TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/24 I414 2229842-1

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Veröffentlicht am 24.03.2020
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Entscheidungsdatum

24.03.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs3
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
StGB §127
StGB §128 Abs1
StGB §129
StGB §130
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I414 2229842-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Tschechien, vertreten durch die XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.02.2020, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die Dauer des Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 FPG auf sechs (6) Jahre herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Am 11.04.2019 wurde gegen den Beschwerdeführer (in der Folge als BF bezeichnet) die Untersuchungshaft verhängt (AS 47 ff).

Der BF wurde im Rahmen, eines ihm am 28.06.2019 zugestellten Schreibens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden als BFA bezeichnet), anlässlich seiner Anhaltung in Untersuchungshaft über die Einleitung eines Aufenthaltsbeendigungsverfahren in Kenntnis gesetzt. Zugleich wurde er aufgefordert, binnen 10 (zehn) Tagen ab Erhalt dieses Schreibens, unter Darlegung seiner persönlichen und finanziellen Verhältnisse Stellung zu beziehen (AS 3 ff).

Eine Stellungnahme langte bis dato bei der belangten Behörde nicht ein, jedoch ersuchte er mit Schreiben vom 24.10.2019 um vorläufiges Absehen vom Strafvollzug wegen Einreiseverbotes oder Aufenthaltverbotes im Sinne des § 133a Strafvollzuggesetz (StVG) [AS 61].

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 08.07.2019, Zl. XXXX, wurde der BF wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls, teils durch Einbruch, nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und Z 3, 130 Abs 2 zweiter Fall iVm Abs 1 und 15 Strafgesetzbuch (StGB) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 (zwanzig) Monaten verurteilt (AS 31 ff).

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von 8 (acht) Jahren erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub gewährt (Spruchpunkt II.) und der Beschwerde gegen den Bescheid gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.) [AS 77 ff].

Mit Verfahrensanordnung vom 10.02.2020 wurde dem BF die XXXXals Rechtsberatung für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt (AS 93 ff).

Dagegen richtet sich die wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und inhaltlicher Rechtswidrigkeit erhobene Beschwerde. Zugleich wurde, die Aufhebung des Bescheides, in eventu die Herabsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der BF seinen Lebensmittelpunkt in der Tschechischen Republik habe und dort auch seine Frau und die beiden gemeinsamen Kinder leben würden. Der BF arbeite in Tschechien und repariere Staubsauger und spreche gut Deutsch. Aufgrund seiner Sprachkenntnisse werde er häufig im deutschsprachigen Raum eingesetzt. Der BF sei einsichtig und er habe einen großen Fehler gemacht. Nach seiner Haftstrafe werde er auch zurück nach Tschechien gehen, jedoch würde das achtjährige Aufenthaltsverbot bedeuten, dass er seinen Beruf nicht mehr ordentlich ausüben könne, weil er in dieser Zeit nicht mehr in Österreich eingesetzt werden könne. Im angefochtenem Bescheid sei das relativ geringe Strafausmaß von 20 Monaten nicht berücksichtigt worden. Der BF wisse, dass er einen schweren Fehler begangen habe, er deshalb auch eine Haftstrafe absitzen müsse und eine gewisse Zeit werde er auch nicht nach Österreich einreisen dürfen, daher habe er von einer Stellungnahme zu der beabsichtigten aufenthaltsbeendenden Maßnahme Abstand genommen (AS 109 ff).

Mit Beschwerdevorlage vom 19.03.2020, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 24.03.2020, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor (AS 121).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist Staatsangehöriger der Tschechischen Republik und ist volljährig.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig.

Der BF hat seinen Lebensmittelpunkt in Tschechien.

Der BF verfügt in Österreich über keine privaten, familiären oder sonstigen sozialen Bindungen, abgesehen von der Justizanstalt auch über keine eigene gesicherte Unterkunft. Sein Privatleben beschränkt sich auf die Kontakte in der Justizanstalt. Eine Anmeldebescheinigung wurde ihm weder ausgestellt noch von ihm beantragt.

Der Verurteilung des BF durch das Landesgericht XXXX liegt zugrunde, dass er gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen in einem von €

5.000,-- übersteigenden Wert großteils durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, nämlich am 11.04.2019 in XXXX, indem er Kellerabteile aufbrach und Gegenstände im Gesamtwert von €

2.500,-- stahl, am 07.12.2018 in XXXX ein versperrtes Elektrofahrrad im Wert von € 1.200.-- aus dem frei zugänglichen Abstellraum mitnahm, am 10.12.2018 in XXXX, indem er Kellerabteile aufbrach und Gegenstände im Gesamtwert von € 4.550,--, am 19.02.2019 in XXXX, indem er versuchte, eine Eingangstür zum Mehrparteienhaus aufzubrechen, am 19.02.2019 in XXXX mehrere Kellerabteile aufbrach, wobei es jedoch beim Versuch blieb, acht PKW-Komplettreifen aus einer nicht versperrten Tiefgarage im Gesamtwert von € 2.000,-- entnahm und am 25.02.2019 in XXXX einen Schlüsselsafe aufbrach.

Der BF hat dadurch Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls, teils durch Einbruch begangen, und wurde - ausgehend von einem Strafrahmen von bis zu 5 (fünf) Jahren Freiheitsstrafe gemäß § 130 Abs 2 StGB - zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 (zwanzig) Monaten rechtskräftig verurteilt. Als mildernd wurde das Geständnis, die teilweise Sicherstellung der gestohlenen Sachen sowie der teilweise Versuch, als erschwerend die mehrfache Tatwiederholung sowie die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, gewertet.

Es wird festgestellt, dass der BF die besagten Straftaten begangen und die beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt hat.

Der BF befindet sich derzeit in Strafhaft.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht aufgrund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahren und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität, Staatsangehörigkeit, fehlendem Besitz einer Anmeldebescheinigung sowie in der Republik Tschechien gelegenen Lebensmittelpunkt getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen. Darüber hinaus wird im Beschwerdeschriftsatz ausgeführt, dass der BF seinen Lebensmittelpunkt in Tschechien habe und dort seine Frau und seine beiden Kinder leben würden und er nach seiner Entlassung aus der Haft wieder nach Tschechien zurückkehren möchte. Aus dem Zentralen Melderegister und aus dem Fremdenregister kann nicht entnommen werden, dass der BF eine Antragstellung auf Ausstellung einer Anmeldebescheinigung gestellt hat.

Die Feststellungen zur Arbeitsfähigkeit und zum Gesundheitszustand des BF beruhen darauf, dass er in einem erwerbsfähigen Alter ist und nach den Ausführungen des Beschwerdeschriftsatzes bis zu seiner Inhaftierung in seinem Heimatland berufstätig war und keine Hinweise auf gesundheitliche Einschränkungen bestehen.

Die strafgerichtliche Verurteilung des BF samt den näheren Ausführungen sowie die Feststellung, wonach der BF die Straftaten begangen hat, ergeben sich aus der Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich und der Ausfertigung des oben zitierten Strafurteils.

Die Feststellungen, wonach der BF abgesehen von der Meldung in der Justizanstalt keine Wohnsitzmeldung in Österreich aufscheint und er sich derzeit in der Justizanstalt befindet, ergeben sich aus dem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

3. Rechtliche Beurteilung:

Als Staatsangehöriger von Tschechien ist der BF EWR-Bürger iSd § 2 Abs 4 Z 8 FPG.

Gemäß § 67 Abs 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen EWR-Bürger, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Gemäß § 67 Abs 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Wenn der EWR-Bürger eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt (so etwa, wenn er zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren verurteilt wurde), kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs 3 FPG auch unbefristet erlassen werden.

Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auch auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0075).

Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 19.02.2014, 2013/22/0309).

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Gemäß § 9 BFA-VG ist (ua) die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG, durch das in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist vorweg festzuhalten, dass das BVwG die Beschwerdeausführungen für nicht stichhältig, die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Bescheids dagegen für zutreffend erachtet. Dem Beschwerdevorbringen ist somit lediglich Folgendes zu erwidern:

Mangels eines längerfristigen kontinuierlichen Aufenthalts des BF in Österreich ist der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs 1 zweiter Satz FPG ("tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt") anzuwenden.

Der BF wurde unbestritten wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls, teils durch Einbruch, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 (zwanzig) Monaten verurteilt.

Der Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich darauf zu prüfen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug der Freiheitsstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. etwa VwGH 21.02.2013, Zl. 2011/23/0192). Der BF befindet sich noch in Strafhaft und kann daher ein Wohlverhalten nicht geprüft werde. Der BF wurde auch sofort bei Verhaftung in U-Haft genommen und befand sich bis zu seiner Verurteilung auch dort.

Das, durch Tatwiederholungen sowie die einschlägigen Vorstrafen, geprägtes Verhalten des BF lässt erkennen, dass dieser dazu neigt, gültige Normen und Regeln zu ignorieren und zur Befriedigung von Bereicherungsgelüsten nicht vor der Begehung von Straftaten zurückschreckt.

Der BF hat sein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Österreich und damit auch seine unionsrechtliche Freizügigkeit zum Begehen strafbarer Handlungen missbraucht.

Der belangten Behörde ist sohin nicht entgegenzutreten, wenn diese von einer maßgeblichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch den BF ausgeht.

Der mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF muss verhältnismäßig sein. Auch diese Voraussetzung ist hier erfüllt, zumal sich sein Lebensmittelpunkt nie in Österreich befand und er hier weder einen Wohnsitz noch andere private oder familiäre Anknüpfungspunkte hat. Das Aufenthaltsverbot bedeutet zwar eine Einschränkung seiner Beschäftigungsmöglichkeiten, aber kein generelles Berufsverbot, wie die Beschwerde behauptet, zumal es sich nur auf das österreichische Bundesgebiet bezieht. Es ist dem BF zumutbar, während der Dauer des Aufenthaltsverbots als Techniker zur Reparatur von Staubsaugern außerhalb Österreichs tätig zu sein. Dem vergleichsweise geringen Eingriff in sein Privatleben steht die strafgerichtliche Verurteilung und das öffentliche Interesse an der Verhinderung derartiger strafbarer Handlungen gegenüber. Der BF hat starke Bindungen zu seinem Herkunftsstaat, wo der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen liegt. Das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegt daher im Ergebnis sein persönliches Interesse.

Unter Bedachtnahme auf Art und Schwere der Straftaten, auf das Persönlichkeitsbild, das sich ergibt, und das Gesamtverhalten des BF ist die für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erforderliche aktuelle Gefährdung von öffentlichen Interessen in maßgeblicher Intensität zu bejahen.

Nichtsdestotrotz ist auch im Fall des BF eine Einzelfallbetrachtung iSd § 67 Abs. 1 und 2 FPG anzustellen, in deren Zuge auch, unter Beachtung der in Abs. 3 genannten Tatbestände, ein Blick auf die Strafhöhe und das verletzte Rechtsgut zu werfen ist, die die Verhängung eines achtjährigen Aufenthaltsverbots rechtfertigen.

Hält man sich vor Augen, dass gegen den BF eine Freiheitsstrafe von zwanzig Monaten ausgesprochen wurde, der Strafrahmen jedoch bis zu fünf Jahre möglich wäre - die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zwanzig Monaten zu einem Drittel ausgeschöpft wurde - und der BF erstmalig in Österreich straffällig wurde, erscheint die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes in der Dauer von acht Jahren als zu hoch. Zu denken ist etwa an eine größere Anzahl von Verurteilungen, die unmittelbare Beeinträchtigung eines schützenswerteren Rechtsgutes (Freiheit, körperliche Unversehrtheit).

Angesichts der vom BF begangenen Straftat, der Strafhöhe und seiner Geständigkeit, die teilweise Sicherstellung der gestohlenen Sachen sowie der teilweise Versuch im Strafverfahren, wird wohl im Sinne der bezughabenden Judikatur des VwGH - wonach die Dauer des Aufenthaltsverbotes sich am Bestehen der für den Ausspruch eines solchen maßgeblichen Gründe zu orientieren hat (vgl. VwGH 24.09.2009, 2007/18/0396) - anzunehmen sein, dass das von der belangten Behörde verhängte Aufenthaltsverbot eine angemessene Reduktion zu erfahren haben wird.

Die Bemessung des Aufenthaltsverbotes mit einer Dauer von acht Jahren erweist sich sohin als nicht geboten. Dem erkennenden Gericht erscheint ein Zeitraum von sechs Jahre als ausreichend und wird man danach (bei einem Wohlverhalten) nicht mehr von einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefahr, welche vom BF ausgehe, sprechen können. Die Dauer des Aufenthaltsverbots war somit "Antragsgemäß" zu reduzieren und auf sechs Jahre herabzusetzen.

Gemäß § 70 Abs 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich. Vor diesem gesetzlichen Hintergrund ist auch Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids nicht zu beanstanden.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen, die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortigen Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat und wie sich aus den bereits zum Aufenthaltsverbot dargelegten Erwägungen ergibt, erwies sich die sofortige Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als erforderlich. Der BF hat durch sein Gesamtfehlverhalten unzweifelhaft gezeigt, dass er nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung, insbesondere an die Strafgesetze, zu halten. Die Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sind somit zu Recht erfolgt.

Nach § 21 Abs 7 BFA-VG kann bei Vorliegen der dort umschriebenen Voraussetzungen - trotz Vorliegens eines Antrags - von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden. Von einem geklärten Sachverhalt iSd § 21 Abs 7 BFA-VG bei der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen kann allerdings im Allgemeinen nur in eindeutigen Fällen ausgegangen werden, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des oder der Fremden sprechenden Fakten auch dann kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm oder ihr einen persönlichen Eindruck verschafft (vgl. zuletzt VwGH 16.10.2019, Ra 2018/18/0272).

Da hier ein eindeutiger Fall vorliegt, der Sachverhalt anhand der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen geklärt werden konnte und auch bei einem positiven Eindruck vom BF bei einer mündlichen Verhandlung keine andere Entscheidung denkbar ist, kann die beantragte Beschwerdeverhandlung unterbleiben. Von deren Durchführung ist keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten, zumal in der Beschwerde keine entscheidungswesentlichen neuen Tatsachen behauptet wurden.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, aufschiebende Wirkung - Entfall, Diebstahl,
Gefährdung der Sicherheit, Gefährdungsprognose, Gewerbsmäßigkeit,
Haft, Haftstrafe, Interessenabwägung, öffentliche Interessen,
öffentliche Ordnung, öffentliche Sicherheit, Privat- und
Familienleben, private Interessen, schwere Straftat,
Straffälligkeit, Strafhaft, strafrechtliche Verurteilung, Straftat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I414.2229842.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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