TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/18 G313 2207584-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.05.2020
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Entscheidungsdatum

18.05.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G313 2207584-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Tschechische Republik, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.08.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) vom 06.08.2018 wurde gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ein auf die Dauer von sieben Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs. 3 FPG dem BF kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

3. Am 15.10.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.

4. Mit Aktenvermerk des BVwG vom 25.10.2018 wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist tschechischer Staatsangehöriger.

1.2. Er hat in seinem Herkunftsstaat seine Familie mit Mutter, Vater, Schwester, zwei Stiefschwestern und Freundin, in Österreich hingegen keine Familienangehörige, nur Freunde.

1.3. Der BF hält sich seit dem 01.12.2014 in Österreich auf, ist seit 21.03.2016 im Bundesgebiet behördlich gemeldet und seit 16.10.2017 im Besitz einer Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmer.

Im Zuge der verfahrensgegenständlichen Beschwerde wurde angeführt:

"Der BF ist berufstätig. Sein Arbeitgeber ist mit der Tätigkeit des BF sehr zufrieden und würde den BF weiterbeschäftigen, obwohl ihm die strafrechtliche Verurteilung und das Aufenthaltsverbot bekannt sind."

1.4. Er hat in seinem Herkunftsstaat die Schule besucht, eine dreijährige Lehre als Koch absolviert und bei Banken und Versicherungen gearbeitet.

Der BF ging im Bundesgebiet vom 01.12.2014 bis 28.02.2017 einer Beschäftigung nach, hat dann von 14.03.2017 bis 05.09.2017 Arbeitslosengeld bezogen und war ab 06.09.2017 wieder erwerbstätig, zuletzt bis einschließlich 07.08.2018, unter anderem als Lagerarbeiter.

Der BF hatte zum Zeitpunkt des Strafrechtsurteils von Dezember 2017 kein Vermögen und laut eigenen Angaben in der mündlichen Strafverhandlung Schulden in Höhe von 80.000,00 tschechischen Kronen.

Der BF gab in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 05.04.2018 an:

"Aufgrund meiner Umstände, dass ich ja eineinhalb Monate in der Justizanstalt saß, entstanden bei mir finanzielle Rücklagen und Schulden, die ich derzeit zurückzahle. Es wäre natürlich für mich ein Problem, jetzt nach Hause zu fahren. Ich habe nichts in der Heimat, keine Arbeit und keine Wohnung und kann die Schulden nicht zurückzahlen."

Nach Vorhalt, es sei beabsichtigt, gegen den BF ein Aufenthaltsverbot bzw. eine Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot in der Dauer von zehn Jahren zu erlassen, gab der BF in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA an:

"Mir tut es sehr leid, was ich getan habe. Es war ein Ausrutscher. Ich beabsichtige, das nicht zu wiederholen. Ich will in Österreich ein anständiges Leben weiterführen."

Befragt, warum der BF diese strafbare Handlung begangen habe, gab der BF an:

"Einfach aus Dummheit. Ich habe das schon öfters gesagt, ich war allein und dann fand ich einen Freund, mit dem ich mich gut verstand und diesen habe ich dann geholfen. Bei uns ist "Gras" normal und ich habe mir nichts dabei gedacht." (Niederschrift über Einvernahme des BF vor BFA am 05.04.2018, S. 4)

1.5. Der BF wurde im Dezember 2017 zu einer auf drei Jahre bedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften sowie des Verbrechens des Suchtgifthandels strafrechtlich verurteilt und war deswegen von 13.06.2017 bis 24.07.2017 in Haft.

Dieser strafrechtlichen Verurteilung lag Folgendes zugrunde:

Der BF hat

I. in einem nicht mehr feststellbaren Zeitraum von Ende 2014 bis März 2017 eine nicht mehr feststellbare Menge Cannabiskraut zum ausschließlich persönlichen Gebrauch, indem er dieses bei verschiedenen Suchtgifthändlern ankaufte und im März 2017 in zumindest zwei Angriffen zu jeweils 1 Gramm bei einer bestimmten Person ankaufte, erworben und besessen,

II. in einem Zeitraum von Frühjahr 2017 bis Ende Mai 2017 einen anderen dazu bestimmt, in wiederholten Angriffen insgesamt 1.600 Gramm THCA und Delta-9-THC hältiges Cannabiskraut mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt in Straßenqualität von zumindest 4% Delta-9-THC in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge nach Österreich einzuführen, indem er dieses über seinen Bekannten von Tschechien nach Wien bringen ließ, und

in jeweils mehreren Verkaufshandlungen anderen überlassen, und zwar die eben angeführte Suchtgiftmenge von 1.600 Gramm einer bestimmten und über diese einer weiteren bestimmten im Strafrechtsurteil namentlich genannten Person.

1.6. Der BF weist in Österreich Hauptwohnsitzmeldungen von 21.03.2016 bis 01.03.2017 und ab 08.03.2017 und für die Zeit seiner Haft vom 13.06.2017 bis 24.07.2017 eine Nebenwohnsitzmeldung auf.

1.7. Der BF wurde in Tschechien wegen "Störung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit des öffentlichen Friedens und einfacher Körperverletzung" strafrechtlich verurteilt.

1.8. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 06.08.2018 wurde gegen den BF ein siebenjähriges Aufenthaltsverbot erlassen und dem BF kein Durchsetzungsaufschub erteilt.

1.9. Am 15.08.2018 ist der BF freiwillig aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgereist.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben angeführte Verfahrensgang beruht sich auf dem diesbezüglichen Akteninhalt.

2.2. Zur Person des BF und seinen individuellen Verhältnissen:

Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des BF beruhen auf dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt.

Die festgestellten Wohnsitzmeldungen im Bundesgebiet beruhen auf einem Zentral- und der festgestellte Aufenthaltsstatus des BF in Österreich auf einem Fremdenregisterauszug.

Die Feststellung zur strafrechtlichen Verurteilung des BF im Bundesgebiet ergab sich aus einem Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich, und die diesem Strafrechtsurteil zugrundeliegenden strafbaren Handlungen beruhen auf den dem Strafrechtsurteil von Dezember 2017 im Verwaltungsakt zugrundeliegenden strafbaren Handlungen im Akt (AS 57).

Die festgestellte Erwerbstätigkeit des BF in seinem Herkunftsstaat und im Bundesgebiet beruht auf dem diesbezüglichen Akteninhalt, darunter auf dem diesbezüglichen Inhalt im Strafrechtsurteil von Dezember 2017 über eine in Tschechien absolvierte Lehre als Koch, seine Beschäftigung dort in verschiedenen Bereichen und seine Tätigkeit in Österreich.

Dass dem BF am 16.10.2017 eine unbefristete Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmer erteilt wurde, beruht auf einer dem Verwaltungsakt einliegenden Anmeldebescheinigung.

Das der BF am 15.08.2018 aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgereist ist, ergab sich aus einem Fremdenregisterauszug.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Anzuwendendes Recht:

3.1.1. Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:

"(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(...)."

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(...)."

3.1.2. Da der BF, der aufgrund seiner tschechischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, mit seinem Aufenthalt in Österreich seit Dezember 2014 die Voraussetzung eines zehnjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet nicht erfüllt, kommt für diesen der einfache Prüfungsmaßstab nach § 67 Abs. 1 S. 2 FPG und nicht der erhöhte nach § 67 Abs. 1 S. 5 FPG zur Anwendung.

Hinsichtlich der strafrechtlichen Verurteilung des BF mit Urteil eines inländischen Strafrechtsurteils von Dezember 2017 weist das erkennende Gericht der Vollständigkeit halber darauf hin, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen unabhängig und eigenständig, von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen hat (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096). Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

Der BF hat folgende seiner strafrechtlichen Verurteilung von Dezember 2017 zugrundeliegenden strafbaren Handlungen begangen:

Er hat

I. in einem nicht mehr feststellbaren Zeitraum von Ende 2014 bis März 2017 eine nicht mehr feststellbare Menge Cannabiskraut zum ausschließlich persönlichen Gebrauch, indem er dieses bei verschiedenen Suchtgifthändlern ankaufte und im März 2017 in zumindest zwei Angriffen zu jeweils 1 Gramm bei einer bestimmten Person ankaufte, erworben und besessen,

II. in einem Zeitraum von Frühjahr 2017 bis Ende Mai 2017 einen anderen dazu bestimmt, in wiederholten Angriffen insgesamt 1.600 Gramm THCA und Delta-9-THC hältiges Cannabiskraut mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt in Straßenqualität von zumindest 4% Delta-9-THC in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge nach Österreich einzuführen, indem er dieses über seinen Bekannten von Tschechien nach Wien bringen ließ, und

in jeweils mehreren Verkaufshandlungen anderen überlassen, und zwar die eben angeführte Suchtgiftmenge von 1.600 Gramm einer bestimmten und über diese einer weiteren bestimmten im Strafrechtsurteil namentlich genannten Person.

Der BF hat demnach für die Gesundheit der Menschen in Österreich besonders gefährliche Straftaten begangen, wobei darauf hinzuweisen ist, dass nach Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes die Wiederholungsgefahr bei Suchtgiftdelikten besonders groß ist (vgl. VwGH 29.09.1994, Zl. 94/18/0370).

Dadurch, dass der BF im Zeitraum von Frühjahr 2017 bis Ende Mai 2017 einen anderen dazu bestimmt hat, in wiederholten Angriffen vorschriftswidrig insgesamt 1.600 Gramm THCA und Delta-9-THC-hältiges Cannabiskraut mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt in Straßenqualität von zumindest 4% Delta-9-THC in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge nach Österreich einzuführen, indem er dieses über einen Bekannten von Tschechien nach Wien bringen ließ, und in jeweils mehreren Verkaufshandlungen in einem Zeitraum von Frühjahr 2017 bis Ende Mai 2017 die eben angeführte Suchtgiftmenge von 1.600 Gramm einer bestimmten und über diese einer weiteren bestimmten im Strafrechtsurteil namentlich genannten Person überlassen hat, ist der BF in einer für die Gesundheit von Menschen besonders gefährlichen Weise vorgegangen und hat er bewusst eine durch Suchtgift erfolgende gesundheitliche Beeinträchtigung der Suchtgiftabnehmer in Kauf genommen, was besonders schwer zu seinen Lasten wiegt.

Dem BF können außerdem noch Straftaten aus Tschechien angelastet werden, weswegen er im Mai 2007 wegen "Störung der öffentlichen Ordnung, Störung des öffentlichen Friedens und einfacher Körperverletzung" wurde.

Der BF hat sich seit seinen zuletzt im Bundesgebiet begangenen Straftaten Ende Mai 2017 bzw. seiner Haftentlassung nach seiner Strafhaft vom 13.06.2017 bis 24.07.2017 bis zur freiwilligen Ausreise am 15.08.2018 zwar nichts mehr zuschulden kommen lassen, er ist jedoch, wie aus seinen Straftaten ersichtlich, grundsätzlich jederzeit zu den oben angeführten für die Gesundheit der Menschen besonders gefährlichen Straftaten bereit, offenbar deshalb, um durch den illegalen Verkauf von Suchtgift im Zeitraum von Februar 2017 bis Ende Mai 2017 und dem daraus resultierten Einkommenserwerb seinen Lebensunterhalt bestreiten, bis Ende März 2017 seinen laut Strafrechtsurteil bis dahin nachweislichen Suchtgiftkonsum finanzieren und seine in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 05.04.2018 erwähnten finanziellen Rücklagen und Schulden zurückzahlen zu können.

Der BF gab in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 05.04.2018 an, seine Straftaten zu bereuen:

"Mir tut es sehr leid, was ich getan habe. Es war ein Ausrutscher. Ich beabsichtige, das nicht zu wiederholen. Ich will in Österreich ein anständiges Leben weiterführen."

Von einer ehrlichen Reue bzw. tatsächlichen Einsichtsfähigkeit bezüglich der vom BF in Zusammenhang mit Suchtgift begangenen Straftaten kann jedoch nicht ausgegangen werden, gab der BF doch, gleich daraufhin befragt, warum er seine strafbaren Handlungen begangen habe, an:

"Einfach aus Dummheit. Ich habe das schon öfters gesagt, ich war allein und dann fand ich einen Freund mit dem ich mich gut verstand und diesen habe ich dann geholfen. Bei uns ist "Gras" normal und ich habe mir nichts dabei gedacht."

Mit dieser Aussage hat der BF seine Straftaten gemildert dargestellt bzw. verharmlost, obwohl es sich bei den strafbaren Handlungen des BF, insbesondere den strafbaren Verkaufshandlungen in Zusammenhang mit Suchtgift um für die Gesundheit der Menschen besonders gefährliche Straftaten gehandelt hat.

Von einer positiven Zukunftsprognose kann zum gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt somit nicht ausgegangen werden.

Aufgrund der dem Strafrechtsurteil von Dezember 2017 zugrundeliegenden Straftaten des BF, seiner gesamten individuellen Verhältnisse bzw. seines gesamten Verhaltens in Österreich geht vom BF eine für die öffentliche Sicherheit und Ordnung "tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr" im Sinne von § 67 Abs. 1 S. 2 FPG aus.

Das vom BFA gegen den BF erlassene Aufenthaltsverbot ist dem Grunde nach somit jedenfalls gerechtfertigt.

Mangels berücksichtigungswürdiger Anknüpfungspunkte des BF im österreichischen Bundesgebiet und wegen in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 05.04.2018 nicht ehrlich gezeigter Reue bzw. wegen fehlender Einsichtsfähigkeit des BF bezüglich der von ihm im Bundesgebiet in Zusammenhang mit Suchtgift begangenen Straftaten wird das Aufenthaltsverbot auch in der vom BFA ausgesprochenen siebenjährigen Dauer nach für gerechtfertigt gehalten.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Das Absehen von der Gewährung eines Durchsetzungsaufschubes wird wegen der von der Person des BF ausgehenden, akuten Gefahr für das Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit für notwendig gehalten, um diese beiden Belange zu schützen, hat der BF doch mit seinen im Jahr 2017 eine Zeit lang in Zusammenhang mit Suchtgift begangenen Straftaten seine grundsätzliche Bereitschaft, für die Gesundheit der Menschen besonders gefährliche Straftaten zu begehen, unter Beweis gestellt, und geht vom BF, der sich über die in illegaler Bereicherungsabsicht begangenen Straftaten von Frühjahr 2017 bis Ende Mai 2017 bzw. mit dem aus diesen strafbaren Handlungen auf illegale Weise erworbenem Einkommen offenbar auch seinen laut Strafrechtsurteil bis Ende März 2017 betriebenen Suchtgiftkonsum finanzieren und die von ihm vor dem BFA angeführten finanziellen Rücklagen und Schulden begleichen wollte und, wie aus seinen verharmlosenden Aussagen vor dem BFA hervorgehend, die Schuld an seinen Straftaten nicht einsieht, eine die sofortige Ausreise des BF rechtfertigende erhebliche Gefahr für die Gesundheit der Menschen und die öffentliche Sicherheit in Österreich aus, sodass die belangte Behörde dem BF mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides zu Recht keinen Durchsetzungsaufschub gewährt hat.

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Da der BF durch sein bisheriges strafbares Verhalten in Zusammenhang mit für Menschen besonders gefährlichen Suchtgift ein gewichtiges Gefahrenmoment für die öffentlichen Interessen der Republik Österreich darstellt, und dem BF die von seinen Straftaten für die Gesundheit der Menschen in Österreich ausgehende Gefahr nicht bewusst ist, er seine Straftaten vielmehr im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 05.04.2018 verharmloste, indem er angab, er habe seinem Freund nur helfen wollen, "Gras" sei bei ihnen normal und er habe sich nichts dabei gedacht, wird aufgrund der grundsätzlichen Bereitschaft des BF zu für die Gesundheit der Menschen gefährlichen Straftaten in illegaler Bereicherungsabsicht die sofortige Ausreise des BF aus dem österreichischen Bundesgebiet für unbedingt notwendig gehalten. Die von der belangten Behörde ausgesprochene Aberkennung der aufschiebenden Wirkung war daher unbedingt vonnöten, um ein weiteres derartiges Handeln des BF hintanzuhalten. Dem entsprechend ist die sofortige Abschiebung des BF geboten gewesen.

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFAVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot aufschiebende Wirkung - Entfall Interessenabwägung öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G313.2207584.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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