TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/30 W169 2138526-1

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Veröffentlicht am 30.03.2020
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Entscheidungsdatum

30.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §55
BFA-VG §21 Abs5
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W169 2138526-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.10.2016, Zahl 780870103-160063541, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 55 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 21 Abs. 5 BFA-VG wird festgestellt, dass die Rückkehrentscheidung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler und schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet erstmals am 17.09.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.01.2009, Zahl 08 08.701-BAW, sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien abgewiesen wurde. Weiters wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde seitens des Asylgerichtshofes mit Erkenntnis vom 14.08.2009, Zahl C14 404058-1/2009, abgewiesen.

2. Mit Ladungsbescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 27.08.2009 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, am Verfahren zur "Sicherung der Ausreise aufgrund seiner Ausreiseverpflichtung, zur Prüfung des gelinderen Mittels und zur Einleitung fremdenpolizeilicher Maßnahmen" mitzuwirken.

3. Mit Schreiben der Bundespolizeidirektion XXXX vom 19.09.2009 wurde die Magistratsabteilung 62 ersucht, die amtliche Abmeldung des Beschwerdeführers zu veranlassen, da er die angegebene Postabgabeadresse nicht benütze.

4. Mit Ladungsbescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 02.12.2009 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, am Verfahren zur "Regelung und Vorbereitung der Ausreise, zur Prüfung allfälliger persönlicher Verhältnisse und zur Einleitung fremdenpolizeilicher Maßnahmen" mitzuwirken.

5. Mit Schreiben der Bundespolizeidirektion XXXX vom 04.01.2010 an die SPK Brigittenau wurde ein Erhebungsersuchen hinsichtlich des Beschwerdeführers veranlasst.

6. Laut Bericht der Bundespolizeidirektion XXXX vom 30.01.2010 wurden zahlreiche Hauserhebungen an verschiedenen Tagen und Abendzeiten an der vom Beschwerdeführer angegebenen Adresse durchgeführt, wobei er nicht habe angetroffen werden können. Eine Befragung der umliegenden Hausparteien habe ergeben, dass der Beschwerdeführer nicht mehr an der angegebenen Adresse wohnhaft oder aufhältig sei, weshalb eine amtliche Abmeldung eingeleitet worden sei.

7. Mit Anzeige des Landespolizeikommandos OEA PI Seitenhafenstraße AGM vom 11.10.2010 wurde der Beschwerdeführer wegen rechtswidrigen Aufenthaltes gemäß § 120 Abs. 1 Z 2 FPG zur Anzeige gebracht und in das PAZ Hernalser Gürtel eingeliefert.

Im Zuge dessen wurde der Beschwerdeführer am selben Tag durch die Bundespolizeidirektion XXXX zwecks Erhebung der erforderlichen Daten zur Erlangung eines Heimreisezertifikates sowie zur beabsichtigten Verhängung der Schubhaft niederschriftlich einvernommen.

8. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion XXXX vom 11.10.2010, Zahl XXXX , wurde über den Beschwerdeführer wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes eine Geldstrafe von 1000,- Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen, verhängt.

9. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 11.10.2010, Zahl XXXX , wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 46 FPG verhängt.

10. Mit Schreiben der Rechtsvertretung vom 15.10.2010 wurde ein Ersuchen auf Aufhebung der Schubhaft unter Anwendung gelinderer Mittel gestellt. Der Beschwerdeführer versichere, am fremdenrechtlichen Verfahren mitzuwirken. Er sei telefonisch und postalisch erreichbar und würde sämtlichen "Weisungen" der Behörde nachkommen. Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Schreiben um keine Beschwerde handle. Beigelegt wurden eine Aufenthaltskarte der Republik Österreich, eine Kopie des Reisepasses, eine Verlängerung des Mietvertrages, lautend auf den Beschwerdeführer.

11. Mit Schreiben der Rechtsvertretung vom 27.10.2010 wurde ein weiteres Ersuchen auf Aufhebung der Schubhaft unter Anwendung gelinderer Mittel gestellt.

12. Am 14.10.2010 und am 27.10.2010 stellte die Bundespolizeidirektion XXXX ein Ersuchen auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer.

13. Mit Befund und Gutachten des Amtsarztes der Bundespolizeidirektion XXXX vom 28.10.2010 wurde der Beschwerdeführer aufgrund von Hungerstreik für haftunfähig erklärt und noch am selben Tag aus der Haft entlassen.

14. Laut Mitteilung der Rechtsvertretung vom 08.11.2010 wurde die Behörde darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer am weiteren Verfahren mitwirken werde und diese ersucht, von allfälligen fremdenrechtlichen Zwangsmaßnahmen Abstand zu nehmen.

15. Mit Schreiben des BM.I vom 25.11.2010, 04.02.2011, 15.04.2011 und vom 14.07.2011 wurden Urgenzen bzgl. des Ersuchens um Ausstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft der Republik Indien gestellt.

16. Mit Anzeigen des Landespolizeikommandos XXXX vom 06.07.2011, Zahl XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen rechtswidrigen Aufenthaltes gemäß § 120 Abs. 1a FPG zur Anzeige gebracht.

17. Mit Anzeige des Landespolizeikommandos XXXX vom 10.07.2011, Zahl XXXX , wurde der Beschwerdeführer erneut wegen rechtswidrigen Aufenthaltes gemäß § 120 Abs. 1a FPG zur Anzeige gebracht.

18. Laut Strafantrag des Finanzamtes XXXX vom 12.11.2011, Zahl XXXX, wurde der Beschwerdeführer bei der Ausübung einer illegalen Beschäftigung betreten.

19. Mit Schreiben des BM.I vom 19.10.2011 wurde eine weitere Urgenz bzgl. des Ersuchens um Ausstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft der Republik Indien gestellt.

20. Mit Anzeige des Landespolizeikommandos XXXX vom 21.02.2012, Zahl XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen rechtswidrigen Aufenthaltes gemäß § 120 Abs. 1a FPG zur Anzeige gebracht.

21. Mit Parteiengehör der Bundespolizeidirektion XXXX vom 22.06.2012, Zahl XXXX , wurde dem Beschwerdeführer die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme ("beabsichtigte Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot") zugeschickt.

22. Am 26.07.2012 leitete die Bundespolizeidirektion XXXX ein weiteres Erhebungsersuchen ein.

23. Laut Schreiben der Bundespolizeidirektion XXXX vom 20.08.2012 wurde der Beschwerdeführer erneut von seiner Meldeadresse amtlich abgemeldet, da er an dieser im Rahmen der Hauserhebung nicht angetroffen werden konnte.

24. Mit Schreiben der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 05.11.2015 wurde eine Namensberichtigung unter erstmaliger Vorlage der Geburtsurkunde des Beschwerdeführers (in Kopie) eingebracht.

25. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.11.2015 wurde das Ersuchen um Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der Indischen Vertretungsbehörde erneut urgiert.

26. Am 12.01.2016 stellte der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG (ohne nähere Begründung). Beigelegt wurden eine "Election Commission of India Identity Card", die beglaubigte Übersetzung der Geburtsurkunde des Beschwerdeführers in deutscher Sprache (in Kopie) und sein Meldezettel.

27. Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.01.2016 wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit gegeben, die Antragsmängel durch Vorlage eines Reisepasses und einer Antragsbegründung zu beseitigen.

28. Am 15.02.2016, 17.03.2016 und am 20.05.2016 stellte der Beschwerdeführer jeweils Anträge auf Fristerstreckung, welchen von Seiten der Behörde zugestimmt wurde, jedoch langten zu keinem Zeitpunkt etwaige Dokumente oder Stellungnahmen des Beschwerdeführers ein.

29. Mit Parteiengehör des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.07.2016 wurde der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme und die Absicht der Behörde über die Ablehnung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG zur Kenntnis gebracht. Gleichzeitig wurde ihm das aktuelle Länderinformationsblatt zur Lage im Herkunftsstaat übermittelt und es wurden dem Beschwerdeführer Fragen zu seinen Privat- und Familienleben gestellt.

30. Der Antrag der Rechtsvertretung auf Fristerstreckung bis 15.09.2019 wurde gewährt.

31. Mit Stellungnahme der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 15.09.2016 wurde darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer während seines gesamten Aufenthaltes in Österreich stets bemüht gewesen sei, sich sozial und sprachlich zu integrieren. Innerhalb der acht Jahre habe er sich auch einen Freundeskreis aufgebaut. Sobald er einen Aufenthaltstitel erhalten würde, würde er eine unselbstständige Erwerbstätigkeit aufnehmen. Auch sei er bemüht, sich einen Reisepass zu beschaffen. Unter Berücksichtigung der Dauer des bisherigen Aufenthaltes werde höflich um Stattgebung des Antrages gebeten.

32. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.10.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK vom 12.01.2016 gemäß § 55 AsylG abgewiesen und gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei. Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer illegal in das Bundesgebiet eingereist sei und nach negativem Abschluss seines Asylverfahrens im Juni 2009 illegal im Bundesgebiet verblieben sei. Er sei seiner Ausreiseverpflichtung bisher nicht nachgekommen und habe seinen illegalen Aufenthalt nach Abschluss des Asylverfahrens im Bundesgebiet wissentlich fortgesetzt. Er habe am Verfahren nicht mitgewirkt, da er Dokumente bzw. Kopien nicht zur Vorlage gebracht und auch unter Angabe eines falschen Namens und Geburtsdatums seine Identität verschleiert habe. Des Weiteren habe er ein Jahr lang keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich gehabt und dazu auch keine Angaben getätigt. Ein Deutschzertifikat liege ebenso wenig vor, was jeglicher Integrationsbemühung widerspreche. Auch liege eine legale Beschäftigung nicht vor, weshalb insgesamt betrachtet ein Privatleben nicht festgestellt werden könne. Der Beschwerdeführer begründe seinen Antrag einzig und allein mit seinen langjährigen, jedoch überwiegend illegalen Aufenthalt und sei dem überdies entgegenzuhalten, dass ein etwaiges schützenswertes Privatleben zu einem Zeitpunkt entstanden sei, wo er sich jedenfalls im Bewusstsein des unsicheren Aufenthaltes befunden habe. Die Familienangehörigen des Beschwerdeführers würden in Indien leben; in Österreich habe er keine Angehörigen, weshalb ein schützenswertes Familienleben nicht festgestellt werden könne. Es seien somit keine derart außergewöhnlichen Umstände hervorgekommen, dass die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens überwiegen würden. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Asylgesetz komme daher nicht in Betracht, zumal dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers im Sinne des Artikel 8 EMRK nicht geboten sei. Da der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz einerseits durch das Bundesasylamt und des Weiteren durch den Asylgerichtshof als nicht glaubwürdig erachtet und abgewiesen worden sei sowie die Ausweisung nach Indien erlassen worden sei und der Beschwerdeführer überdies keinerlei Gründe angegeben habe, die zu einer neuerlichen Prüfung bezüglich der Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung geführt hätten, sei seine Abschiebung nach Indien gemäß § 46 zulässig. Im Falle des Beschwerdeführers liege keine Gefährdung im Sinne des § 50 Abs. 1 und 2 FPG vor. Auch eine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Sinne des § 50 Abs. 3 FPG bestehe für Indien nicht, weshalb die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der Beschwerdeführer bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.

33. Mit Schriftsatz der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 25.10.2016 wurde gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde erhoben und insbesondere auf die Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers hingewiesen. So habe er sich über die acht Jahre im Bundesgebiet einen Freundes- und Bekanntenkreis aufgebaut, sei bemüht, sich sprachlich, sozial und gesellschaftlich zu integrieren und überdies strafgerichtlich unbescholten. Auch habe er stets am Verfahren mitgewirkt und sei bemüht gewesen, Identitätsdokumente zu erlangen. Schließlich habe er keinen engen Kontakt mehr zu einen Angehörigen im Herkunftsstaat. Beantragt wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

34. Mit Ladungsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.05.2017, wurde der Beschwerdeführer gemäß § 19 AVG iVm § 46 Abs. 2a FPG aufgefordert, persönlich zum angegebenen Termin zu erscheinen und alle in seinem Besitz befindlichen relevanten Dokumente mitzubringen, widrigenfalls seine Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 4 BFA-VG angeordnet werde.

35. Mit Schreiben der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 13.06.2017 wurde um Zustellung eines neuerlichen Ladungsbescheides gebeten.

36. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2019, Zahl 780870103-14996742, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG iVm § 19 AVG aufgetragen, an der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken, und zwar die acht beiliegenden Formblätter auszufüllen und binnen einer Woche ab Zustellung des Bescheides zurückzusenden, widrigenfalls eine Haftstrafe von 14 Tagen verhängt werde (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.

37. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2019, Zahl 780870103-14996742, wurde über den Beschwerdeführer die im Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl angedrohte Haftstrafe von 14 Tagen gemäß § 5 VVG verhängt.

38. Laut Bericht der LPD XXXX vom 14.03.2019 wurde der Beschwerdeführer zur Vollziehung der Vollstreckungsverfügung "Beugehaft" gemäß § 5 Abs. 2 VVG festgenommen.

39. Am 20.03.2019 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Erlangung eines Heimreisezertifikates niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, dass er gesund, ledig und kinderlos sei. In Indien würden sein Vater und sein Bruder leben; die Mutter sei bereits verstorben. Im Bundesgebiet habe er keine Angehörigen. Er besuche keinen Deutschkurs und wohne privat mit einem anderen Inder. Gelegentlich arbeite er als Zusteller, wofür er kein Gewerbe angemeldet habe.

40. Am 20.03.2019 wurde der Beschwerdeführer aus der Beugehaft wegen Wegfall des Beugehaftgrundes entlassen.

41. Laut Schreiben der Rückkehrberatung vom 20.03.2019 hat sich der Beschwerdeführer zur freiwilligen Rückkehr angemeldet.

42. Am 04.04.2019 erließ das Bundesamt für Fremdenwesen gegen den Beschwerdeführer einen Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG sowie einen Durchsuchungsauftrag gemäß § 35 Abs. 1 BFA-VG.

43. Mit Schreiben der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 05.04.2019 wurde nochmals auf die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers in Österreich und seine Integrationsbemühungen hingewiesen. Des Weiteren sei seine Mutter verstorben und sein Vater todkrank. Seine einzigen Verwandten, seine Schwester und sein Neffe, würden seit dem Jahr 2000 über die österreichische Staatsbürgerschaft verfügen. Da dem Beschwerdeführer nicht angelastet werden könne, das die Botschaft keine Dokumente ausgestellt habe und auch unter Berücksichtigung der Gesamtsituation sei dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG zu gewähren.

44. Laut Meldung der LPD XXXX vom 11.04.2019 konnte der Beschwerdeführer an der von ihm angegebenen Adresse am 09.04., 10.04. und am 11.04.2019 nicht vorgefunden werden. Am selben Tag stornierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den für den Beschwerdeführer nach Indien gebuchten Flug, weil die Festnahme erfolglos gewesen sei.

45. Am 11.04.2019 erließ das Bundesamt für Fremdenwesen gegen den Beschwerdeführer einen Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG.

46. Laut Meldung der LPD XXXX vom 11.04.2019 wurde der Beschwerdeführer am 11.04.2019 gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG festgenommen und in Verwaltungsverwahrungshaft genommen.

47. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.04.2019 wurde dem Bundesverwaltungsgericht mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer an seiner Ausreiseverpflichtung nicht mitgewirkt habe, nicht ausreisewillig sei und insbesondere mehrere Identitäten im Verfahren verwendet habe. Auch sei er untergetaucht, jedoch zufällig angetroffen und festgenommen worden und sei eine Abschiebung seiner Person geplant.

48. Am 13.04.2019 wurde der Beschwerdeführer nach Indien abgeschoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist indischer Staatsangehöriger aus dem Bundesstaat Punjab, besuchte im Heimatland die Grundschule und wurde dort sozialisiert. In Indien leben sein Vater und sein Bruder. Er ist ledig und kinderlos. Der Beschwerdeführer verließ sein Heimatland im Jahr 2008, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 17.09.2008 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.01.2009 abgewiesen wurde. Zudem wurde der Beschwerdeführer nach Indien ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 14.08.2009 als unbegründet abgewiesen.

Mit Ladungsbescheid der BPD XXXX vom 27.08.2009 und vom 02.12.2009 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, am Verfahren zur Sicherung der Ausreise bzw. zur Prüfung allfälliger persönlicher Verhältnisse und zur Einleitung fremdenrechtlicher Maßnahmen mitzuwirken. Der Beschwerdeführer wirkte am Verfahren nicht mit und kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach. Es wurden insgesamt drei amtliche Abmeldungen des Beschwerdeführers veranlasst, weil die veranlassten Hauserhebungen erfolglos waren und der Beschwerdeführer für die Behörden nicht greifbar war.

Am 11.10.2010, 06.07.2011, 10.07.2011 und am 21.02.2012 wurde der Beschwerdeführer wegen rechtswidrigen Aufenthaltes zur Anzeige gebracht. Auch wurde der Beschwerdeführer am 12.11.2011 bei der Ausführung einer illegalen Beschäftigung betreten.

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion XXXX vom 11.10.2010 wurde über den Beschwerdeführer wegen rechtswidrigen Aufenthaltes eine Geldstrafe von 1000,- Euro verhängt. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom selben Tag wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Aufgrund von Hungerstreik wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen.

Mit Schreiben der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 05.11.2015 wurde unter gleichzeitiger Namensberichtigung erstmals die Geburtsurkunde des Beschwerdeführers (in Kopie) vorgelegt. Die österreichischen Behörden hatte zuvor insgesamt sieben Versuche (zwei Ersuchen und fünf Urgenzen) vorgenommen, um bei der Indischen Botschaft ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer zu erlangen.

Am 12.01.2016 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG.

Dem Ladungsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.05.2017, wonach er persönlich erscheinen und sämtliche Dokumente, insbesondere einen Reisepass, vorlegen muss, kam der vertretene Beschwerdeführer nicht nach. Auch der Aufforderung der Behörde, mit Bescheid vom 01.02.2019 bei der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken, und zwar die acht beiliegenden Formblätter auszufüllen und binnen einer Woche ab Zustellung des Bescheides zurückzusenden, widrigenfalls eine Haftstrafe von 14 Tagen verhängt werde, kam der Beschwerdeführer nicht nach. Aus diesem Grund wurde über den Beschwerdeführer die Beugehaft verhängt. Nach Einvernahme und Ausfüllen der Formblätter wurde der Beschwerdeführer wegen Wegfalls des Beugehaftgrundes aus der Haft entlassen. Der Beschwerdeführer meldete sich zur freiwilligen Rückkehr an. Am 04.04.2019 erließ das Bundesamt für Fremdenwesen gegen den Beschwerdeführer einen Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG sowie einen Durchsuchungsauftrag gemäß § 35 Abs. 1 BFA-VG. Der Beschwerdeführer wurde an der von ihm angegebenen Adresse am 09.04., 10.04. und am 11.04.2019 nicht vorgefunden. Am 11.04.2019 erließ das Bundesamt für Fremdenwesen gegen den Beschwerdeführer einen weiteren Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG. Am 11.04.2019 musste die Behörde den für den Beschwerdeführer geplanten Flug nach Dehli stornieren und neu buchen, da der Beschwerdeführer untertauchte. Am selben Tag wurde der Beschwerdeführer durch die LPD XXXX in Verwaltungsverwahrungshaft genommen und daraufhin am 13.04.2019 nach Indien abgeschoben.

Die Schwester des Beschwerdeführers besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft; es bestand kein gemeinsamer Wohnsitz oder ein sonstiges Abhängigkeitsverhältnis. Er hat keine sonstigen Verwandten oder Familienangehörigen in Österreich. Der Beschwerdeführer hat keinen Deutschkurs besucht und im Verfahren keine diesbezügliche Bestätigung vorgelegt. Er bezog keine Leistungen aus der Grundversorgung und wohnte privat in einer Mietwohnung mit einem anderen Inder. Der Beschwerdeführer arbeitete gelegentlich als Zusteller, wofür er keinen Gewerbeschein hatte - diese Tätigkeit hat er behördlich nicht angemeldet. Der Beschwerdeführer ist gesund, steht im erwerbsfähigen Alter und ist strafrechtlich unbescholten.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für den Aufenthalt aus berücksichtigungswürdigenden Gründen kamen nicht hervor.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Grundversorgung/Wirtschaft:

Indien gehört trotz Abschwächung des Wirtschaftswachstums auf 5 Prozent (2012/13; 2011/12 dagegen noch 6,2 Prozent, 2013/14 - geschätzt - : 4,9Prozent) nach wie vor zu den am stärksten expandierenden Volkswirtschaften der Welt (weltweit an 10. Stelle). Bei derzeit 1,2 Mrd. Einwohnern wird es bis zur Mitte des Jahrhunderts voraussichtlich nicht nur das bevölkerungsreichste Land der Erde sein, sondern auch mit seinem Bruttoinlandsprodukt nach China und USA an dritter Stelle liegen (AA 3.2013).

Indien ist die drittgrößte Wirtschaft in Asien und ist durch eine hohe Inflation, einer schwachen Währung und einem Rückgang an ausländischen Investitionen belastet. Eine Flaute im Bergbau und Manufaktur, haben ihr restliches dazu beigetragen (BBC 31.1.2014).

Laut Zahlen der Weltbank betrug im Jahre 2012 das Pro-Kopf-Einkommen in Indien US Dollar 1.489. Das jährliche Wirtschaftswachstum in Indien sei zwar von 7,5 auf 5 Prozent gefallen, das aber sei immer noch ein sehr ansehnlicher Wert. Dies umso mehr, als der Internationale Währungsfonds für das laufende und das kommende Jahr eine Belebung des Wachstums erwarte. Das Land hat die im Jahre 2008 in den Vereinigten Staaten ausgebrochene Krise schlechter weggesteckt als China. Während China Leistungsbilanzüberschüsse und damit Devisenreserven ansammelt, ist die indische Leistungsbilanz negativ geworden. Während Peking seine Währung künstlich vor zu einer starken Aufwertung schützt, hat die indische Rupie erheblich an Wert verloren (FAZ 23.1.2014).

Das hohe Wachstum der letzten Jahre hat die regionalen Entwicklungsunterschiede auf dem Subkontinent und das zunehmende Einkommensgefälle zwischen der expandierenden städtischen Mittelschicht und der überwiegend armen Bevölkerung auf dem Lande, wo noch knapp 70 Prozent aller Inder leben, schärfer hervortreten lassen. Die erhofften massiven Beschäftigungseffekte des Wachstums sind bislang ausgeblieben (AA 3.2014).

Das Land hat eine aufstrebende urbane Mittelschicht. Es hat große Fortschritte wie zum Beispiel im IT-Bereich gemacht, dessen große Facharbeitskräfte es zu einem beliebten Ziel für internationale Firmen machen, die versuchen ihre Arbeit auszulagern. Der Großteil der ländlichen Bevölkerung ist weiterhin arm, da das Leben auch weiterhin durch das altertümliche Hindukastensystem beeinflusst wird, welches jeder Person einen Platz in der sozialen Hierarchie zuweist. Diskriminierungen auf Basis der Kaste ist gegenwärtig illegal und mehrere Maßnahmen wurden eingeführt um benachteiligte Gruppen zu stärken und ihnen Zugangsmöglichkeiten zu erleichtern - wie zum Beispiel Bildung und Arbeit. Armutsbekämpfung und Alphabetisierungskampagnen sind im Gange (BBC 16.5.2014 vgl. auch: BBC 11.12.2013).

Indien steht vor gewaltigen Herausforderungen bei der Armutsbekämpfung und in der Bildungs- und Infrastrukturentwicklung. Etwa 30 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze von 1 US-Dollar pro Kopf und Tag. Rund 70 Prozent haben weniger als 2 US-Dollar pro Tag zur Verfügung. Auf dem Human Development Index der UNDP (2013) steht Indien auf Platz 136 unter 186 erfassten Staaten. Während es weltweit die meisten Millionäre und Milliardäre beheimatet, liegt Indien bei vielen Sozialindikatoren deutlich unter den Durchschnittswerten von Subsahara-Afrika. Etwa ein Viertel der Bevölkerung lebt unter dem von den Vereinten Nationen veranschlagten Existenzminimum. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine für das Überleben ausreichende Nahrungsversorgung auch den schwächsten Teilen der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe oder ein anderes soziales Netz. Rückkehrer sind auf die Unterstützung der eigenen Familie oder Freunde angewiesen. Vorübergehende Notlagen können durch Armenspeisungen im Tempel, insbesondere der Sikh-Tempel, die auch gegen kleinere Dienstleistungen Unterkunft gewähren, problemlos ausgeglichen werden (AA 3.3.2014).

Voraussetzung für den wirtschaftlichen Aufstieg Indiens und die Überwindung des über Jahrzehnte schwachen Wachstums war die sukzessive Deregulierung und Öffnung der indischen Volkswirtschaft nach der Finanzkrise von 1991. Dieser Prozess ist allerdings noch nicht abgeschlossen. Das Wirtschaftswachstum wird ganz wesentlich von der Binnennachfrage getragen, für deren weiteren Anstieg schon die demographische Entwicklung spricht. Die industriepolitische Strategie strebt den weiteren Auf- und Ausbau einer eigenen industriellen Produktion an. Dabei erfolgt gelegentlich ein Rückgriff auf protektionistische Maßnahmen wie Importzölle, Exportquoten, Lokalisierungszwänge oder Buy Indian-Vorgaben in öffentlichen Ausschreibungen. Seit September 2012 hat die indische Regierung weitere Liberalisierungsschritte eingeleitet und damit einen längeren Stillstand der Reformpolitik überwunden. So wurde die hoch umstrittene Zulassung ausländischer Investitionen auch in Supermarktketten beschlossen, ferner u.a. die Zulassung ausländischer Beteiligung an Fluggesellschaften und Strombörsen. Auch in anderen Branchen wurden die Grenzen für ausländische Kapitalbeteiligungen heraufgesetzt. Weitere wichtige Reformvorhaben zur Öffnung des Finanzsektors wie z.B. die Anhebung der Schwelle für Auslandsinvestoren an Versicherungsunternehmen sind allerdings noch nicht beschlossen worden (AA 3.2014).

Die globale Rezession, hat die indische Wirtschaft besonders stark getroffen - die Regierung sieht sich mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert, da sie kein integratives Wachstum zu garantieren konnte (AI 5.2013). Im April stiegen die Verbraucherpreise 8,6 Prozent im Jahresvergleich (FAZ 16.5.2014). Arme und marginalisierte Gemeinschaften, die geschätzt 30 - 50 Prozent der Bevölkerung ausmachen, waren besonders stark vom Preisanstieg betroffen (AI 5.2013).

Nur ca. 8 Prozent aller Beschäftigten stehen in einem vertraglich geregelten Arbeitsverhältnis. Die übrigen 92 Prozent werden dem sog. "informellen Sektor" zugerechnet - sie sind weder gegen Krankheit oder Arbeitsunfälle abgesichert, noch haben sie Anspruch auf soziale Leistungen oder Altersversorgung (AA 3.2014).

Backsteinöfen sind ein wichtiger Bestandteil von Indiens wachsender Wirtschaft. Es gibt mehr als zwei Millionen ZiegelarbeiterInnen in Indien. Viele Ofenanlagen haben ArbeiterInnen, die unter fast sklavenähnlichen Bedingungen arbeiten und höchstens £1.50 für einen 12 Stunden Tag verdienen. Viele leiden unter Krankheiten aufgrund des beizenden Rauches der Öfen und den rauen Arbeitsbedingungen (BBC 4.1.2014). Das Ausmaß von Zwangs- und Kinderarbeit in den Backsteinöfen in Indien nimmt epidemische Ausmaße an. Schwangere Frauen, Kinder und junge Mädchen arbeiten 12 - 18 Stunden pro Tag. Sie sind schlecht ernährt, es gibt kein sauberes Wasser und sie leben wie Sklaven (BBC 2.1.2014).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (3.3.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien, Zugriff 5.3.2014

- AA - Auswärtiges Amt (3.2014): Indien, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_AC539C62A8F3AE6159C84F7909652AC5/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.8.2014

- AI - Amnesty International (5.2013): Amnesty International Report, State of the Human Rights 2013, http://files.amnesty.org/air13/AmnestyInternational_AnnualReport2013_complete_en.pdf, Zugriff 4.3.2013

- BBC (4.1.2014): India brick industry: Calls to improve working conditions, http://www.bbc.co.uk/news/world-asia-india-25595093, Zugriff 6.8.2014

- BBC (16.5.2014) India profile - Overview, http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384, Zugriff 6.8.2014

- BBC (16.5.2014) India profile - Overview, http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384, Zugriff 17.3.2014

- BBC (2.1.2014): Why India's brick kiln workers 'live like slaves', http://www.bbc.co.uk/news/world-asia-india-25556965, Zugriff 14.8.2014

- BBC (31.1.2014): World Bank chief economist on future of India's economy, http://www.bbc.com/news/world-asia-india-25742983, Zugriff 17.3.2014

- FAZ- Frankfurter Allgemeine Zeitung (23.1.2014): Ein Wirtschaftswunder und ein fragiler Subkontinent, http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/weltwirtschaftsforum/china-und-indien-ein-wirtschaftswunder-und-ein-fragiler-subkontinent-12766222-p2.html, Zugriff 6.8.2014

- FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (16.5.2014): Modi ist Mann der Stunde, http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/fruehaufsteher/wahlentscheid-in-indien-modi-ist-der-mann-der-stunde-12941572.html, Zugriff 7.8.2014

- USDOS - US Department of State (27.2.2014): India, Country Report on Human Rights Practices, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm#wrapper, Zugriff 4.3.2014

Sozialbeihilfen

In Indien haben derzeit von 400 Mio. Arbeitskräften nur etwa 35 Mio. Zugang zum offiziellen Sozialen Sicherungssystem in Form einer Altersrentenabsicherung. Dies schließt Arbeiter des privaten Sektors, Beamte, Militärpersonal und Arbeitnehmer von Unternehmen des staatlich öffentlichen Sektors ein. Von diesen 35 Mio. sind 26 Mio. Arbeiter Mitglied der Organisation des Arbeitnehmervorsorgefonds ("EPFO"). Ein weiterer wichtiger Beitrag des EPF ist der Vorschlag zur Ausweitung der kritischen Lebensbeihilfen auf die Gewährung von Obdach. Der Shramik Awas Yojana zielt auf die Bereitstellung kostengünstiger Siedlungsprojekte ab. Dies geht einher mit einer Zusammenarbeit von Organisationen wie HUDCO, Wohnungsbauagenturen, der Regierung, Arbeitnehmern und "EPF"-Mitgliedern, wobei die "EPFO" eine Vermittlerrolle einnimmt. Die Investitionen fließen in die beschriebenen Sicherheiten und Portfolios nach einem durch das Finanzministerium vorgegebenen Muster ein (BAMF 8.2013)

Als Teil einer Armutsbekämpfungsinitiative wurde seit 2010 Millionen indischer Bürger eine Aadhaar ID Nummer ausgestellt. Obwohl diese nicht verpflichtend ist, gaben Beamte an, dass der Nichtbesitz den Zugang zur Staatshilfe limitieren könnte. Die Nummern ausstellenden Behörden pflegen eine Datenbank von Nummern, die mit persönlichen Informationen, inklusive biometrischer Daten, wie zum Beispiel Fingerabdrücke, verbunden werden (FH 3.10.2013).

Die wichtigsten Gesetze der sozialen Sicherung in Indien:

(i) Das staatliche Arbeitnehmerversicherungsgesetz, 1948 ("ESI Act"), das Fabriken und Einrichtungen mit mehr als 10 Mitarbeitern umfasst und eine umfangreiche Versorgung der Mitarbeiter und ihrer Familien vorsieht, ebenso wie finanzielle Hilfen bei Krankheit und Mutterschaft und monatliche Zahlungen im Todesfall oder im Falle einer Behinderung.

(ii) Das Gesetz zum Arbeitnehmervorsorgefonds & sonstigem, 1952 ("EPF & MP Act"), das sich auf bestimmte Fabriken und Werke und Einrichtungen bezieht, die 20 oder mehr Arbeitnehmer beschäftigen, und das die abschließenden Leistungen des Vorsorgefonds, des Pensionsfonds und des Familienfonds im Todesfall während des Dienstverhältnisses regelt. Es existieren gesonderte Gesetze für vergleichbare Leistungen für Arbeiter in Kohleminen und auf Teeplantagen.

(iii) Das Arbeiterkompensationsgesetz, 1923 ("WC Act"), das im Falle von arbeitsbedingten Verletzungen, die tödlich verlaufen oder eine Behinderung nach sich ziehen, Kompensationszahlungen an den Arbeiter oder seine Familie verlangt.

(iv) Das Mutterschaftsleistungsgesetz, 1961 ("M.B. Act"), das 12 Wochengehälter während der Mutterschaft vorsieht, sowie bezahlten Urlaub bei anders gelagerten Eventualitäten.

(v) Gesetz zur Zahlung einer Abfindung, 1972 ("P.G. Act"), wonach Arbeitnehmern, die in einem Unternehmen mit mindestens 10 Mitarbeitern 5 oder mehr Jahre gearbeitet haben, 15 Tageslöhne für jedes Dienstjahr gezahlt werden (BAMF 8.2013).

Quellen:

- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (8.2013): Länderinformationsblatt Indien, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_indien-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 7.8.2014

- FH- Freedom House (3.10.2013): Freedom on the Net 2013 - India, http://www.ecoi.net/file_upload/3714_1380802722_fotn-2013-india.pdf, Zugriff 24.3.2014

Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung ist in weiten Landesteilen unzureichend und entspricht medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch meist nicht europäischem Standard (AA 24.3.2014).

Die gesundheitliche Grundversorgung wird vom Staat im Prinzip kostenfrei gewährt. Sie ist aber durchweg unzureichend (AA 3.3.2014). Nur 10 Prozent der heutigen indischen Bevölkerung verfügen über einen Krankenversicherungsschutz. 75 Prozent der Ausgaben für medizinische Versorgung müssen noch immer von Konsumenten selbst finanziert werden. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass dieser Industriezweig infolge des Markteintritts zahlreicher Privatinvestoren, in den nächsten Jahren enorm wachsen wird. 17 Versicherungsgesellschaften und 3 Krankenversicherungsunternehmen bieten derzeit Krankenversicherungen an. In Anbetracht der wachsenden Arzneimittelanwendungen und Gesundheitskosten steigt die Versicherungssummengrenze von 500.000 Rs. stetig an, so dass viele Unternehmen Policen in Höhe von 100.000 Rs. ausstellen. Max, Apollo Munich und Fortis sind die drei größten Gesellschaften. Royal Sundaram, Bharati AXA, ICICI Lombard etc. bieten Krankenversicherungen in Indien an (BAMF 8.2013).

Da der Andrang auf Leistungen des staatlichen Sektors sehr stark ist, weichen viele für eine bessere oder schnellere Behandlung auf private Anbieter aus. Die privaten Gesundheitsträger genießen wegen der fortschrittlicheren Infrastruktur und des qualifizierteren Personals einen besseren Ruf. In allen größeren Städten gibt es medizinische Einrichtungen, in denen überlebensnotwendige Maßnahmen durchgeführt werden können. Dies gilt mit den genannten Einschränkungen auch für den öffentlichen Bereich. Einige wenige private Krankenhäuser in den größten Städten gewährleisten einen Standard, der dem westlicher Industriestaaten vergleichbar ist. Insbesondere im wirtschaftlich starken Punjab und in New Delhi ist die Gesundheitsversorgung im Verhältnis zu anderen Landesteilen gut (AA 3.3.2014).

In staatlichen Krankenhäusern, von denen einige zu den besten Krankenhäusern Indiens gehören, erfolgt die Behandlung zu Steuerzahlerkosten. Die privaten medizinischen Einrichtungen bieten hohe Qualitätsstandards zu hohen Kosten. Die Gesundheitskosten in Indien sind im Vergleich zu den entwickelten Teilen der Welt verhältnismäßig niedrig. Nachfolgend die Durchschnittskosten einiger Einrichtungen in US $:

Knochenmarkstransplantation - $70.000, Lebertransplantation - $70.000, kardiologischer Eingriff - $10.000, orthopädischer Eingriff - $8.000, Katarakt-OP $1.250, Zahnimplantation - $800 etc. Die Primären Gesundheitseinrichtungen ("PHC") sind die Eckpfeiler der ländlichen Gesundheitsversorgung. Die Primären Gesundheitszentren und ihre nachgeordneten Stellen sollen die medizinischen Versorgungsbedürfnisse der Landbevölkerung gerecht werden. Jedes primäre Gesundheitszentrum ist für 100.000 Menschen zuständig und auf etwa 100 Dörfer verteilt. Die notwendige Ausstattung zur Verrichtung kleinerer operativer Eingriffe ist vorhanden. Auf der Gebietsebene besteht die Gesundheitsverwaltung aus einer Vielzahl von Bediensteten und Ärzten, die durchschnittlich 10-15 Krankenhäuser, 30-60 Primäre Gesundheitszentren und 300-400 nachgeordnete Zentren betreuen. Jeder Bezirk hat zudem ein Zivilkrankenhaus, um den Bedürfnissen der dortigen Bevölkerung zu begegnen (BAMF 8.2013).

Es gibt regierungsgestützte Vorhaben und Programme für die Gesundheit und Wohlfahrt der Bürger, die von der Zentralregierung durchgeführt werden. Diese Programme streben einen verbesserten Gesundheitszustand der Bevölkerung sowie niedrigere Erkrankungszahlen und Todesfälle durch Krankheiten an. Die regierungsgestützten Programme umfassen Immunisierungsaktionen, besonderen Umgang mit Epidemien, Pläne zur Ausrottung gefährlicher Krankheiten und zahlreiche Bildungs- und Trainingsprogramme (BAMF 8.2013). Dank einer massiven Impfkampagne unter Beteiligung einer gewaltigen Armee von Helfern konnte die Kinderlähmung in Indien ausgerottet werden. Dennoch leben noch viele mit den Folgen der Erkrankung, gelähmten beziehungsweise deformierten Gliedmaßen und gesellschaftlicher Ächtung. Noch vor fünf Jahren entfiel die Hälfte aller neuen Polio-Erkrankungen auf Indien. Es ist ein großer Erfolg, dass es in den vergangenen drei Jahren keine neuen Fälle gab (DW 16.1.2014).

Die Nationale Ländliche Gesundheitsmission "NRHM" ist ein Regierungsvorhaben zur landesweiten Bereitstellung nützlicher medizinischer Dienstleistungen in den Haushalten ländlicher Regionen. Im Fokus stehen vor allem die 18 Staaten Arunachal Pradesh, Assam, Bihar, Chhattisgarh, Himachal Pradesh, Jharkhand, Jammu and Kashmir, Manipur, Mizoram, Meghalaya, Madhya Pradesh, Nagaland, Orissa, Rajasthan, Sikkim, Tripura, Uttarkhand und Uttar Pradesh (BAMF 8.2013).

Der Zugang zu öffentlichen oder privaten Gesundheitsvorsorgeeinrichtungen in den ländlichen Gebieten ist, im Gegensatz den Städten, weiterhin eine Herausforderung. Eine steigende Zahl der Bevölkerung verwendet private Gesundheitsvorsorgeeinrichtungen, sowohl für stationäre als auch ambulante Behandlungen. Lange Wartezeiten und das Fehlen von Diagnoseeinrichtungen sind mitunter die Hauptgründe warum private Gesundheitsvorsorgeeinrichtungen, statt den öffentlichen Zentren, für die stationäre Behandlung ausgewählt werden. Für die ambulante Behandlung werden die Verfügbarkeit oder der Arzt und die Behandlungsqualität als Grund für die Auswahl der privaten Gesundheitsvorsorgeeinrichtungen genannt. Jedoch wären die Patienten bereit zu einem öffentlichen Gesundheitsvorsorgeeinrichtungen zu wechseln, wenn die genannten Probleme thematisiert werden würden. Patienten sind oft gezwungen aufgrund von Entfernung der schlechten öffentlichen Gesundheitseinrichtungen sich an teurere Institute zu wenden., Wenngleich es Verbesserungen gab, gibt es auch weiterhin signifikante Herausforderungen im Bereich des Gesundheitsvorsorgezugangs für die indische Bevölkerung, speziell in ländlichen Gebieten (IMS-Institute 6.2013).

Fast alle gängigen Medikamente sind auf dem Markt erhältlich. Die Einfuhr von Medikamenten aus dem Ausland ist möglich. Indien selbst ist der weltweit größte Hersteller von Generika, Medikamente kosten einen Bruchteil der Preise in Europa (AA 3.3.2014). Die Durchimpfungsrate ist extrem gestiegen. Zum Beispiel ist die Diphtherie-Tetanus-Pertussis Impfung unter den 1-jährigen um 60 -70 Prozent gestiegen die von Hepatitis B hat sich von 68 Prozent im Jahr 2005 auf 91 Prozent im Jahr 2010 gesteigert. Nationale Programme haben erfolgreich die Erkennungs- und Heilraten für Tuberkulose und Leprose verbessert (IMS-Institute 6.2013). [Zur Müttersterblichkeitsrate siehe Kapitel 18]

Die Säuglingssterblichkeitsrate hat sich in einem Zeitraum von 2000 - 2009 um mehr als 25 Prozent gesenkt, 50 Totgeburten pro 1.000 Lebendgeburten. Auch die unter -5jährigen Kindersterblichkeitsrate ist gesunken, 64 Toten pro 1.000 Lebendgeburten. Der städtische Bereich konnte die anvisierte Zahl der MDGs von 42 Toten pro 1.000 Lebendgeburten erreichen, jedoch ist der ländliche Bereich hinter dem Ziel mit 71 Toten pro 1.000 Lebendgeburten (IMS-Institute 6.2013). Die indische Regierung förderte regionale Krebszentren (HRW 29.1.2013).

Die "Accredited Socia lHealth Activist" (ASHA) ist eine Gesundheitsaktivisten-Initiative innerhalb der Gemeinden. Sie soll die Wahrnehmung für das Thema Gesundheit und die sozialen Begleiterscheinungen schärfen, sowie die Gemeinde zu örtlicher Gesundheitsplanung anleiten, ebenso wie zum vermehrten Gebrauch von und der Verantwortung für die existierenden medizinischen Dienste, die von der Regierung bereitgestellt werden. Die ASHA- Initiative bietet auch ein Mindestpaket an Heilpflege an, wie es auf dieser Ebene angemessen und realisierbar ist. Außerdem sorgt sie für termingerechte Überweisungen. Die kostenlose Notrufnummer in Indien ist die 1-0-8. Die Notrufe werden vom GVK EMRI (GVK Emergency Management and Research Institute) entgegengenommen, dem einzigen professionellen Notruf Service Provider in Indien, der medizinische Notrufe und Notrufe für Polizei und Feuerwehr entgegennimmt (BAMF 8.2013).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (3.3.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien, Zugriff 5.3.2014

- AA - Auswärtiges Amt (24.3.2014): Indien: Reise- und Sicherheitshinweise, unverändert gültig seit 18.2.2014, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_9FEE4C8FB03B6BE38D455A53869D3ADC/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/IndienSicherheit.html?nn=346896#doc346804bodyText7, Zugriff 24.3.2014

- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (8.2013): Länderinformationsblatt Indien, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_indien-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 7.8.2014

- DW - Deutsche Welle (16.1.2014): Neues Leben für Polio-Opfer in Indien, http://www.dw.de/neues-leben-f%C3%BCr-polio-opfer-in-indien/a-17366908, Zugriff 5.2.2014

- Human Rights Watch (29.1.2013): World Report 2013, India, http://www.hrw.org/world-report/2013/country-chapters/india?page=3; Zugriff 7.8.2014

- IMS-Institute (6.2013): Understanding Healthcare Access in India, http://www.imshealth.com/deployedfiles/imshealth/Global/Content/Corporate/IMS%20Institute/India/Understanding_Healthcare_Access_in_India.pdf, Zugriff 29.4.2014

- USDOS - US Department of State(27.2.2014): India, Country Report on Human Rights Practices, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm#wrapper, Zugriff 4.3.2014

Behandlung nach Rückkehr

Allein die Tatsache, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, führt nicht zu nachteiligen Konsequenzen für abgeschobene indische Staatsangehörige. In den letzten Jahren hatten indische Asylbewerber, die in ihr Heimatland abgeschoben wurden, grundsätzlich - abgesehen von einer intensiven Prüfung der (Ersatz-) Reisedokumente und einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden - keine Probleme von Seiten des Staates zu befürchten. Polizeilich gesuchte Personen müssen allerdings bei Einreise mit Verhaftung und Übergabe an die Sicherheitsbehörden rechnen. Zu staatlichen oder sonstigen Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige liegen dem Auswärtigen Amt keine Erkenntnisse vor. Im Einzelfall wäre die Aufnahme in ein Waisenhaus oder bei Verwandten mit Hilfe der Botschaft sicherzustellen. Vor allem bei Jungen ist jedoch davon auszugehen, dass sich Verwandte finden werden (AA 3.3.2014).

Indien sieht sich als Teil des weltweiten Trends in Richtung einer zunehmenden Verstädterung. Das Land hat laut dem Zensus 2011 eine Gesamtbevölkerung von 1.210 Mio. Menschen, von denen 29% in städtischen Gebieten leben. Der Beitrag des städtischen Sektors zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird gegenwärtig auf 50-60% geschätzt. In diesem Zusammenhang ist es zu einem Hauptgegenstand politischer Ankündigungen des Ministeriums für Stadtentwicklung geworden, dass die Produktivität der städtischen Gebiete erhöht werden soll. Das Ministerium für Stadtentwicklung ist verantwortlich für die Ausgestaltung politischer Maßnahmen, Förderprogramme und Kontrollprogramme, sowie für die Koordinierung der Aktivitäten verschiedener Bundesministerien, Staatenregierungen und weiterer Schnittstellenbehörden, insofern als die städtische Entwicklung nahezu alle Belange des Landes betrifft. Nach 1950 entwarf die Indische Regierung einen Zehn-Jahres-Plan für Wohnungsbau und Stadtentwicklung, der in das Programm zur Verminderung städtischer Armut (Nehru Rojgar Yojana - NRY) mündete. Dieser Plan legte Wert auf die Schaffung von Institutionen und die Errichtung von Wohnungen für Staatsbedienstete und schwächere Gruppen. Das im Folgenden erweiterte Industrielle Wohungsbauprogramm bezog sich auf alle Arbeitergruppen. Als Nachfolger der Globalen Obdachstrategie (Global Shelter Strategy - GSS) wurde im Jahr 1988 die Nationale Wohnungspolitik (NHP) ausgerufen, deren langfristiges Ziel die Lösung des Wohnungsmangels, die Verbesserung der Wohnumstände der inadäquat lebenden Personen und die Bereitstellung eines Mindestlevels an Grundversorgung und Zusatzleistungen für jedermann war. Die Regierung trug dabei die Aufgabe, die ärmsten und gefährdetsten Gruppen zu versorgen und durch die Beseitigung von Hindernissen und Bereitstellung von Land und Dienstleistungen als Vermittler für andere Einkommensgruppen und den privaten Sektor aufzutreten. Das Hausbauprogramm für Bedienstete der Zentralregierung ist darauf ausgerichtet, Regierungsmitarbeitern Unterstützung beim eigenständigen Haus- bzw. Wohnungsbau zukommen zu lassen. Bei der Suche nach einer privaten Mietwohnung können die örtlichen Immobilienagenturen in der entsprechenden Stadt weiterhelfen (BAMF 8.2013).

Der Zugang zu gefälschten Dokumenten oder echten Dokumenten falschen Inhalts ist sehr leicht. Gegen entsprechende Zahlungen ist jedes Dokument zu erhalten und wird von den entsprechenden Behörden ohne Vorbehalte ausgestellt, da es sich nach dem dortigen Verständnis lediglich um "Embassy Requirements" zur Verwirklichung des allseits bestehenden Ausreisewunsches handelt. Erleichtert wird der Zugang überdies durch die Möglichkeit, Namen ohne größere Anstrengung zu ändern. Angesichts der hohen Zahl der Fälschungen wurde im Jahr 2000 das Legalisierungsverfahren für indische Urkunden eingestellt. Die Überprüfung der Echtheit von Haftbefehlen gestaltet sich schwierig. Z. B. besteht zwischen zahlreichen Personen aus dem Punjab, Delhi und Haryana eine Namensidentität, so dass die Zuordnung eines Haftbefehls häufig problematisch ist. Der Namenszusatz männlicher Sikhs ist "Singh" (Löwe), der aller weiblicher Sikhs "Kaur" (Löwin); Singh ist zudem ein verbreiteter Hindu-Nachname in Nordindien. Die Mitteilung sämtlicher Vornamen sowie des Geburtsdatums und des Namens der Eltern ist daher für die eindeutige Zuordnung unerlässlich. Hinzu kommt, dass die indischen Gerichte keine einheitlichen Formulare verwenden. Die vorgelegten Dokumente ("Warrant of Arrest", "First Investigation Report", Bestätigungsschreiben von Rechtsanwälten, "Affidavits" von Dorfvorstehern oder Angehörigen) stellen sich bei Überprüfung sehr häufig als gefälscht heraus. Zudem wird die Überprüfung dadurch erschwert, dass die Behörden sowie die anderen Beteiligten nur zögerlich oder überhaupt nicht kooperieren. Hinweise auf Fälschungen sind insbesondere unvollständige Siegelstempel, fehlende Unterschriften sowie bei Rechtsanwälten fehlende Adressangaben und Aktenzeichen, zudem sind Fotos äußerst hilfreich. Überprüfungen im Asylverfahren ergeben gewöhnlich, dass weder der Sachvortrag noch die Identität des Betreffenden bestätigt werden kann (AA 3.3.2014).

Die Identifizierungsbehörde Indiens wurde eingerichtet, um die rechtliche und technische Infrastruktur zu schaffen, die notwendig ist, um allen indischen Einwohnern Identitätsnummern (UID) auszustellen. Das neue System wird Aadhaar genannt. Damit sollen gefälschte und doppelte Identitäten ausgeschlossen werden. Das neue Identitätssystem wird mit Fotos, demographischen und biometrischen Details verbunden und ermöglicht dem Träger sich selbst auszuweisen und überall in Indien Zugang zu Dienstleistungen und Beihilfen zu erhalten. Der Erhalt einer UID geschieht auf freiwilliger Basis, es gibt keine rechtlichen Anforderungen zum Registrieren (UKBA 30.3.2012).

Die Regierung bereitet derzeit ein nationales Bevölkerungsregister vor (National Population Register - NPR) um nationale Personalausweise auszustellen (The Indian Tribune 8.7.2014).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (3.3.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien, Zugriff 5.3.2014

- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (8.2013): Länderinformationsblatt Indien, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_indien-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 7.8.2014

- The Tribune India (8.7.2014): National ID cards soon, says Rajnath, http://www.tribuneindia.com/2014/20140709/main8.htm, Zugriff 7.8.2014

- Times of India (20.7.2014):

- 88% people in Punjab have Aadhar cards, http://timesofindia.indiatimes.com/city/chandigarh/88-people-in-Punjab-have-Aadhar-cards/articleshow/38746366.cms, Zugriff 13.8.2014

- UKBA - UK Border Agency - Home Office (30.3.2012): Country of Origin Information Report; India / Unique Identification Authority of India: Unique identification project - Background, http://uidai.gov.in/index.php?option=com_content&view=article&id=141&Itemid=164, Zugriff 7.8.2014

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Herkunft und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, zu seiner schulischen Ausbildung sowie zu seiner familiären Situation im Heimatland beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers im Asylverfahren und im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 20.03.2019 sowie seiner im Verfahren vorgelegten Geburtsurkunde und der Kopie seines indischen Reisepasses.

Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer in Österreich eine Schwester und ansonsten keine Verwandten hat, als Zeitungszusteller arbeitete, keinen Deutschkurs besuchte, privat mit einem Inder zusammenwohnte und gesund ist, beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 20.03.2019 und dem Schreiben der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 05.04.2019.

Die Feststellungen zum Asylverfahren des Beschwerdeführers in Österreich, zu seiner mangelnden Ausreisewilligkeit und Mitwirkungspflicht ergeben sich aus den diesbezüglichen im Akt aufliegenden Unterlagen, insbesondere den Ladungsbescheiden der Bundespolizeidirektion XXXX vom 27.08.2009 und vom 02.11.2009, dem Bericht der Bundespolizeidirektion XXXX vom 30.01.2010 sowie den Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.05.2017, 01.02.2019 und vom 12.03.2019.

Dass die österreichischen Behörden sieben Versuche vornahmen, um ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer zu erlangen, bevor er identitätsbezogene Dokumente in Vorlage brachte, ergibt sich aus [0]den diesbezüglichen Ersuchen vom 14.10.2010 und vom 27.10.2010 sowie den Urgenzen vom 25.11.20, 10 04.02.2011, 15.04.2011, 14.07.2011 und vom 19.10.2011.

Die Feststellung zur verhängten Schubhaft und zur Verwaltungsverwahrungshaft des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dem Entlassungsschein vom 28.10.2010 und einem Auszug aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres vom 12.04.2019.

Dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes insgesamt vier Mal wegen rechtswidrigen Aufenthaltes zur Anzeige gebracht wurde, ergibt sich aus den im Akt aufliegenden Anzeigen des Landespolizeikommandos XXXX vom 11.10.2010, 06.07.2011, 10.07.2011 und vom 21.02.2012. Dass deshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000.- Euro verhängt wurde, ergibt sich aus dem Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion XXXX vom 11.10.2010. Dass der Beschwerdeführer bei der Ausführung einer illegalen Beschäftigung betreten wurde, ergibt sich aus dem Strafantrag des Finanzamtes XXXX vom 12.11.2011.

Dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist und keine Leistungen aus der Grundversorgung bezog, ergibt sich aus der Einsichtnahme ins österreichische Strafregister und einem Auszug aus dem Grundversorgungssystem.

Dass der Beschwerdeführer seine geplante Abschiebung am 11.04.2019 vereitelte und für die Behörden abermals nicht greifbar war, ergibt sich aus der Meldung der LPD XXXX vom 11.04.2019 und der im Akt aufliegenden Stornierung der Flugbuchung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 11.04.2019. Die Feststellungen zu den Festnahme- und dem Durchsuchungsauftrag ergeben sich aus den diesbezüglichen Aufträgen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.04.2019 und vom 11.04.2019.

Dass der Beschwerdeführer am 13.04.2019 nach Indien abgeschoben wurde, ergibt sich aus dem im Akt aufliegenden Bericht der LPD-Niederösterreich, Stadtpolizeikommando Schwechat, vom 13.04.2019.

2.2. Die oben wiedergegebenen Feststellungen zur Lage in Indien ergeben sich aus den im angefochtenen Bescheid enthaltenen Länderberichten. Bei den angeführten Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter, teilweise vor Ort agierender, staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Indien ergeben und denen weder der Beschwerdeführer noch sein rechtsfreundlicher Vertreter entgegengetreten sind.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG, und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Zu Spruchpunkt A):

3.1. Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Gemäß § 58 Abs. 5 AsylG 2005 sind Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen. Im Antrag ist gemäß § 58 Abs. 6 AsylG 2005 der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 begründen gemäß § 58 Abs. 13 AsylG 2005 kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 steh

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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