt einem Mitarbeiter von IOM-Kabul zufolge zwar als sicherere Stadt, doch gleichzeitig wird ein Anstieg der Gesetzlosigkeit und Kriminalität verzeichnet: Raubüberfälle nahmen zu und ein Mitarbeiter der Vereinten Nationen wurde beispielsweise überfallen und ausgeraubt. Entführungen finden gelegentlich statt, wenn auch in Herat nicht in solch einem Ausmaß wie in Kabul (BFA Staatendokumentation 13.6.2019).

Der Distrikt mit den meisten sicherheitsrelevanten Vorfällen ist der an Farah angrenzende Distrikt Shindand, wo die Taliban zahlreiche Gebiete kontrollieren. Wegen der großen US-Basis, die in Shindand noch immer operativ ist, kontrollieren die Taliban jedoch nicht den gesamten Distrikt. Aufgrund der ganz Afghanistan betreffenden territorialen Expansion der Taliban in den vergangenen Jahren sah sich jedoch auch die Provinz Herat zunehmend von Kampfhandlungen betroffen. Dennoch ist das Ausmaß der Gewalt im Vergleich zu einigen Gebieten des Ostens, Südostens, Südens und Nordens Afghanistans deutlich niedriger (BFA Staatendokumentation 13.6.2019).

Innerhalb der Taliban kam es nach der Bekanntmachung des Todes von Taliban-Führer Mullah Omar im Jahr 2015 zu Friktionen (AAN 11.1.2017; vgl. RUSI 16.3.2016; SAS 2.11.2018). Mullah Rasoul, der eine versöhnlichere Haltung gegenüber der Regierung in Kabul einnahm, spaltete sich zusammen mit rund 1.000 Kämpfern von der Taliban-Hauptgruppe ab. Die Regierungstruppen kämpfen in Herat angeblich nicht gegen die Rasoul-Gruppe, die sich für Friedensgespräche und den Schutz eines großen Pipeline-Projekts der Regierung in der Region einsetzt (SAS 2.11.2018). Innerhalb der Taliban-Hauptfraktion wurde der Schattengouverneur von Herat nach dem Waffenstillstand mit den Regierungstruppen zum Eid al-Fitr-Fest im Juni 2018 durch einen als Hardliner bekannten Taliban aus Kandahar ersetzt (UNSC 13.6.2019).

2017 und 2018 hat der IS bzw. ISKP Berichten zufolge drei Selbstmordanschläge in Herat-Stadt durchgeführt (taz 3.8.2017; Reuters 25.3.2018).

Aufseiten der Regierung ist das 207. Zafar-Corps der ANA für die Sicherheit in der Provinz Herat verantwortlich (USDOD 6.2019; vgl. PAJ 2.1.2019), das der NATO-Mission Train, Advise, and Assist Command - West (TAAC-W) untersteht, welche von italienischen Streitkräften geleitet wird (USDOD 6.2019; vgl. KP 16.12.2018).

Jüngste Entwicklungen und Auswirkungen auf die zivile Bevölkerung

Der folgenden Tabelle kann die Zahl sicherheitsrelevanter Vorfälle bzw. Todesopfer für die Provinz Herat gemäß ACLED und Globalincidentmap (GIM) für das Jahr 2018 und die ersten drei Quartale 2019 entnommen werden (Quellenbeschreibung s. Disclaimer, hervorgehoben: Distrikt der Provinzhauptstadt):

(Grafik)

*temporäre Distrikte. Sicherheitsrelevante Vorfälle in diesen Distrikten werden dem Distrikt Shindand zugerechnet. (ACLED 5.10.2019; ACLED 12.7.2019; GIM o.D.)

Im Jahr 2018 dokumentierte UNAMA 259 zivile Opfer (95 Tote und 164 Verletzte) in Herat. Dies entspricht einem Rückgang von 48% gegenüber 2017. Die Hauptursache für die Opfer waren improvisierten Sprengkörper (improvised explosive devices, IEDs; ohne Selbstmordanschläge), gefolgt von Kämpfen am Boden und gezielten Tötungen (UNAMA 24.2.2019).

In der Provinz Herat kommt es regelmäßig zu militärischen Operationen (KP 16.6.2019; vgl. KP 28.9.2019, KP 29.6.2019, KP 17.6.2019, 21.5.2019). Unter anderem kam es dabei auch zu Luftangriffen durch die afghanischen Sicherheitskräfte (KP 16.6.2019; vgl. AN 23.6.2019). In manchen Fällen wurden bei Drohnenangriffen Talibanaufständische und ihre Führer getötet (AN 23.6.2019; vgl. KP 17.12.2018; KP 25.12.2018). Der volatilste Distrikt von Herat ist Shindand. Dort kommt es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen rivalisierenden Taliban-Fraktionen, wie auch zwischen den Taliban und regierungsfreundlichen Kräften (NYTM 12.12.2018; AJ 7.12.2018; AN 30.11.2018; KP 28.4.2018; VoA 13.4.2018). Regierungskräfte führten beispielsweise im Dezember 2018 (KP 17.12.2018) und Januar 2019 Operationen in Shindand durch (KP 26.1.2019). Obe ist neben Shindand ein weiterer unsicherer Distrikt in Herat (TN 8.9.2018). Im Dezember 2018 wurde berichtet, dass die Kontrolle über Obe derzeit nicht statisch ist, sondern sich täglich ändert und sich in einer Pattsituation befindet (AAN 9.12.2018). Im Juni 2019 griffen die Aufständischen beispielsweise mehrere Posten der Polizei im Distrikt an (AT 2.6.2019; vgl. PAJ 13.6.2019) und die Sicherheitskräfte führten zum Beispiel Anfang Juli 2019 in Obe Operationen durch (XI 11.7.2019). Außerdem kommt es in unterschiedlichen Distrikten immer wieder zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften (KP 5.7.2019; vgl. PAJ 30.6.2019) wie z.B in den Distrikten Adraskan, Fersi, Kushk-i-Kohna, Obe, Rabat Sangi, Shindand und Zawol (PAJ 30.6.2019).

Auf der Autobahn zwischen Kabul und Herat sowie Herat und Farah werden Reisende immer wieder von Taliban angehalten; diese fordern von Händlern und anderen Reisenden Schutzgelder (ST 14.12.2018).

IDPs - Binnenvertriebene

UNOCHA meldete für den Zeitraum 1.1.-31.12.2018 609 konfliktbedingt aus der Provinz Herat vertriebene Personen, von denen die meisten in der Provinz selbst Zuflucht fanden (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum vom 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 586 aus der Provinz Herat vertriebene Personen (UNOCHA 18.8.2019). Im Zeitraum vom 1.1.-31.12.2018 meldete UNOCHA 5.482 Vertriebene in die Provinz Herat, von denen die meisten (2.755) aus Ghor stammten (UNOCHA 28.1.2019). Im Zeitraum 1.1.-30.6.2019 meldete UNOCHA 6.459 konfliktbedingt Vertriebene in die Provinz Herat, von denen die meisten (4.769) aus Badghis stammten (UNOCHA 18.8.2019).

Anmerkung: Weitere Informationen zu Herat - u.a. zur Sicherheitslage - können der Analyse der Staatendokumentation "Afghanistan - Informationen zu sozioökonomischen Faktoren in der Provinz Herat" vom 13.6.2019 entnommen werden (BFA 13.6.2019).

Quellen:

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- AAN - Afghanistan Analysts Network (9.12.2018): One Land, Two Rules (2): Delivering public services in insurgency-affected Obeh Distrikt of Herat province, https://www.afghanistan-analysts.org/one-land-two-rules-2-delivering-public-services-in-insurgency-affected-obeh-Distrikt-of-herat-province/, Zugriff 5.7.2019

- AAN - Afghanistan Analysts Network (11.1.2017): The Battle between Law and Force: Scattered political power and deteriorating security test Herat's dynamism, https://www.afghanistan-analysts.org/the-battle-between-law-and-force-scattered-political-power-and-deteriorating-security-test-herats-dynamism/, Zugriff 3.7.2019

- ACLED - Armed Conflict Location and Event Data (5.10.2019): ACLED Data http://www.acleddata.com/data/, Zugriff 9.10.2019

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- AN - Ariana News (30.11.2018): Infighting Leaves 45 Taliban Militants Killed or Wounded in Herat, https://ariananews.af/infighting-leaves-45-taliban-militants-killed-or-wounded-in-herat/, Zugriff 4.7.2019

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- UNSC - United Nations Security Council (13.6.2019): Tenth report of the Analytical Support and Sanctions Monitoring Team submitted pursuant to resolution 2255 (2015) concerning the Taliban and other associated individuals and entities constituting a threat to the peace, stability and security of Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010658/S_2019_481_E.pdf, Zugriff 1.7.2019

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- USIP - United States Institute of Peace (2015): Political and Economic Dynamics of Herat, https://www.usip.org/sites/default/files/PW107-Political-and-Economic-Dynamics-of-Herat.pdf, Zugriff 3.7.2019

- VoA - Voice of America (13.4.2018): 11 Afghan Forces Killed in Taliban Attack on Herat Province, https://www.voanews.com/east-asia/11-afghan-forces-killed-taliban-attack-herat-province, Zugriff 4.7.2019

- XI - Xinhua News Agency (11.7.2019): 53 militants killed as Afghan gov't forces step up operations: officials, http://www.xinhuanet.com/english/2019-07/11/c_138218520.htm, Zugriff 16.8.2019

2.4.3. Wirtschafts- und Versorgungslage

Zur Wirtschafts- und Versorgungslage ist festzuhalten, dass Afghanistan weiterhin ein Land mit hoher Armutsrate und Arbeitslosigkeit ist. Seit 2002 hat Afghanistan mit Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft wichtige Fortschritte beim Wiederaufbau seiner Wirtschaft erzielt. Nichtsdestotrotz bleiben bedeutende Herausforderungen bestehen, da das Land weiterhin von Konflikten betroffen, arm und von Hilfeleistungen aus dem Ausland abhängig ist (LIB).

Die afghanische Wirtschaft stützt sich hauptsächlich auf den informellen Sektor (einschließlich illegaler Aktivitäten), der 80 bis 90 % der gesamten Wirtschaftstätigkeit ausmacht und weitgehend das tatsächliche Einkommen der afghanischen Haushalte bestimmt. Lebensgrundlage für rund 80% der Bevölkerung ist die Landwirtschaft, wobei der landwirtschaftliche Sektor gemäß Prognosen der Weltbank im Jahr 2019 einen Anteil von 18,7 % am Bruttoinlandsprodukt (BIP) hat (Industrie: 24,1%, tertiärer Sektor: 53,1%; WB 7.2019). Das BIP Afghanistans betrug im Jahr 2018 19,36 Mrd. US-Dollar (LIB).

Fähigkeiten, die sich Rückkehrer/innen im Ausland angeeignet haben, können eine wichtige Rolle bei der Arbeitsplatzsuche spielen. Bei der Arbeitssuche spielen persönliche Kontakte eine wichtige Rolle. Eine Quelle betont jedoch die Wichtigkeit von Netzwerken, ohne die es nicht möglich sei, einen Job zu finden. Bei Ausschreibung einer Stelle in einem Unternehmen gibt es in der Regel eine sehr hohe Anzahl an Bewerbungen und durch persönliche Kontakte und Empfehlungen wird mitunter Einfluss und Druck auf den Arbeitgeber ausgeübt. Eine im Jahr 2012 von der ILO durchgeführte Studie über die Beschäftigungsverhältnisse in Afghanistan bestätigt, dass Arbeitgeber persönliche Beziehungen und Netzwerke höher bewerten als formelle Qualifikationen. Analysen der norwegischen COI-Einheit Landinfo zufolge, gibt es keine Hinweise darüber, dass sich die Situation seit 2012 geändert hätte (LIB).

Laut Daten der Afghanistan Living Conditions Survey (ALCS) 2016 - 2017 können 2 Millionen Afghanen - das sind 23,9% der gesamten Erwerbsbevölkerung - als arbeitslos eingestuft werden, was bedeutet, dass sie nicht arbeiten oder eine Beschäftigung suchen, oder weniger als acht Stunden pro Woche arbeiten. Junge Afghanen treten jedes Jahr in großer Zahl in den Arbeitsmarkt ein, aber die Beschäftigungsmöglichkeiten können aufgrund unzureichender Entwicklungsressourcen und mangelnder Sicherheit nicht mit dem Bevölkerungswachstum mithalten. Afghanistan war seit 2011-2012 mit einem starken Anstieg der Armut konfrontiert, wobei sowohl die städtischen als auch die ländlichen Armutsraten zunahmen. In den Jahren 2016-2017 lebten 54,5% der Bevölkerung unterhalb der nationalen Armutsgrenze. Immer mehr Menschen greifen auf negative Bewältigungsmechanismen wie Kleinkriminalität, Kinderehen, Kinderarbeit und Betteln zurück, von denen insbesondere Binnenvertriebene betroffen sind. Der Zugang zu einer produktiven oder entgeltlichen Beschäftigung ist begrenzt, 80% der Beschäftigung gelten als anfällig und unsicher in Form von Selbst- oder Eigenbeschäftigung, Tagarbeit oder unbezahlter Arbeit. Der saisonale Effekt ist erheblich. Die Arbeitslosenquote ist in den Frühlings- und Sommermonaten relativ niedrig (rund 20%), während sie im Winter 32,5% erreichen kann (EASO).

ALCS 2016 - 2017 stellte fest, dass nur 19,8% aller in Afghanistan beschäftigten Personen öffentlich und privat angestellt sind oder Arbeitgeber sind, was bedeutet, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer eine gefährdete Beschäftigung darstellt. 52,6% der Landbevölkerung sind in der Landwirtschaft beschäftigt, während die städtische Beschäftigung vielfältiger ist. 36,5% der Erwerbsbevölkerung sind in verschiedenen Dienstleistungsbereichen beschäftigt und nur 5,5% in der Landwirtschaft (EASO).

In Afghanistan existiert keine finanzielle oder sonstige Unterstützung bei Arbeitslosigkeit. Lediglich beratende Unterstützung wird vom Ministerium für Arbeit und Soziale Belange (MoLSAMD) und der NGO ACBAR angeboten; dabei soll der persönliche Lebenslauf zur Beratung mitgebracht werden. Auch Rückkehrende haben dazu Zugang - als Voraussetzung gilt hierfür die afghanische Staatsbürgerschaft. Für das Anmeldeverfahren sind das Ministerium für Arbeit und Soziale Belange und die NGO ACBAR zuständig; Rückkehrende sollten auch hier ihren Lebenslauf an eine der Organisationen weiterleiten, woraufhin sie informiert werden, inwiefern Arbeitsmöglichkeiten zum Bewerbungszeitpunkt zur Verfügung stehen. Unter Leitung des Bildungsministeriums bieten staatliche Schulen und private Berufsschulen Ausbildungen an (LIB).

Laut Daten der ALCS von 2016 bis 2017 sind 44,6% der afghanischen Bevölkerung - das sind 13 Millionen Menschen - sehr stark bis mäßig von Lebensmittelunsicherheit betroffen. In allen Wohnbevölkerungsgruppen war seit 2011 ein Anstieg festzustellen, wobei der höchste Anstieg in den ländlichen Gebieten zu verzeichnen war (EASO).

Während der Wintersaat von Dezember 2017 bis Februar 2018 gab es in Afghanistan eine ausgedehnte Zeit der Trockenheit. Dies verschlechterte die Situation für die von Lebensmittelunsicherheit geprägte Bevölkerung weiter und hatte zerstörerische Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Existenzgrundlagen, was wiederum zu Binnenflucht führte und es den Binnenvertriebenen mittelfristig erschwert, sich wirtschaftlich zu erholen sowie die Grundbedürfnisse selbständig zu decken. Günstige Regenfälle im Frühling und beinahe normale Temperaturen haben 2019 die Weidebedingungen wieder verbessert.

Im März 2019 fanden in Afghanistan Überschwemmungen statt, welche Schätzungen zufolge, Auswirkungen auf mehr als 120.000 Personen in 14 Provinzen hatten. Sturzfluten Ende März 2019 hatten insbesondere für die Bevölkerung in den Provinzen Balkh und Herat schlimme Auswirkungen. Unter anderem waren von den Überschwemmungen auch Menschen betroffen, die zuvor von der Dürre vertrieben wurden (LIB).

Afghanistans jährliche Wachstumsrate der städtischen Bevölkerung gehört zu den höchsten der Welt. Kabul war das Zentrum des Wachstums, und der Rest der städtischen Bevölkerung konzentriert sich hauptsächlich auf vier andere Stadtregionen: Herat, Mazar-e Sharif, Kandahar und Jalalabad. Die große Mehrheit (72%, basierend auf ALCS-Zahlen für 2016-2017) der afghanischen Stadtbevölkerung lebt in Slums oder in ungenügenden Wohnungen. 86% der städtischen Häuser in Afghanistan können gemäß der Definition von UN-Habitat als Slums eingestuft werden. Der Bericht über den Zustand afghanischer Städte stellte fest, dass der Zugang zu angemessenem Wohnraum für die Mehrheit der Afghanen in den Städten eine große Herausforderung darstellt. Armut und Ungleichheit sind die harte Realität für etwa ein Drittel aller städtischen Haushalte (EASO).

Der Zugang zu sauberem Trinkwasser sowie angemessenen sanitären Einrichtungen hat sich erheblich verbessert. Der Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen, wie Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, war in den Städten im Allgemeinen besser als auf dem Land. Der Zugang zu Trinkwasser ist für viele Afghanen jedoch nach wie vor ein Problem, und die sanitären Einrichtungen sind weiterhin schlecht (EASO).

Nach einer Zeit mit begrenzten Bankdienstleistungen, entstehen im Finanzsektor in Afghanistan schnell mehr und mehr kommerzielle Banken und Leistungen. Die kommerziellen Angebote der Zentralbank gehen mit steigender Kapazität des Finanzsektors zurück. Es ist mittlerweile auch relativ einfach, in Afghanistan ein Bankkonto zu eröffnen. Die Bank wird dabei nach Folgendem fragen: Ausweisdokument (Tazkira), 2 Passfotos und 1.000 AFN (ca. ? 12,-) bis 5.000 AFN (ca. ? 60,-) als Mindestkapital für das Bankkonto. Bis heute sind mehr als ein Dutzend Banken im Land aktiv: unter anderem die Afghanistan International Bank, Azizi Bank, Arian Bank, oder The First Microfinance Bank, Ghazanfar Bank, Maiwand Bank, Bakhtar Bank (LIB).

Über Jahrhunderte hat sich eine Form des Geldaustausches entwickelt, welche Hawala genannt wird. Dieses System, welches auf gegenseitigem Vertrauen basiert, funktioniert schnell, zuverlässig und günstig. Spezielle Dokumente sind nicht notwendig und der Geldtransfer ist weltweit möglich. Hawala wird von den unterschiedlichsten Kundengruppen in Anspruch genommen: Gastarbeiter, die ihren Lohn in die Heimat transferieren wollen, große Unternehmen und Hilfsorganisationen bzw. NGOs, aber auch Terrororganisationen (LIB).

Das System funktioniert folgendermaßen: Person A übergibt ihrem Hawaladar (X) das Geld, z.B. 10.000 Euro und nennt ihm ein Passwort. Daraufhin teilt die Person A der Person B, die das Geld bekommen soll, das Passwort mit. Der Hawaladar (X) teilt das Passwort ebenfalls seinem Empfänger-Hawaladar (M) mit. Jetzt kann die Person B einfach zu ihrem Hawaladar (M) gehen. Wenn sie ihm das Passwort nennt, bekommt sie das Geld, z.B. in Afghani, ausbezahlt. So ist es möglich, auch größere Geldsummen sicher und schnell zu überweisen (LIB).

2.4.4. Wirtschafts- und Versorgungslage in Herat

Der Einschätzung einer in Afghanistan tätigen internationalen NGO zufolge gehört Herat zu den "bessergestellten" und "sichereren Provinzen" Afghanistans und weist historisch im Vergleich mit anderen Teilen des Landes wirtschaftlich und sicherheitstechnisch relativ gute Bedingungen auf (BFA 13.6.2019). Aufgrund der sehr jungen Bevölkerung ist der Anteil der Personen im erwerbsfähigen Alter in Herat - wie auch in anderen afghanischen Städten - vergleichsweise klein. Erwerbstätige müssen also eine große Anzahl an von ihnen abhängigen Personen versorgen. Hinzu kommt, dass die Hälfte der arbeitstätigen Bevölkerung in Herat Tagelöhner sind, welche Schwankungen auf dem Arbeitsmarkt in besonderem Ausmaß ausgesetzt sind (USIP 2.4.2015).

Die Herater Wirtschaft bietet seit langem Arbeitsmöglichkeiten im Handel, darunter den Import und Export von Waren mit dem benachbarten Iran (GOIRA 2015; vgl. EASO 4.2019, WB/NSIA 9.2018), wie auch Bergbau und Produktion (EASO 4.2019). Die Industrie der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMUs) ist insbesondere im Handwerksbereich und in der Seiden- und Teppichproduktion gut entwickelt (GOIRA 2015; vgl. EASO 4.2019). Manche alten Handwerksberufe (Teppichknüpfereien, Glasbläsereien, die Herstellung von Stickereien) haben es geschafft zu überleben, während sich auch bestimmte moderne Industrien entwickelt haben (z.B. Lebensmittelverarbeitung und Verpackung) (EASO 4.2019). Die meisten der in KMUs Beschäftigten sind entweder Tagelöhner oder kleine Unternehmer (GOIRA 2015). Die Arbeitsplätze sind allerdings von der volatilen Sicherheitslage bedroht (insbesondere Entführungen von Geschäftsleuten oder deren Angehörigen durch kriminelle Netzwerke, im stillen Einverständnis mit der Polizei). Als weitere Probleme werden Stromknappheit, bzw. -ausfälle, Schwierigkeiten, mit iranischen oder anderen ausländischen Importen zu konkurrieren und eine steigende Arbeitslosigkeit genannt (EASO 4.2019).

Ethnische Minderheiten

In Afghanistan leben laut Schätzungen zwischen 32 und 35 Millionen Menschen. Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht. Schätzungen zufolge, sind: 40 bis 42% Paschtunen, 27 bis 30% Tadschiken, 9 bis 10% Hazara, 9% Usbeken, ca. 4% Aimaken, 3% Turkmenen und 2% Belutschen. Weiters leben in Afghanistan eine große Zahl an kleinen und kleinsten Völkern und Stämmen, die Sprachen aus unterschiedlichsten Sprachfamilien sprechen (LIB).

Artikel 4 der Verfassung Afghanistans besagt: "Die Nation Afghanistans besteht aus den Völkerschaften der Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Paschai, Nuristani, Aimaq, Araber, Kirgisen, Qizilbasch, Gojar, Brahui und anderen Völkerschaften. Das Wort ?Afghane' wird für jeden Staatsbürger der Nation Afghanistans verwendet". Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnischen Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Artikel 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht: Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri. Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen zu haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (LIB).

Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung rechtlich verankert, wird allerdings in der gesellschaftlichen Praxis immer wieder konterkariert. Soziale Diskriminierung und Ausgrenzung anderer ethnischer Gruppen und Religionen im Alltag besteht fort und wird nicht zuverlässig durch staatliche Gegenmaßnahmen verhindert. Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (LIB).

Ethnische Paschtunen sind mit ca. 40% der Gesamtbevölkerung die größte Ethnie Afghanistans. Sie sprechen Paschtu/Pashto; als Verkehrssprache sprechen viele auch Dari. Sind sind sunnitische Muslime. Die Paschtunen haben viele Sitze in beiden Häusern des Parlaments - jedoch nicht mehr als 50% der Gesamtsitze. Die Paschtunen sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 44% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert (LIB).

Paschtunen siedeln in einem halbmondförmigen Gebiet, das sich von Nordwestafghanistan über den gesamten Süden und die Gebiete östlich von Kabul bis in den Nordwesten Pakistans erstreckt. Kleinere Gruppen sind über das gesamte Land verstreut, auch im Norden des Landes, wo Paschtunen Ende des 19. Jahrhunderts speziell angesiedelt wurden und sich seitdem auch selbst angesiedelt haben (LIB).

Grundlage des paschtunischen Selbstverständnisses sind ihre genealogischen Überlieferungen und die darauf beruhende Stammesstruktur. Eng mit der Stammesstruktur verbunden ist ein komplexes System von Wertvorstellungen und Verhaltensrichtlinien, die häufig unter dem Namen Pashtunwali zusammengefasst werden, und die besagen, dass es für einen Paschtunen nicht ausreicht, Paschtu zu sprechen, sondern dass man auch die Regeln dieses Ehren- und Verhaltenskodex befolgen muss. Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stammlinienverband bedeutet viele Verpflichtungen, aber auch Rechte, weshalb sich solche Verbände als Solidaritätsgruppen verstehen lassen (LIB).

Die Taliban sind eine vorwiegend paschtunische Bewegung, werden aber nicht als nationalistische Bewegung gesehen. Die Taliban rekrutieren auch aus anderen ethnischen Gruppen. Die Unterstützung der Taliban durch paschtunische Stämme ist oftmals in der Marginalisierung einzelner Stämme durch die Regierung und im Konkurrenzverhalten oder der Rivalität zwischen unterschiedlichen Stämmen begründet (LIB).

Die Volksgruppe der Tadschiken ist die zweitgrößte Volksgruppe in Afghanistan und hat einen deutlichen politischen Einfluss im Land. Sie machen etwa 27 bis 30% der afghanischen Bevölkerung aus. Außerhalb der tadschikischen Kerngebiete in Nordafghanistan (Provinzen Badakhshan, Takhar, Baghlan, Parwan, Kapisa und Kabul) bilden Tadschiken in weiten Teilen des Landes ethnische Inseln, namentlich in den größeren Städten. In der Hauptstadt Kabul sind sie knapp in der Mehrheit (LIB).

Als rein sesshaftes Volk kennen die Tadschiken im Gegensatz zu den Paschtunen keine Stammesorganisation. Aus historischer Perspektive identifizierten sich dari-persisch sprechende Personen in Afghanistan nach sehr unterschiedlichen Kriterien, etwa durch das Siedlungsgebiet oder der Herkunftsregion. Dementsprechend nannten sie sich zum Beispiel kaboli (aus Kabul), herati (aus Herat), mazari (aus Mazar-e Scharif), panjsheri (aus Panjsher) oder badakhshi (aus Badakhshan). Sie konnten auch nach ihrer Lebensweise benannt werden. Der Name tajik (Tadschike) bezeichnete ursprünglich traditionell sesshafte persischsprachige Bauern oder Stadtbewohner sunnitischer Konfession. Heute werden unter dem Terminus tajik "Tadschike" fast alle dari/persisch sprechenden Personen Afghanistans, mit Ausnahme der Hazara, zusammengefasst (LIB):

Tadschiken dominierten die "Nordallianz", eine politisch-militärische Koalition, welche die Taliban bekämpfte und nach dem Fall der Taliban die international anerkannte Regierung Afghanistans bildete. Tadschiken sind in zahlreichen politischen Organisationen und Parteien, die dominierendste davon ist die Jamiat-e Islami, vertreten. Die Tadschiken sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 25% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert (LIB).

Die schiitische Minderheit der Hazara macht etwa 9 bis 10% der Bevölkerung aus. Die Hazara besiedelten traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt; der Hazaradjat [zentrales Hochland] umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz (Maidan) Wardak sowie Teile der Provinzen Ghor, Uruzgan, Parwan, Samangan, Baghlan, Balkh, Badghis, und Sar-e Pul. Jahrzehntelange Kriege und schwierige Lebensbedingungen haben viele Hazara aus ihrer Heimatregion in die afghanischen Städte, insbesondere nach Kabul, getrieben. Hazara leben hauptsächlich in den zentralen und westlichen Provinzen sowie in Kabul (LIB).

Die Stadt Kabul ist in den letzten Jahrzehnten rasant gewachsen und ethnisch gesehen vielfältig. Viele Hazara leben unter anderem in Stadtvierteln im Westen der Stadt, insbesondere in Kart-e Se, Dasht-e Barchi sowie in den Stadtteilen Kart-e Chahar, Deh Buri , Afshar und Kart-e Mamurin (LIB).

Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind ihr ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild. Ethnische Hazara sind mehrheitlich Zwölfer-Schiiten, auch bekannt als Jafari Schiiten. Eine Minderheit der Hazara, die vor allem im nordöstlichen Teil des Hazaradjat lebt, ist ismailitisch. Ismailische Muslime, die vor allem, aber nicht ausschließlich, Hazara sind, leben hauptsächlich in Kabul sowie den zentralen und nördlichen Provinzen Afghanistans (LIB).

Die Lage der Hazara, die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgt waren, hat sich grundsätzlich verbessert und Hazara bekleiden inzwischen auch prominente Stellen in der Regierung und im öffentlichen Leben, sind jedoch in der öffentlichen Verwaltung nach wie vor unterrepräsentiert. Hazara werden am Arbeitsmarkt diskriminiert. Soziale Diskriminierung gegen schiitische Hazar

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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