TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/9 W203 2132909-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.12.2019
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Entscheidungsdatum

09.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z4
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W203 2132909-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX .1998, StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX , p. A. "Asyl in Not" - Unterstützungskomitee für politisch verfolgte Ausländer, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.11.2018, Zl. 1096625402/181064842 zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid behoben und XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 09.12.2020 erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), idgF, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, stellte am 24.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) vom 05.08.2016 wurde dieser Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 sowie auch bezüglich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen. Auch wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und 55 AsylG 2005 erteilt und es wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach § 46 FPG zulässig sei und es wurde ihm gemäß § 55 abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

3. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.09.2017, GZ. W140 2132909-1/25E wurde beschlossen, dass das Beschwerdeverfahren wegen Zurückziehung der Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten eingestellt wird und es wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt. Weiters wurde dem Beschwerdeführer eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 15.09.2019 erteilt.

Festgestellt wurde in diesem Erkenntnis zusammengefasst, dass der Beschwerdeführer seit seiner Geburt mit seinen Eltern und seinen Geschwistern im Iran gelebt habe. Der Beschwerdeführer selbst sei noch nie im Iran gewesen und daher mit den kulturellen und sprachlichen Gepflogenheiten Afghanistans nicht vertraut. Sein Vater und seine Brüder seien berufstätig und würden den Lebensunterhalt der Familie im Iran bestreiten. Aufgrund ihres geringen Verdienstes seien diese nicht in der Lage, den Beschwerdeführer finanziell zu unterstützen. Abgesehen von den Eltern und den Geschwistern des Beschwerdeführers lebten jeweils ein Onkel mütterlicherseits und ein Onkel väterlicherseits im Iran. Es würden weder Verwandte des Beschwerdeführers in Afghanistan leben noch verfüge er dort über soziale Kontakte. Der Beschwerdeführer habe im Iran im Alter von 8 - 13 Jahren eine Schule besucht, er verfüge über keine Berufsausbildung. Abgesehen von einer zweijährigen Tätigkeit als Schneiderlehrling und zuletzt als Verkäufer verfüge er über keine weitere Berufserfahrung. Auch verfüge der Beschwerdeführer über keinerlei Kenntnisse der örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten in ganz Afghanistan. Weder der Beschwerdeführer noch seine Familie verfügten über ein Vermögen oder über Grundbesitz in Afghanistan. Die Tatsache, dass die Mehrheit der im Iran geborenen Afghanen durch ihren Schulbesuch oder durch die Ausübung eines Berufes im Iran die iranische Kultur und Lebensweise angenommen hätten, erschwere die Rückführung dieser in die afghanische Gesellschaft. Die afghanische Bevölkerung betrachte die Rückkehrer aus dem Iran mit Argwohn und sei der Meinung, dass diese die Identität Afghanistans ändern und das Land "iranischer" machen würden. Am schwierigsten erweise sich die Situation für jene, die nicht in ihre Heimatdörfer zurückkehren wollen würden, vor allem aus Sicherheitsgründen oder wegen der fehlenden familiären Anknüpfungspunkte. Diese Rückkehrer seien besonders verwundbar. Als Fremden im eigenen Land würden diesen die wichtigen Netzwerke fehlen, die sie in der afghanischen Stammesgesellschaft brauchen würden. Eine Unterkunft oder eine Verdienstmöglichkeit zu finden sei ohne solche Beziehungen viel schwieriger. Für den Beschwerdeführer, der im Iran geboren, aufgewachsen und dort sozialisiert worden sei, sei eine Rückführung nach Afghanistan unzumutbar, da ihm jegliche Existenzgrundlage sowie ein soziales Netzwerk fehlen würden. Das Bundesverwaltungsgericht stütze sich auch auf ein Gutachten eines Sachverständigen, aus dem hervorgegangen sei, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nicht mit der nötigen Wahrscheinlichkeit seinen notdürftigsten Lebensunterhalt erwirtschaften werden könne. Ein soziales Netzwerk, das dem Beschwerdeführer helfen könne, sein Auskommen sicherzustellen, sei nicht feststellbar. Es stehe ihm keine zumutbare innerstaatliche Alternative offen, um sich der prekären Versorgungslage in seiner Heimat zu entziehen. Weiters wurden Feststellungen - aufgrund des Länderberichtes der Staatendokumentation - zur Lage der Islamischen Republik Afghanistan getroffen.

4. Am 27.08.2018 brachte der Beschwerdeführer fristgerecht einen "Antrag auf Verlängerung des subsidiären Schutzes" gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ein.

5. Am 08.11.2018 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich vor der belangten Behörde einvernommen. Im Rahmen dieser Einvernahme gab er zusammengefasst an, dass er einen B1-Deutschkurs absolviere und man die Einvernahme auch in Deutsch durchführen könne. Er sei gesund, nehme keine Medikamente und könne auch arbeiten gehen. Zu seiner Schulbildung sowie beruflichen Tätigkeiten tätigte der Beschwerdeführer idente Angaben, wie er diese auch schon im Laufe des gesamten Verfahrens angegeben hat. Seine Eltern, seine drei Brüder sowie fünf Schwestern würden nach wie vor im Iran, in Maschhad, leben. Er habe Kontakt zu seiner Familie, dieser gehe es gut. Sein Vater sei arbeitslos, seine Mutter sei Hausfrau. Seine drei Brüder würden seit ca. 15 Jahren in einem Lebensmittelgeschäft arbeiten, die fünf Schwestern seit ca. zehn Jahren als Schneiderinnen. Die Schwestern seien alle bereits verheiratet. In Afghanistan habe er keine Angehörigen mehr, eine Schwester des Vaters lebe seit rund 35 Jahren in Teheran. Seine Mutter habe einen Bruder, welcher ebenfalls in Maschhad, Iran, lebe. Er habe keinen Kontakt zu Personen in Afghanistan und habe dies auch noch nie gehabt. Auch seine Familienangehörigen hätten keinen Kontakt zu in Afghanistan lebenden Personen. Der Beschwerdeführer sei noch nie in Afghanistan gewesen, er könne dort wegen des herrschenden Krieges und auch deswegen nicht überleben, weil er dort niemanden kenne. Krieg herrsche in ganz Afghanistan, auch in Herat und Mazar-e Sharif, weswegen er auch dort hin nicht zurückkehren könne. Befragt zu seinem Aufenthalt in Österreich gab der Beschwerdeführer an, dass er bis jetzt die A1- und die A2- Deutschprüfung absolviert habe und "gerade" den B1 Deutschkurs mache. Er habe drei Monate freiwillig auf einem Bauhof gearbeitet. Vorgelegt wurden diverse Integrationsunterlagen (Zeugnisse, Teilnahmebestätigungen, ...). Er habe viele österreichische Freunde, aber keine zum dauernden Aufenthalt berechtigte Verwandte. Er bestreite seinen Lebensunterhalt in Österreich durch die Grundversorgungsleistungen. Er sei Mitglied in einem türkischen Fußballverein. Er sei in Österreich nicht straffällig geworden.

Dem Beschwerdeführer wurde durch die belangte Behörde vorgehalten, dass sich seine subjektive Lage im Vergleich zum "seinerzeitigen" Entscheidungszeitpunkt, als ihm subsidiärer Schutz gewährt worden sei, geändert habe. Es sei nicht festzustellen, dass eine reale Gefahr für sein Leben oder seine Gesundheit bestehen würde oder eine ernsthafte Bedrohung seines Lebens bestünde. Es lasse sich eine solche Gefahr nicht aus der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat noch aus einer etwaigen lebensbedrohlichen, im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Krankheit ableiten. Es sei festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer eine Rückkehr nach Afghanistan zuzumuten sei, da er, insbesondere in den Städten Herat oder Mazar-e Sharif, wo er über Anknüpfungspunkte verfüge, Sicherheit erlangen könnte und auch eine zumutbare Lebenssituation vorfände. Es sei auch festzuhalten, dass es dem Beschwerdeführer zuzumuten sei, selbst unter durchaus schweren Bedingungen am Arbeitsmarkt nach einer Beschäftigung zu suchen und möglicherweise durch das Verrichten von Gelegenheitsarbeiten seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. In Anbetracht der Kürze seines Aufenthaltes sowie auch fehlender (enger) familiärer oder privater Bindungen in Österreich sei nicht ersichtlich, dass eine Rückkehrentscheidung einen ungerechtfertigten Eingriff in sein Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens darstellen würde.

Zu diesem Vorhalt gab der Beschwerdeführer keine weitere Stellungnahme ab.

6. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 09.11.2018, zugestellt am 13.11.2018, wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und sein Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung abgewiesen (Spruchpunkt II.). Es wurde ihm kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (Spruchpunkt III.) und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde festgestellt, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) und dem Beschwerdeführer eine Frist von 2 Wochen für seine freiwillige Ausreise gesetzt (Spruchpunkt VI.).

Zu den "Gründen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr" wurde wie folgt festgestellt:

Die Gründe für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten lägen nicht mehr vor. Die subjektive Lage des Beschwerdeführers habe sich im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt geändert. Eine aktuelle bzw. individuelle Furcht vor Verfolgung in Afghanistan habe er nicht glaubhaft machen können. Im Fall des Beschwerdeführers bestehe eine taugliche innerstaatliche Fluchtalternative. Er könne seinen Lebensunterhalt sowohl in Mazar-e Sharif als auch in Herat bestreiten und würde dort Arbeitsmöglichkeiten vorfinden. Zur "Lage im Herkunftsstaat" wurde der Länderbericht der Staatendokumentation - inklusive der "Integrierten Kurzinformation" vom 29.10.2018 - herangezogen.

Begründet wurde dies damit, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor der belangten Behörde am 08.11.2018 in Bezug auf sein Heimatland Afghanistan keine aktuellen bzw. individuellen Fluchtgründe angegeben habe, er habe nur die allgemeine Sicherheitslage, seine fehlenden Anknüpfungspunkte in Afghanistan sowie seine Sozialisierung außerhalb Afghanistans vorgebracht. Ihm sei der Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.10.2017 lediglich zuerkannt worden, da er außerhalb Afghanistans sozialisiert worden sei und über kein aufrechtes und funktionierendes soziales und familiäres Netzwerk im Fall einer Rückkehr verfügen würde und er in Afghanistan somit komplett auf sich allein gestellt sei, ohne jedoch über Kenntnisse der örtlichen Gegebenheiten zu verfügen. Auch eine finanzielle Unterstützung seitens der im Iran verbliebenen Familie des Beschwerdeführers sei damals aufgrund der Tatsache, dass die Einkünfte des Vaters und eines seiner Brüder gerade zur Befriedigung des Lebensunterhaltes für sich und die Geschwister ausgereicht hätten, nicht in Betracht gekommen. Aufgrund dessen sei das Bundesverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan einer realen Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt gewesen wäre.

Die subjektive Lage des Beschwerdeführers habe sich jedoch im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt dahingehend geändert, als ihm nun sehr wohl eine Neuansiedelung in Afghanistan, speziell in den Städten Herat oder Mazar-e Sharif zuzumuten sei, umso mehr er nun aufgrund seiner gesammelten Lebenserfahrung auch ohne familiären Background eben dort eine zumutbare Lebenssituation vorfinden könne. Das Bundesverwaltungsgericht sei zum damaligen Zeitpunkt davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr ohne enge familiäre Unterstützungsmöglichkeiten (in Afghanistan) vor eine ausweglose Situation gestellt gewesen wäre. Nunmehr bedürfe es solcher Unterstützungsmöglichkeiten nicht mehr, er könne als erwachsener, arbeitsfähiger und gesunder Mann seinen Lebensunterhalt auch in eigener Regie organisieren und bewerkstelligen und dabei im Bedarfsfall auf die diversen Unterstützungsnetzwerke zurückgreifen. Gerade darin liege einer der Unterschiede zum Entscheidungszeitpunkt, als dem Beschwerdeführer subsidiärer Schutz gewährt worden sei.

Angemerkt wurde, dass bereits der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngeren Rechtsprechung erkannt hat, dass selbst fehlende familiäre oder soziale Anknüpfungspunkte bzw. Unterstützungen in Mazar-e Sharif oder Herat Stadt nicht (mehr) zu einer Unzumutbarkeit einer Rückkehr an diese Orte führen. Auch eine schwierige Lebenssituation (bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht), die ein Rückkehrer vorfinden würde, würden für sich betrachtet nicht mehr ausreichen, um eine Rückkehr in die Städte Mazar-e Sharif oder Herat zu verneinen.

Die Lebenserfahrung betreffend wurde ausgeführt, dass insbesondere darauf hinzuweisen sei, dass der Beschwerdeführer mit seinem Aufenthalt in Österreich auch bereits unweigerlich von der Möglichkeit Gebrauch machte, auf bestehende Netzwerke zurückzugreifen, was ihm zweifelsohne im Falle einer Rückkehr in Anbetracht des damit gewonnenen Erfahrungsschatzes zugutekommen und entsprechend hilfreich sein würde. Wenn es um die Frage nach in Afghanistan bestehenden Netzwerken ginge, sei im Fall des Beschwerdeführers auf die Existenz der Verbindungen der Volksgruppe der Hazara sowie auf internationale und nationale Unterstützungsmöglichkeiten für Rückkehrer nach Afghanistan hinzuweisen. Die breite Palette an solchen ermögliche es dem Beschwerdeführer schon von Österreich aus, einen zumutbaren Weg und Ansatz für die Wiedereingliederung in die afghanische Gemeinschaft zu ergreifen.

Es sei dem Beschwerdeführer schließlich gelungen in Österreich seinen Lebensunterhalt zu bestreiten sowie die im Alltag immer wieder auftretenden Schwierigkeiten in den diversen Bereichen zu bewältigen, weswegen es ihm sehr wohl zuzumuten sei, mit seiner (neu gewonnenen) Lebenserfahrung auch in Afghanistan zumutbar leben zu können. Dies alles spreche dafür, dass der Beschwerdeführer sich (auch) aus eigenen Kräften ein notdürftiges Überleben in Afghanistan sichern kann und somit sei davon auszugehen, dass er aufgrund seiner bisherigen Lebenserfahrung über die hierzu erforderlichen Fertigkeiten verfüge.

Bezogen auf das Rückkehrhindernis hinsichtlich seiner Sozialisierung außerhalb Afghanistans sei anzumerken, dass auch dieser nunmehr keinesfalls eine Gefährdungslage der Person des Beschwerdeführers zu entnehmen sei, umso mehr es in letzter Zeit vermehrt zu einer freiwilligen Rückkehr vor allem von Flüchtlingen aus Pakistan komme, sodass keinesfalls mehr eine systematische Verfolgung aller Rückkehrer zu erkennen sei.

Es sei zu erkennen, dass der Beschwerdeführer mittlerweile eine völlig geänderte subjektive Situation im Falle einer Rückkehr zu erwarten habe, umso mehr er zum Zeitpunkt der Schutzgewährung im Jahr 2017 noch eine Person war, der man ohne familiären Background die Rückkehr nach Afghanistan nicht zumuten habe können; vor allem, weil zum damaligen Zeitpunkt die Netzwerke aller Art nicht in der nunmehr bestehenden Form vorlagen.

Dass der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt sowohl in Mazar-e Sharif als auch in Herat Stadt bestreiten könnte, sei seinem Vorbringen insofern zu entnehmen, als er glaubhaft gemacht habe, dass er über eine rund sechsjährige Schulbildung verfüge, Arbeitserfahrung als Schneider und Verkäufer in einem Lebensmittelgeschäft gesammelt habe und gesund sei.

Es lasse sich zusammengefasst kein Grund mehr feststellen, der die Rückkehr des Beschwerdeführers nach Afghanistan unzumutbar machen würde. Es sei gerade für junge Menschen ein leichtes Unterfangen, neue soziale Kontakte in einer diesen noch weitestgehend unbekannten Umgebung zu knüpfen.

7. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht am 10.12.2018 Beschwerde und begründete diese im Wesentlichen wie folgt:

Die Beweiswürdigung der belangten Behörde sei größtenteils unschlüssig sowie unbegründet und beruhe auf einem mangelhaft geführten Ermittlungsverfahren. Es würden Sachverhalte einer neuerlichen Glaubwürdigkeitsprüfung unterzogen, welche seit der erstmaligen Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten unverändert geblieben seien.

Die belangte Behörde begründete die amtswegige Aberkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten damit, dass sich deren Ansicht nach die "subjektive Lage" des Beschwerdeführers im Vergleich zum ursprünglichen Entscheidungszeitpunkt verändert habe. Es sei ihm damals dieser Status zuerkannt worden, da er außerhalb Afghanistans sozialisiert worden sei, über kein familiäres Netzwerk in Afghanistan verfüge und er im Falle einer Rückkehr auf sich allein gestellt gewesen wäre, ohne über Kenntnisse der örtlichen Gegebenheiten zu verfügen.

Die subjektive Lage solle sich dahingehend verändert haben, dass dem Beschwerdeführer nunmehr eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar-e Sharif oder Herat offen stünde, da er mittlerweile einen "Zuwachs an Lebenserfahrung" gesammelt habe. Die belangte Behörde vermeine weiters, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr keiner Unterstützung mehr bedürfe. Woher diese Feststellungen stammen würden, sei fraglich, zumal die aktuellen Länderberichte das Gegenteil belegen würden.

Wenn die belangte Behörde anführe, dass nunmehr Hilfsorganisationen existieren würden, die den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr unterstützen würden, so sei darauf Bedacht zu nehmen, dass diese Organisationen bereits 2017 existiert haben und auch hier keine Änderung eingetreten sei.

Auch die von der belangten Behörde vorgeschlagene Unterstützung durch die "Existenz der Verbindung der Volksgruppe der Hazara" stelle keine Änderung dar, zumal diese Volksgruppe auch schon 2017 in Afghanistan existiert habe.

Die gegenständliche Aberkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten stütze sich im Wesentlichen auf eine Veränderung in der Judikatur. Eine Veränderung der Judikatur stelle allerdings keine Änderung dar, wie sie insbesondere in den Vorgaben der Status-Richtlinie verlangt werde.

Ein weiteres Argument der belangten Behörde sei, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines Aufenthaltes in Österreich einen "Zuwachs an Lebenserfahrung" gesammelt habe und in Österreich seinen Lebensunterhalt bestreiten könne. Es sei nicht ersichtlich wieso ein solcher vorliegen solle und wie die Behörde zu einer solchen Feststellung gelangen konnte. Auch werde nicht weiter ausgeführt, in wie fern ein solcher "Zuwachs" bei einer Ansiedelung in Mazar-e Sharif oder Herat behilflich sein könne. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer lediglich Berufserfahrung als Schneider und Verkäufer habe, habe sich im Vergleich zum aktuellen Zeitpunkt nicht verändert, somit sei auch nicht erkennbar, aus welchem Grund ihm diese "Berufserfahrung" plötzlich zu Gute kommen solle.

Zusammengefasst komme der Beschwerdeführer zu dem Schluss, dass sich seine subjektive Situation nicht verändert habe. Die objektive Situation in Afghanistan habe sich ebenfalls nicht verbessert, vielmehr sei das Gegenteil der Fall.

In rechtlicher Sicht habe sich die Behörde an keiner Stelle auf die Vorgaben der Status- Richtlinie berufen, welche Primärrecht der Europäischen Union darstelle und somit unmittelbar und vorrangig anzuwenden sei. Die Status-Richtlinie verlange eine "wesentliche und nicht bloß vorübergehende Änderung" der Umstände, die zur Gewährung des subsidiären Schutzes geführt haben. Eine solche liege offensichtlich nicht vor und sei auch von der belangten Behörde nicht nachgewiesen worden. Darüber hinaus könne nicht davon ausgegangen werden, dass eine solche nachhaltige Veränderung überhaupt nach einem Jahr festgestellt werden könne, da dies keinen angemessenen Beobachtungszeitraum darstelle.

Weiters verabsäume es die belangte Behörde vollständig, auf die Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.10.2017 Bedacht zu nehmen, stattdessen nehme sie eine neue rechtliche Beurteilung eines gleich gebliebenen Sachverhaltes vor. Eine Veränderung der Judikatur könne jedenfalls keinen Grund für eine Durchbrechung der Rechtskraft darstellen.

Es liege daher keine Veränderung der Sach- oder Rechtslage vor, weder der subjektiven Lage des Beschwerdeführers noch der objektiven Lage in Afghanistan. Die Gründe für die Schutzgewährung lägen somit immer noch vor und es sei die befristete Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers um zwei Jahre zu verlängern.

8. Einlangend am 12.12.2018 wurde die Beschwerde - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - samt zugehörigem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht auf Grundlage der Einvernahme des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie durch ein Organ der belangten Behörde sowie der Einsichtnahme in den Bezug habenden Verwaltungsakt, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister sowie das Grundversorgungs-Informationssystem fest. Aus den diesbezügliche Angaben und Informationen werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und dessen Fluchtgründen:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, trägt den im Spruch angeführten Namen und ist an dem dort angegebenen Datum geboren worden. Er gehört der Volksgruppe der Hazara an und bekennt sich zum schiitischen Islam.

Der Beschwerdeführer wurde im Iran geboren und lebte bis zu seiner Flucht ebendort. Er hat sich nie in Afghanistan aufgehalten.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

Die Familienangehörigen des Beschwerdeführers leben - immer noch - im Iran, der Beschwerdeführer verfügt auch weiterhin über kein soziales Netz in Afghanistan, dass ihn bei einer Rückkehr dorthin unterstützen könnte.

1.2.

Dem Beschwerdeführer wurde mit Erkenntnis vom 30.10.2017 vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan zuerkennt und ihm eine befristete Aufenthaltsgenehmigung erteilt.

Mit Bescheid vom 09.11.2018 erkannte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer den zuvor durch das Bundesverwaltungsgericht zuerkannten Status eines subsidiär Schutzberechtigten nach § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ab, und wies den gestellten Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung ab. Es wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und eine Rückkehrentscheidung gegen diesen erlassen. Weiters wurde festgestellt, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und dem Beschwerdeführer eine Frist zur freiwilligen Ausreise gegeben.

Es hat sich an den maßgeblichen subjektiven Umständen des Beschwerdeführers, die zur Gewährung des subsidiären Schutzes geführt haben, nichts Wesentliches geändert.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

1.3.1. Aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan, letzte Gesamtaktualisierung vom 13.11.2019, wird auszugsweise und beschränkt auf die relevanten Abschnitte wie folgt angeführt:

Sicherheitslage

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC 27.2.2018).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (INSO o.D.).

Für das Jahr 2017 registrierte die UN insgesamt 23.744 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan (UNGASC 27.2.2018); für das gesamte Jahr 2016 waren es 23.712 (UNGASC 9.3.2017). Landesweit wurden für das Jahr 2015 insgesamt 22.634 sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert (UNGASC 15.3.2016).

Im Jahr 2017 waren auch weiterhin bewaffnete Zusammenstöße Hauptursache (63%) aller registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und Luftangriffen. Für das gesamte Jahr 2017 wurden 14.998 bewaffnete Zusammenstöße registriert (2016: 14.977 bewaffnete Zusammenstöße) (USDOD 12.2017). Im August 2017 stuften die Vereinten Nationen (UN) Afghanistan, das bisher als "Post-Konflikt-Land" galt, wieder als "Konfliktland" ein; dies bedeute nicht, dass kein Fortschritt stattgefunden habe, jedoch bedrohe der aktuelle Konflikt die Nachhaltigkeit der erreichten Leistungen (UNGASC 10.8.2017).

Die Zahl der Luftangriffe hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 um 67% erhöht, die gezielter Tötungen um 6%. Ferner hat sich die Zahl der Selbstmordattentate um 50% erhöht. Die östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von südlichen Regionen. Diese beiden Regionen zusammen waren von 55% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle betroffen (UNGASC 27.2.2018). Für den Berichtszeitraum 15.12.2017 - 15.2.2018 kann im Vergleich zum selben Berichtszeitraum des Jahres 2016, ein Rückgang (-6%) an sicherheitsrelevanten Vorfällen verzeichnet werden (UNGASC 27.2.2018).

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren (USDOD 12.2017). Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vgl. AAN 6.6.2018) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF (USDOD 12.2017; vgl. UNGASC 27.2.2018); diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu (UNGASC 27.2.2018).

Die von den Aufständischen ausgeübten öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe in städtischen Zentren beeinträchtigten die öffentliche Moral und drohten das Vertrauen in die Regierung zu untergraben. Trotz dieser Gewaltserie in städtischen Regionen war im Winter landesweit ein Rückgang an Talibanangriffen zu verzeichnen (UNGASC 27.2.2018). Historisch gesehen gehen die Angriffe der Taliban im Winter jedoch immer zurück, wenngleich sie ihre Angriffe im Herbst und Winter nicht gänzlich einstellen. Mit Einzug des Frühlings beschleunigen die Aufständischen ihr Operationstempo wieder. Der Rückgang der Vorfälle im letzten Quartal 2017 war also im Einklang mit vorangegangenen Schemata (LIGM 15.2.2018).

Anschläge bzw. Angriffe und Anschläge auf hochrangige Ziele

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten auch weiterhin "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (USDOD 12.2017; vgl. SBS 28.2.2018, NZZ 21.3.2018, UNGASC 27.2.2018). Möglicherweise sehen Aufständische Angriffe auf die Hauptstadt als einen effektiven Weg, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu untergraben, anstatt zu versuchen, Territorium in ländlichen Gebieten zu erobern und zu halten (BBC 21.3.2018).

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht (USDOD 12.2017). In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt (AJ 24.2.2018; vgl. Slate 22.4.2018). Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheitsoperationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden (BBC 21.3.2018); auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (WSJ 21.3.2018).

Landesweit haben Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, in den Monaten vor Jänner 2018 ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (TG 29.1.2018; vgl. BBC 29.1.2018); auch hat die Gewalt Aufständischer gegenüber Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban verstärken ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht, seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Die Hauptstadt Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (AP 30.1.2018).

Angriffe auf afghanische Sicherheitskräfte und Zusammenstöße zwischen diesen und den Taliban finden weiterhin statt (AJ 22.5.2018; AD 20.5.2018).

Registriert wurde auch eine Steigerung öffentlichkeitswirksamer gewalttätiger Vorfälle (UNGASC 27.2.2018), von denen zur Veranschaulichung hier auszugsweise einige Beispiele wiedergegeben werden sollen (Anmerkung der Staatendokumentation: Die folgende Liste enthält öffentlichkeitswirksame (high-profile) Vorfälle sowie Angriffe bzw. Anschläge auf hochrangige Ziele und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit).

* Selbstmordanschlag vor dem Ministerium für ländliche Rehabilitation und Entwicklung (MRRD) in Kabul: Am 11.6.2018 wurden bei einem Selbstmordanschlag vor dem Eingangstor des MRRD zwölf Menschen getötet und 30 weitere verletzt. Quellen zufolge waren Frauen, Kinder und Mitarbeiter des Ministeriums unter den Opfern (AJ 11.6.2018). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Angriff (Reuters 11.6.2018; Gandhara 11.6.2018).

* Angriff auf das afghanische Innenministerium (MoI) in Kabul: Am 30.5.2018 griffen bewaffnete Männer den Sitz des MoI in Kabul an, nachdem vor dem Eingangstor des Gebäudes ein mit Sprengstoff geladenes Fahrzeug explodiert war. Bei dem Vorfall kam ein Polizist ums Leben. Die Angreifer konnten nach einem zweistündigen Gefecht von den Sicherheitskräften getötet werden. Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Angriff (CNN 30.5.2018; vgl. Gandhara 30.5.2018)

* Angriff auf Polizeistützpunkte in Ghazni: Bei Taliban-Anschlägen auf verschiedene Polizeistützpunkte in der afghanischen Provinz Ghazni am 21.5.2018 kamen mindestens 14 Polizisten ums Leben (AJ 22.5.2018).

* Angriff auf Regierungsbüro in Jalalabad: Nach einem Angriff auf die Finanzbehörde der Provinz Nangarhar in Jalalabad kamen am 13.5.2018 mindestens zehn Personen, darunter auch Zivilisten, ums Leben und 40 weitere wurden verletzt (Pajhwok 13.5.2018; vgl. Tolonews 13.5.2018). Die Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (AJ 13.5.2018). Quellen zufolge bekannte sich der Islamische Staat (IS) zum Angriff (AJ 13.5.2018).

* Angriff auf Polizeireviere in Kabul: Am 9.5.2018 griffen bewaffnete Männer jeweils ein Polizeirevier in Dasht-e-Barchi und Shar-i-Naw an und verursachten den Tod von zwei Polizisten und verwundeten sechs Zivilisten. Auch wurden Quellen zufolge zwei Attentäter von den Sicherheitskräften getötet (Pajhwok 9.5.2018). Der IS bekannte sich zum Angriff (Pajhwok 9.5.2018; vgl. Tolonews 9.5.2018).

* Selbstmordangriff in Kandahar: Bei einem Selbstmordanschlag auf einen Konvoi der NATO-Truppen in Haji Abdullah Khan im Distrikt Daman der Provinz Kandahar sind am 30.4.2018 elf Kinder ums Leben gekommen und 16 weitere Menschen verletzt worden; unter den Verletzten befanden sich u.a. rumänische Soldaten (Tolonews 30.4.2018b; vgl. APN 30.4.2018b, Focus 30.4.2018, IM 30.4.2018). Weder der IS noch die Taliban reklamierten den Anschlag für sich (Spiegel 30.4.2018; vgl. Tolonews 30.4.2018b).

* Doppelanschlag in Kabul: Am 30.4.2018 fand im Bezirk Shash Derak in der Hauptstadt Kabul ein Doppelanschlag statt, bei dem Selbstmordattentäter zwei Explosionen verübten (AJ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a). Die erste Detonation erfolgte in der Nähe des Sitzes des afghanischen Geheimdienstes (NDS) und wurde von einem Selbstmordattentäter auf einem Motorrad verübt; dabei wurden zwischen drei und fünf Menschen getötet und zwischen sechs und elf weitere verletzt (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018b); Quellen zufolge handelte es sich dabei um Zivilisten (Focus 30.4.2018). Die zweite Detonation ging von einem weiteren Selbstmordattentäter aus, der sich, als Reporter getarnt, unter die am Anschlagsort versammelten Journalisten, Sanitäter und Polizisten gemischt hatte (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018b, Pajhwok 30.4.2018, Tolonews 30.4.2018a). Dabei kamen u.a. zehn Journalisten ums Leben, die bei afghanischen sowie internationalen Medien tätig waren (TI 1.5.2018; vgl. AJ 30.4.2018, APN 30.4.2018a,). Bei den beiden Anschlägen sind Quellen zufolge zwischen 25 und 29 Personen ums Leben gekommen und 49 verletzt worden (AJ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a, DZ 30.4.2018, Tolonews 30.4.2018a). Der IS bekannte sich zu beiden Angriffen (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a). Quellen zufolge sind Geheimdienstmitarbeiter das Ziel des Angriffes gewesen (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a).

* Angriff auf die Marshal Fahim Militärakademie: Am 29.1.2018 attackierten fünf bewaffnete Angreifer einen militärischen Außenposten in der Nähe der Marshal Fahim Militärakademie (auch bekannt als Verteidigungsakademie), die in einem westlichen Außendistrikt der Hauptstadt liegt. Bei dem Vorfall wurden mindestens elf Soldaten getötet und 15 weitere verletzt, bevor die vier Angreifer getötet und ein weiterer gefasst werden konnten. Der IS bekannte sich zu dem Vorfall (Reuters 29.1.2018; vgl. NYT 28.1.2018).

* Bombenangriff mit einem Fahrzeug in Kabul: Am 27.1.2018 tötete ein Selbstmordattentäter der Taliban mehr als 100 Menschen und verletzte mindestens 235 weitere (Reuters 27.1.2018; vgl. TG 28.1.2018). Eine Bombe - versteckt in einem Rettungswagen - detonierte in einem schwer gesicherten Bereich der afghanischen Hauptstadt (TG 27.1.2018; vgl. TG 28.1.2018) - dem sogenannten Regierungs- und Diplomatenviertel (Reuters 27.1.2018).

* Angriff auf eine internationale Organisation (Save the Children - SCI) in Jalalabad: Am 24.1.2018 brachte ein Selbstmordattentäter ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug am Gelände der Nichtregierungsorganisation (NGO) Save The Children in der Provinzhauptstadt Jalalabad zur Explosion. Mindestens zwei Menschen wurden getötet und zwölf weitere verletzt; der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (BBC 24.1.2018; vgl. Reuters 24.1.2018, TG 24.1.2018).

* Angriff auf das Hotel Intercontinental in Kabul: Am 20.1.2018 griffen fünf bewaffnete Männer das Luxushotel Intercontinental in Kabul an. Der Angriff wurde von afghanischen Truppen abgewehrt, nachdem die ganze Nacht um die Kontrolle über das Gebäude gekämpft worden war (BBC 21.1.2018; vgl. DW 21.1.2018). Dabei wurden mindestens 14 Ausländer/innen und vier Afghan/innen getötet. Zehn weitere Personen wurden verletzt, einschließlich sechs Mitglieder der Sicherheitskräfte (NYT 21.1.2018). 160 Menschen konnten gerettet werden (BBC 21.1.2018). Alle fünf Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (Reuters 20.1.2018). Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff (DW 21.1.2018).

* Selbstmordattentat mit einem mit Sprengstoff beladenen Tanklaster:

Am 31.5.2017 kamen bei einem Selbstmordattentat im hochgesicherten Diplomatenviertel Kabuls mehr als 150 Menschen ums Leben, mindestens 300 weitere wurden schwer verletzt (FAZ 6.6.2017; vgl. AJ 31.5.2017, BBC 31.5.2017; UN News Centre 31.5.2017). Der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (FN 7.6.2017).

Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, an Nangarhar im Südosten, an Logar im Süden und an (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Provinz Kabul besteht aus folgenden Einheiten (Pajhwok o.D.z): Bagrami, Chaharasyab/Char Asiab, Dehsabz/Deh sabz, Estalef/Istalif, Farza, Guldara, Kabul Stadt, Kalakan, Khak-e Jabbar/Khak-i-Jabar, Mirbachakot/Mir Bacha Kot, Musayi/Mussahi, Paghman, Qarabagh, Shakardara, Surobi/Sorubi (UN OCHA 4-2014; vgl. Pajhwok o.D.z).

Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.679.648 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander in Kabul Stadt (Pajhwok o.D.z). Menschen aus unsicheren Provinzen, auf der Suche nach Sicherheit und Jobs, kommen nach Kabul - beispielsweise in die Region Shuhada-e Saliheen (LAT 26.3.2018). In der Hauptstadt Kabul existieren etwa 60 anerkannte informelle Siedlungen, in denen 65.000 registrierte Rückkehrer/innen und IDPs wohnen (TG 15.3.2018).

Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen: den Hamid Karzai International Airport (HKIR) (Tolonews 25.2.2018; vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3). Auch soll die vierspurige "Ring Road", die Kabul mit angrenzenden Provinzen verbindet, verlängert werden (Tolonews 10.9.2017; vgl. Kapitel 3.35.).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen (Reuters 14.3.2018), die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben (Reuters 14.3.2018; vgl. UNGASC 27.2.2018). Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen (Khaama Press 26.3.2018; vgl. FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018). Im Jahr 2017 und in den ersten Monaten des Jahres 2018 kam es zu mehreren "high-profile"-Angriffen in der Stadt Kabul; dadurch zeigte sich die Angreifbarkeit/Vulnerabilität der afghanischen und ausländischen Sicherheitskräfte (DW 27.3.2018; vgl. VoA 19.3.2018 SCR 3.2018, FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017- 30.4.2018 wurden in der Provinz 410 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Im gesamten Jahr 2017 wurden 1.831 zivile Opfer (479 getötete Zivilisten und 1.352 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Selbstmordanschläge, gefolgt von IEDs und gezielte Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 4% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Für Kabul-Stadt wurden insgesamt 1.612 zivile Opfer registriert; dies bedeutet eine Steigerung von 17% im Gegensatz zum Vorjahr 2016 (440 getötete Zivilisten und 1.172 Verletzte) (UNAMA 2.2018).

Im Jahr 2017 war die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans in der Provinz Kabul zu verzeichnen, die hauptsächlich auf willkürliche Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen waren; 16% aller zivilen Opfer in Afghanistan sind in Kabul zu verzeichnen.

Selbstmordangriffe und komplexe Attacken, aber auch andere Vorfallsarten, in denen auch IEDs verwendet wurden, erhöhten die Anzahl ziviler Opfer in Kabul. Dieser öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriff im Mai 2017 war alleine für ein Drittel ziviler Opfer in der Stadt Kabul im Jahr 2017 verantwortlich (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen und Maßnahmen der afghanischen Regierung in der Provinz Kabul

Regelmäßig werden in der Hauptstadt Sicherheitsoperationen durch die Regierung in unterschiedlichen Gebieten ausgeführt (Tolonews 31.1.2018; vgl. AT 18.3.2018, RS 28.2.2018; vgl. MF 18.3.2018). Im Rahmen des neuen Sicherheitsplanes sollen außerdem Hausdurchsuchungen ausgeführt werden (MF 18.3.2018). Um die Sicherheitslage in Kabul-Stadt zu verbessern, wurden im Rahmen eines neuen Sicherheitsplanes mit dem Namen "Zarghun Belt" (der grüne Gürtel), der Mitte August 2017 bekannt gegeben wurde, mindestens 90 Kontrollpunkte in den zentralen Teilen der Stadt Kabul errichtet. Die afghanische Regierung deklarierte einen Schlüsselbereich der afghanischen Hauptstadt zur "Green Zone" - dies ist die Region, in der wichtige Regierungsinstitutionen, ausländische Vertretungen und einige Betriebe verortet sind (Tolonews 7.2.2018). Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017). Die neue Strategie beinhaltet auch die Schließung der Seitenstraßen, welche die Hauptstadt Kabul mit den angrenzenden Vorstädten verbinden; des Weiteren, werden die Sicherheitskräfte ihre Präsenz, Personenkontrollen und geheimdienstlichen Aktivitäten erhöhen (Tolonews 7.2.2018). Damit soll innerhalb der Sicherheitszone der Personenverkehr kontrolliert werden. Die engmaschigen Sicherheitsmaßnahmen beinhalten auch eine erhöhte Anzahl an Sicherheitskräften und eine Verbesserung der Infrastruktur rund um Schlüsselbereiche der Stadt (Tolonews 1.3.2018). Insgesamt beinhaltet dieser neue Sicherheitsplan 52 Maßnahmen, von denen die meisten nicht veröffentlicht werden (RFE/RL 7.2.2018). Auch übernimmt die ANA einige der porösen Kontrollpunkte innerhalb der Stadt und bildet spezialisierte Soldaten aus, um Wache zu stehen. Des Weiteren soll ein kreisförmiger innerer Sicherheitsmantel entstehen, der an einen äußeren Sicherheitsring nahtlos anschließt - alles dazwischen muss geräumt werden (Reuters 14.3.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in der Provinz Kabul

Sowohl die Taliban als auch der IS verüben öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriffe in der Stadt Kabul (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 17.3.2018, Dawn 31.1.2018), auch dem Haqqani-Netzwerk wird nachgesagt, Angriffe in der Stadt Kabul zu verüben (RFE/RL 30.1.2018; vgl. NYT 9.3.2018, VoA 1.6.2017). So existieren in der Hauptstadt Kabul scheinbar eine Infrastruktur, Logistik und möglicherweise auch Personal ("terrorists to hire"), die vom Haqqani-Netzwerk oder anderen Taliban-Gruppierungen, Splittergruppen, die unter der Flagge des IS stehen, und gewaltbereiten pakistanischen sektiererischen (anti-schiitischen) Gruppierungen verwendet werden (AAN 5.2.2018).

Zum Beispiel wurden zwischen 27.12.2017 und 29.1.2018 acht Angriffe in drei Städten ausgeführt, zu denen neben Jalalabad und Kandahar auch Kabul zählte - fünf dieser Angriffe fanden dort statt. Nichtsdestotrotz deuten die verstärkten Angriffe - noch - auf keine größere Veränderung hinsichtlich des "Modus Operandi" der Taliban an (AAN 5.2.2018).

Für den Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden in der Provinz Kabul vom IS verursachte Vorfälle registriert (Gewalt gegenüber Zivilist/innen und Gefechte) (ACLED 23.2.2018).

Herat

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel/Injil, Ghorian/Ghoryan, Guzra/Guzara und Pashtoon Zarghoon/Pashtun Zarghun, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba/Obe, Kurkh/Karukh, Kushk, Gulran, Kuhsan/Kohsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirke zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna/Kushki Kohna, Farsi, und Chisht-i-Sharif/Chishti Sharif als Bezirke dritter Stufe (UN OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o. D.). Provinzhauptstadt ist Herat-Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat (CP 21.9.2017). In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o.D.).

Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz (AJ 8.3.2012). Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran-Produktion (AJ 8.3.2012; vgl. EN 9.11.2017). Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Safran soll eine Alternative zum Mohnanbau werden (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Anfang Jänner 2018 wurde ein Labor zur Kontrolle der Safran-Qualität in Herat errichtet (Pajhwok 13.1.2018). Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. (Tolonews 10.11.2017). Insgesamt wurden 2017 in der Provinz min. 8 Tonnen Safran produziert; im Vorjahr 2016 waren es 6.5 Tonnen (Pajhwok 13.1.2018; vgl. EN 9.11.2017). Trotzdem stieg im Jahr 2017 in der Provinz die Opiumproduktion. In den Distrikten Shindand und Kushk, geprägt von schlechter Sicherheitslage, war der Mohnanbau am höchsten (UNODC 11.2017).

Im Dezember 2017 wurden verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 Km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2017).

Mitte März 2018 wurde der Bau der TAPI-Leitung in Afghanistan eingeweiht. Dabei handelt es sich um eine 1.800 Km lange Pipeline für Erdgas, die Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan und Indien 30 Jahre lang mit 33 Billionen m³ turkmenischem Erdgas versorgen soll. Die geplante Leitung wird sich entlang der Herat-Kandahar-Autobahn erstrecken. Somit wird sie durch Gegenden, auf die die Taliban einen starken Einfluss haben, verlaufen. Jedoch erklärten die Taliban, TAPI sei ein "wichtiges Projekt" und sie würden es unterstützen (PPG 26.2.2018; vgl. RFE/RL 23.2.2018). Im Rahmen des TAPI-Projekts haben sich 70 Taliban bereit erklärt, an den Friedensprozessen teilzunehmen (Tolonews 4.3.2018). Um Sicherheit für die Umsetzung des TAPI-Projekts zu gewähren, sind tausende Sicherheitskräfte entsandt worden (Tolonews 14.3.2018).

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat (Khaama Press 25.10.2017).

Die Provinz ist u.a. ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt - speziell von Kindern (Pajhwok 21.1.2017).

Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (AN 18.2.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Herat

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Auch werden Luftangriffe verübt (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017); dabei wurden Taliban getötet (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AJ 25.6.2017; vgl. AAN 11.1.2017). In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W) afghanische Streitmächte im Osten Afghanistans unterstützen (MdD o. D.).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Herat

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018;

vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Dem Iran wird von verschiedenen Quellen nachgesagt, afghanische Talibankämpfer auszubilden und zu finanzieren (RFE/RL 23.2.2018;

vgl. Gandhara 22.2.2018, IP 13.8.2017, NYT 5.8.2017). Regierungsfeindliche Aufständische griffen Mitte 2017 heilige Orte, wie schiitische Moscheen, in Hauptstädten wie Kabul und Herat, an (FAZ 1.8.2017; vgl. DW 1.8.2017). Dennoch erklärten Talibanaufständische ihre Bereitschaft, das TAPI-Projekt zu unterstützen und sich am Friedensprozess zu beteiligen (AF 14.3.2018; vgl. Tolonews 4.3.2018). Es kam zu internen Konflikten zwischen verfeindeten Taliban-Gruppierungen (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017).

Anhänger des IS haben sich in Herat zum ersten Mal für Angriffe verantwortlich erklärt, die außerhalb der Provinzen Nangarhar und Kabul verübt wurden (UNAMA 2.2018).

ACLED registrierte für den Zeitraum 1.1.2017-15.7.2017 IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen die Zivilbevölkerung) in der Provinz Herat (ACLED 23.2.2017).

Balkh Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm; die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich von Balkh. Die Provinzen Kunduz und Samangan liegen im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y).

Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (CSO 4.2017).

Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.: Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.:

Provinzhauptstadt Baghlan]; sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staaatendokumentation 4.2018). In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3).

Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017).

Nach monatelangen Diskussionen hat Ende März 2018 der ehemalige Gouverneur der Provinz Balkh Atta Noor seinen Rücktritt akzeptiert und so ein Patt mit dem Präsidenten Ghani beendet. Er ernannte den Parlamentsabgeordneten Mohammad Ishaq Rahgozar als seinen Nachfolger zum Provinzgouverneur (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Reuters 22.3.2018). Der neue Gouverneur versprach, die Korruption zu bekämpfen und die Sicherheit im Norden des Landes zu garantieren (Tolonews 24.3.2018).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018).

Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).

In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Balkh

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen (Khaama Press 16.1.2018). Diese militärischen Operationen werden in gewissen Gegenden der Provinz geführt (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT.3.2018, Pajhwok 21.8.2017, Pajhwok 10.7.2017). Dabei werden Taliban getötet (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT 6.3.2018, Pajhwok 10.7.2017) und manchmal auch ihre Anführer (Tolonews 18.3.2018; vgl. Tolonews 7.3.2018, PT 6.3.2018, Tolonews 22.4.2017).

Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 7.3.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Balkh

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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