TE Bvwg Beschluss 2019/12/5 W265 2144882-2

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Veröffentlicht am 05.12.2019
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Entscheidungsdatum

05.12.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §71
BFA-VG §16 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W265 2144882-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.12.2016, Zl. XXXX , beschlossen:

A)

Der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.12.2016, Zl. XXXX , wird ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 30.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 18.10.2016 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Weiters wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt, gegenüber dem Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für eine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.). In der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides wurde sowohl in Deutsch wie auch in Dari auf eine zweiwöchige Rechtsmittelfrist hingewiesen.

3. Der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.10.2016 wurde nach einem Zustellversuch an der Meldeadresse des Beschwerdeführers am 21.10.2016 beim Postamt hinterlegt (Beginn der Abholfrist: 21.10.2016).

4. Innerhalb der damals geltenden zweiwöchigen Beschwerdefrist wurde vom Beschwerdeführer kein Rechtsmittel erhoben.

5. Mit Schreiben vom 07.11.2016, bei der belangten Behörde am selben Tag eingelangt, sohin jedenfalls von 4 Wochen nach Zustellung des erwähnten Bescheides, stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und brachte zugleich Beschwerde gegen den Bescheid vom 18.10.2016 ein.

6. Mit Bescheid vom 14.12.2016 wies die belangte Behörde den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs. 1 AVG ab.

7. Gegen diesen Bescheid vom 14.12.2016 brachte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 11.01.2017, bei der belangten Behörde eingelangt am 11.01.2017, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde ein.

8. Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 17.01.2017 vorgelegt.

9. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 06.03.2017 und am 20.03.2017 durch die damals zuständige Gerichtsabteilung W267 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, worin der Beschwerdeführer ausführlich zu seinem Antrag auf Wiedereinsetzung befragt wurde.

10. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom Verfassungsgerichtshof vom 26.09.2017, G 134/2017-12, G 207/2017-8, wurden die Wortfolge "2, 4 und" sowie der Satz "Dies gilt auch in den Fällen des § 3 Abs. 2 Z 1, sofern die Entscheidung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist." in § 16 Abs. 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundes-amt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 24/2016, als verfassungswidrig aufgehoben.

11. Auf Grund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 03.07.2019 wurde die gegenständliche Rechtssache der zuvor zuständigen Gerichtsabteilung W267 abgenommen und der nunmehrigen Gerichtsabteilung W265 zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer stellte am 01.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.10.2016, wurde unter Spruchpunkt I. der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, unter Spruchpunkt II. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen, unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt sowie eine Rückkehrentscheidung getroffen sowie unter Spruchpunkt IV. die Frist für die freiwillige Ausreise auf 14 Tage ab Rechtskraft normiert.

Die Rechtsmittelfrist betrug zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung 2 Wochen.

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 21.10.2016 durch Hinterlegung zugestellt.

Mit Schreiben vom 07.11.2016, bei der belangten Behörde am selben Tag eingelangt, sohin jedenfalls von 4 Wochen nach Zustellung des erwähnten Bescheides, stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und brachte zugleich Beschwerde gegen den Bescheid vom 18.10.2016 ein. Die am 07.11.2016 eingebrachte Beschwerde erweist sich daher als rechtzeitig.

2. Beweiswürdigung:

Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt entspricht dem oben angeführten Verfahrensgang und konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

Zu A)

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26.09.2017, G 134/2017 und G 207/2017, wurden Teile des § 16 Abs. 1 BFA-VG zur Verkürzung der Beschwerdefrist bei Bescheidbeschwerden aufgehoben. Die Aufhebung betrifft die die Wortfolgen "2, 4 und" im 1. Satz sowie den 2. Satz: "Dies gilt auch in den Fällen des § 3 Abs. 2 Z 1, sofern die Entscheidung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist". Weiters sprach der VfGH aus, dass die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind ("rückwirkende" Aufhebung). Die Kundmachung im BGBl erfolgte am 16.10.2017 (BGBl. I Nr. 140/2017). Als Konsequenz dieses Erkenntnisses des VfGH fiel im gegenständlichen Fall der Grund für den Antrag auf Wiedereinsetzung, nämlich die Versäumung der Beschwerdefrist, (nachträglich und rückwirkend) weg. Die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.10.2016, XXXX , wurde daher nach nunmehriger Prüfung rechtzeitig innerhalb der noch offenen Beschwerdefrist eingebracht. Da also keine Versäumung der Rechtsmittelfrist vorliegt, muss der Antrag auf Wiedereinsetzung wegen Fristversäumnis ins Leere gehen, und fehlt es demnach dem Bescheid der belangten Behörde vom 14.12.2016, XXXX , mit dem der Antrag auf Wiedereinsetzung abgewiesen wurde, an der notwendigen gesetzlichen Grundlage. Der gegenständliche Bescheid ist daher ersatzlos zu beheben.

Über die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.10.2016, 1092976410/151661121, wird gesondert entschieden.

Zu B)

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. VwGH 28.01.2016, Ra 2015/07/0140). Auf Grund dieser Rechtslage wäre eine Revision ohne Aussicht auf Erfolg.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Beschwerdefrist, ersatzlose Behebung, ex
tunc, Rechtsanschauung des VfGH, Rechtzeitigkeit, Wiedereinsetzung,
Wiedereinsetzungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W265.2144882.2.00

Zuletzt aktualisiert am

02.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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