TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/4 G306 1226401-4

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Veröffentlicht am 04.05.2020
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Entscheidungsdatum

04.05.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §69 Abs1

Spruch

G306 1226401-4/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Nordmazedonien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 17.05.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben und der Behörde die Fortsetzung des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 FPG aufgetragen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des BFA vom 17.05.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: BF) vom 29.04.2019 "auf Aufhebung in eventu Verkürzung des mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 26.01.2018 gegen den BF erlassenen Einreiseverbotes gemäß § 60 Abs. 1 FPG abgewiesen (Spruchpunkt I.) und ausgesprochen, dass der BF gemäß § 78 AVG Bundesverwaltungsabgaben in der Höhe von EUR 6,50 zu entrichten habe und die Zahlungsfrist zwei Wochen betrage (Spruchpunkt II).

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

3. Am 12.06.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Nordmazedonien.

1.2. Mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides vom 17.05.2019 wurde der Antrag des BF vom 29.04.2019 auf Aufhebung in eventu Verkürzung des mit Bescheid des BFA vom 26.01.2018 gegen den BF erlassenen Einreiseverbotes gemäß § 60 Abs. 1 FPG abgewiesen, obwohl aus dem Akteninhalt ein mit Bescheid der damaligen Fremdenpolizeibehörde vom 15.03.2011 nach der damaligen Rechtslage gegen den BF erlassenes unbefristetes Aufenthaltsverbot hervorgeht.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die unter Punkt II. getroffenen Feststellungen ergaben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Der mit "Prüfungsumfang" betitelte § 27 VwGVG lautet:

"§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid und die angefochtene Auusübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z. 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."

Der mit "Erkenntnisse" betitelte § 28 VwGVG lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(...)."

3.3. Zu Spruchpunkt I.) des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 60 Abs. 1 FPG idgF kann das Bundesamt ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 2 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen oder aufheben, wenn der Drittstaatshörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

Gemäß § 60 Abs. 2 FPG idgF kann das Bundesamt ein Einreiseverbot gemäß 53 Abs. 3 Z. 1 bis 4 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat und seither einen Zeitraum von mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes im Ausland verbracht hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

Im gegenständlichen Fall wurde gegen den BF mit Bescheid der damals zuständigen Fremdenpolizeibehörde vom 15.03.2011 gem. § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 FPG und gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 3 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der damals gegoltenen Fassung, eine Rückkehrentscheidung und ein "unbefristetes Aufenthaltsverbot" erlassen, nachdem der BF nach rechtskräftiger negativer Beendigung seines Asylverfahrens mit 15.12.2010 seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen war.

Der mit "Voraussetzungen für das Aufenthaltsverbot" betitelte § 60 lautet in Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 FPG, BGBl. I. Nr. 100/2005, idF BGBl. I Nr. 135/2009, wie folgt:

"§ 60. (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2. anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

(2) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder

1. von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

(...) oder

14. (...)."

Der mit "Ausweisung Fremder ohne Aufenthaltstitel" betitelte § 53 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, idF BGBl. I Nr. 122/2009, lautet in Absatz 1 und 2 wie folgt:

"§ 53. (1) Fremde können mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

(2) Fremde, die weder über einen Aufenthaltstitel verfügen, noch Sichtvermerksfreiheit genießen und kein gemeinschaftsrechtsrechtliches Aufenthaltsrecht besitzen, sind sofern nicht die Voraussetzungen eines Aufenthaltsverbots vorliegen, mit Bescheid auszuweisen, wenn sie

(...)."

Gemäß § 125 Abs. 16 FPG bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 oder bleiben Rückkehrverbote gemäß § 62 bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass nach der Übergangsbestimmung des § 125 Abs. 16 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 vor Inkrafttreten dieser Bestimmung (am 1. Juli 2011) erlassene Aufenthaltsverbote oder Rückkehrverbote bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig bleiben, von einer Überleitung in das neue Recht dabei nicht die Rede ist und keine Zweifel daran bestehen, dass von dieser Bestimmung sämtliche - auch unbefristete - Aufenthalts- bzw. Rückkehrverbote nach § 60 bzw. § 62 FrPolG 2005 idF vor dem FrÄG 2011 erfasst sind (vgl. VwGH 11.06.2013, 2012/21/0142; 28.08.2012, 2012/21/0159; VwGH 10.04.2014, 2011/22/0333).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann ein Antrag nach § 69 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung der Maßnahme eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Bei der Entscheidung über die Aufhebung einer solchen Maßnahme kann die Rechtmäßigkeit jenes Bescheides, mit dem diese Maßnahme erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden. Eine Änderung der Rechtslage kann allerdings den Wegfall eines Grundes für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes darstellen und ist demnach bei der Prüfung der Zulässigkeit der Aufrechterhaltung eines Aufenthaltsverbotes zu berücksichtigen (vgl. VwGH 24.01.2012, 2011/18/0267, VwGH 10.04.2014, 2011/22/0333).

Das gegen den BF mit Bescheid vom 15.03.2011 unbefristete erlassene Aufenthaltsverbot nach § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG, BGBl. 100/2005, idF BGBl. I Nr. 135/2009 stützte sich offenbar auf strafrechtliche Verurteilungen des BF zu Freiheitsstrafen in Höhe der in § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG in der damals geltenden Fassung angeführten Haftdauer.

Die mit dem FrÄG am 01.07.2011 in Kraft getretene, mit "Einreiseverbot" betitelte, Bestimmung des § 53 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, idF BGBl. I Nr. 38/2011, lautet in seinem Absatz 3:

"§ 53. (...)

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z. 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

(...);

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt."

Im Unterschied zu dieser Fassung lautet die aktuelle Fassung des § 53 Abs. 3 Z. 5 und 6 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, idF BGBl. I Nr. 56/2018:

"§ 53. (...)

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z. 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

(...)

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

(...)."

Im Gegensatz zu § 53 Abs. 3 Z. 5 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, idF BGBl. I Nr. 38/2011, welcher Tatbestand auf eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung eines Drittstaatsangehörigen zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren abstellt, stellt § 53 Abs. 3 Z. 5 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der aktuellen Fassung (BGBl. I Nr. 56/2018) auf eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung eines Drittstaatsangehörigen zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren ab.

Der BF erreicht mit der gegen ihn mit dritter bzw. letzter rechtskräftiger strafrechtlicher Verurteilung von Februar 2010 verhängten unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren knapp nicht die nach § 53 Abs. 3 Z. 5 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, idF BGBl. I Nr. 56/2018, geforderte Strafhöhe von mehr als drei Jahren und erfüllt damit nur den Einreiseverbotstatbestand nach § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG, ebenso wie mit der mit erster rechtskräftiger strafrechtlicher Verurteilung von Februar 2006 gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe von vier Monaten unbedingt und mit der mit zweiter rechtskräftiger strafrechtlicher Verurteilung von Februar 2006 gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe von vier Monaten unbedingt und acht Monaten bedingt. § 53 Abs. 3 Z. 5 FPG und auch die weiteren in § 53 Abs. 3 FPG angeführten Einreiseverbotstatbestände nach § 53 Abs. 3 Z. 6, 7 und 8 FPG, bei deren Erfüllung nach § 53 Abs. 3 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot zu erlassen ist, sind daher nicht erfüllt. Das Einreiseverbot ist daher auf die gesetzliche Höchstdauer von zehn Jahren zu befristen.

Das gegen den BF mit Bescheid vom 15.03.2011 erlassene "unbefristete Aufenthaltsverbot" erweist sich somit im Hinblick auf die geltende Rechtslage als gesetzwidrig. Durch die mit dem FrÄG 2011 bewirkte Beschränkung der Verhängung unbefristeter Einreiseverbote auf die Einreiseverbotstatbestände nach § 53 Abs. 3 Z. 5 bis 8 FPG, die im gegenständlichen Fall nicht erfüllt sind, sind im vorliegenden Fall die rechtlichen Voraussetzungen für ein "unbefristetes" Einreise- bzw. Aufenthaltsverbot nicht (mehr) gegeben.

Nach § 53 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen. Im gegenständlichen Fall läuft auf Grund der geänderten Rechtslage nach Abschiebung und Ausreise des BF am XXXX.2011 die Frist des "Einreiseverbotes" nunmehr noch zehn Jahre lang bis XXXX.2021. Fest steht, dass sich der BF nach Ausreise am XXXX.2011 nicht an das aufrechte Aufenthaltsverbot gehalten hat, sondern widerrechtlich wieder in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist und darauf im April 2014 abermals in seinen Herkunftsstaat abgeschoben wurde.

3.4. Dass sich die belangte Behörde in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides auf § 60 Abs. 1 FPG idgF gestützt hat, war rechtswidrig, kann nach dieser Bestimmung das BFA doch unter bestimmter Voraussetzung ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 2 FPG auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen oder aufheben, behielt im gegenständlichen Fall jedoch nach der Übergangsbestimmung des § 125 Abs. 16 FPG FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 das mit Bescheid vom 15.03.2011 gegen den BF unbefristet erlassene Aufenthaltsverbot weiterhin dessen Gültigkeit, der zwischenzeitig geänderten aktuellen Rechtslage folgend jedoch beschränkt auf eine Höchstdauer von zehn Jahren - bis XXXX.2021, weshalb keine Prüfung nach § 60 Abs. 1 FPG, sondern nach 69 Abs. 1 FPG anzustellen gewesen wäre.

Der BF begehrte, wie aus seinem schriftlichen Antrag vom 29.04.2019 unverkennbar hervorgeht, die Aufhebung des gegen ihn im März 2011 unbefristet erlassenen Aufenthaltsverbotes, gab er doch im Zuge seines Antrages an, er ersuche "um Aufhebung der Einreisesperre", und beantragte er - offenbar Bezug nehmend auf das gegen ihn zwar unbefristet erlassene, nach der aktuellen Rechtslage jedoch zehn Jahre lang gültige "Aufenthaltsverbot" - "das Einreiseverbot von 10 Jahren aufzuheben", seit deren Verhängung bereits acht Jahre vergangen seien.

Dass sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auf § 60 Abs. 1 FPG idgF gestützt hat, beruht offenbar auf die im Bescheid vom 15.03.2011 auch aufscheinenden Bestimmungen der §§ 60 Abs. 1 und 53 Abs. 2 FPG. Diese Bestimmungen in der zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 15.03.2011 geltenden Fassung haben jedoch die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bzw. ein (unbefristetes) Aufenthaltsverbot, nicht jedoch ein Einreiseverbot (nach § 53 Abs. 2 FPG) betroffen. Die ebenso im Bescheid vom 15.03.2011 angeführte Aufenthaltsverbotstatbestandsvoraussetzung nach § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, idF BGBl. I Nr. Nr. 135/2009, deckt sich mit der Einreiseverbotstatbestandsvoraussetzung nach § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG in der nunmehr geltenden Fassung, und hat der im Bescheid vom 15.03.2011 angeführte § 53 Abs. 2 Z. 3 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, idF BGBl. I Nr. Nr. 122/2009, nicht ein Einreiseverbot, wie nach der aktuell geltenden Fassung des FPG, sondern eine aufenthaltsbeendende Maßnahme betroffen.

Es wird darauf hingewiesen, dass § 60 Abs. 1 FPG, worauf sich die belangte Behörde stützte, auf ein Einreiseverbot nach § 53 Abs. 2 FPG, § 60 Abs. 2 FPG hingegen auf ein Einreiseverbot nach § 53 Abs. 3 Z. 1 bis 4 FPG bezogen ist, bei Vorliegen eines Einreiseverbotes nach § 53 Abs. 3 Z. 1 bis 4 FPG dieses auf Antrag des Drittstaatsangehörigen jedoch nicht aufgehoben werden kann, welche alternative Möglichkeit in § 60 Abs. 1 FPG idgF zur Verkürzung vorgesehen ist, sondern nach § 60 Abs. 2 FPG unter bestimmten Voraussetzungen nur mehr verkürzt werden kann.

Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides lautet wörtlich wie folgt:

"Ihr Antrag vom 29.04.2019 auf Aufhebung in eventu Verkürzung des mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.01.2018 gegen Sie erlassenen Einreiseverbotes wird gemäß § 60 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF abgewiesen."

Anstatt nach § 60 Abs. 1 FPG idgF wäre der Antrag des BF auf Aufhebung seines Aufenthaltsverbotes nach § 69 Abs. 1 FPG idgF zu prüfen gewesen.

Abgesehen davon steht in Spruchpunkt I. mit "26.01.2018" ein unrichtiges Bescheiddatum, wurde doch, wie aus der Begründung des angefochtenen Bescheides und auch aus dem Fremdenregisterauszug im Verwaltungsakt mehrfach hervorgeht, mit Bescheid der zuständigen Fremdenpolizeibehörde vom "15.03.2011" gegen den BF ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Außerdem ist noch darauf hinzuweisen, dass im angefochtenen Bescheid nur die Rechtsmittelbelehrung, nicht jedoch auch der Spruch eine Übersetzung in mazedonischer Sprache beinhaltet. Der BF konnte jedoch jedenfalls fristgerecht in deutscher Sprache beim BFA eine Beschwerde gegen den Bescheid vom 17.05.2019 einbringen.

Wegen Rechtswidrigkeit von Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war der Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 17.05.2019 stattzugeben und der gesamte angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

Die belangte Behörde wird nach ersatzloser Behebung des gegenständlich angefochtenen Bescheides vom 17.05.2019 den noch offenen Antrag des BF auf Aufhebung des gegen ihn mit Bescheid vom 15.03.2011 erlassenen Aufenthaltsverbotes nach § 69 Abs. 1 FPG zu prüfen und über diesen Antrag entscheiden zu haben.

Seitens des BVwG kann diesbezüglich keine Entscheidung ergehen, fehlt doch im angefochtenen Bescheid die für die Prüfung im Beschwerdeverfahren notwendige richtige Rechtsgrundlage, und würde eine seitens des BVwG erstmalige Prüfung nach § 69 Abs. 1 FPG dem BF die Möglichkeit nehmen, eine auf richtiger Rechtsgrundlage gestützte behördliche Entscheidung in einem gerichtlichen Beschwerdeverfahren überprüfen zu lassen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.5. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da im gegenständlichen Fall bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot Behebung der Entscheidung Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G306.1226401.4.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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