TE Vwgh Erkenntnis 1998/3/17 98/04/0001

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Veröffentlicht am 17.03.1998
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

BefNwV EWR 1993 §6;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art139 Abs6;
GewO 1994 §124 Z17;
GewO 1994 §373c;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 16. Dezember 1994, Zl. 317.336/1-III/4/94, betreffend Nachsicht vom Befähigungsnachweis, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein italienischer Staatsangehöriger, suchte mit Eingabe vom 5. März 1994 um Nachsicht "für EWR-Bürger gemäß § 373c Gewo" von der Erbringung des Befähigungsnachweises zur Ausübung des Reisebürogewerbes gemäß § 124 Z. 17 GewO 1994 an. Er stützte sich dabei unter anderem (auch) auf die Erfüllung der Voraussetzungen, die gemäß § 6 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Erteilung der Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis für Staatsangehörige von Mitgliedsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, BGBl. Nr. 775/1993, für die Nachsicht vom Erfordernis des Befähigungsnachweises für Angehörige eines EWR-Staates vorgeschrieben seien.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof mit Beschwerde angefochtenen Bescheid vom 16. Dezember 1994 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers "gemäß § 373c GewO 1994 i.V.m. § 6 der Verordnung BGBl. Nr. 775/1993 keine Folge" und bestätigte damit die vom Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 31. Mai 1994 ausgesprochene Verweigerung der beantragten Nachsicht. Die belangte Behörde stützte diese Entscheidung nach Spruch und Begründung auf die Rechtsgrundlage des § 6 der genannten Verordnung (BGBl. Nr. 775/1993). Sie führte in dieser Hinsicht im wesentlichen aus, nach dem Wortlaut des § 6 leg. cit. könnten ausschließlich Nachweise über Ausbildung und berufliche Tätigkeit in einem anderen EWR-Staat in Betracht kommen. In Österreich erworbene Zeugnisse seien im Hinblick auf eine Erwerbstätigkeit in Österreich ausschließlich nach innerstaatlichem Recht und nicht an Hand einschlägiger EWR-Normen zu beurteilen. Der Beschwerdeführer habe eine staatlich anerkannte Berufsausbildung für die Ausübung des Reisebürogewerbes in Italien nicht nachgewiesen. Das Erfordernis einer ununterbrochenen Tätigkeit im Reisebürosektor werde von ihm lediglich im Hinblick auf seine Tätigkeit für die in Österreich etablierte Reisegesellschaft mbH erfüllt. Der Beschwerdeführer sei somit lediglich in Österreich tätig gewesen und habe daher keine Ausbildungs- bzw. Berufspraxis in einem anderen EWR-Mitgliedsstaat absolviert.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die zunächst unter der hg. Zl. 95/04/0034 protokolliert wurde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem gesamten Beschwerdevorbringen durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Erteilung der begehrten Nachsicht von der Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises verletzt. Er beantragt - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Über den (auch) vom Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall gestellten Prüfungsantrag (vom 27. Mai 1997, Zl. A 100/97) hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 7. Oktober 1997, V 76/97-6 u. V 92/97-9, wie folgt zu Recht erkannt:

"Im Einleitungssatz des § 6 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Erteilung der Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis für Staatsangehörige von Mitgliedstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, BGBl. Nr. 775/1993, wird das Wort "anderen" als gesetzwidrig aufgehoben.

Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Bundesgesetzblatt II verpflichtet."

Dieser Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes wurde mit BGBl. Nr. 422/1997, Teil II, ausgegeben am 23. Dezember 1997, kundgemacht.

Angesichts der gemäß Art. 139 Abs. 6 B-VG auf den vorliegenden Beschwerdefall wirkenden Aufhebung der die Versagung der begehrten Nachsicht von der Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises ausschließlich tragenden Bestimmung im Einleitungssatz des § 6 Abs. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 775/1993 ist der angefochtene Bescheid demnach inhaltlich rechtswidrig. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es eines Eingehens auf das übrige Beschwerdevorbringen bedurfte.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die zusätzlich zum pauschalierten Schriftsatzaufwand zu Unrecht verzeichnete Umsatzsteuer.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998040001.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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