TE Vwgh Erkenntnis 1998/3/10 95/08/0311

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Veröffentlicht am 10.03.1998
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §12 Abs3 litg idF 1993/817;
NotstandshilfeV §5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winkler, über die Beschwerde des H P in S, vertreten durch Dr. Hans Schwarz, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Favoritenstraße 108/3, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Kärnten vom 22. Mai 1995, Zl. 4/Ko 7022 B, VNr. 3320 221166, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich seines Ausspruches, daß dem Beschwerdeführer für die Zeit vom

1. bis 8. Februar 1995 kein Arbeitslosengeld gebührt, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bezog ab 9. Jänner 1995 Arbeitslosengeld.

Mit Bescheid vom 17. März 1995 stellte die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Spittal/Drau gemäß § 24 iVm den §§ 7 Z. 1 und 12 Abs. 3 lit. g AlVG das Arbeitslosengeld für Februar 1995 mangels Arbeitslosigkeit ein. Nach der Begründung sei der Beschwerdeführer vom

9. bis 28. Februar 1995 in Beschäftigung gestanden und habe daraus einen Bruttolohn von S 35.120,-- erzielt, der den 40-fachen Wert (§ 12 Abs. 3 lit. g AlVG) für das Jahr 1995 (S 17.012,--) überstiegen habe. Nach Auffassung des Arbeitsmarktservice stehe dem Beschwerdeführer daher auch für die Zeit vom 1. bis 8. Februar 1995 kein Arbeitslosengeld zu.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, wobei er die Einstellung des Arbeitslosengeldes für die Zeit vom

1. bis 8. Februar 1995 bekämpfte. Dies widerspreche seiner Ansicht nach dem Gleichheitsgrundsatz. Hätte er mehr als 30 Kalendertage gearbeitet bzw. den Bezug des Arbeitslosengeldes länger als 30 Tage unterbrochen, so wäre es zu keiner Prüfung der Einkommenshöhe gekommen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung aus den von der erstinstanzlichen Behörde angeführten Gründen keine Folge und sprach aus, daß der Beschwerdeführer für den Monat Februar 1995 mangels Arbeitslosigkeit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld habe.

Der Beschwerdeführer erhob zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluß vom 26. September 1995, B 2108/95, abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde wird beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Der Beschwerdeführer erachtet sich dabei in seinem Recht auf Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. bis 8. Februar 1995 verletzt. Er habe am 9. Februar 1995 die Beschäftigung wieder (unbefristet) bei seinem langjährigen Arbeitgeber aufgenommen. Aufgrund der widrigen Witterungssituation (Hochwasser) habe er diese Arbeit allerdings am 28. Februar 1995 wieder beenden müssen. Es sei sicher nicht Absicht des Gesetzgebers gewesen, jedes unbefristete, also auf längere Dauer ausgerichtete Regelarbeitsverhältnis mit der Rechtsfolge des § 12 Abs. 3 lit. g AlVG "zu bedrohen", wenn das Dienstverhältnis, aus welchen Gründen immer, innerhalb von 30 Tagen aufgelöst werde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 AlVG ist eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld unter anderem Arbeitslosigkeit.

Nach § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer nach Beendigung seiner Beschäftigung keine neue Beschäftigung gefunden hat.

Nach § 12 Abs. 3 lit. g AlVG idF der Novelle BGBl. 817/1993 gilt insbesondere nicht als arbeitslos, wer einen Leistungsbezug nicht länger als 30 Tage unterbricht und aus einer oder mehreren vorübergehenden unselbständigen Beschäftigungen oder aus selbständiger Erwerbstätigkeit, die an einem oder mehreren Tagen im Monat ausgeübt wird, innerhalb eines Monats als unselbständig Erwerbstätiger einen sozialversicherungspflichtigen Bruttolohn oder als selbständiger Erwerbstätiger Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 2 und 3 EStG 1988 erzielt, der bzw. die dem 40-fachen Wert des täglichen Arbeitslosengeldes in der höchsten Lohnklasse übersteigt bzw. übersteigen, für diesen Monat.

Ursache für diese Regelung war nach dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales, daß in der Praxis Fälle aufgetreten sind, in denen Arbeitslose während des Bezuges von Arbeitslosengeld an einzelnen Tagen (sogenannte vorübergehende Beschäftigungen) oder als selbständige Erwerbstätige mit Werkvertrag an einzelnen Tagen mit einem überdurchschnittlich hohen Einkommen beschäftigt waren. Nach der (damaligen) Rechtslage würden diese Personen nur an den Tagen der Beschäftigungsausübung als nicht arbeitslos gelten und erhielten für die übrigen Tage Arbeitslosengeld. Es sei daher vorgesehen, daß diese Personen, wenn ihr monatliches Einkommen den Grundbetrag des Arbeitslosengeldes in der höchsten Lohnklasse übersteigt, für den ganzen Monat als nicht arbeitslos gelten und für diesen Monat kein Arbeitslosengeld bzw. keine Notstandshilfe erhalten (vgl. 1332 BlgNR 18. GP, 1).

In der Beschwerde wird - wie bereits in der Berufung - im wesentlichen die Auffassung vertreten, bei der vom Beschwerdeführer ausgeübten Beschäftigung handle es sich um keine vorübergehende.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers kommt im Ergebnis Berechtigung zu:

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon in seinem Erkenntnis vom 1. Juli 1997, Zl. 94/08/0222, ausgeführt, die Bedeutung des § 12 Abs. 3 lit. g AlVG liege darin, daß jedenfalls in jenen Fällen, in denen eine von vornherein auf bestimmte Zeit vereinbarte Beschäftigung nicht während des ganzen Monates ausgeübt wird, dabei aber ein die Höhe des 40-fachen des täglichen Arbeitslosengeldes in der höchsten Lohnklasse übersteigendes Einkommen erzielt wird, die Arbeitslosigkeit (und damit der Anspruch auf Arbeitslosengeld) nicht - wie sonst bei kurzfristigen, die jeweilige "Bagatellgrenze" des § 12 Abs. 6 lit. a bzw. c AlVG übersteigenden Beschäftigungsverhältnissen - nur während der Tage der Beschäftigung, sondern während des ganzen Monats nicht vorliegt.

Wird hingegen - wie nach den Behauptungen des Beschwerdeführers im Beschwerdefall - ein unbefristetes Dienstverhältnis abgeschlossen, so kann auch dann, wenn es in der Folge vor Ablauf von 30 Tagen beendet wird, nicht von einer "vorübergehenden", den Leistungsbezug "unterbrechenden" Beschäftigung im Sinne der im Beschwerdefall relevanten Bestimmungen gesprochen werden. Sie setzt vielmehr, soll den Worten "unterbricht" und "vorübergehenden" eine normative Bedeutung zukommen, wovon im Zweifel auszugehen ist, in Übereinstimmung mit dem Ausschußbericht voraus, daß sie von vornherein auf einzelne Tage oder eine bestimmte, 30 Tage nicht übersteigende Zeit, festgelegt ist (vgl. dazu im übrigen auch Dirschmied, Arbeitslosenversicherungsrecht3, S. 120).

Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannte, war der angefochtene Bescheid, soweit er die Zeit vom

1. bis 8. Februar 1995 betraf, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebührenersatz konnte nur für drei Beschwerdeausfertigungen und eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides zuerkannt werden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1995080311.X00

Im RIS seit

18.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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