TE Vwgh Beschluss 1998/3/9 96/10/0112

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Veröffentlicht am 09.03.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ZustG §4;
ZustG §8 Abs1;
ZustG §9 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, in der Beschwerdesache des Nachlasses nach Dr.Mag. Josef M, vertreten durch die Witwe Freia M in Monte Carlo, diese vertreten durch Mag. Albin Huber, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck,

Salurner Straße 18/II, sowie durch Claus M, 11, Ave. Princesse Grace, MC 98000 Monte Carlo, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 20. Dezember 1991, Zl. 4/01-5/6/47-1992, betreffend Bannlegung (mitbeteiligte Parteien: 1) A in Badgastein, vertreten durch

Dr.Dipl.Ing. Christoph Aigner und Dr. Thomas Feichtinger, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Sigmund Haffnergasse 16,

2) Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten Wiens in 1080 Wien, Schlesingerplatz 5, 3) B in 5640 Badgastein, 4) C und D in 1190 Wien, 5) E in 5640 Badgastein, 6) F in 9020 Klagenfurt,

7)

Österreichische Bundesbahnen, 1010 Wien, Elisabethstraße 9,

8)

G in Bad Hofgastein, vertreten durch Dr. Harald Schwendinger, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Künstlerhausgasse 4, 9) H in 5600 St. Johann im Pongau, 10) I in 5640 Badgastein, 11) Nachlaß nach J, vertreten durch die erbserklärte Erbin K in 5640 Badgastein, 12) L in

5630 Bad Hofgastein, 13) Gemeinde Badgastein, 14) Land Salzburg, 15) M-GmbH & Co KG in 5640 Badgastein,

              16)              N-Ges.m.b.H. & Co KG in 5645 Böckstein), den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von S 4.565,--, der Erstmitbeteiligten und der Achtmitbeteiligten Aufwendungen in Höhe von S 12.500,-- zu gleichen Teilen und der Achtmitbeteiligten weiters Aufwendungen an Stempelgebühren von S 1.020,-- zu ersetzen; dies alles binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution.

Das Mehrbegehren der Erstmitbeteiligten wird abgewiesen.

Begründung

Der über die Berufung des Mag.Dr. Josef M. gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau ergangene angefochtene Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 20. Dezember 1991 wurde (u.a.) dem Rechtsanwalt Dr. Peter L. "als Verlassenschaftskurator der Verlassenschaft Dr. Josef M."

am 28. Februar 1992 zugestellt.

Im September 1995 wurden bei der Bezirkshauptmannschaft von Claus M. "als Vertreter der erbserklärten Erbin Freia M."

gefertigte, als "Ergänzung der Berufung" bezeichnete Schriftsätze vom 11. September und 20. September 1995 überreicht, die u.a. - neben auf die Aufhebung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft gerichteten und anderen Anträgen - den Antrag auf Zustellung "des Bescheides an Freia M. als Erbin sowie an Claus M. als Erbenvertreter" enthielten. U.a. wird dargelegt, dem Nachlaß nach Mag.Dr. Josef M. sei die Entscheidung der Rechtsmittelbehörde bis heute nicht rechtswirksam zugestellt worden. Der Nachlaß sei vom 20. August 1991 bis 9. Dezember 1993 nicht rechtswirksam vertreten gewesen. Mit Bescheid des Bezirksgerichtes S. vom 25. Oktober 1994 sei der Freia M. die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses eingeräumt und die Bevollmächtigung des Claus M. zur Vertretung des Nachlasses zur Kenntnis genommen worden. Die Anschrift von Claus M. wird in den Schriftsätzen mit "5020 Salzburg, H.-Straße 9" angegeben.

Über Anfrage der belangten Behörde gab das Bezirksgericht Salzburg am 27. Dezember 1995 bekannt, daß Rechtsanwalt Dr. Peter L. nicht Verlassenschaftskurator gewesen sei; er sei als bevollmächtigter Vertreter der "präsumtiven" Erben aufgetreten. Rechtsanwalt Dr. L verweigerte unter Hinweis auf seine Verschwiegenheitspflicht die von der belangten Behörde verlangte Auskunft, an welchem Tag er den ihm übermittelten Bescheid einem Vertreter der Verlassenschaft ausgefolgt habe.

Am 11. April 1996 veranlaßte die belangte Behörde die Zustellung des angefochtenen Bescheides (nach Ausweis der Zustellverfügung, Seite 783 des Aktes, und des Originalrückscheines, Seite 787 des Aktes) an "Claus M. als Vertreter der Verlassenschaft nach Mag.Dr. Josef M., H.-Straße 9, 5020 Salzburg". Nach Durchführung von auf dem Rückschein beurkundeten Zustellversuchen am 15. und 16. April 1996 wurde die Sendung beim Postamt hinterlegt und ab dem 17. April 1996 zur Abholung bereitgehalten. Zufolge einer mit AV vom 9. Mai 1996 beurkundeten Auskunft des Postamtes sei die Sendung am 6. Mai 1996 von einer Postbevollmächtigten des Claus M. behoben worden.

In der am 18. Juni zur Post gegebenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird behauptet, daß der angefochtene Bescheid dem bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin Claus M. am 7. Mai 1996 zugestellt worden sei (das maschinschriftlich eingesetzte Datum "6. Mai 1996" wurde handschriftlich auf "7. Mai 1996" korrigiert, wobei die Korrektur mit dem handschriftlichen Vermerk "korrigiert von Claus M." versehen ist). Nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens leitete der Verwaltungsgerichtshof das Vorverfahren ein. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung (gemeint offenbar: Zurückweisung) der Beschwerde als verspätet beantragt wird. Die Erstmitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird, die Achtmitbeteiligte beantragte in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig als verspätet zurück -, in eventu als unbegründet abzuweisen. Die Siebtmitbeteiligte erstattete einen als Gegenschrift bezeichneten Schriftsatz, in dem beantragt wird, der Beschwerde stattzugeben.

In einer Äußerung zu den Gegenschriften der belangten Behörde und der Mitbeteiligten brachte die Beschwerdeführerin u. a. vor, die Zustellung des Bescheides an Rechtsanwalt Dr. L. im Februar 1992 habe keine Zustellung des Bescheides an den Nachlaß bewirkt. Dr. L. sei zwar als "Vertreter/ Verlassenschaftskurator der Verlassenschaft nach Mag.Dr. Josef M." aufgetreten, sei aber weder zum Verlassenschaftskurator bestellt noch zur Vertretung der Verlassenschaft ermächtigt worden; er sei lediglich Vertreter der "seinerzeitigen präsumtiven Erben" gewesen. Die nach dem Willen der Behörde an Dr. L. als Empfänger gerichtete Zustellung sei somit gegenüber der Verlassenschaft nicht wirksam geworden. Davon ausgehend bewirke auch eine allfällige spätere Kenntnis der Verlassenschaft vom Bescheid keine Sanierung des Zustellmangels. Aber auch die am 17. April 1996 erfolgte Zustellung sei unwirksam gewesen. Das Kuvert, der Rückschein und die Hinterlegungsanzeige hätten keine Angaben in der Richtung enthalten, daß die Zustellung an Claus M. als Vertreter der Verlassenschaft nach Mag.Dr. Josef M. erfolgen solle. Die Zustellung sei somit nicht rechtswirksam verfügt worden. Im übrigen sei im Zeitpunkt der Zustellung die Eigenschaft der Wohnung in 5020 Salzburg, H.-Straße 9, als Abgabestelle aufgehoben gewesen. Claus M. habe seinen Wohnsitz seit Jahren in 11, Ave. Princesse Grace, MC 98000 Monte Carlo. An der Adresse 5020 Salzburg, H.-Straße 9, halte er sich nicht regelmäßig auf. Er habe Postvollmacht zur Behebung der an die erwähnte Anschrift gerichteten Post erteilt. Auch zum Zeitpunkt der Hinterlegung habe er sich in Monte Carlo aufgehalten. Zu dieser Zeit habe er im Sinne des Zustellrechts keine Wohnung und somit keine Abgabestelle in Salzburg gehabt. Der Bescheid sei ihm im Wege der Postbevollmächtigten erst am 13. Mai 1996 in Monte Carlo zugekommen. Der Zustellvorgang müsse nach monegassischem Recht beurteilt werden. Die am 18. Juni 1996 zur Post gegebene Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde sei somit rechtzeitig.

Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Behauptungen der Beschwerdeführerin über die Adressierung der Sendung aktenwidrig sind; diese war - im Sinne der Zustellverfügung - an "Claus M. als Vertreter der Verlassenschaft nach Mag.Dr. Josef M." gerichtet. Weiters ist darauf hinzuweisen, daß der Vertreter des Nachlasses im gesamten Verwaltungsverfahren seine Anschrift mit

5020 Salzburg, H.-Straße 9, angegeben hat. Dies war auch in anderen Verfahren der Fall (vgl. Antrag vom 28. September 1995, Seite 751 des Aktes). Solcherart hatte der Vertreter der Beschwerdeführerin diese Anschrift gegenüber der belangten Behörde als Abgabestelle im Sinne des § 4 ZustG bezeichnet. Dort erfolgten auch von der Beschwerde zugestandene Zustellungen.

Auszugehen ist weiters von den Darlegungen des Vertreters, er habe seinen Wohnsitz seit Jahren in Monte Carlo; an der Adresse in 5020 Salzburg, H.-Straße 9, habe er keinen regelmäßigen Aufenthalt.

Geht man von den soeben wiedergegebenen Darlegungen des Vertreters aus, befand sich an der angegebenen Anschrift im Zeitpunkt der fraglichen Zustellung keine Abgabestelle im Sinne des § 4 ZustG. Eine bloß fallweise Benützung von Räumlichkeiten begründet keine "Wohnung" im Sinne des § 4 ZustG (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1992, Zl. 92/02/0250); für eine bloß vorübergehende Abwesenheit, die den Charakter einer Wohnung als Abgabestelle im Sinne des § 4 ZustG unberührt gelassen hätte, ist den Darlegungen der Beschwerdeführerin kein Anhaltspunkt zu entnehmen. Den von ihr dargelegten Sachverhalt qualifiziert die Beschwerdeführerin selbst dahin, daß ihr Vertreter im Zeitpunkt der fraglichen Zustellung in Salzburg keine Wohnung und somit keine Abgabestelle im Sinne des Zustellrechts gehabt hätte. Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin kommt auch keiner der sonst in § 4 ZustG genannten Tatbestände einer Abgabestelle in Betracht.

Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 9 Abs. 4 ZustG haben zur Empfangnahme von Zustellungen bevollmächtigte Parteienvertreter - auch nicht berufsmäßige - während eines Verfahrens jede Änderung der Abgabestelle der jeweiligen Behörde unverzüglich mitzuteilen.

Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, daß die Beschwerdeführerin die ihr obliegende Bekanntgabe der Aufgabe der Abgabestelle ihres Vertreters in Salzburg unterließ; dem wäre - in der Frage der Wirksamkeit einer Zustellung an der der Behörde bekanntgegebenen Anschrift - der Fall der Bekanntgabe einer Anschrift unter dem falschen Anschein, daß sich dort eine Abgabestelle befände, gleichzuhalten.

Die Unterlassung der ihr gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 9 Abs. 4 ZustG obliegenden Mitteilung durch die Beschwerdeführerin hatte zur Folge, daß an der der Behörde als Abgabestelle bekanntgegebenen Anschrift zugestellt werden konnte, gleichgültig, wo sich die Partei (bzw. ihr Vertreter) befand und welche Abgabestelle im Zeitpunkt der Zustellung für sie in Betracht gekommen wäre (vgl. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Mai 1986, Slg. 12.152/A). Daraus folgt, daß die Wirkungen der Zustellung bereits am 17. April 1997 - und nicht erst an dem von der Beschwerde behaupteten 7. Mai 1996 - eintraten. Davon ausgehend ist die am 18. Juni 1996 zur Post gegebene Beschwerde verspätet. Es war daher nicht zu erörtern, ob bereits die im Februar 1992 erfolgte Übermittlung des angefochtenen Bescheides an den als Verlassnschaftskurator auftretenden Rechtsanwalt Dr. L., und die allfällige Weiterleitung des Bescheides an Vertreter des Nachlasses die Wirkungen einer Zustellung auslöste.

Die Beschwerde war gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das abgewiesene Mehrbegehren betrifft einen von der Erstmitbeteiligten geltend gemachten Umsatzsteuerbetrag, der im Pauschalsatz nach § 49 VwGG umfaßt ist.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996100112.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

27.12.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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