TE Lvwg Erkenntnis 2020/6/25 LVwG-S-1426/001-2019

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Veröffentlicht am 25.06.2020
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Entscheidungsdatum

25.06.2020

Norm

ASVG §33 Abs1
ASVG §34 Abs1
ASVG §111 Abs1 Z1
VStG 1991 §31 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Dr. Köchle als Einzelrichterin über die Beschwerde des ***, ***, ***, gegen Spruchpunkt 1 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 17. Mai 2019, Zl. ***, betreffend Bestrafung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) Folge gegeben und wird der angefochtene Spruchpunkt 1 des Straferkenntnisses gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Verfahrensgegenstand und Verfahrensgang:

1.1. Mit dem angefochtenen Spruchpunkt 1 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs (in der Folge: belangte Behörde) vom 17. Mai 2019, Zl. ***, wird dem nunmehrigen Beschwerdeführer, Herrn A, zusammengefasst angelastet, er habe es als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der B KG zu verantworten, dass dieses Unternehmen hinsichtlich der spruchgegenständlichen Dienstnehmerin, Frau C, die Anmeldung zur Sozialversicherung falsch erstattet habe, da die Dienstnehmerin am 23.05.2017 mit einer Arbeitszeit von nur 20 Stunden pro Woche zur Sozialversicherung angemeldet worden sei, obwohl diese im Ausmaß von 30 Stunden pro Woche beschäftigt sei.

Wörtlich heißt es im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zu dem in Beschwerde gezogenen Spruchpunkt 1 wie folgt:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

Zeit:          12.02.2019, gegen 13:40 Uhr

Ort:           Gemeindegebiet ***

          *** ***, Restaurant „D“

Tatbeschreibung:

Sie haben es als das zur Vertretung nach außen berufene Organ des Unternehmens B KG mit Sitz in ***, ***, in Ihrer Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer zu verantworten, dass das Unternehmen als Dienstgeber nachstehende Personen, bei welchen es sich um in der Krankenversicherung pflichtversicherte Personen handelt, am 12.02.2019 um 13:40 Uhr beschäftigt hat, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Niederösterreichische Gebietskrankenkasse Krankenkasse zur Pflichtversicherung angemeldet wurden, bzw. diese Anmeldung falsch erstattet wurde.

Die nachstehenden Dienstnehmer wurden im Restaurant in ***, *** beschäftigt.

1. Die Dienstnehmerin, Frau C, geb. ***, seit 21.05.2017 als Kellnerin in folgendem Ausmaß beschäftigt:

Mi von 12:00 - 17:00 Uhr,

Do von 10:00 - 15:00 Uhr,

Fr von 10:00 - 15:00 Uhr,

Sa von 12:00 - 17:00 Uhr,

So von 12:00 - 22:00 Uhr.

Gesamtwochenstundenanzahl: 30 Stunden

Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, die Beschäftigte vor Arbeitsantritt richtig anzumelden.

Die Dienstnehmerin wurde jedoch per 23.05.2017 mit nur 20 Stunden/Woche zur Sozialversicherung angemeldet, die Meldung wurde damit falsch erstattet.

2. […]

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

zu 1. § 111 Abs. 1 Z. 1 iVm. § 33 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz - ASVG

zu 2. […]

Wegen dieser als erwiesen angesehenen Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer gestützt auf § 111 Abs. 2 ASVG eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000,-- Euro verhängt, für den Fall der Nichteinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 154 Stunden angedroht und dem Beschwerdeführer ein Beitrag zu den Kosten des verwaltungsstrafbehördlichen Verfahrens in der Höhe von 100,-- Euro vorgeschrieben.

In der Begründung des Straferkenntnisses wird zunächst der Verfahrensgang dahingehend dargestellt, dass festgehalten wird, dass die belangte Behörde durch eine Strafanzeige der Finanzpolizei *** vom 15.02.2019 vom im Spruch angeführten Sachverhalt Kenntnis erlangt habe.

Der Beschwerdeführer sei am 11.03.2019 persönlich bei der Behörde erschienen und habe ausgeführt, dass die in Spruchpunkt 1 genannte Dienstnehmerin mit 23.05.2017 zur Sozialversicherung angemeldet worden sei, wobei das damalige Beschäftigungsausmaß tatsächlich 20 Stunden pro Woche entsprochen habe. Mit 01.02.2018 habe die spruchgegenständliche Dienstnehmerin auf 30 Stunden pro Woche aufgestockt. Die Lohnerhöhung sei gemeldet worden, für die Erhöhung der Stundenanzahl innerhalb der Vollversicherung sei keine Meldung erforderlich. Die Lohnänderung und damit die Betragsgrundlagenänderung seien der NÖGKK auch weitergegeben worden.

Seitens der Finanzpolizei sei zu diesen Angaben des Beschwerdeführers – so die Ausführungen in der Begründung des Straferkenntnisses weiter – dahingehend Stellung genommen worden, dass laut telefonischer Auskunft der NÖGKK auch dieser bis zum 10.05.2019 keine Stundenänderungsmeldung vorgelegen habe, was sich mit den Ermittlungsergebnissen der Finanzpolizei decke. Dies zeige, dass der Beschwerdeführer seinen Verpflichtungen als Arbeitgeber nicht nachgekommen sei.

Unter Punkt „2. Feststellungen“ wird im Straferkenntnis, soweit für Spruchpunkt 1 relevant, ausdrücklich Folgendes festgestellt:

„Sie haben am 12.02.2019 um 13:40 Uhr folgende Arbeitnehmer in Ihrem Betrieb im Restaurant in ***, *** beschäftigt:

Die Dienstnehmerin, Frau C, geb. ***, seit 21.05.2017 als Kellnerin in folgendem Ausmaß beschäftigt:

Mi von 12:00 - 17:00 Uhr,

Do von 10:00 - 15:00 Uhr,

Fr von 10:00 - 15:00 Uhr,

Sa von 12:00 - 17:00 Uhr,

So von 12:00 - 22:00 Uhr.

Gesamtwochenstundenanzahl: 30 Stunden.

Die Dienstnehmerin wurde jedoch per 23.05.2017 mit nur 20 Stunden/Woche zur Sozialversicherung angemeldet, eine Stundenänderungsmeldung lag zum Tatzeitpunk indes nicht vor.

Die Meldung wurde damit falsch erstattet.“

Beweiswürdigend wird im Straferkenntnis ausgeführt, der festgestellte Sachverhalt basiere auf dem im Akt befindlichen Strafantrag der Finanzpolizei Team ***, den dienstlichen Wahrnehmungen der Finanzpolizeiorgane, den Personenblättern, den Versicherungsdatenauszügen, den ELDA-Anmeldungen inkl. Übermittlungsprotokollen und den angefertigten Lichtbildern. Daraus ergebe sich auch, „dass eine Stundenänderungsmeldung“ nicht erfolgt sei.

In rechtlicher Hinsicht wird in der Begründung des Straferkenntnisses auf § 33 ASVG und § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG verwiesen. Indem das Unternehmen des Beschwerdeführers als Dienstgeber die in Spruchpunkt 1 angeführte Dienstnehmerin als in der Krankenversicherung pflichtversicherte Personen, im festgestellten Ausmaß beschäftigt habe, den Arbeitsantritt der NÖ Gebietskrankenkasse jedoch (im Fall der in Spruchpunkt 1 angeführten Dienstnehmerin) falsch erstattet habe, sei der objektive Tatbestand des § 33 Abs. 1 iVm. § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG zweifelsfrei erfüllt.

Der Beschwerdeführer sei als nach außen zur Vertretung berufener Komplementär der B KG zur Verantwortung zu ziehen. Das Vorliegen eines Kontrollsystems zur Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch das Unternehmen des Beschwerdeführers sei weder behauptet, noch bewiesen worden. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite wird weiters auf § 5 VStG verwiesen und ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer der Entlastungsbeweis dafür, dass ihn entgegen der in der genannten Bestimmung aufgestellten Rechtsvermutung kein Verschulden treffe, nicht gelungen sei.

Bei der Strafbemessung berücksichtigte die belangte Behörde den Umstand, dass der Beschwerdeführer keine einschlägigen Vorstrafen aufweist, als mildernd. Erschwerend wurde nichts berücksichtigt.

1.2. Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht eine ausschließlich gegen Spruchpunkt 1 dieses Straferkenntnisses gerichtete Beschwerde, mit der die ersatzlose Aufhebung von Spruchpunkt 1 des Straferkenntnisses beantragt wird. Begründend wird in der Beschwerde ausgeführt, die spruchgegenständliche Dienstnehmerin sei von 21.05.2017 bis zum 31.01.2018 mit 20 Stunden pro Woche beschäftigt gewesen, seit 01.02.2018 sei diese mit 30 Stunden pro Woche beschäftigt, was auch aus den der Beschwerde beigelegten Lohn- und Gehaltsabrechnungen ersichtlich sei. Das Straferkenntnis stütze sich auf eine Auskunft einer Mitarbeiterin der NÖGKK, wonach dieser keine Änderungsmeldung vorliege. Dazu sei auszuführen, dass Dienstgeber nicht verpflichtet seien, Stundenänderungsmeldungen bei der Gebietskrankenkasse abzugeben und werde bei der Gebietskrankenkasse nicht gespeichert, in welchem Umfang ein Dienstnehmer beschäftigt werde. Durch die Gebietskrankenkasse könne nur bestätigt werden, ob eine Vollversicherung oder eine geringfügige Beschäftigung vorliege. Die Stundenänderung der spruchgegenständlichen Dienstnehmerin auf 30 Stunden pro Woche sei dem Steuerberater rechtzeitig mitgeteilt worden, woraufhin auch der Bruttolohn angepasst worden sei.

1.3. Diese Beschwerde wurde dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich durch die belangte Behörde samt Bezug habendem Akt unter Abstandnahme von einer Beschwerdevorentscheidung und unter Bekanntgabe des Verzichts auf eine mündliche Verhandlung zur Entscheidung vorgelegt. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich holte eine Stellungnahme der anzeigenlegenden Finanzpolizei ein. Diese verwies auf die gegenüber der belangten Behörde abgegebene Stellungnahme und übermittelte einen Aktenvermerk, ausweislich dessen durch die NÖGKK die Auskunft erteilt worden sei, dass keine Stundenänderungsmeldung von 20 Stunden pro Woche auf 30 Stunden pro Woche vorliege.

2.   Feststellungen:

2.1. Die in Spruchpunkt 1 angeführte Frau C wurde am 23.05.2017 als Dienstnehmerin der B KG zur Sozialversicherung angemeldet. In dieser Meldung ist angegeben, dass die spruchgegenständliche Dienstnehmerin für 20 Stunden pro Woche beschäftigt sei, wobei als Brutto-Monatslohn 844,53 Euro angegeben wurde.

2.2. Am 12.02.2019 wurde durch Organe der Finanzpolizei im durch die B KG betriebenen Restaurant „D“ eine Kontrolle durchgeführt. Im Zuge dieser Kontrolle füllte die spruchgegenständliche Dienstnehmerin eigenhändig ein Personenblatt aus, in dem sie auch ihre Arbeitszeiten angab. Aus den durch die spruchgegenständliche Dienstnehmerin am Personenblatt angegebenen Arbeitszeiten ergibt sich ein Beschäftigungsausmaß von 30 Stunden pro Woche.

2.3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 20.02.2029 wurde der Beschwerdeführer förmlich aufgefordert, sich (unter anderem) zu dem Vorwurf zu rechtfertigen, er habe es als das Vertretung nach außen berufene Organ seines Unternehmens zu verantworten, dass dieses als Dienstgeberin hinsichtlich der Dienstnehmerin Frau C eine Falschmeldung an die Sozialversicherung erstattet habe, weil sich aus den durch diese angegebenen Arbeitszeiten eine Gesamtwochenstundenanzahl von 30 Stunden ergebe, diese per 23.05.2027 aber mit nur 20 Stunden pro Woche zur Sozialversicherung angemeldet worden sei.

2.4. Mit dem in Beschwerde gezogenen Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses wird dem Beschwerdeführer der Sache nach angelastet, er habe es als das Vertretung nach außen berufene Organ seines Unternehmens zu verantworten, dass dieses als Dienstgeberin hinsichtlich der Dienstnehmerin Frau C eine Falschmeldung an die Sozialversicherung erstattet habe, weil sich aus den durch diese angegebenen Arbeitszeiten eine Gesamtwochenstundenanzahl von 30 Stunden ergebe, diese per 23.05.2027 aber mit nur 20 Stunden pro Woche zur Sozialversicherung angemeldet worden sei.

3.   Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt und sind diese als solche auch nicht strittig. Zum festgestellten Zeitpunkt und zum Inhalt der die spruchgegenständliche Dienstnehmerin betreffenden Anmeldung zur Sozialversicherung ist auf den im Akt befindlichen ELDA-Datenauszug zu verweisen. Hinsichtlich des Datums und des Inhalts der Aufforderung zur Rechtfertigung ist auf eben diese zu verweisen.

4.   Erwägungen:

4.1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder nach § 42 Abs. 1 auskunftspflichtige Person oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

4.2. Dem Beschwerdeführer wurde mit dem vorliegend in Beschwerde gezogenen Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses angelastet, er habe iSd § 111 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall ASVG hinsichtlich der in Spruchpunkt 1 genannten Dienstnehmerin eine Falschmeldung an den Sozialversicherungsträger erstattet, da in der Anmeldung der Dienstnehmerin am 23.05.2017 das Ausmaß der wöchentlichen Arbeitsstunden dieser Dienstnehmerin falsch angegeben worden sei.

4.3. Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 VStG) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt an zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat.

Eine Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs. 2 VStG ist eine Amtshandlung einer Behörde, die sich gegen eine bestimmte Person als Beschuldigte richtet. § 32 Abs. 2 VStG führt hier als Beispiele eine Ladung, einen Vorführungsbefehl, eine Vernehmung, ein Ersuchen um Vernehmung sowie die Strafverfügung an. Eine Verfolgungshandlung liegt auch dann vor, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht hat oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

4.4. Bei der dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretung, der Erstattung einer Falschmeldung an den Sozialversicherungsträger, handelt es sich um ein Begehungsdelikt (vgl. VwGH 25.06.2013, 2012/08/0300). Bei Begehungsdelikten beginnt die Verjährungsfrist mit dem Abschluss des verpönten aktiven Tuns (vgl. K. Stöger in Raschauer/Wessely, VStG § 31 Rz 5). Bei einer im Erstatten einer falschen Meldung bestehenden Verwaltungsübertretung beginnt die Verjährungsfrist somit mit dem abgeschlossenen Erstatten dieser Meldung an den Versicherungsträger zu laufen.

Die erste Verfolgungshandlung der belangten Behörde bestand vorliegend in der förmlichen Aufforderung des Beschwerdeführers zur Rechtfertigung. Diese ist mit 20.02.2019 datiert und wurde diese dem Beschwerdeführer ausweislich des im Akt befindlichen Rückscheines am 25.02.2019 zugestellt.

Im Hinblick darauf, dass die in Frage stehende – nach Auffassung der belangten Behörde falsche – Meldung der spruchgegenständlichen Dienstnehmerin zur Sozialversicherung wie auch in der Tatbeschreibung ausdrücklich angeführt, am 23.05.2017 erstattet wurde, wurde durch die belangten Behörde innerhalb eines Jahres nach Vollendung des am 23.05.2017 abgeschlossenen verpönten aktiven Tuns keine nach außen wirksame Verfolgungshandlung gegenüber dem Beschwerdeführer gesetzt. Vielmehr war hinsichtlich des nunmehr in Spruchpunkt 1 des in Beschwerde gezogenen Straferkenntnisses enthaltenen Tatvorwurfs der Erstattung einer falschen Meldung an den Sozialversicherungsträger am 23.05.2017 bereits zum Zeitpunkt der Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung Verfolgungsverjährung eingetreten.

4.5. Im Hinblick darauf, dass durch die belangte Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung und auch durch die Finanzpolizei in deren Stellungnahmen ausgeführt wurde, es liege keine Stundenänderungsmeldung vor, ist der Vollständigkeit halber Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 34 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber während des Bestandes der Pflichtversicherung jede für diese Versicherung bedeutsame Änderung, insbesondere jede Änderung im Beschäftigungsverhältnis, wie insbesondere eine Änderung der Beitragsgrundlage, eine Unterbrechung oder ein Widereintritt des Entgeltanspruches innerhalb von sieben Tagen dem zuständigen Krankenversicherungsträger zu melden.

Die in § 33 Abs. 1 ASVG vorgesehene Pflicht zur Erstattung der sozialversicherungsrechtlichen Meldung vor Arbeitsantritt bedingt, dass ein Dienstgeber zum Zeitpunkt der Sozialversicherungsanmeldung hinsichtlich der Daten des Beschäftigungsverhältnisses (Beschäftigungsbeginn, Beschäftigungsausmaß, etc.) von dem ausgehen muss, was zu diesem Zeitpunkt geplant bzw. mit dem (künftigen) Dienstnehmer vereinbart ist. Hierbei kommt es in der Praxis häufig vor, dass das geplante Dienstverhältnis gar nicht zustande kommt oder sich das Beschäftigungsausmaß ändert.

In solchen Fällen ist der Dienstgeber gemäß § 34 Abs. 1 ASVG verpflichtet, sogenannte „Änderungsmeldungen“ durchzuführen, indem er je nach Lage des Falles die bereits durchgeführte Sozialversicherungsanmeldung zur Gänze storniert oder die Daten des Beschäftigungsverhältnisses ändert, z.B. von vollbeschäftigt auf geringfügig beschäftigt oder umgekehrt.

Eine Übertretung von § 34 Abs. 1 ASVG (unterlassene Änderungsmeldung innerhalb von sieben Tagen) ist jedenfalls eine andere Tat, als eine Übertretung von § 33 Abs. 1 ASVG und stellen Übertretungen dieser Bestimmungen voneinander zu trennende und gesondert zu bestrafende Verwaltungsübertretungen dar.

Wenngleich in der Begründung des in Beschwerde gezogenen Straferkenntnisses auch festgehalten wird, dass der Beschwerdeführer keine Änderungsmeldung erstattet habe und wenn auch seitens der Finanzpolizei in deren im Straferkenntnis wiedergegebenen Stellungnahme ausgeführt wurde, dass keine Stundenänderungsmeldung erfolgt sei, so ergibt sich aus dem oben wiedergegebenen Text der Tatbeschreibung im Spruch des in Beschwerde gezogenen Straferkenntnisses eindeutig, dass dem Beschwerdeführer mit dem vorliegend angefochtenen Spruchpunkt 1 des Straferkenntnisses nicht eine Übertretung von § 34 Abs. 1 ASVG (unterlassene Änderungsmeldung innerhalb von sieben Tagen), sondern eine Übertretung von § 33 Abs. 1 ASVG durch Erstattung einer falschen Meldung an die Sozialversicherung angelastet wird.

Da dem Beschwerdeführer auch in der Aufforderung zur Rechtfertigung und im gesamten Verfahren vor der Behörde und in dem in Beschwerde gezogenen Straferkenntnis eine Übertretung des § 33 Abs. 1 ASVG angelastet wurde, nicht jedoch eine Übertretung des § 34 Abs. 1 ASVG (unterlassene Änderungsmeldung innerhalb von sieben Tagen) und es sich bei der Übertretung des § 34 Abs. 1 ASVG um eine gänzlich andere Tat handelt als bei einer Übertretung von § 33 Abs. 1 ASVG, können vorliegend Ermittlungen zur Frage, ob und ab welchem Zeitpunkt die spruchgegenständliche Dienstnehmerin nicht wie in der Meldung zur Sozialversicherung angegeben 20, sondern 30 Stunden gearbeitet hat, unterbleiben, da eine Änderung des Tatvorwurfes dahingehend, dass dem Beschwerdeführer nicht eine Falsch-Meldung, sondern eine unterlassene Änderungsmeldung vorgeworfen würde, eine unzulässige Auswechslung des Tatvorwurfes darstellen würde, die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht zulässig ist,

4.6. Da eine Auswechslung des Tatvorwurfes nicht in Frage kommt und da hinsichtlich der dem Beschwerdeführer mit Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses angelasteten Verwaltungsübertretung – Erstattung einer Falsch-Meldung an den Sozialversicherungsträger am 23.05.2017 – im Hinblick darauf, dass die erste Verfolgungshandlung in Form der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 20.02.2019 erfolgte, Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, ist Spruchpunkt 1 des Straferkenntnisse spruchgemäß zu beheben und das Strafverfahren hinsichtlich dieses Spruchpunktes einzustellen.

5.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Sozialversicherungsrecht; Verwaltungsstrafe; Falschmeldung; Änderungsmeldung; Begehungsdelikt; Verjährungsfrist;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.S.1426.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

30.06.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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