TE Lvwg Erkenntnis 2020/6/26 LVwG-2020/25/1157-1

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Veröffentlicht am 26.06.2020
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Entscheidungsdatum

26.06.2020

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §13 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde von AA, geb. am xx.xx.xxxx, wohnhaft Adresse 1, Z, vom 05.06.2020 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 15.05.2020, Zl ***, betreffend Nichtkenntnisnahme der Gewerbeanmeldung und Untersagung der Gewerbeausübung,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Im bekämpften Bescheid stellt die Bezirkshauptmannschaft Y gemäß § 340 Abs 1 und 3 GewO 1994 fest, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung des vom nunmehrigen Beschwerdeführer am 13.05.2020 angemeldeten Gewerbes „Gastgewerbe in der Betriebsart Restaurant“ im Standort X, Adresse 2, nicht vorliegen. Die Ausübung des angemeldeten Gewerbes wurde gemäß § 340 Abs 3 GewO 1994 untersagt.

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde, in welcher Herr AA zusammengefasst ausführt, dass er vor ca vier Jahren im Zentrum von X einen Imbiss übernommen habe, um sich eine Existenz aufzubauen. In den drei Jahren, in denen er diesen Betrieb führte, sei er seinen Zahlungsverpflichtungen immer pünktlich nachgekommen. Er habe sich weitergebildet, um die Qualität zu steigern. Vor ca einem Jahr habe der Besitzer Eigenbedarf angemeldet und er sich um eine Alternative umgesehen. So ergab sich die Chance, seinen Traum zur Eröffnung einer eigenen Pizzeria umzusetzen. Im Ort habe man ihn bereits gekannt und hätte er Stammkunden gehabt, die er auch teilweise halten konnte. Da er aber auch erst neue Kunden gewinnen habe müssen, hätten sich Zahlungsschwierigkeiten ergeben, weshalb die Daueraufträge an Sozialversicherung, Finanzamt und Geschäftsversicherung nicht überwiesen worden seien und er deshalb in Schwierigkeiten gekommen sei. Er habe seine Zahlungen bereits zeitnahe des Konkurseröffnungsverfahrens nachgeholt und sei wieder zahlungsfähig. Trotz Rauchverbotes und Covid-19 sei sein Restaurant wieder stabil, weshalb er die gänzliche Aufhebung des bekämpften Bescheides und Zuerkennung der Ausübung des angemeldeten Gewerbes beantrage. Zeitgleich habe er auch um die Nachsicht vom Gewerbeausschluss angesucht.

II.      Sachverhalt:

Mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 07.01.2020, AZ ***, wurde gemäß § 71b IO das Insolvenzverfahren gegen AA mangels Kostendeckung nicht eröffnet, da der Schuldner zahlungsunfähig war. Dieser Beschluss ist seit 21.01.2020 rechtskräftig und in der Insolvenzdatei einsehbar.

Mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 03.02.2020, ***, wurde festgestellt, dass die Gewerbeberechtigung „Gastgewerbe gemäß § 111 Abs 1 Z 2 GewO 1994 in der Betriebsart Restaurant“ im Standort X, Adresse 2 per 07.01.2020 erloschen ist.

Am 13.05.2020 meldete AA das Gewerbe „Gastgewerbe in der Betriebsart Restaurant“ im Standort X, Adresse 2, an.

III.     Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der Bezirkshauptmannschaft Y.

IV.      Rechtslage:

Im gegenständlichen Verfahren sind folgende Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 maßgeblich:

„§ 13.

[…]

(3) Rechtsträger sind von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen, wenn

1. das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet oder aufgehoben wurde und

2. der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist.

Dies gilt auch, wenn ein mit dem angeführten Ausschlussgrund vergleichbarer Tatbestand im Ausland verwirklicht wurde.

[…]

§ 26.

Nachsicht von den Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben

[…]

(2) Die Behörde hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 3 oder 4 die Nachsicht von diesem Ausschluß zu erteilen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Rechtsträgers erwartet werden kann, daß er den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird.

[…]“

V.       Erwägungen:

Der Gesamtzusammenhang der Gesetzesbestimmung des § 13 Abs 3 lässt den Begriff des „Rechtsträgers“ als den Überbegriff über natürliche Personen, juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften erkennen (vgl VwGH 30.09.1997, 97/04/0147). Die Eröffnung eines Konkurses soll nicht zu einem Ausschluss von der Gewerbeausübung führen, zumal § 13 Abs 1 GewO an jene Fälle, in denen den Schuldner ein besonders schweres Verschulden trifft (Kridadelikte), den Gewerbeausschluss knüpft. Wenn das Vermögen des Schuldners jedoch nicht einmal ausreicht, um die Kosten des Konkursverfahrens abzudecken, soll er nach Abs 3 grundsätzlich von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen sein.

Es besteht eine Bindung der Gewerbebehörden an die Beschlüsse des Insolvenzgerichts. Deshalb war die Behörde auch nicht zu Ermittlungen über die aktuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Antragstellers verhalten (vgl VwGH 24.06.2015, Ro 2014/04/0038).

Der Ausschlussgrund nach § 13 Abs 3 GewO soll solange wirksam sein, solange in der Insolvenzdatei Einsicht in die Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens gewährt wird. Dieser Zeitraum beträgt nach § 256 Abs 4 IO drei Jahre.

Die Behörde hat vom Vorliegen des Gewerbeausschlussgrundes gemäß § 13 Abs 3 auszugehen, solange eine Nachsicht gemäß § 26 Abs 2 nicht erteilt wurde (VwGH 16.02.1988, 87/04/0216).

Der Rechtsmittelwerber führt an, dass er zugleich mit der Beschwerde bei der Behörde um Nachsicht vom Gewerbeausschluss angesucht hätte.

§ 26 Abs 2 regelt die Nachsicht von den Ausschlussgründen im Zusammenhang mit Insolvenztatbeständen (Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens nach § 13 Abs 3). Ob die Voraussetzungen für eine Nachsicht nach § 26 Abs 2 wegen Verbesserung der Vermögenslage gegebenen sind, ist nur im Nachsichtsverfahren zu klären. In den Fällen, in denen der Schuldner seine Insolvenzsituation wieder bereinigen könnte und daher eine Fortsetzung der Gewerbeausübung zu rechtfertigen wäre, wird durch die im § 26 GewO bestehende Möglichkeit der Nachsicht Rechnung getragen (VwGH 17.12.2012, 2012/04/0144).

Dies bedeutet zusammengefasst, dass der Behörde kein Ermessen im Hinblick auf die Bestimmung des § 13 Abs 3 GewO zusteht, wo es heißt, dass Rechtsträger von der Gewerbeausübung ausgeschlossen sind, wenn das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet wurde. Da die belangte Behörde an den Beschluss des Insolvenzgerichts gebunden war und keine Nachsicht gemäß § 26 Abs 2 erteilt wurde, konnte sie nur spruchgemäß entscheiden. Eine Prüfung der aktuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Antragstellers war ihr und dem Verwaltungsgericht in diesem Verfahren nicht möglich, weshalb die bekämpfte Entscheidung im Einklang mit den angeführten Bestimmungen der Gewerbeordnung ergangen ist und die dagegen erhobene Beschwerde nicht zum Erfolg führen konnte.

Die Möglichkeit zur Ausübung des von Herrn AA geplanten Gastgewerbes in der Betriebsart Restaurant hängt nun vom Ausgang des Nachsichtsverfahrens gemäß § 26 Abs 2 GewO ab, in welchem es auch zu einer Überprüfung seiner wirtschaftlichen Situation kommen wird. Im Falle der Erteilung der begehrten Nachsicht würde der Gewerbeausschlussgrund gemäß § 13 Abs 3 nicht mehr schlagend und stünde er einer Gewerbeanmeldung nicht mehr im Wege.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hohenhorst

(Richter)

Schlagworte

Gewerbeausschlussgrund;
Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.25.1157.1

Zuletzt aktualisiert am

16.07.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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