TE Vwgh Beschluss 2020/5/27 Ra 2020/13/0027

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Veröffentlicht am 27.05.2020
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

BAO §20
BAO §80 Abs1
BAO §9 Abs1
VwRallg

Beachte


Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ra 2020/13/0028 B 27.05.2020

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des K in F, vertreten durch Mag. Daniel Vonbank, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Reichsstraße 9, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 20. Jänner 2020, Zl. LVwG-358-5/2019-R8, betreffend Haftung gemäß § 9 BAO (Kriegsopferabgabe und Säumniszuschläge) (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Bregenz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheiden vom 27. Juli 2011 und vom 23. November 2011 setzte der Bürgermeister der Gemeinde B gegenüber der T GmbH für das Aufstellen und den Betrieb von Wettterminals Kriegsopferabgabe für die Zeiträume März bis Juni 2011 sowie Juli bis Oktober 2011 samt Säumniszuschlägen fest.

2        Mit Bescheiden der Vorarlberger Landesregierung vom 21. Jänner 2013 wurden die Berufungen der T GmbH gegen die Bescheide vom 27. Juli 2011 und vom 23. November 2011 als unbegründet abgewiesen.

3        Mit Bescheid vom 18. März 2013 setzte der Bürgermeister gegenüber der T GmbH Kriegsopferabgabe für die Zeiträume November 2011 bis Juni 2012 samt Säumniszuschlägen fest.

4        Mit Bescheid vom 19. März 2013 gewährte der Bürgermeister der T GmbH eine Zahlungserleichterung zur Abstattung der Kriegsopferabgabe 3/2011 bis 6/2012 durch Entrichtung in 25 monatlichen Raten.

5        Mit Beschluss vom 20. Oktober 2015 des zuständigen Landesgerichtes wurde über das Vermögen der T GmbH der Konkurs eröffnet.

6        Mit Bescheid vom 23. November 2015 setzte der Bürgermeister gegenüber der T GmbH (gerichtet an den Masseverwalter der T GmbH) Kriegsopferabgabe samt Säumniszuschlägen für die Zeiträume August 2012 bis August 2015 fest.

7        Die Gemeinde B meldete die offene Forderung im Insolvenzverfahren der T GmbH an.

8        Mit Beschluss des Landesgerichtes vom 3. Mai 2018 wurde der Konkurs nach Schlussverteilung (Quote 1,3%) aufgehoben.

9        Mit Schreiben vom 11. Juni 2018 teilte der Bürgermeister dem Revisionswerber mit, es sei beabsichtigt, den Revisionswerber in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der T GmbH gemäß § 9 iVm §§ 80 ff BAO zur Haftung heranzuziehen, weil der Rückstand bei der Primärschuldnerin nicht mehr einbringlich sei. Es wurden sodann die Rückstände (Kriegsopferabgabe und Säumniszuschläge) entsprechend den Zeiträumen aufgegliedert angeführt. Beigelegt wurden die an die T GmbH ergangenen Bescheide. Dem Revisionswerber wurde Gelegenheit gegeben, zur beabsichtigten Geltendmachung der Haftung Stellung zu nehmen.

10       Der Revisionswerber teilte - anwaltlich vertreten - mit Eingabe vom 12. Juli 2018 mit, er habe seine Geschäftsführertätigkeit lege artis ausgeübt und keine schuldhaften Pflichtverletzungen zu verantworten. Die T GmbH habe im Jahr 2011 ein Gutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen in Auftrag gegeben. Dieser sei zum Ergebnis gekommen, dass es sich bei den von der T GmbH aufgestellten Automaten um keine solchen handle, die als „Wettterminal“ im Sinne der einschlägigen Bestimmungen zu werten seien. Der Revisionswerber habe auf dieses Gutachten vertrauen dürfen, sodass kein Verschulden vorliege. Die Abgabenbehörde habe die Forderungen nicht rechtzeitig betrieben, sodass die lange Zeit zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld, der „Festsetzung der Uneinbringlichkeit“ und der nunmehrigen Haftung zu berücksichtigen sei; es werde Verjährung eingewandt. Eine Haftung des Revisionswerbers sei unbillig. Kraft Kompetenzaufteilung im Unternehmen seien die abgabenrechtlichen Belange von dem zwischenzeitig verstorbenen P bewerkstelligt worden. Die Abgabenschuld werde auch der Höhe nach bestritten, da nicht ersichtlich und nachvollziehbar sei, welche Zahlungen aus dem Insolvenzverfahren erfolgt seien.

11       Mit Bescheid vom 8. August 2018 zog der Bürgermeister den Revisionswerber für aushaftende Abgabenschuldigkeiten (Kriegsopferabgabe 7/2011 bis 6/2012 und 8/2012 bis 12/2014 samt Säumniszuschlägen für 3/2011 bis 6/2012) der T GmbH zur Haftung heran. In der Begründung dieses Bescheides wurde u.a. ausgeführt, die Abgabenforderung sei gegenüber der T GmbH als Erstschuldnerin spätestens seit der Aufhebung des Konkurses nicht mehr einbringlich. Die Pflicht zur Abfuhr von Abgaben der Gesellschaft mit beschränkter Haftung treffe den Geschäftsführer der GmbH in seiner Eigenschaft als deren gesetzlicher Vertreter. Verfüge der Vertreter über (wenn auch nicht ausreichende) Mittel, so dürfe er die Abgabenschulden nicht schlechter als die übrigen Schulden behandeln. Habe der Geschäftsführer schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so dürfe die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit gewesen sei. Der Vertreter habe darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werde, dass die Pflichtverletzung schuldhaft gewesen sei. Dem Vertreter obliege folglich die konkrete schlüssige Darstellung der Gründe, die der gebotenen rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegengestanden seien, bzw. der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Trete der Vertreter diesen Nachweis nicht an, könne ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden. Der Revisionswerber habe keine Angaben dazu gemacht, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre.

12       Der Revisionswerber erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. Darin wurde insbesondere geltend gemacht, die Abgabenbehörde habe es verabsäumt, vor Insolvenzeröffnung über das Vermögen der T GmbH Betreibungsmaßnahmen zu setzen. Auch sei ein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld und der Inanspruchnahme der Haftung zu berücksichtigen. Die Ansprüche seien verjährt. Eine Pflichtverletzung des Revisionswerbers liege nicht vor; es sei ein Gutachten eingeholt worden, das zum Ergebnis gelangt sei, es liege kein „Wettterminal“ vor. Im Unternehmen der T GmbH sei kraft Kompetenzverteilung für abgabenrechtliche Belange der mittlerweile verstorbene P verantwortlich gewesen.

13       Mit Beschwerdevorentscheidung vom 19. Dezember 2018 gab der Bürgermeister der Beschwerde keine Folge.

14       Der Revisionswerber beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht. Ergänzend wurde insbesondere geltend gemacht, bei der Ermessensübung seien u.a. die wirtschaftliche Situation des Haftpflichtigen, der Grad seines Verschuldens, das Mitverschulden der Abgabenbehörde an der Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld, die Unbilligkeit angesichts lange verstrichener Zeit sowie der Grundsatz der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Vollziehung zu berücksichtigen. Der Revisionswerber sei arbeitslos und verfüge über kein nennenswertes verwertbares Vermögen. Der Revisionswerber sei betreffend die Abgabenpflicht einem Rechtsirrtum unterlegen. Die Abgabenbehörde habe keine Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Primärschuldnerin gesetzt, andernfalls wären die Abgaben einbringlich gewesen. Sie habe daher ein Mitverschulden zu vertreten. Angesichts der nunmehr verstrichenen Zeit sei eine Inanspruchnahme des Revisionswerbers unbillig.

15       Mit Erkenntnis vom 19. März 2019 hob das Verwaltungsgericht den Haftungsbescheid des Bürgermeisters vom 8. August 2018 auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an den Bürgermeister zurück. Begründend führte das Verwaltungsgericht insbesondere aus, weder dem Spruch noch der Begründung des angefochtenen Bescheides sei die Höhe des Haftungsbetrages, für den der Revisionswerber herangezogen werden solle, nachvollziehbar zu entnehmen. Zwar lasse sich aus dem vorgelegten Akt eine pauschale Aufstellung über verschiedene Abgaben unter Berücksichtigung der Konkursquote entnehmen, allerdings seien die dem Revisionswerber angelasteten Haftungsbeträge für bestimmte Abgabenzeiträume dennoch nicht erklärbar und nachzuvollziehen. Aus dem Akt ergebe sich, dass Zahlungen durch die Abgabepflichtige getätigt worden seien; welchen Abgabenschuldigkeiten diese angerechnet worden seien, ergebe sich aus den vorgelegten Unterlagen aber nicht abschließend.

16       Mit Ersatzbescheid vom 3. Juli 2019 zog der Bürgermeister den Revisionswerber neuerlich für die genannten Abgabenschuldigkeiten zur Haftung heran, wobei der Haftungsbetrag (geringfügig) abgeändert wurde.

17       Der Revisionswerber bekämpfte diesen Bescheid und machte u.a. geltend, der Grund für die Nicht- bzw. verspätete Entrichtung der rechtskräftig festgesetzten Abgaben sei nicht etwa darin zu erblicken, dass der Primärschuldnerin unbekannt gewesen wäre, dass Abgaben zu entrichten seien, sondern liege schlicht an einem Mangel an liquiden Mitteln. Eine Schlechterstellung von Abgabenforderungen gegenüber anderen Forderungen sei nicht erfolgt. Des Weiteren habe der Revisionswerber die „nicht rechtskräftig festgesetzten Abgaben“ deshalb nicht entrichtet, weil er sich auf ein Sachverständigengutachten zur Funktion der Geräte verlassen habe. Aus dem Sachverständigengutachten gehe hervor, dass aus technischer Sicht keine unmittelbare Teilnahme an einer Wette erfolge. Dass der Verwaltungsgerichtshof letztendlich Ende 2014 dennoch zu einem anderen Ergebnis gelangt sei, sei für den Revisionswerber nicht vorhersehbar gewesen, zumal er sich auf das Sachverständigengutachten und die Beratung seines damaligen Rechtsvertreters verlassen habe. Aus Sicht der Primärschuldnerin seien daher weder Überschuldung noch Zahlungsunfähigkeit vorgelegen. Unrichtig sei, dass sich der Revisionswerber bei der Abgabenbehörde nach der richtigen Qualifikation der Geräte hätte informieren müssen. Kausal für den Abgabenausfall sei gewesen, dass die Behörde in Kenntnis des richtigen Sachverhalts keine ausreichenden Betreibungsmaßnahmen gesetzt habe, insbesondere keinen Insolvenzantrag gestellt habe. Der Behörde als Partei eines Exekutionsverfahrens sei bekannt gewesen, dass ausreichend liquide Mittel gefehlt hätten. Wenn aber mangels liquider Mittel eine Abgabenentrichtung nicht möglich sei, treffe den Vertreter keine Haftung.

18       Im Vorlagebericht verwies die belangte Behörde u.a. darauf, dass es dem Revisionswerber bereits im Rahmen des bisherigen Ermittlungsverfahrens möglich gewesen wäre, aufzuzeigen, inwieweit die vorhandenen liquiden Mittel zur gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger im Zeitpunkt der Fälligkeit ausgereicht hätten. Dem sei er nach wie vor nicht nachgekommen. Der Vorlagebericht wurde auch dem Revisionswerber übermittelt.

19       Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde keine Folge und setzte den Haftungsbetrag neu fest. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

20       Nach Wiedergabe des Verfahrensgangs führte das Verwaltungsgericht (soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung) im Wesentlichen aus, die T GmbH habe im Zeitraum 3/2011 bis jedenfalls 12/2014 in B Wettterminals aufgestellt und betrieben. Der Revisionswerber sei in der Zeit vom 1. Jänner 2001 bis jedenfalls 21. Jänner 2015 selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der T GmbH gewesen. Die - eingangs genannten - Bescheide betreffend die Festsetzung der Kriegsopferabgabe seien in Rechtskraft erwachsen. Die T GmbH habe die Kriegsopferabgabe nicht bzw. nicht vollständig entrichtet. Die von der T GmbH bzw. vom Masseverwalter geleisteten Zahlungen seien - wie im angefochtenen Erkenntnis näher dargelegt - betreffend Kriegsopferabgabe und Säumniszuschläge anzurechnen, sodass sich die - ebenfalls näher dargelegten - noch offenen Beträge ergäben. Der Revisionswerber habe nicht dafür Sorge getragen, dass die Primärschuldnerin die Abgabe vollständig entrichte. Der Primärschuldnerin seien in den Geschäftsjahren 2011 bis 2015 finanzielle Mittel zur Verfügung gestanden, sodass andere Verbindlichkeiten hätten beglichen werden können. Der Revisionswerber habe von der Abgabenbehörde nie die Auskunft erhalten, dass das Aufstellen der Wettterminals nicht abgabepflichtig sei. Rückstellungen für die Begleichung der offenen Abgabenschuldigkeiten seien nicht gebildet worden.

21       Mit Beschluss des Landesgerichtes vom 20. Oktober 2015 sei über das Vermögen der T GmbH das Konkursverfahren eröffnet worden. Die Abgabenbehörde habe die Forderung auf Entrichtung der Kriegsopferabgabe im Konkursverfahren angemeldet. Mit Beschluss des Insolvenzgerichtes vom 12. März 2018 sei der Verteilungsentwurf mit einer Quote von 1,3% genehmigt worden. Der dieser Quote entsprechende Betrag sei in der Folge anteilig zur Begleichung der offenen Abgabenschulden der T GmbH sowie zur Begleichung der angefallenen Gebühren für die Vollstreckung verwendet worden.

22       Der Revisionswerber habe nicht dafür gesorgt, dass die Abgaben der T GmbH aus den Mitteln, die er verwaltet habe, vollständig entrichtet würden; es liege somit eine Verletzung der Geschäftsführerpflichten vor. Es sei Aufgabe des Geschäftsführers darzutun, weshalb er den auferlegten Verpflichtungen nicht entsprochen habe, insbesondere nicht habe dafür Sorge tragen können, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben entrichtet habe, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden dürfe. In der Regel habe nämlich nur der Vertreter einer juristischen Person jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung des Vertretenen, der entsprechende Nachweise und Behauptungen ermögliche. Auf dem Vertreter laste auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der - falls die vorhandenen Mittel nicht zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft ausreichten - bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Dem Vertreter obliege dabei der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Der Revisionswerber habe insgesamt nicht in ausreichendem Maße dargetan, weshalb er den auferlegten Verpflichtungen nicht entsprochen habe. Dass die T GmbH über keine liquiden Mittel verfügt habe, sei zwar behauptet worden, es seien aber keine entsprechenden Nachweise vorgelegt worden. Die öffentlich zugänglichen Jahresabschlüsse für die Jahre 2011 bis 2015 wiesen einen erheblichen Kassabestand auf. Der Revisionswerber habe gar nicht behauptet, dass sonstige Verbindlichkeiten im Streitzeitraum nicht befriedigt worden seien. Auch habe der Revisionswerber keinen Nachweis erbracht, dass er die Abgabenschuldigkeiten im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe als die übrigen Verbindlichkeiten.

23       Zum Ermessen wurde u.a. ausgeführt, Vermögens- und Arbeitslosigkeit des Haftenden stünden in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung, zumal es eine allfällige Uneinbringlichkeit beim Haftenden auch nicht ausschließe, dass künftig neu hervorkommendes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit der Abgaben führen könnten. Es könne insgesamt nicht erkannt werden, dass eine Unbilligkeit vorliegen würde, die einen Ausschluss oder eine Reduktion der Haftung gegenüber dem Revisionswerber rechtfertigen würde. Insbesondere könne auch keine Unbilligkeit angesichts lange verstrichener Zeit erblickt werden. Der Revisionswerber habe auf ein ihm vorliegendes Sachverständigengutachten zur Funktion der Geräte vertraut und es unterlassen, zeitgerecht die zuständige Abgabenbehörde nach deren Rechtsauffassung zu befragen. Zudem habe er es zur abschließenden Klärung und Beseitigung allfälliger Rechtsunsicherheiten im Rahmen der Abgabenfestsetzung auch unterlassen, die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts anzurufen. Es liege kein Grad des Verschuldens vor, der bei Ausübung des Ermessens zu berücksichtigen wäre. Durch die nicht zeitgerechte Entrichtung der Abgabe sei ein Schaden bei der Gemeinde eingetreten, wobei ein übergeordnetes Interesse einer Gebietskörperschaft bestehe, die ihr zustehenden Abgaben auch rechtzeitig einzubringen.

24       Bei der Inanspruchnahme der Haftung des Vertreters einer juristischen Person komme es nicht darauf an, ob die Abgabenbehörde Exekutionsmaßnahmen zur Hereinbringung der offenen Abgabenforderungen gesetzt habe. Von Bedeutung sei lediglich, dass die Abgabenforderungen beim Abgabepflichtigen uneinbringlich geworden seien und dies die Folge der schuldhaften Verletzung der dem Vertreter auferlegten Pflichten sei. Aus dem Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung könne der Abgabenbehörde kein Verschulden angelastet werden, das dazu führen würde, dass sich der Revisionswerber seiner schuldhaften Pflichtverletzung exkulpieren könnte. Vielmehr wäre es am Revisionswerber selbst gelegen gewesen, rechtzeitig einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der von ihm vertretenen Gesellschaft zu stellen.

25       Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision.

26       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

27       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

28       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

29       Zur Zulässigkeit der Revision wird zunächst geltend gemacht, die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses sei mangelhaft. Eine relevante Mangelhaftigkeit (vgl. VwGH 27.7.2016, Ra 2015/13/0051) kann die Revision aber nicht aufzeigen; insbesondere ist das angefochtene Erkenntnis sowohl für den Revisionswerber als auch für den Verwaltungsgerichtshof überprüfbar. Diese Überprüfbarkeit wird nicht dadurch gehindert, dass - wie die Revision an sich zutreffend rügt - beweiswürdigende Erwägungen (die aber zweifelsfrei als solche erkennbar sind und auch vom Revisionswerber als solche erkannt werden) zum Teil disloziert im Rahmen der rechtlichen Beurteilung erfolgen. Wenn die Revision behauptet, es fehle eine Begründung für die Feststellung, dass der Primärschuldnerin in den Streitjahren finanzielle Mittel zur Verfügung gestanden seien, so verweist aber das Verwaltungsgericht ausdrücklich auf die im Firmenbuch öffentlich zugänglichen Jahresabschlüsse der Primärschuldnerin, aus denen hohe Kassabestände hervorgingen. Daraus folgt auch die Sachverhaltsannahme, dass der Revisionswerber nicht dafür Sorge getragen habe, dass die Primärschuldnerin - trotz Vorhandenseins dieser liquiden Mittel - die Abgaben entrichte. Zur Frage der schuldhaften Pflichtverletzung (hiezu ist auch auf die Behandlung des Zulässigkeitsvorbringens im Zusammenhang mit der Rechtsrüge zu verweisen) hat sich das Verwaltungsgericht mit den Einwendungen des Revisionswerbers auseinandergesetzt; gleiches gilt für die Frage der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Uneinbringlichkeit.

30       Die Revision behauptet weiters ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Erfordernis einer schuldhaften Pflichtverletzung. Entgegen dem Revisionsvorbringen ist zunächst zu bemerken, dass das Verwaltungsgericht keineswegs „verschweigt“, dass die Primärschuldnerin auch Zahlungen an die Abgabenbehörde geleistet habe. Im angefochtenen Erkenntnis wird vielmehr ausdrücklich dargelegt, welche Zahlungen von der T GmbH und in der Folge auch vom Masseverwalter geleistet wurden, sodass sich gegenüber den an die T GmbH ergangenen Festsetzungsbescheiden ein reduzierter Haftungsbetrag ergibt.

31       Entgegen dem Revisionsvorbringen hat das Verwaltungsgericht auch Feststellungen zu dem insoweit - trotz der wiederholten Hinweise der Abgabenbehörde im Laufe des Verfahrens - nur pauschalen und durch keine von ihm erbrachten Beweismittel belegten Behauptungen des Revisionswerbers zum Mangel an liquiden Mitteln getroffen (insbesondere - wie bereits dargelegt - Hinweis auf die öffentlich zugänglichen Jahresabschlüsse der T GmbH). Von der Erfüllung der qualifizierten Behauptungs- und Konkretisierungslast (vgl. etwa VwGH 23.8.2016, Ra 2016/16/0063) - wie in der Revision behauptet - kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Im Übrigen wird auch in der Revision nicht aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht bei einer Aufforderung an den Revisionswerber, sein Vorbringen zu präzisieren und hiefür Beweise vorzulegen, zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können, wird doch auch in der Revision das Vorbringen zum (Nicht-)Vorliegen von liquiden Mitteln in keiner Weise konkretisiert. Die Zahlungen der Primärschuldnerin sind - entgegen der neuerlichen Rüge in der Revision - vom Verwaltungsgericht ohnehin festgestellt worden. Der Umstand, dass die T GmbH ein Ratenzahlungsgesuch eingebracht hatte, führt nicht dazu, dass die Sachverhaltsannahme des Verwaltungsgerichts zum Vorliegen liquider Mittel unschlüssig würde.

32       Wenn die Revision sodann rügt, das Verwaltungsgericht habe keine Feststellungen zum Verschulden des Revisionswerbers getroffen, so entspricht es aber der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass der Vertreter darzutun hat, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinn des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf (vgl. Ritz, BAO6, § 9 Tz 42, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Mit den Einwendungen des Revisionswerbers zu diesem Thema hat sich das Verwaltungsgericht auseinandergesetzt. Bei Zugrundelegung der - nicht mit die Zulässigkeit der Revision begründenden Mängeln belasteten - Sachverhaltsannahmen, wonach der Revisionswerber trotz Vorliegens von liquiden Mitteln nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Abgabenschuldigkeiten entrichtet werden, ist aber von einem Verschulden des Revisionswerbers auszugehen (vgl. z.B. VwGH 18.3.2013, 2011/16/0187, mwN).

33       Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde überdies davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl. neuerlich etwa VwGH 18.3.2013, 2011/16/0187, mwN). Entgegen dem weiteren Zulässigkeitsvorbringen durfte das Verwaltungsgericht daher im Hinblick auf die (wie dargelegt gegebene) schuldhafte Pflichtverletzung auch von der Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ausgehen.

34       Wenn sodann zur Zulässigkeit der Revision Vorbringen zum Umfang der Haftung erstattet wird, ist darauf zu verweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Haftung des Vertreters nur dann eine Einschränkung erfährt, wenn er den Nachweis erbringt, welcher Abgabenbetrag auch bei einer gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger uneinbringlich geworden wäre. Die qualifizierte Mitwirkungspflicht des Geschäftsführers bedeutet nicht, dass die Behörde von jeglicher Ermittlungspflicht entbunden wäre; hat der Geschäftsführer nicht nur ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete, sachbezogene Behauptungen aufgestellt, die nicht schon von vornherein aus rechtlichen Gründen als unmaßgeblich einzustufen sind, so hat ihn die Behörde zu einer Präzisierung und Konkretisierung seines Vorbringens und zu entsprechenden Beweisanboten aufzufordern, die es ihr, nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens, ermöglichen, zu beurteilen, ob der Geschäftsführer ohne Verstoß gegen die ihm obliegende Gleichbehandlungspflicht vorgegangen ist und ob und in welchem Ausmaß ihn deshalb eine Haftung trifft. Kommt der Geschäftsführer dieser Aufforderung nicht nach, so bleibt die Behörde zu der Annahme berechtigt, dass er seiner Verpflichtung schuldhaft nicht nachgekommen ist. Damit der Geschäftsführer seine qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungslast erfüllt, ist die Darstellung der konkreten finanziellen Situation der Gesellschaft und ihrer Gebarung im fraglichen Zeitpunkt erforderlich. Konsequenterweise haftet der Geschäftsführer ansonsten für die von der Haftung betroffenen Abgabenschulden zur Gänze (vgl. etwa VwGH 23.8.2016, Ra 2016/16/0063, mwN).

35       Derartige konkrete Behauptungen wurden aber vom Revisionswerber im gesamten Verfahren - auch im Rahmen der Revision - trotz wiederholter Hinweise der Abgabenbehörde nicht erstattet. Dass der Revisionswerber zu diesem Thema im Rahmen der Beschwerdeverhandlung einen Beweisantrag gestellt hätte (wie er in der Revision behauptet), geht aus den vorgelegten Verfahrensakten nicht hervor. Im Vorlageantrag hatte der Revisionswerber zwar (insoweit wie nunmehr in der Revision) ausgeführt, die Einvernahme des Masseverwalters sei auch deshalb erforderlich, weil der Revisionswerber mit Ausscheiden aus seiner Funktion als Geschäftsführer der Primärschuldnerin keinen Zugriff auf die Geschäftsbücher habe, da sich diese beim Masseverwalter befinden. Damit wurde kein konkretes Beweisthema genannt. Dem Vertreter obliegt es aber auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch das Erstellen und Aufbewahren von Ausdrucken - zu treffen. Dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht oder nicht zur Gänze entrichten kann, ist schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftpflichtiger zumutbar, jene Informationen zu sichern, die ihm im Fall der Inanspruchnahme als Haftpflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen (vgl. etwa VwGH 14.3.2016, Ra 2015/16/0124, mwN).

36       Weiters macht die Revision Ermessensfehler geltend. Es wäre die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Haftpflichtigen, etwa die Höhe seines Einkommens; der Grad des Verschuldens des Vertreters; das Mitverschulden der Abgabenbehörde an der Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgabenschuld; sowie die bereits lange verstrichene Zeit zu berücksichtigen gewesen.

37       Mit diesem Vorbringen wird aber insgesamt keine die Zulässigkeit der Revision begründende Fehlbeurteilung des Verwaltungsgerichts dargelegt:

38       Die Vermögens- und Arbeitslosigkeit des Haftenden steht - auch im Zusammenhang mit der Ermessensübung - in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung, zumal es eine allfällige (zur Zeit der Erlassung des Haftungsbescheides bestehende) Uneinbringlichkeit beim Haftenden auch nicht ausschließt, dass künftig neu hervorkommendes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben führen können (vgl. VwGH 28.4.2009, 2006/13/0197; 12.10.2009, 2009/16/0085, mwN).

39       Der Grad des Verschuldens des Vertreters ist zwar eines der Kriterien, die bei Ausübung des Ermessens berücksichtigt werden können (vgl. VwGH 15.9.1995, 93/17/0404). Dass dem Revisionswerber aber ein besonders geringes Verschulden anzulasten sei (vgl. VwGH 16.9.2003, 2003/14/0040), kam im Verfahren nicht hervor und wird auch in der Revision nicht behauptet.

40       Wenn die Revision ein Mitverschulden der Abgabenbehörde an der Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgabenschuld behauptet, so entspricht es aber der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei Inanspruchnahme der Haftung eines Geschäftsführers gemäß § 9 BAO iVm § 80 BAO die Frage, ob die Behörde allenfalls bei gehöriger Aufmerksamkeit die Folgen einer Pflichtverletzung eines Geschäftsführers verhindern hätte können, keine Rolle spielt (vgl. VwGH 9.6.1986, 85/15/0069; vgl. auch VwGH 26.11.2002, 99/15/0199). Es besteht für die Abgabenbehörde auch keine gesetzliche Verpflichtung, bei Rückständen einen Insolvenzantrag zu stellen. Die belangte Behörde legte hiezu im Vorlagebericht dar, es könne in manchen Fällen ein größerer Teil der offenen Forderungen bei einem Weiterbestehen des Unternehmens und Entrichtung über eine längere Dauer eingebracht werden als bei einer im Zuge der Insolvenzeröffnung drohenden Unternehmensliquidierung. Soweit der Revisionswerber die Unterlassung von weiteren Exekutionsmaßnahmen gegenüber der T GmbH rügt, räumt er damit im Übrigen ein, dass Mittel zur Entrichtung der Abgaben zur Verfügung gestanden wären (vgl. VwGH 27.2.2008, 2005/13/0100).

41       Ein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld oder der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin einerseits und der bescheidmäßigen Inanspruchnahme zur Haftung andererseits ist ein Umstand, den die Abgabenbehörde bei der Inanspruchnahme zur Haftung im Sinne des Ermessens nicht außer Betracht lassen darf. Ein solcher Umstand kann jedoch auch lediglich einer von mehreren Gesichtspunkten sein, die im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen sind. Inwieweit dieser Gesichtspunkt beim Ermessen Berücksichtigung findet, hängt vom Einzelfall ab. Eine Ermessensüberschreitung oder ein Ermessensmissbrauch läge dann vor, wenn ein solcher Umstand bei der Ermessensentscheidung überhaupt nicht berücksichtigt würde (vgl. VwGH 16.10.2014, Ro 2014/16/0066). Die Abgabenbehörde hatte gegenüber der T GmbH Exekutionsmaßnahmen eingeleitet und in der Folge die Möglichkeit von Ratenzahlungen eingeräumt; von der T GmbH konnten in diesem Rahmen Zahlungen erlangt werden. Im Oktober 2015 wurde über das Vermögen der T GmbH der Konkurs eröffnet. Erst mit dem mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 12. März 2018 übermittelten Verteilungsentwurf war aber die Höhe des uneinbringlichen Teils - und nur hierauf kann sich die Haftung erstrecken - der Abgabenschuld ermittelbar. Wenn das Verwaltungsgericht vor diesem Hintergrund zum Ergebnis gelangt ist, dass auch keine Unbilligkeit angesichts lange verstrichener Zeit erblickt werden könne, so ist diese einzelfallbezogene Beurteilung nicht mit Mängeln behaftet, die die Zulässigkeit der Revision begründen würden.

42       Schließlich rügt die Revision die Unterlassung der Aufnahme eines beantragten Beweises. Der Revisionswerber hatte die Einvernahme des Masseverwalters u.a. zum Beweis dafür beantragt, dass bereits im Frühjahr 2013 die Zahlungsunfähigkeit der T GmbH auch aus Sicht der Behörde erkennbar gewesen sei. In der Revision wird dazu ergänzend dargelegt, dieses Beweisthema sei relevant, weil der Revisionswerber auch behauptet, die Abgabenbehörde nicht schlechter gestellt zu haben als andere Gläubiger. Das Verwaltungsgericht hatte diesen Beweis nicht aufgenommen und dazu ausgeführt, für die Haftungsinanspruchnahme des Revisionswerbers sei nicht „schlagend“, ob die Zahlungsunfähigkeit im Sinne der Insolvenzordnung aus Sicht der Behörde erkennbar gewesen sei. Dem ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht entgegenzutreten. Aus dem Umstand, dass die T GmbH bereits im Frühjahr 2013 zahlungsunfähig gewesen sei, könnte nicht abgeleitet werden, dass der Revisionswerber die Gläubiger gleich behandelt hat. Zahlungsunfähigkeit ist anzunehmen, wenn der Schuldner mangels bereiter Zahlungsmittel nicht in der Lage ist, alle seine fälligen Schulden zu bezahlen und er sich die erforderlichen Zahlungsmittel voraussichtlich auch nicht alsbald verschaffen kann (für häufig vorkommende Durchschnittsfälle hat der Oberste Gerichtshof einen Schwellwert von 5% als Orientierungshilfe für die Abgrenzung zwischen Zahlungsunfähigkeit und einer bloß vorübergehenden Zahlungsstockung angenommen; vgl. OGH 19.1.2011, 3 Ob 99/10w mwN; OGH 11.10.2012, 2 Ob 117/12p; RIS-Justiz RS0064528). Die Annahme der Zahlungsunfähigkeit ab dem Frühjahr 2013 stünde somit der Annahme nicht entgegen, dass die T GmbH die Forderungen anderer Gläubiger in höherem Ausmaß erfüllt hätte als jene gegenüber der Abgabenbehörde. Im Übrigen ist der Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit für die Haftung des Revisionswerbers nicht von Bedeutung. Die unter Beweis zu stellende Tatsache ist demnach unerheblich (§ 183 Abs. 3 BAO).

43       In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 27. Mai 2020

Schlagworte

Ermessen VwRallg8

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020130027.L00

Im RIS seit

17.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.07.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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