TE Lvwg Erkenntnis 2014/11/6 LVwG-AV-51/001-2014

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Veröffentlicht am 06.11.2014
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Entscheidungsdatum

06.11.2014

Norm

WRG 1959 §107 Abs1
AVG 1991 §41 Abs1
AVG 1991 §42 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch den Einzelrichter Mag. Wallner – auf Grund Änderung der Rechtslage durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 BGBl. I Nr. 51/2012 (Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG) mit 01. Jänner 2014 – über die Berufungen (nunmehr Beschwerden) von 1. A, vertreten durch B, in ***, ***, und 2. C, ebenfalls vertreten durch B, in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 26. September 2013,
***, betreffend wasserrechtliche Bewilligung,

I.  zu Recht erkannt:

1.  Die Berufung (nunmehr Beschwerde) der Erstbeschwerdeführerin gegen Spruchpunkt I wird, soweit sie sich auf die Einwendung von Erschütterungen und statischen Problemen betreffend das Grundeigentum bezieht, im Wesentlichen (außer Auflage 48) gemäß § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

Der Spruchpunkt II. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 26. September 2013, ***, wird in teilweiser Stattgebung der Beschwerde gegen diesen Spruchpunkt II neu formuliert wie folgt:

„Die Einwendungen im Schriftsatz der Erstbeschwerdeführerin vom 16. September 2013 werden hinsichtlich der Geltendmachung einer Beeinträchtigung ihres Grundeigentums auf Grund von statischen Problemen abgewiesen, im Übrigen zurückgewiesen.“

Im Übrigen wird die Beschwerde gegen Spruchpunkt II abgewiesen.

2.  Die Auflage 48 des angefochtenen Bescheides vom 26. September 2013 lautet wie folgt:

„Es dürfen keine Sprengarbeiten durchgeführt werden.“

II. den Beschluss gefasst:

1.  Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird hinsichtlich des übrigen Vorbringens (Beeinträchtigung des Nutzwasserbrunnens, Nutzungsbefugnis) gemäß § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.

2.  Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird gemäß § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.

3.  Die Bauvollendungsfrist wird gemäß § 112 Absatz 1 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) neu festgelegt bis 31. Jänner 2017.

4.  Die ordentliche Revision nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz
(B-VG) ist gegen dieses Erkenntnis gemäß § 25a Absatz 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Scheibbs hat mit Bescheid vom 26. September 2013 der D GmbH, ***, ***, gemäß § 9 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung für die

-   Errichtung eines Kleinkraftwerkes mit einer Leistung von max. 500 kW Höchstleistung (Ausbaudurchfluss max. 12 m3/s) auf Grundstück Nr. *** und ***, KG ***;

-   Sanierung der bestehenden Wehrschwelle samt Wehrmauern auf Gst. Nr. *** und ***, KG ***, wobei das Stauziel (283,75 müA) nicht erhöht wird;

-   Errichtung einer Fischaufstiegshilfe (Vertical Slot) auf Grundstück Nr. *** und ***, KG ***, mit einer ganzjährigen Dotation von 400 l/s;

-   Errichtung einer Stromzuleitung zum Kraftwerk über Grundstück Nr. ***, KG ***;

-   Errichtung einer Baustraße während der Baudauer auf Grundstück Nr. ***, *** und ***, KG ***,

erteilt.

Die Frist für die Bauvollendung wurde bis 22. Dezember 2015 festgelegt, das Wasserbenutzungsrecht mit dem Eigentum an der Anlage verbunden und befristet bis 10. September 2103 erteilt.

Unter einem zweiten Spruchpunkt (II.) wurden die Einwendungen und der Antrag der Erstbeschwerdeführerin vom 16. September 2013 als verspätet zurückgewiesen.

Auflage 13:

Die Bauarbeiten sind unter der Aufsicht eines Fachkundigen (wasserrechtliche Bauaufsicht) durchzuführen. Diese Person/Fachfirma ist vor Baubeginn der Wasserrechtsbehörde bekannt zu geben.

Auflage 14:

Von einem Fachkundigen (z.B. Zivilingenieur od. befugter Baumeister) bzw. von der wasserrechtlichen Bauaufsicht ist in einem Ausführungsbericht unter Anschluss von Ausführungsplänen und -schnitten die ordnungsgemäße Errichtung der Anlage nachzuweisen. Insbesondere sind folgende Nachweise vorzulegen:

?   Nachweis über die Durchführung einer Untergrunderkundung durch geotechnische Untersuchungen (Projektsbestandteil: 2 Kernbohrungen) und Bestätigung über die Eignung als Projektstandort

?   Bestätigung über die ordnungsgemäße Bauausführung.

?   Bestätigung über die Standsicherheit der Anlagenteile (Baugrubensicherung, Stahlbetonteile, etc.)

?   Sollte eine Wasserhaltung erforderlich sein, so sind die Dauer und der Umfang der Pumpmaßnahmen festzuhalten und gegebenenfalls vorhandene Brunnenanlagen einer Beweissicherung zu unterziehen.

Auflage 45:

Nach Vorliegen der Ergebnisse der Probebohrungen sind die baugeologischen und statischen Nachweise zu erbringen, dass das Kraftwerk in der geplanten Form realisierbar ist, ohne die Konglomeratwand irreversibel und nachhaltig über das vorgesehene, tolerierbare Ausmaß hinaus zu schädigen.

Auflage 48:

Sprengarbeiten sind auf das unbedingt notwendige Mindestmaß zu beschränken.

Am 03. September 2013 hat die Berufungswerberin (nunmehr Erstbeschwerdeführerin) bei der Verwaltungsbehörde vorgesprochen und vorgebracht, im Rahmen der Bauführung Erschütterungen und statische Probleme für ihr Haus (Anmerkung: auf Grundstück Nr. ***, KG, ***) zu befürchten. Das Vorbringen wurde in einem Aktenvermerk vom 03. September 2013 festgehalten. Die mündliche Bewilligungsverhandlung am 04. September 2013 wurde im Amtsblatt der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 01. August 2013 kundgemacht sowie an der Amtstafel der Bezirkshauptmannschaft und an der Amtstafel der Marktgemeinde ***.

Mit Schreiben vom 16. September 2013 wurden von der Erstbeschwerdeführerin u.a. Einwendungen hinsichtlich einer Beeinträchtigung ihres Grundstück Nr. ***, KG ***, durch Erschütterungen und statische Belange geltend gemacht.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht von A, vertreten durch B, Berufung (nunmehr Erstbeschwerde) erhoben und Rechtswidrigkeit der Zurückweisung der Einwendungen vom 16. September 2013 wegen Nichtvorliegens der Präklusionsfolgen geltend gemacht. Ausgeführt wurde, dass nicht zusätzlich „in geeigneter Form“ im Sinne des § 42 Abs. 1 zweiter und dritter Satz AVG kundgemacht worden sei, weil die gewählten Kundmachungsformen nicht sicherstellen würden, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlange. Die Beschwerdeführerin hätte am 03. September 2013 Einwendungen erhoben und sei die Zurückweisung hinsichtlich dieser Frage offenkundig rechtswidrig. Ein gänzlicher Verlust der Parteistellung könne schon auf Grund der Verweigerung der Akteneinsicht nicht eingetreten sein. Es hätte kein Vertagungsantrag gestellt werden können. Weiters seien persönlich bekannte Beteiligte auch dann zu laden, wenn sie keine Parteien sind.

Ein Anschlag an einer Amtstafel oder die Verlautbarung im kostenpflichtigen Amtsblatt der Bezirkshauptmannschaft könne keine geeignete Kundmachungsform des § 107 Abs. 1 WRG darstellen. Andernfalls müsste alle zwei Wochen zur jeweiligen Bezirkshauptmannschaft oder zum Gemeindeamt gegangen werden, um Präklusivfolgen zu vermeiden. Anschlag an der Amtstafel und Verlautbarung im Amtsblatt würden keine hohe Wahrscheinlichkeit dafür begründen, dass ein Beteiligter von der Anberaumung tatsächlich Kenntnis erlangt. Die Kundmachung hätte in der Gemeindeinformation oder mittels Plakaten oder Flugblättern erfolgen müssen, auch eine Postwurfsendung hätte erfolgen können.

Die Erstbeschwerdeführerin hätte am 03. September 2013 auf drohende Schäden an ihrem Grundstück durch die Bau- und Sprengarbeiten sowie in Folge von Einwirkungen auf die Stabilität der Konglomeratwände hingewiesen und somit Einwendungen erhoben.

Die Akteneinsicht sei verweigert worden. Auch Kopien vom Akt hätten nicht angefertigt werden können. Die Behörde hätte den mündlich gestellten Antrag auf Akteneinsicht in Bescheidform zurückzuweisen gehabt. Geprüft werden hätten müssen, ob durch die Verweigerung der Akteneinsicht die Parteistellung verloren gegangen wäre. Auf Grund der Verweigerung der Akteneinsicht seien der Beschwerdeführerin die Einreichunterlagen nicht bekannt gewesen und hätte sie Einwendungen schon dem Grunde nach nicht erheben können.

Weiters wurde vorgebracht, dass die Wasserquantität des Nutzwasserbrunnens auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin beeinträchtigt werde durch das Ableiten des Wassers in den Unterwasserstollen. Weiters sei der Eigentümer eines Hausbrunnens jedenfalls Inhaber eines bestehenden Rechts im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG.

Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass eine Änderung des Abflussregimes der *** sich negativ auf die Stabilität der Konglomeratufer auswirken werde. Die Vornahme von Sprengungen und Baggerungen könne unvorhersehbare Gefahren für die Gebäude herbeiführen. Beweissicherungsmaßnahmen seien keine hinreichende Vorkehrung zur Abwehr einer Gefährdung der Sicherheit der Häuser und ihrer Bewohner.

Weiters hat C, ebenfalls vertreten durch B, Berufung (nunmehr Zweitbeschwerde) gegen diesen Bescheid erhoben und vorgebracht, dass Frau C als Grundeigentümerin der Liegenschaft ***, KG ***, Partei des Verfahrens sei. Sie hätte zwar in der Verhandlung keine Einwendungen erhoben, ihre Parteistellung aber weiterhin, weil sie weder geladen worden sei noch eine öffentliche Kundmachung im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG erfolgt sei. Weiters wird zur Präklusion im Zusammenhang mit § 107 Abs. 1 WRG und § 42 Abs. 1 AVG vorgebracht wie bei der Beschwerde A. Auch hinsichtlich unvorhersehbarer Gefahren für Gebäude wird wie in der letztgenannten Beschwerde vorgebracht.

Noch von der damals zuständigen Berufungsbehörde Landeshauptmann von Niederösterreich wurde ein Gutachten eines Amtssachverständigen für Bautechnik angefordert.

Auf Grund der Änderung der Rechtslage hinsichtlich der Zuständigkeit für die Überprüfung der Rechtsmäßigkeit von Bescheiden der Verwaltungsbehörden mit 01. Jänner 2014 wurde der gegenständliche Verfahrensakt und das eingeholte Gutachten vom 01. April 2014 an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich weitergeleitet.

Das anhängige Verfahren wurde vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich als Beschwerdeverfahren fortgesetzt und im Zuge dessen das Gutachten eines Amtssachverständigen für Geologie vom 08. Juli 2014 eingeholt.

Das Gutachten vom 01. April 2014 lautet wie folgt:

„Mit Schreiben *** vom 13. Dezember 2013 wurden Projektunterlagen übermittelt und mitgeteilt, dass für die

-   Errichtung eines Kleinkraftwerkes mit einer Leistung von max. 500 kW Höchstleistung (Ausbaudurchfluss max. 12 m3/s) auf Grundstück Nr. *** und ***, KG ***;

-   Sanierung der bestehenden Wehrschwelle samt Wehrmauern auf Gst. Nr. *** und ***, KG ***, wobei das Stauziel (283,75 müA) nicht erhöht wird;

-   Errichtung einer Fischaufstiegshilfe (Vertical Slot) auf Grundstück Nr. *** und ***, KG ***, mit einer ganzjährigen Dotation von 400 l/s;

-   Errichtung einer Stromzuleitung zum Kraftwerk über Grundstück Nr. ***, KG ***;

-   Errichtung einer Baustraße während der Baudauer auf Grundstück Nr. ***, *** und ***, KG ***,

eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt wurde. Gegen diesen Bescheid hat Frau A berufen, da sie im Rahmen der Bauführung Erschütterungen und statische Probleme ihres Hauses (unter Verweis auf den AV vom 03.09.2013 und Seite 16f der Berufungsschrift) befürchtet.

Seitens der Abteilung WA1 wurde um gutächtliche Äußerung zu folgenden Beweisthemen ersucht:

-     Kann es aus fachlicher Sicht durch die Änderung des Abflussregimes der *** einerseits bzw. durch die Arbeiten im Zuge der Kraftwerkserrichtung im Rahmen der Bauführung andererseits überhaupt zu Erschütterungen und/oder statischen Problemen des Hauses der Berufungswerberin kommen?

-     Wenn ja in welchen Ausmaß ist mit solchen Beeinträchtigungen zu rechnen und durch die Vorschreibung welcher Auflagen wäre dem Schutz der Liegenschaft der Berufungswerberin Rechnung zu tragen?

Dazu wurde am 21.02.2014 ein Ortsaugenschein gemeinsam mit Herrn E (BD1-Geologie) durchgeführt.

Bauwerke müssen so geplant und ausgeführt werden, dass sie unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit gebrauchstauglich sind und u.a die wesentlichen Anforderungen an die mechanische Festigkeit und Standsicherheit über einen wirtschaftlich angemessenen Zeitraum erfüllen. Bauteile müssen so dimensioniert werden, dass es nicht zum Einsturz des gesamten Bauwerkes oder eines Teiles davon kommt und keine größeren Verformungen der tragenden Konstruktion in unzulässigem Umfang auftreten. Dies ist jedenfalls anzunehmen, wenn die Lastansätze (Wind, Schnee, Erdbeben, udgl.) nach den aktuell gültigen Normen berücksichtigt werden und die Bemessung der statisch tragenden Teile unter Beachtung der anstehenden Boden- und Untergrundverhältnisse nach dem Stand der Technik erfolgt.

Bei bereits bestehenden Bauwerken erfolgt die Beurteilung der Standsicherheit in erster Linie auf Grund vorhandener Deformationen, Schadensbilder und Risse.

Risse können bereits herstellungsbedingte Ursachen haben. Durch unterschiedliche Formänderungskoeffizienten der verschiedenen Materialien treten bereits in der Bauphase Risse auf. Bei Bauteilabmessungen über der kritischen Bauwerkslänge können parallele Risse in annähernd gleichen Abständen auftreten. Stark unterschiedliche Spannweiten bei Decken (unterschiedlicher Abstand der Querwände bei langgestreckten Häusern) können zufolge unterschiedlicher Durchbiegungen zur Rissbildung im Deckenbereich führen. Bei Grundrissen mit unsymmetrischer Raumaufteilung, Abschrägungen, Niveausprüngen, unterschiedlichen Bauteilabmessungen udgl. treten verstärkt Zwangsspannungen auf.

Differenzsetzungen können, je nach Ausbildung der Setzungsmulde, zu schräg verlaufenden Rissen führen. Bei Verwendung unterschiedlicher Baumaterialien (z. B. Ziegelwand, Stahlbetonrost, Stahlbeton-, Fertigteil- oder Heizdecke) kann es auf Grund der verschiedenen Wärmeausdehnungskoeffizienten bei Temperaturdifferenz zu Thermospannungen kommen, die zu Rissen führen können. Verschiedene Materialien reagieren auch auf Änderung des Feuchtigkeitsgehaltes durch unterschiedliche Volumsänderungen.

Risse entstehen in beschränkt dehnfähigen Baustoffen und Konstruktionen durch Zugfestigkeitsüberschreitungen. Verursacht werden sie in erster Linie durch Temperatur- und Feuchtigkeitsänderungen, Setzungen des tragenden Untergrundes, Grundwasserspiegelschwankungen, lastabhängigen Verformungen, aufgezwungenen Bewegungen angrenzender Bauteile und durch Erschütterungen.

Die Rissbildung ist ein fortschreitender Prozess, bei dem durch Spannungsänderungen neue Risse verursacht werden. Befindet sich ein Bauteil bereits nahe dem kritischen Spannungszustand, genügt eine geringe Zusatzbelastung, um einen Riss auszulösen.

Inwieweit Risse die Standsicherheit von Gebäuden beeinträchtigen können hängt sowohl von der Breite, Tiefe und Länge der Risse als auch von deren Lage und Anzahl ab.

Die Lage, Anzahl und Geometrie der Risse können einen Hinweis darauf geben, ob als Ursache Differenzsetzungen, Schwinden und Kriechen des Materials, Thermospannungen, Spannungsspitzen oder Erschütterungen anzunehmen sind.

Unterschiedliche Einflussfaktoren (Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen, Erschütterungseinwirkung, Differenzsetzungen udgl.) verursachen Auswirkungen in unterschiedlicher Intensität. Lt. Publikationen in der Fachliteratur haben Erschütterungen jedoch einen ungleich geringeren negativen Einfluss auf Bauwerke als Differenzsetzungen oder Temperaturänderungen. Differenzsetzungen und Temperaturänderungen bilden materialmäßig die größten Belastungen eines Baustoffes.

Durch den doch beträchtlichen Höhenunterschied zwischen Wasserspiegellage der *** und dem Niveau des Objektes A können eine Beeinflussung des Grundwasserspiegels und die damit verbundenen Setzungen am Grundstück durch die geplanten Arbeiten de facto ausgeschlossen werden, zumal lt. Schreiben der Abteilung WA1 vom 13. Dezember 2013 das Stauziel durch das Projekt nicht erhöht wird. Auch die anderen oben beschrieben Einflussfaktoren (Schwinden und Kriechen des Materials, Thermospannungen udgl.) stehen in keinem direkten Zusammenhang mit den geplanten Arbeiten. Somit verbleibt als mögliche Beeinträchtigung die Beurteilung der Erschütterungen.

Schall ist mechanische Bewegungsenergie von durch Druckschwankungen in Schwingung gesetzten Teilchen. Schallträger sind feste Körper oder Luft, welche die Schwingungsimpulse an ihre Umgebung weitergeben. Schall kann sich in Form von Longitudinal-, Transversal- oder Biegewellen geradlinig (kugelförmig) nach allen Richtungen fortpflanzen. Treffen Schallwellen auf ein ausreichend großes Hindernis, so werden sie nach den Gesetzen der Geometrie reflektiert, absorbiert bzw. in Abhängigkeit der Wellenlänge und der Größe um das Hindernis herumgebeugt. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Schalles ist in den unterschiedlichen Medien unterschiedlich groß, wobei sie von Temperatur, Querschnitt, Dichte des Mediums und Feuchtigkeitsgehalt abhängig ist.

Die Beurteilung von Erschütterungen auf ein Gebäude erfordert daher die Kenntnis umfangreicher dynamischer Wechselwirkungen vom Entstehungsort - Einleitung in den Untergrund und Weiterleitung durch den Baugrund - bis zur Einleitung in das Bauwerk. Entscheidend ist auch die Distanz Entstehungsort-Bauwerk, da die Auswirkungen mit der Entfernung abnehmen. In diesem Zusammenhang wird auf die geologische Beschreibung der Untergrundsituation anlässlich der Verhandlung vom 04.09.2013 verwiesen.

in ÖNORM S 9020 sind in Tabelle 3 Richtwerte für zulässige Schwinggeschwindigkeiten vR,max in Abhängigkeit von der Gebäudeklasse festgelegt:

Gebäudeklasse

Richtwert VR,max [mm/s]

I

30

II

20

III

10

IV

5

Definitionsgemäß werden der Gebäudeklasse IV denkmalgeschützte Gebäude, die hinsichtlich ihrer Bauweise oder ihres Zustandes besonders erschütterungsanfällig sind und der Gebäudeklasse III Gebäude mit Kellerdecken aus Beton oder Ziegelgewölbe, in den oberen Stockwerken Fertigteil-, Holzbalken- oder Ziegelfertigteildecken, zugeordnet.

Wohnbauten werden der Gebäudeklasse II (aufgehendes Mauerwerk aus Ziegeln, Decken aus Beton, Wandscheiben udgl.) und Industrie- und Gewerbebauten der Gebäudeklasse I zugeordnet.

Diese Richtwerte gelten für Erschütterungen aus regelmäßigen Gewinnungssprengungen. Bei häufiger auftretenden Beanspruchungen, wie z. B. durch Fahrzeugverkehr, können diese Werte vermindert werden. Während vereinzelte Überschreitungen tolerierbar sind, können lt. ÖNORM S 9020 bei Überschreiten der Werte um ca. 70% Putzrisse, bei Überschreiten um ca. 120% Rissbildungen im Mauerwerk auftreten.

In ÖNORM S 9020 werden im Anhang C Typische Erschütterungskennwerte für Verkehr (Eisenbahn, Schwer LKW Verkehr udgl.) Schwinggeschwindigkeiten in einer Band breite von 0,1 bis 5 mm/s und für menschliche Aktivitäten wie Hausbenutzung (Stiegensteigen, Gehen) Werte von 0,5 bis 6 mm/s bzw. für sonstige Tätigkeiten (Stemmen, Türenschlagen udgl.) Werte von 0,5-20 mm/s angegeben.

Das geplante Krafthaus weist vom Objekt A einen horizontalen Abstand von ca. 43 m auf. Durch die Niveauunterschiede zwischen Wasserspiegellage der *** und dem Objekt A bzw. dem Krafthaus verlängert sich der Weg der Schallwellen zusätzlich.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist weder bekannt welche Baufirma mit der Bauführung beauftragt wird, noch mit welcher Bauweise das Projekt umgesetzt werden soll und welche Baumaschinen zum Einsatz kommen sollen.

Nach tel. Rücksprache am 28. März 2014 beim Projektanten (F GmbH) wurde bestätigt, dass für das gegenständliche Projekt keine Sprengarbeiten vorgesehen sind.

Zusammenfassend wird, unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen, zu den Beweisthemen wie folgt Stellung genommen:

-     Durch die Arbeiten im Zuge der Kraftwerkserrichtung im Rahmen der Bauführung können Erschütterungen sehr wohl auftreten. Auch wenn die Erschütterungen von Personen wahrgenommen werden können, muss damit nicht zwangsläufig ein negativer Einfluss auf die Standsicherheit von Bauwerken verbunden sein. Werden die Ergebnisse der Probebohrungen (wie im geologischen Gutachten gefordert) bei der Festlegung der Bauweise und beim Maschineneinsatz berücksichtigt, kann davon ausgegangen werden, dass die angegebenen Richtwerte für die Schwinggeschwindigkeiten, auch wegen des gegebenen Abstandes, nicht überschritten werden. Diese Richtwerte sind so niedrig angesetzt worden, dass das Schadensrisiko für Gebäude vernachlässigbar klein wird (ÖNORM S 9020, Punkt 4.4). Bei dieser Beurteilung wird jedoch vorausgesetzt, dass keine Sprengarbeiten durchgeführt werden.

Ob sich eine Änderung des Abflussregimes negativ auf die die Stabilität der Konglomeratufer der *** auswirkt, kann aus bautechnischer Sicht nicht bewertet werden.

Auch wenn die vorgegebenen Richtwerte mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht überschritten werden, können auch bei gebotener Sorgfalt bei den Bauarbeiten vereinzelte Überschreitungen nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden. Mit der bereits geforderten Beweissicherung für das Objekt A ist jedoch eine Zuordnung von allenfalls auftretenden Schadensbildern möglich.“

Das Gutachten vom 08. Juli 2014 hat folgenden Wortlaut:

„Der Landesverwaltungsgerichtshof ersuchte den geologischen Dienst der Baudirektion um Klärung der Frage, ob durch die Änderung des Abflussregimes bei Projektsdurchführung eine negative Auswirkung auf die Stabilität der Konglomeratufer verursacht wird.

Das Gewässergrundstück *** KG *** beinhaltet die felsige Steilböschung der ***. Die Liegenschaft A, Grundstück *** (darin liegt die Baufläche ***) KG ***, liegt unmittelbar an der ***.

Die Felsböschung, die aus eiszeitlichem Uferkonglomerat besteht, ist etwa 10 Meter hoch. Sie weist teilweise Unterspülungen auf. Augenscheinlich reichen die Unterspülungen nicht bis unter das Grundstück *** sondern betreffen nur das Gewässergrundstück.

Grundsätzlich unterliegt das gesamte Ufer einer Erosion durch den Fluss. Diese Erosion ist ein laufender, naturgegebener Prozess.

Im derzeitigen Zustand ist eine direkte Gefährdung durch die Ufererosion für das Haus A nicht gegeben. Auch das Gartengrundstück scheint derzeit von der Erosion nicht direkt gefährdet zu sein. Zur Beantwortung der Frage aus geologischer Sicht wurde der ASV für Wasserbautechnik gebeten, die Grundlagen aus wasserbautechnischer Sicht zu erörtern; er hat folgende Stellungnahme übermittelt:

Wasserbautechnische Grundlagen

Der ASV für Geologie hat als Grundlage für seine Beurteilung um eine wasserbautechnische Zusammenfassung der maßgeblichen Wasserspiegellagen im Oberwasser der Wasserkraftanlage *** in *** ersucht.

Grundlage bilden die Projektsunterlagen der F GmbH vom März 2013.

Allgemeines:

Am Projektstandort befindet sich seit mehreren Jahrzehnten eine betonierte Wehranlage mit einer Höhe von rd. 5,0 m, deren Wehroberkante einen gekrümmten Verlauf aufweist. An der tiefsten Stelle (Flussmitte) liegt die Wehroberkante auf einer Höhe von 283,25 müA. an den Flanken auf rd. 283,82 müA.

Das eingereichte Projekt sieht eine Anpassung der Wehroberkante vor, indem im mittleren Wehrbereich die Oberkante um max. 0,5 m auf die Kote 283,75 müA angehoben wird.

Diese Anpassung ist erforderlich, um den Oberwasserspiegel im Normalbetrieb der Wasserkraftanlage im Vergleich zum Bestand konstant zu halten. Ohne diese Anhebung würde bei der rechtsufrigen Wasserentnahme der WKA der Oberwasserspiegel bis auf die Kote von 283,25 müA absinken. Die Hochpunkte der Wehroberkante bleiben unverändert an den Flanken, sodass eine Konzentration der Wasserwelle in der Flussmitte erzielt wird. Somit kommt es nach Errichtung der WKA zu keiner Änderung der Fließverhältnisse.

Vergleich Wasserspiegellagen:

Nachfolgende Zusammenstellung listet die Oberwasserspiegel direkt an der Wehranlage füe unterschiedliche Ausgangssituationen auf.

Verglichen werden: - Wasserspiegel – Wehr Bestand

- Wasserspiegel – Wehr Anpassung

(kein Betrieb WKA und Spülschütz defekt)

- Wasserspiegel – Wehr Anpassung

(Betrieb WKA bzw. Spülschütz offen bei Hochwasser)

 

Bestand

Wehr angepasst

WKA Normalbetrieb

Wehr angepasst

Kein Betrieb V.JKA

Mittleres

NW

(~ 3,3 m3/s)

283,60

283,75 (+ 0,15)

284,06 (+0 ,46)

Mittelwasser

MQ

(~ 10.38 m3/s)

283,80

283,75 (-0,05)

284,23 (+0,43)

HQ 1

(~ 143 m3/s)

285,45

285,50 (+0,05)

285,65 (+0,20)

HQ 100

(~ 347 m3/s)

287,10

287,10 (+0,00)

287,15 (+0,05)

Tabelle: Gegenüberstellung der Wsp-Lagen in Meter über Adria

[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]

„…

…“

Abbildung: Konsumptionskurve – techn. Bericht, Seite 20

Anzumerken ist, dass die angeführten Wasserspiegelhöhen mit Unsicherheiten behaftet sind. Aufgrund von natürlichen Gegebenheiten im Stauraum (Sohländerungen, Verklausungen, etc.) können die Wasserspiegelhöhen variieren.

Bauphase:

Während der Bauphase von rd. 4-5 Monaten wird im Flussschlauch eine Baustraße quer zur Fließrichtung vom linken Ufer ausgehend geschüttet. Der Damm weist eine Kronenbreite von rd. 3,0 m auf und werden vier Schwerlastrohre DN 1500 eingebaut. Diese dienen der kontrollierten Abfuhr des ***wassers bis zu einer Wasserführung von rd. 10 m3/s. Bei Wasserführungen bis zu MQ (rd. 10,38 m3/s) ergeben sich in der Bauphase somit keine wesentlichen Wasserspiegellagenänderungen im Oberwasser. Bei Hochwasser wird der Damm allmählich überströmt und ist eine teilweise Erosion des Dammbauwerkes zu erwarten. In diesem Fall sind Aufspiegelungen gegenüber dem Bestand von einigen Dezimetern zu erwarten.

Im Betriebsfall ist somit bei Mittelwasser und einjährlichem Hochwasser mit kaum einer Wasserspiegeländerung gegenüber dem derzeitigen Zustand zu rechnen – die Änderungen bewegen sich bei plus/minus 5 Zentimetern, im Hochwasserfall bleibt der Wasserspiegel gegenüber dem Jetztzustand gleich. Der Niederwasserfall ist für die Erosion kaum von Bedeutung, auch ist die Wasserspiegeländerung mit 15 cm sehr gering.

Im Betriebsfall ist somit mit keiner Erosionsverstärkung zu rechnen.

Im Störfall kommt es bei Hochwasser, das für die Erosion am bedeutendsten ist- zu einer geringen Wasserspiegelerhöhung von 5 cm. Bei Mittelwasser- und Niederwasser liegt die Wasserspiegelerhöhung bei 43 cm bzw. 46 cm. Dieser Störfall-Zustand ist zeitlich sehr begrenzt und hat somit keinen wesentlichen Einfluss auf das Erosionsgeschehen.

In der Bauphase kann es bei Hochwasser, wenn die Baustraße überströmt und erodiert wird, zu einigen Dezimetern Wasserspiegelanhebung kommen. Die gesamte Bauphase wird mit 4 bis 5 Monaten angegeben, der beschriebene Fall nimmt, soferne er eintritt, nur einen sehr geringen Zeitabschnitt innerhalb dieser Zeit ein. Und hat somit auf das Erosionsgeschehen keinen wesentlichen Einfluss.

Diese Beurteilung der vorhergehenden drei Absätze (Betriebsfall, Störfall, Bauphase) versteht sich im Vergleich zum naturgegebenen, ständig ablaufenden Erosionsgeschehen, das auch ohne Durchführung des Projektes weiter abläuft.

Aus fachlicher Sicht hat das (allenfalls) ausgeführte Projekt keinen merklichen Einfluss auf das grundsätzlich von Natur aus vorhandene Erosionsgeschehen. Eine Verstärkung der Gefährdung für die Stabilität der Konglomeratufer im allgemeinen und für die Liegenschaft A, Grundstück *** und *** KG *** im Besonderen kann nicht erkannt werden.“

Zu den eingeholten Gutachten wurde der Beschwerdeführerin A (Erstbeschwerde) Parteiengehör eingeräumt, ihr Rechtsvertreter hat nach Zustellung einer Kopie des Einreichprojekts durch das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit Schriftsatz vom 25. September 2014 Stellung genommen und gleichzeitig das Privatgutachten des geologischen Büros H (H), GZ ***, vom 29. August 2014, G, vorgelegt.

Im Gutachten vom 29. August 2014 wird ausgeführt, dass die J-Vorbegutachtung des Einreichprojektes zu wenig sei und darin Untergrundaufschlüsse gefordert worden seien. Die unter Auflage 3. angeführten Nachweise würden in das Projekt gehören und seien Basis der Bewilligung. Gleiches gelte für die Auflage 14. Angaben über die Wasserhaltung seien nicht im Bescheid enthalten. Die Auflagen 44 bis 49 seien falsch, diese würden sich auf offene Fragen der Bauführung beziehen, die Auflageninhalte würden in die Projektserstellung gehören.

Die fachlichen Belange der Geologie seien nur mit einem Hinweis auf eine gewisse Wahrscheinlichkeit behandelt worden und liege in keiner Weise eine entsprechende baugeologische Aussage mit dem notwendigen Inhalt vor. Notwendige Erkundungen und Untersuchungen dürften nicht auf die Zeit nach Rechtskraft des Bescheides verlegt werden. ÖNORM und Eurocode seien die Grundlagen für die Erkundungen des Bodens und fehle dies. Es könne kein Bescheid erlassen werden, wenn die dazu notwendigen Probebohrungen noch gar nicht ausgeführt worden seien. Die Beweissicherung alleine sei keine Maßnahme, um Schäden vorzubeugen.

Zur bautechnischen Stellungnahme vom 01. April 2014 werde ausgeführt, dass diese lediglich einen Auszug aus den einschlägigen Texten und Tabellen von Richtlinien und Normen enthalte. Dies sei unzureichend. Die Bohrergebnisse seien aber Voraussetzung dafür, dass konkrete Werte für zulässige Schwingungen am Gebäude angegeben werden. Weiters werde die Änderung des Wasserspiegels im Vorfluter nicht beachtet und könne daher die Frage von Erschütterungen nicht ausreichend beurteilt werden.

Zum geologischen Gutachten vom 08. Juli 2014 werde ausgeführt, dass ein wesentlicher Teil der Erosionsvorgänge sich aus der Zerstörung der Konglomerate über chemische Vorgänge ergäbe und darauf nicht Bezug genommen worden sei. Auch fehle eine fachliche Klärung, ob Sprengungen notwendig seien. Es sei mit dem angefochtenen Bescheid und der Tätigkeit der privaten Gutachter ein entsprechender Rechtsschutz von betroffenen Personen nicht mehr sicher zu stellen.

Der Rechtsvertreter der Erstbeschwerdeführerin bringt in der Stellungnahme vom 25. September 2014 vor, dass auf Seite 10 der Verhandlungsschrift vom 04. September 2013 festgehalten werde, dass im Vorfeld Untergrunderkundungen nähere Informationen über die geologische Beschaffenheit und Machbarkeit bringen. Die Probebohrungen würden erst nach Erteilung der Bewilligung durchgeführt und damit erst die für die Erteilung notwendigen Ermittlungsschritte gesetzt. Die Ergebnisse der Erkundungsbohrungen seien überdies für die Bewertung des öffentlichen Interesses an dem Projekt notwendig. Hauptfrage sei es, ob auf Grund der Ergebnisse der Probebohrungen das Projekt umsetzbar ist und seien diese Bohrungen vor Erteilung zu machen. Die Aussagen zu den Sprengarbeiten seien in der bautechnischen Stellungnahme vom 01. April 2014 nicht nachvollziehbar. Eine Beweissicherung für das Objekt A sei keine geeignete Maßnahme zur Schadensabwendung. Bohrergebnisse seien die Voraussetzung dafür, dass für zulässige Schwingungen an Gebäuden im Bescheid konkrete Werte angegeben werden.

Zum Gutachten vom 08. Juli 2014 werde ausgeführt, der geologische Amtssachverständige sei lediglich auf Grundlage der Einreichunterlagen tätig geworden und hätte keine eigenen Ermittlungen durchgeführt, der Gutachter G hätte auf Grund des von ihm durchgeführten Lokalaugenscheines eine profundere wissenschaftliche Grundlage gehabt. Der Amtssachverständige für Bautechnik würde von massiven Eingriffen in die Konglomeratwand sprechen und sei daher eine entsprechende Untersuchung unausweichlich. Weiters wurde vorgebracht, dass Konglomerate durch chemische Vorgänge zerstört werden würden. Dann sei weder bekannt, welche Baufirma beauftragt noch welche Bauweise gewählt werde. Dies sei aber entscheidungsrelevant. Die Beschwerdeführerin hätte nach Erteilung der Bewilligung keine Möglichkeit mehr, ihre subjektiven Rechte geltend zu machen, da die Probebohrungen erst nach Erteilung der Bewilligung erfolgen würden.

Es würden Untersuchungen zur Beeinträchtigung des Nutzwasserbrunnens der Beschwerdeführerin fehlen. Auch die Wasserhaltung sei problematisch, da sie zu einer Beeinträchtigung des Nutzwasserbrunnens führen könne. Ebenfalls nur oberflächlich behandelt sei die Beeinträchtigung eines zweiten nahegelegenen Wohnhauses sowie von Spaziergängern, die Wiesenflächen benützen würden. Das öffentliche Interesse am Projekt müsse wegen des Vorhandenseins des Naturdenkmales *** verneint werden. Im naturschutzrechtlichen Verfahren seien keine Ermittlungen zum Naturdenkmal hinsichtlich Artenschutz angestellt worden. Es werde nicht auf die Frage eingegangen, wie bei Wartungsarbeiten zum Kraftwerk gelangt werden solle. Abschließend werde der Antrag auf Zurückverweisung an die Erstinstanz gestellt. Im Übrigen wird das Gutachten von G stellenweise wiedergegeben.

Im Zuge des Beschwerdeverfahrens hat I eine Vollmacht der Konsenswerberin vorgelegt, wonach er diese im gegenständlichen Beschwerdeverfahren vertritt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat rechtlich erwogen:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zur Erstbeschwerdeführerin:

Nach § 41 Abs. 1 AVG hat die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung überdies an der Amtstafel der Gemeinde, durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung oder durch Verlautbarung im elektronischen Amtsblatt der Behörde kundzumachen.

Gemäß § 42 Abs. 1 AVG hat, wenn eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 2. Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht wurde, dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt.

Gemäß § 42 Abs. 3 AVG kann eine Person, die glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, rechtzeitig Einwendungen zu erheben und die kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses, jedoch spätestens bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung der Sache bei der Behörde Einwendungen erheben. Solche Einwendungen gelten als rechtzeitig erhoben und sind von jener Behörde zu berücksichtigen, bei der das Verfahren anhängig ist.

Nach § 107 Abs. 1 WRG 1959 ist, wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, die Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz AVG kundzumachen und darüber hinaus auf sonstige geeignete Weise (insbesondere durch Verlautbarung in einer Gemeindezeitung oder Tageszeitung, Postwurfsendungen).

In der mündlichen Verhandlung am 04. September 2013 war Verhandlungsgegenstand die Errichtung einer Wasserkraftanlage („***“) an der *** in der Katastralgemeinde ***. In der Kundmachung der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 2013 und in der Amtsblattverlautbarung wurde eben dieser Verhandlungsgegenstand dargestellt.

Die öffentliche Kundmachung erfolgte einerseits durch Anschlag an der Amtstafel der Marktgemeinde *** sowie Anschlag an der Amtstafel der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs und andererseits im Amtsblatt der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom *** (Nr. ***). Die Verlautbarung im Amtsblatt ist eine in § 42 Abs. 1 AVG genannte geeignete Form der Kundmachung, welche auch nach § 107 Abs. 1 WRG 1959 als weitere Kundmachungsform in Betracht kommt. Dies ergibt sich daraus, dass das Amtsblatt der Bezirkshauptmannschaft allgemein zugänglich ist und hat es auch einen weiteren örtlichen Wirkungsbereich als eine Gemeindezeitung. § 107 Abs. 1 WRG 1959 regelt keine besondere Form der Kundmachung, es kommt daher § 42 Abs. 1 zweiter Satz AVG zur Anwendung. Aus § 107 Abs. 1 ergibt sich betreffend die sonstige geeignete Weise der Kundmachung, dass diese auf die in dieser Norm beispielhaft aufgezählten Arten erfolgen kann. Eine Pflicht, auf eine der angeführten Arten kundzumachen, ist nicht normiert.

Zu beachten ist aber bei der 2. Form der Kundmachung in dieser Gesetzesstelle, nämlich der in geeigneter Weise, dass nicht die für die 1. Kundmachung iSd § 41 Abs. 1 zweiter Satz AVG gewählte Form als insgesamt ausreichend erachtet wird. Es sind zwei verschiedene Kundmachungsformen zu wählen („doppelte Kundmachung“).

Es gehört zu den Bürgerpflichten, sich über allfällige Verhandlungen an der Amtstafel der Gemeinde oder in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung zu informieren, die einen selbst in Rechten berühren könnten. Eine ebensolche Pflicht besteht auch bei anderen öffentlich kundgemachten Informationen wie etwa Eintragungen in die Wählerevidenz in Wahlzeiten.

Sowohl im Kundmachungstext im Amtsblatt als auch an den Amtstafeln ist – im Sinne des § 41 Abs. 2 zweiter Satz AVG – auf die in § 42 AVG vorgesehenen Rechtsfolgen hingewiesen. Damit enthalten beide Kundmachungen (im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG) den in § 41 Abs. 2 AVG geforderten Inhalt (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, Rz 12 zu § 42 AVG).

Die Vorbereitungszeit auf die mündliche Verhandlung war ausreichend, die Kundmachung durch Anschlag an der Amtstafel der Marktgemeinde erfolgte vom 15. Juli bis 04. September 2013, Anschlag an der Amtstafel der Bezirkshauptmannschaft vom 15. Juli bis 05. September 2013. Im Amtsblatt war die Verhandlung am 01. August 2013 kundgemacht.

Die „doppelte Kundmachung“ im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG erfolgte ordnungsgemäß.

Nach § 42 Abs. 1 AVG verliert eine Person – bei ordnungsgemäßer „doppelter öffentlicher Kundmachung“ der Verhandlung – ihre Stellung als Partei, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Einwendungen wurden von der Erstbeschwerdeführerin vor der Verhandlung nur hinsichtlich Statik und Erschütterungen und – mangels Teilnahme an dieser – in der Verhandlung jedoch keine erhoben.

Eine persönliche Verständigung aller der Behörde bekannt gewordenen Nachbarn ist nicht Voraussetzung für den Eintritt der Präklusionsfolge gemäß § 42 Abs. 1 AVG. § 42 Abs. 1 AVG normiert als Voraussetzung für den Eintritt der Präklusionsfolge nämlich nicht, dass die Bestimmungen des § 41 Abs. 1 AVG eingehalten wurden, sondern dass die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz AVG und in der nach den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form oder, wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, in geeigneter Form, kundgemacht wurde. Ist dies der Fall, dann betrifft die Präklusionswirkung (Verlust der Parteistellung) auch jene Personen, die – als „bekannte Beteiligte“ – von der Behörde persönlich zu laden gewesen wären (vgl. Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht9 (2011), Rz 289).

Der Verlust der Parteistellung tritt daher auch dann ein, wenn die persönliche Ladung unterblieben ist (vgl. auch Hengstschläger, Verlust der Parteistellung – auch des „Übergangenen“ – gemäß § 42 AVG, ÖJZ 2000, 790; Sieberer, Gemeinschafts- und verfassungsrechtliche Anforderungen an § 42 AVG, ÖJZ 2000, 733; Wiederin in Schwarzer Anlagenverfahrensrecht 45).

Eine allenfalls erfolgte Verweigerung der Akteneinsicht verhindert nicht den Verlust der Parteistellung, da § 42 Abs. 1 AVG als Voraussetzung die ordnungsgemäße „doppelte öffentliche Kundmachung“ normiert. Die Erstbeschwerdeführerin hat am Tag vor der Verhandlung, am 03. September 2013, bei der Behörde vorgesprochen und wurde über den Verhandlungsgegenstand und den Verhandlungstag in Kenntnis gesetzt. Sie hätte an dieser Verhandlung teilnehmen können. Die Beschwerdeführerin hätte auch die Möglichkeit gehabt, eine Beeinträchtigung ihrer Rechte am Tag ihrer Vorsprache allgemein geltend zu machen und hat sie dies ja auch hinsichtlich einer Beeinträchtigung ihres Grundeigentums durch Erschütterungen getan. In diesem Punkt ist der Beschwerdeführerin Recht zu geben, dass Einwendungen betreffend Statik und Erschütterungen, soweit sie mit Schriftsatz vom 16. September 2013 (nochmals) erhoben wurden, nicht zurückzuweisen gewesen wären.

Ergänzend wird zur Akteneinsicht festgehalten, dass der Erstbeschwerdeführerin – wie dies auch in den Kundmachungstexten im Amtsblatt und an den Amtstafeln ersichtlich ist – die Möglichkeit zur Einsicht in das Einreichprojekt gegeben wurde. Damit ist die Beschwerdeführerin in der Lage, Einwendungen gegen das Projekt zum Schutze ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte zu erheben. Die Rechtslage verlangt nicht eine detaillierte Ausführung dieser Einwendungen. Ein Antrag auf Erlassung eines Bescheides hinsichtlich einer Nichtgewährung der Akteneinsicht kann dem Aktenvermerk vom 03. September 2013 (persönliche Vorsprache der Erstbeschwerdeführerin) nicht entnommen werden.

Weiters wurde zur Beeinträchtigung des Nutzwasserbrunnens der Erstbeschwerdeführerin auf ihrem Grundstück Nr. *** vorgebracht, nämlich dass durch Ableiten des Wassers in den Unterwasserstollen es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Beeinträchtigung des Grundwassers und damit auch zu einer Beeinträchtigung der Quantität des Brunnens kommen werde. Auch wurde die Nutzungsbefugnis nach § 5 WRG geltend gemacht. Weiters könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich eine Änderung des Abflussregimes der *** negativ auf die Stabilität der Konglomeratufer auswirke und könne auch die Vornahme von Sprengungen zu unvorhergesehenen Gefahren für die sich dort befindlichen Gebäude oder deren Nutzer führen.

Das Vorbringen hinsichtlich einer Beeinträchtigung des Nutzwasserbrunnens und das Vorbringen zur Nutzungsbefugnis sind verspätet, da die Erstbeschwerdeführerin nicht zeitgerecht eine derartige Einwendung erhoben hat. Am 03. September 2013 wurde lediglich eine Beeinträchtigung des Grundeigentums (Grundstück Nr. ***) durch Instabilität auf Grund von Erschütterungen wie etwa Sprengungen geltend gemacht. In diesem Punkt (betreffend Nutzwasserbrunnen und Nutzungsbefugnis) ist somit Teilpräklusion eingetreten. Die Einwendungen dazu sind im Beschwerdeverfahren unzulässig.

Zur befürchteten Änderung des Abflussregimes und der daraus folgenden negativen Auswirkung auf die Stabilität der Konglomeratufer wird festgehalten, dass projektsgemäß keine Erhöhung des Stauzieles erfolgt und eine bereits bestehende Wehranlage in der *** grundsätzlich unverändert erhalten bleibt und genutzt werden soll.

Zu den Sprengungen wird festgehalten, dass nach Mitteilung der Konsenswerberseite keine Sprengarbeiten vorgesehen sind und der bautechnische Amtssachverständige sein Gutachten vom 01. April 2014 unter diesem Gesichtspunkt erstattet hat. Die Auflage 48 des angefochtenen Bescheides war daher neu zu formulieren, wonach Sprengarbeiten nicht durchgeführt werden dürfen.

Das Eintreten unvorhersehbarer Gefahren oder Schäden, wie in der Besch

Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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