TE Vwgh Erkenntnis 1998/3/17 96/04/0082

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Veröffentlicht am 17.03.1998
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
58/01 Bergrecht;

Norm

AVG §37;
AVG §52;
BergG 1975 §145;
BergG 1975 §146 Abs1;
BergG 1975 §146 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde des F in K, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 19. Februar 1996, Zl. 63.220/90-VII/A/4/95, betreffend Betriebsbewilligung nach § 146 Berggesetz (mitbeteiligte Partei: B-Gesellschaft m.b.H. in K), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 19. Februar 1996 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Berghauptmannschaft Graz vom 13. Juni 1995, betreffend Betriebsbewilligung für die Förderbandanlage Ost sowie die 20 kV-Energieversorgungsanlage für das Ostfeld des Braunkohlentagbaues West der mitbeteiligten Partei, soweit sie sich auf den Betrieb der

20 kV-Energieversorgungsanlage bezieht, mangels Berufungslegitimation als unzulässig zurückgewiesen, im übrigen als unbegründet abgewiesen. Hiezu wurde - nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der angewendeten Gesetzesbestimmungen - im wesentlichen ausgeführt, von der mitbeteiligten Partei sei um die Bewilligung zum Betrieb von Bergbauanlagen, nämlich einer Förderbandanlage sowie einer 20 kV-Energieversorgungsanlage angesucht und hierüber von der Erstbehörde in einem gemeinsamen Bescheid entschieden worden. Der Beschwerdeführer sei Eigentümer eines Grundstückes, das an das Grundstück angrenze, auf dessen Oberfläche die Förderbandanlage betrieben werden solle; an das Grundstück, auf dem die Energieversorgungsanlage betrieben werden solle, grenze er nicht an. Er habe in der mündlichen Verhandlung am 5. Mai 1995 teilgenommen, gegen die

20 kV-Energieversorgungsanlage allerdings keine Einwendungen erhoben, sodaß ihm in Ansehung der Betriebsbewilligung für diese Anlage Parteistellung nicht zukomme. Die von ihm erhobene Berufung sei insofern zurückzuweisen gewesen. Eine Gefährdung bzw. unzumutbare Belästigung durch den Betrieb der Förderbandanlage erscheine nur durch Emissionen denkbar, wobei nach dem Gutachten der beigezogenen Sachverständigen Staub- und Lärmemissionen zu erwarten seien. Mangels konkreter Immissions- und Emissionsgrenzwerte in den im gegenständlichen Verfahren anzuwendenden Rechtsvorschriften werde es als vertretbar angesehen, die von den Sachverständigen als Beurteilungsgrundlage verwendeten Rechtsvorschriften und technischen Regelwerke für die Beurteilung heranzuziehen, ob im Sinne des § 146 Abs. 3 Berggesetz 1975 eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit oder eine unzumutbare Belästigung von Personen oder eine Gefährdung von dem Bewilligungwerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen oder eine über das zumutbare Maß hinausgehende Beeinträchtigung der Umwelt und von Gewässern durch Emissionen der genannten Art durch den Betrieb der Förderbandanlage zu erwarten seien. Den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens zufolge sei in einer Entfernung von 5 m bis 20 m von der Förderbandanlage bei deren Betrieb unter ungünstigsten Bedingungen (Material am trockensten, Nähe der Übergabestelle und der Bundesstraße 70) eine Staubkonzentration in der Luft von 0,04 bis 0,05 mg/m3 (Tagesmittelwert) zu erwarten. Dieser Wert liege weit unter den Grenzwerten für Schwebstoff nach der Immissionsgrenzwerteverordnung der Steiermärkischen Landesregierung, LGBl. Nr. 5/1987, von gegenständlichenfalls 0,12 mg/m3 (Tagesmittelwert von April bis Oktober) und 0,2 mg/m3 (Tagesmittelwert von November bis März) und entspreche der allgemeinen Staubkonzentration im Gebiet der Stadt Köflach. Der Anteil an Feinstaub (Korngröße unter 10) liege bei 5 % bis 9 % der gesamten Staubemission und somit ebenfalls weit unter dem Grenzwert von 0,2 mg/m3 nach Anlage 2 der Vereinbarung über die Festlegung von Emissionsgrenzwerten für Luftschadstoffe und über Maßnahmen zur Verringerung der Belastung der Umwelt, BGBl. Nr. 443/1987. Wie der Sachverständige für Humanmedizin und Umwelthygiene festgestellt habe, werde durch diese Staubimmissionen eine akute oder dauerhafte Beeinträchtigung der Gesundheit nicht bewirkt. Weiters seien bei Betrieb der Bandanlage und eines Baggers Lärmimmissionen zu erwarten. Bei Betrieb der Bandanlage und eines Baggers sei am 19. April 1995 vormittags an der nordöstlichen Grundstücksgrenze des Beschwerdeführers ein LAeq von 45 dB gemessen worden. Der Emissionsgrenzwert liege für dieses Grundstück nach der ÖNORM S 5021 bei 50 dB tagsüber (das sei die Zeit von 06.00 Uhr bis 22.00 Uhr) und nach der ÖAL-Richtlinie Nr. 3, Blatt 1 bei 49 dB. Die Lärmimmissionen durch den Betrieb der Bandanlage einschließlich des Baggers lägen somit unter den zulässigen Grenzwerten. Das Haus, das der Beschwerdeführer mit seiner Familie bewohne, liege einige Meter südwestlich dieses Meßpunktes und sei daher von der Förderbandanlage und der Übergabestelle weiter entfernt als der Meßpunkt. Weiters habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß die beim Betrieb auftretenden Spitzenpegel unter den Spitzenpegeln des Umgebungsgeräusches (Vogelgezwitscher) und wesentlich unter den Richtwerten für die Begrenzung der Schallpegelspitzen von 74 dB bzw. 69 dB in den Abendstunden (18.00 Uhr bis 22.00 Uhr) lägen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen für Humanmedizin und Umwelthygiene würden die im - dem Bewilligungsantrag der mitbeteiligten Partei angeschlossenen - Gutachten des TÜV-Österreich angeführten Meßresultate bezüglich der Lärmimmissionen keine Werte überschreiten, die zu einer akuten oder chronischen Gesundheitsbeeinträchtigung oder -gefährdung führen. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung für Kinder oder Erwachsene, die am Anwesen des Beschwerdeführers lebten, sei nicht gegeben. Da der Betrieb der geplanten Anlage den einschlägigen Vorschriften entspreche, die Anlage so betrieben werde, daß es weder zu einer Gesundheitsgefährdung oder erheblichen Belästigung noch zu einer Gefährdung von nicht der mitbeteiligten Partei überlassenen Sachen komme, und ferner auf öffentliche Interessen durch Vorschreibung von ingesamt 14 Auflagen Bedacht genommen worden sei, lägen die Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung nach § 146 Abs. 3 Berggesetz vor. Dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers, es wäre eine Lärmmessung an Ort und Stelle vorzunehmen, sei entgegenzuhalten, daß der Meßpunkt der oben erwähnten Lärmmessung an der nordöstlichen Grundstücksgrenze und somit in geringerer Entfernung zur Förderbandanlage gelegen sei als das Wohnhaus. Den Ausführungen der Sachverständigen sei nicht zu entnehmen, daß die Lärmemissionen im einige Meter vom Meßpunkt entfernt gelegenen Haus bzw. Kinderzimmer ein solches Immissionsmaß ergeben hätten, das zu einer anderen Beurteilung durch den medizinischen Sachverständigen hätte führen können. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die Erstbehörde sei auf Lärmspitzen, die durch die Übergabestation entstünden, nicht eingegangen, sei die Auflage 4 des Erstbescheides entgegenzuhalten, wonach die Fugen der Einhausung der in Rede stehenden Übergabestation abzudämmen seien und die Einhausung selbst über die gesamte Länge der Auslaufgosse (Leitbleche) zu verlängern sei. Das Berufungsvorbringen gehe daher an der Sache vorbei. Schließlich sei dem Vorwurf, die Staubmessungen seien von der mitbeteiligten Partei durchgeführt worden, zu entgegnen, daß die von der mitbeteiligten Partei vorgelegten Gutachten des TÜV nach den Ausführungen des von der Behörde beigezogenen Sachverständigen für Emissions- und Immissionsschutz nachvollziehbar seien und davon ausgegangen werden könne, daß die angegebenen Meßwerte der Realität entsprächen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich - seinem gesamten Vorbringen zufolge - durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Sachentscheidung sowie in den ihm berggesetzlich gewährleisteten Nachbarrechten verletzt. Er bringt hiezu im wesentlichen vor, die Förderbandanlage und die

20 kV-Energieversorgungsanlage würden nach den Ausführungen in der Begründung des Erstbescheides vom 13. Juni 1995 bergrechtlich eine Einheit bilden. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht läge eine Einheit vor, sodaß es nicht gerechtfertigt sei, von zwei verschiedenen Bergbauanlagen auszugehen. Vielmehr liege nur eine Bergbauanlage vor, gegen die der Beschwerdeführer im Sinne des § 146 Abs. 6 Berggesetz Einwendungen erhoben habe; solcherart habe er Parteistellung im Betriebsbewilligungsverfahren erlangt, sodaß seine Berufung nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen. Die belangte Behörde hätte aufgrund der eingeholten Sachverständigengutachten weiters nicht davon ausgehen dürfen, daß eine gesundheitliche Gefährdung der am Anwesen des Beschwerdeführers lebenden Personen ausgeschlossen sei, zumal der Sachverständige für Humanmedizin und Umwelthygiene eine solche Gefährdung lediglich als nicht erwartbar bezeichnet habe. Entsprechende gesicherte Feststellungen hätten ergänzender Messungen "beim Anwesen des Beschwerdeführers" bedurft, und zwar durch einen unparteilichen, gerichtlich beeideten Sachverständigen und nicht durch von der mitbeteiligten Partei in Auftrag gegebene Gutachten, bei denen dieser Einflußmöglichkeiten hinsichtlich Meßstationen als auch Meßzeiten offenstünden. Der Beschwerdeführer, der sein Anwesen ganzjährig bewohne, verfüge über den besten Informationsstand hinsichtlich der tatsächlich vorhandenen Lärmbelästigung. Berücksichtige man weiters, daß sich der Schall von einer Schallquelle aus nicht nach allen Richtungen gleichmäßig fortpflanze, sondern die Schallfortpflanzung von der örtlichen Umgebung abhängig sei, sowie das Phänomen des Schalltrichters - es liege ein abschüssiges Gelände vor und es erfolge daher die Ausbreitung des Schalls talabwärts in anderer Weise als bergauf -, so werde nachvollziehbar, daß nur durch eine Schallimmissionsmessung an Ort und Stelle eine gesundheitsgefährdende Lärmimmission ausgeschlossen oder verifiziert werden könne. Bestritten werde die Auffassung der belangten Behörde, daß die Lärmbelästigungen zumutbar seien. Vielmehr lägen, wie der Beschwerdeführer bereits im Verwaltungsverfahren vorgebracht habe, unzumutbare Lärmbelästigungen vor. Durch die - oben erwähnte - Auflage betreffend die Übergabestation würden die Lärmspitzen nur unwesentlich abgesenkt. Durch die Vorgänge in der Übergabestation sei nach wie vor ein zusätzlicher und intensiver Geräuschpegel insbesondere durch große Gesteinsbrocken vorhanden. Feststellungen betreffend die Wirksamkeit der vorgeschriebenen Auflage seien nicht getroffen worden. Daß bei Betrieb der Anlage entstehende Spitzenpegel unter den Spitzenpegeln der Umgebungsgeräusche (Vogelgezwitscher) lägen, besage noch nicht, daß diese Spitzenpegel auch zumutbar seien. Es könnten jedenfalls von einer Bergwerksanlage ausgehende Lärmspitzen nicht mit Vogelgezwitscher verglichen werden. Bei der Frage der Zumutbarkeit der von der Anlage herrührenden Immissionen hätte die belangte Behörde schließlich auch auf die negativ bemerkbaren Staubimmissionen Bedacht nehmen müssen.

Gemäß § 145 Berggesetz ist unter einer Bergbauanlage jedes für sich bestehende, örtlich gebundene und künstlich geschaffene Objekt zu verstehen, das den im § 2 Abs. 1 angeführten Tätigkeiten zu dienen bestimmt ist.

Zur Herstellung (Errichtung) und zum Betrieb (zur Benützung) von obertägigen Bergbauanlagen, ferner von Zwecken des Bergbaus dienenden Stollen, Schächten, Bohrungen ab 100 m Tiefe und Sonden sowie von unterirdischen Bergbauanlagen, soweit diese wegen ihrer Ausstattung mit Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise oder sonst geeignet sind, das Leben oder die Gesundheit von Arbeitnehmern zu gefährden, sowie bei wesentlichen Änderungen an derartigen Bergbauanlagen sind gemäß § 146 Abs. 1 Berggesetz Bewilligungen der Berghauptmannschaft einzuholen.

Die Bewilligungen sind gemäß § 146 Abs. 3 Berggesetz, erforderlichenfalls unter Festsetzung von geeigenten Bedingungen und Auflagen, wenn nötig auch nur befristet, zu erteilen, wenn im konkreten Fall nach dem Stand der Technik (§ 134 Abs. 3) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften keine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit und keine unzumutbare Belästigung von Personen, keine Gefährdung von dem Bewilligungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen und keine über das zumutbare Maß hinausgehende Beeinträchtigung der Umwelt und von Gewässern (Abs. 5) zu erwarten sind, und weiters beim Betrieb der Bergbauanlage keine Abfälle entstehen werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar oder nicht verwertbar sind. Soweit eine Vermeidung oder Verwertung der Abfälle wirtschaftlich nicht zu vertreten ist, muß gewährleistet sein, daß die entstehenden Abfälle ordnungsgemäß entsorgt werden. Bestehen Zweifel hinsichtlich der Erfüllung von Auflagen, ist die Leistung einer angemessenen Sicherstellung zu verlangen. Auf öffentliche Interessen (Abs. 7) ist Bedacht zu nehmen. Wenn es sich um Aufbereitungs-, Veredelungs- oder Weiterverarbeitungsanlagen mit Emissionsquellen handelt, sind die davon ausgehenden Immissionen von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik (§ 134 Abs. 3) zu begrenzen und haben die Auflagen auch Maßnahmen betreffend Störfälle zu umfassen.

Parteien in den Bewilligungsverfahren sind gemäß § 146 Abs. 6 Berggesetz u.a. der Bewilligungswerber, die Eigentümer der Grundstücke, auf deren Oberfläche oder in deren oberflächennahem Bereich die Bergbauanlage errichtet oder betrieben wird, die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke und ferner alle dinglich Berechtigten und sonstigen sich nicht nur vorübergehend in der Nähe der Bergbauanlage aufhaltenden Personen, wenn ihr Leben oder ihre Gesundheit oder ihre dem Bewilligungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen gefährdet oder sie unzumutbar belästigt werden und sie spätestens bei der mündlichen Verhandlung nach Abs. 2 Einwendungen gegen die Bergbauanlage aus diesen Gründen erheben, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.

Was zunächst die Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers gegen die erstbehördliche Betriebsbewilligung der 20 kV-Energieversorgungsanlage anlangt, liegt dieser Entscheidung die Auffassung der belangten Behörde zugrunde, Förderbandanlage und 20 kV-Energieversorgungsanlage stellten jeweils für sich eine Bergbauanlage im Sinne des § 145 Berggesetz dar, sodaß die vom Beschwerdeführer gegen die Förderbandanlage erhobenen Einwendungen gemäß § 146 Abs. 6 Berggesetz ihm nicht auch Parteistellung im Betriebsbewilligungsverfahren betreffend die

20 kV-Energieversorgungsanlage hätten verschaffen können.

Demgegenüber wurde in der Begründung des Bescheides der Berghauptmannschaft Graz vom 15. April 1994, betreffend die Herstellungsbewilligung für die in Rede stehenden Anlagen, unter Bezugnahme auf die Bestimmungen des § 145 Berggesetz ausgeführt, die 20 kV-Energieversorgungsanlage sei "nicht als für sich bestehend zu verstehen", weil sie in erster Linie und hauptsächlich dazu diene, die Förderbandanlage anzuspeisen; die 20 kV-Energieversorgungsanlage stelle mit der Förderbandanlage eine Einheit dar. Auch im Bescheid der Berghauptmannschaft Graz vom 13. Juni 1995, betreffend die Betriebsbewilligung für die in Rede stehenden Anlagen, wurde - wenn auch ohne nähere Begründung - festgestellt, die beiden Anlagen würden "bergrechtlich eine Einheit bilden".

Ob die Annahme der belangten Behörde zutrifft, die in Rede stehenden Anlagen bildeten - im Gegensatz zur Auffassung der Erstbehörde - zwei Bergbauanlagen im Sinne des § 145 Berggesetz, kann allerdings nicht beurteilt werden. Die belangte Behörde hat es nämlich unterlassen, Feststellungen zu treffen, denen entnommen werden könnte, daß jede der beiden Einrichtungen die Voraussetzungen des § 145 Berggesetz, insbesondere das Merkmal des "für sich bestehenden Objekts" (die Gesetzesmaterialien (RV 1303 BlgNR, XIII. GP, 87) sprechen in diesem Zusammenhang von einem "selbständigen Ganzen") in sachverhaltsmäßiger Hinsicht erfüllen. Damit jedoch erweist sich der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig, was den angefochtenen Bescheid schon aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG belastet.

Unbeschadet der damit noch offenen Frage der Teilbarkeit der den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildenden Sache liegt der Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers gegen die erstbehördliche Betriebsbewilligung der Förderbandanlage die Auffassung der belangten Behörde zugrunde, das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe erbracht, daß die Voraussetzungen des § 146 Abs. 3 Berggesetz erfüllt seien, der Betrieb der Anlage also insbesondere weder eine Gesundheitsgefährdung noch eine unzumutbare Belästigung von Personen erwarten lasse.

Dem Beschwerdevorbringen, es hätten ergänzende Schallimmissionsmessungen durch einen unparteilichen, gerichtlich beeideten Sachverständigen im Bereich des Anwesens des Beschwerdeführers ("an Ort und Stelle") durchgeführt werden müssen, ist zu entgegnen, daß dem - vorliegenden - Gutachten zu entnehmen ist, die Meßpunkte seien so gewählt worden, daß die örtlich ungünstigsten Punkte erfaßt und die Messungen für die ungünstigsten Umstände repräsentativ seien. Der Beschwerdeführer behauptet zwar, daß dies unzutreffend wäre, bleibt aber - ebenso wie im Verwaltungsverfahren - eine auf gleicher fachlicher Ebene stehende Begründung für die Annahme schuldig, die erzielten Meßergebnisse wären nicht repräsentativ. Auch mit dem Beschwerdevorbringen, die Messungen seien von der mitbeteiligten Partei in Auftrag gegeben worden und daher hinsichtlich der Meßzeiten als auch der Meßstationen ihren Einflußmöglichkeiten offengestanden, wird - abgesehen davon, daß der beigezogene Sachverständige für Emissions- und Immissionsschutz den Meßergebnissen bescheinigt hat, der Realität zu entsprechen - für sich noch kein Umstand aufgezeigt, der geeignet wäre, die Repräsentativität der Meßergebnisse in Zweifel zu setzen.

Die belangte Behörde begründete des weiteren ihre Auffassung, aufgrund von Lärmimmissionen durch den Betrieb der Förderbandanlage sei eine gesundheitliche Beeinträchtigung oder Gefährdung von Erwachsenen oder Kindern, die am Anwesen des Beschwerdeführers lebten, nicht zu erwarten, - dem Gutachten des Sachverständigen für Humanmedizin und Umwelthygiene folgend - damit, daß die gemessenen Werte der Lärmimmissionen Werte, die zu einer akuten oder chronischen Gesundheitsbeeinträchtigung oder -gefährdung führen, nicht überschritten. Die Lärmimmissionen lägen unter den näher dargestellten zulässigen Grenzwerten, die auftretenden Spitzenpegel unter den Spitzenpegeln des Umgebungsgeräusches und wesentlich unter den Richtwerten für die Begrenzung der Schallpegelspitzen. Zu Recht rügt die Beschwerde jedoch, es sei durch Sachverständigengutachten nicht ausreichend belegt, daß mit den durch den Betrieb der Anlage hervorgerufenen Lärmimmissionen auch keine unzumutbare Belästigung des Beschwerdeführers verbunden wäre. Denn es ist die belangte Behörde zu dieser Feststellung gelangt, ohne des weiteren (aus medizinischer Sicht) abzuklären, welche Auswirkungen die vom Betrieb der Förderbandanlage ausgehenden - wenn auch unter den Spitzenpegeln des Umgebungsgeräusches liegenden - Störgeräusche ihrer Art und ihrem Ausmaß nach auf den menschlichen Organismus auszuüben vermögen. Da entsprechende, medizinisch fundierte Feststellungen aber überhaupt erst eine Beurteilung ermöglichen, ob diese Auswirkungen als zumutbar im Sinne des § 146 Abs. 3 Berggesetz anzusehen sind, erweist sich der angefochtene Bescheid auch insoweit als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

Er war daher - ohne auf das Beschwerdevorbringen weiter einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Arzt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996040082.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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