TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/20 W168 1437491-3

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Veröffentlicht am 20.11.2019
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Entscheidungsdatum

20.11.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §71 Abs1 Z1
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W168 1437491-3/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag.Dr. MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 19.02.2019, Zl. 830224006/180812042, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1.1.Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) stellte nach unberechtigter Einreise am 20.02.2013 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Die Erstbefragung des BF fand am 21.02.2013 statt.

1.3. Der BF wurde am 29.05.2013 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen.

1.4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.08.2013, Zl. 13 02.240-BAT, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Der BF wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen. (Spruchpunkt III.).

1.5. Am 26.08.2013 wurde der Bescheid fristgerecht in vollem Umfang angefochten.

1.6. Mit Erkenntnis vom 18.05.2015, W175 1437491-1/11E, wurde dem BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt. Gemäß § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005 wurde dem BF eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 18.05.2016 erteilt.

1.7. Am 27.08.2018 sowie am 06.12.2018 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.

1.8. Mit Bescheid vom 21.12.2018, Zl. 830224006/180812042, wurde dem BF der ihm mit Erkenntnis vom 18.05.2015 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I). Sein Antrag vom 07.05.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung wurde gemäß § 8 Abs. 4 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen (richtig: 14 Tage) ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

1.9. Am 08.02.2019 brachte der BF einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie eine Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.12.2018 ein.

Zum Wiedereinsetzungsantrag brachte er vor, dass der verfahrensgegenständliche Bescheid am 31.12.2018 nach erfolglosem Zustellversuch durch den Zustellungsdienst hinterlegt. Der BF habe sich aufgrund seines Urlaubes zu diesem Zeitpunkt nicht an seinem Hauptwohnsitz befunden und habe nichts von der Hinterlegung des Bescheides gewusst. Sein Mitbewohner habe sich ebenfalls auf Urlaub befunden und dem BF am 21.01.2019 ein Foto von der Verständigung über die Hinterlegung via WhatsApp übermittelt. Der BF habe somit erst am 21.01.2019 von der Hinterlegung erfahren. Der rechtsunkundige BF, welcher bis vor zwei Jahren noch von der Jugendwohlfahrt vertreten worden sei, sei davon ausgegangen, dass diese vierwöchige Frist mit Erhalt des Bescheides am 21.01.2019 zu laufen beginne. Die Unkenntnis des Beginns des Fristenlaufes beruhe jedenfalls nicht auf dem Verschulden des BF, welches den minderen Grad des Versehens übersteige und sei daher jedenfalls geeignet, einen Wiedereinsetzungsantrag zu begründen. Der BF sei erst am 29.01.2019 von RechtsberaterInnen dahingehend aufgeklärt worden, dass die Frist für die Erhebung der Beschwerde am 28.01.2019 verstrichen sei. Das unabwendbare Ereignis, aufgrund dessen der BF verhindert gewesen sei, die Frist zur Beschwerdeerhebung einzuhalten, sei mit 29.01.2019 weggefallen. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde damit begründet, dass dem BF für den Fall des Vollzugs der Entscheidung real und konkret die Gefahr drohe, eine Verletzung seiner Rechte nach Art. 3 EMRK zu erleiden.

In der Beschwerde wurde begründet ausgeführt, dass der Bescheid infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten werde. Die Behörde gelange unter anderem aufgrund ihrer unzureichenden Ermittlungstätigkeit zu der Schlussfolgerung, dass sich die Lage des BF geändert habe und daher jene Voraussetzungen, die für die Gewährung von subsidiärem Schutz zu erfüllen seien, nicht mehr vorliegen würden. Im konkreten Fall wäre die Behörde dazu angehalten gewesen, die Situation des BF mit besonderer Sorgfalt zu prüfen und umfassende, rezente Länderberichte in das Verfahren einzubringen. Darüber hinaus scheine die Behörde jene Informationen, die dem Länderinformationsblatt zu Afghanistan zu entnehmen seien, nicht ausreichend zu berücksichtigen, da eine über Textbausteine hinausgehende Auseinandersetzung mit den getroffenen Länderfeststellungen fehle. Es wurde auf mehrere Länderberichte sowie ein Gutachten von Friederike Stahlmann verwiesen, die sich mit der Sicherheits-und Versorgungslage in Afghanistan auseinandergesetzt habe. Dadurch, dass die Behörde verabsäumt habe, darzulegen, inwiefern eine maßgebliche Änderung des zugrundeliegenden Sachverhalts eingetreten sei, habe sie einen wesentlichen Begründungsmangel gesetzt. Entgegen der Ansicht der Behörde würden zahlreiche, rezente Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts die Annahme stützen, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan in eine derart aussichtslose Lage geraten würde, dass dieser das Refoulementverbot entgegenstehe. Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan würde dem BF aufgrund seiner individuellen Lage die reale Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK drohen. Die belangte Behörde habe den erlassenen Bescheid überdies mit Rechtswidrigkeit belastet, weil sie die bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zwingend vorzunehmende Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK mangelhaft durchgeführt habe. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

2.1. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 19.02.2019 wurde dieser Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß §71 Abs.1 AVG abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 71 Abs. 6 AVG wurde dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 08.02.2019 die aufschiebende Wirkung zuerkannt (Spruchpunkt II).

Begründend wurde ausgeführt, dass der BF als Erklärung für das Unterlassen des rechtzeitigen Einbringens einer Beschwerde seine Unkenntnis des Rechtsmittel-und Fristenlaufes angeführt habe. Das vom BF in den Raum gestellte unabwendbare und unvorhergesehen Ereignis, nämlich seine behauptete Unkenntnis des Rechtsmittel-und Fristenlaufes könne nicht als solches eingestuft werden, das die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnte. Im Rahmen der dem BF als "ordentliche Prozesspartei" treffende Sorgfaltspflicht wäre dem BF nämlich verpflichtet gewesen, sich Gewissheit zu verschaffen, welche Möglichkeiten ihm zur Verfügung stehen würden. Dass der BF daran gehindert gewesen wäre oder es dem BF nicht zumutbar gewesen wäre, sich die notwendigen Kenntnisse zu verschaffen, sei nicht erkennbar. In Anbetracht der Bedeutsamkeit der Wahrung der Rechtsmittelfrist treffe den BF ein Verschulden, das den eines minderen Grad des Versehens übersteige. Es sei im Fall des BF demnach festzustellen gewesen, dass kein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis vorliege, welches den BF an der rechtzeitigen Einbringung der Beschwerde hindere. Der BF habe die Frist zur Einbringung eines Rechtsmittels in der Hauptsache versäumt und damit seine vorherige Rechtstellung verloren.

2.2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde durch das Schreiben vom 15.03.2019 erhoben. Hierin wird begründend ausgeführt, dass der BF rechtsunkundig sei und bis vor zwei Jahren aufgrund seines Alters noch durch einen Jugendwohlfahrtsträger vertreten gewesen sei. Er sei davon ausgegangen, dass diese in der Rechtsmittelbelehrung genannte vierwöchige Frist mit Erhalt des Bescheides, somit mit 21.01.2019 zu laufen beginne. Die Unkenntnis des Beginns des Fristenlaufes ab Hinterlegung beruhe jedenfalls nicht auf einem Verschulden des BF, welche den minderen Grad des Versehens übersteige und sei jedenfalls geeignet, einen Wiedereinsetzungsantrag zu begründen. Ein Ereignis im Sinne des § 33 VwGVG könne sowohl ein "äußerer Vorgang" wie etwa ein Unfall, aber auch ein "innerer Vorgang", wie beispielsweise ein Irrtum oder die unrichtige Beurteilung der Rechtslage sein. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Die beschwerdeführende Partei hat glaubhaft und nachvollziehbar belegt kein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis vorgebracht, welches eine durchschnittlich sorgfältige Person iSd § 71 AVG daran gehindert haben hätte können, rechtzeitig Beschwerde zu erheben.

Sämtliche Elemente zur Beurteilung des verfahrensgegenständlichen Sachverhaltes sind zweifelsfrei und lückenlos ohne weitere Ermittlungsnotwendigkeit dem vollständigen Verwaltungsakt zu entnehmen.

Die Aufnahme weiterer Beweise war aufgrund Entscheidungsreife nicht mehr erforderlich.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den vollständigen vorliegenden Verwaltungsakt, insbesondere in die Niederschriften des BAA, des BFA und die Beschwerdeschrift.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich vollständig und abschließend aus dem im vorliegenden Verwaltungsakt enthaltenen Informationen.

Betreffend die Feststellung, dass die beschwerdeführende Partei glaubhaft und nachvollziehbar belegt kein nachvollziehbares unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis vorgebracht hat, welches eine durchschnittlich sorgfältige Person iSd § 71 AVG daran gehindert haben hätte können, rechtzeitig Beschwerde zu erheben ist fallbezogen folgendes auszuführen:

Grundsätzlich ist auszuführen, dass es Aufgabe eines geschäftsfähigen, volljährigen Person, auch wenn diese nicht mit Rechtsvorgängen ständig betraut ist einen Vorgang der Zustellung bzw. die Übernahme des angefochtenen Bescheides mit hinreichender Genauigkeit zeitgerecht zu hinterfragen und insbesondere entsprechende Nachforschungen bei allfälligen Unsicherheiten anzustellen. Eine rechtsunkundigen Person und wie im gegenständlichen Verfahren auch eine Person die der deutschen Sprache nicht mächtig ist, kann gerade nicht von vornherein davon ausgehen, dass dieser die Bestimmungen betreffend des Beginnes eines Fristenlaufes bekannt sind. Umso mehr trifft eine solche Person die Verpflichtung sich in zumutbarer Weise, insbesondere auch vor einer freiwilligen Ortsabwesenheit aufgrund eines wie in casu angeführten Urlaubes, betreffend der Möglichkeiten einer Verständigung der Einlangung von behördlichen Schriftstücken zu erkundigen, bzw. abzuklären, wann ein Fristenlauf beginnt. Eine solche unmittelbare Anstrengung von nachweislichen und zumutbaren Ermittlungen betreffend des Beginnes eines Fristenlaufes stellt eine durchschnittliche sorgfältige Person insbesondere sofort dann an, wenn ein für sie wesentliches behördliches Schriftstück eingelangt ist.

Wenn in der Beschwerdeschrift ausgeführt wird, dass der BF bis vor 2 Jahren durch die Jugendwohlfahrt vertreten wurde und dieser auch deshalb die Frist zur Beschwerdeerhebung nicht eingehalten hätte, so ist diesbezüglich festzuhalten, dass es sich bei dem BF bereits aus diesen Ausführungen zu entnehmen, um einen seit rund 2 Jahren volljährigen Mann handelt. Warum einer solchen nunmehr unzweifelhaft seit längerer Zeit volljährigen Person ein zumutbar sorgfältiger Umgang mit behördlicher Schriftstücken bzw. eine entsprechende Wahrung von Firsten nicht zuzumuten ist, ist den diesbezüglichen Ausführungen nicht zu entnehmen. Ein Verhalten welches eine auch ortsunkundige durchschnittlich sorgfältige Person iSd § 71 AVG daran gehindert haben hätte können rechtzeitig Beschwerde zu erheben ist aus der Unterlassung der Einholung von diesbezüglich notwendig unmittelbar erforderlichen Nachforschungen für über 7 Tage nach dem faktischen Erhalt eines behördlichen Schriftstückes nicht erschließlich. Eine valide Begründung für die Unterlassung eines zumutbar sorgfältigen Umganges mit behördlichen Schriftstücken bzw. der Wahrung von Fristen kann somit auch diesen Anführungen nicht entnommen werden.

Eine Unkenntnis über den Zeitpunkt des Einlangens eines anzufechtenden Bescheides stellt grundsätzlich kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis dar, da es vielmehr Aufgabe eines Beschwerdeführers ist, den Vorgang der Zustellung bzw. Übernahme des angefochtenen Bescheides mit hinreichender Genauigkeit zu hinterfragen (VwGH vom 16.10.1996, 95/01/0580).

Dass der BF solcherart hinreichende Erkundigungen betreffend des Vorganges der Zustellung und des damit einhergehenden Fristenlaufes eingeholt hat, kann sämtlichen Ausführungen nicht entnommen werden.

Da dieserart Unkenntnis über den Zeitpunkt des Einlangens eines behördlichen Schriftstückes, wie auch hinsichtlich des Beginnes einer behördlichen Frist, grundsätzlich kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ist, liegt auch bereits deshalb kein Wiedereinsetzungsgrund vor.

Weiters ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer auch nach dem faktischen Erhalt des Schreibens des BFA keine unmittelbar, ihm jedenfalls zumutbaren Schritte zur Wahrung seiner Beschwerdemöglichkeit gesetzt hat. Dies, obwohl ihm selbst nach faktischen Erhalt des Schriftstückes hierzu noch ausreichend Zeit zur Erhebung einer Beschwerde zur Verfügung gestanden hat. Diesbezüglich kann dem vorliegenden Verwaltungsakt, bzw. den hierin auch enthaltenen Ausführungen des BF nur entnommen werden, dass obwohl der Beschwerdeführer den betreffenden Bescheid des BFA letztlich mit 21.01.2019 faktisch erhalten hat, dieser erst am 29.01.2019 die Diakonie Flüchtlingsdienst Beratungsstelle aufgesucht hat und erst dann entsprechende Erkundigungen betreffend die Erhebung einer Beschwerde eingeholt hat. Dass der Beschwerdeführer in der Zeit zwischen dem 21.01. und dem Ablauf der Beschwerdefirst durch ein besonderes, bzw. unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis in insbesondere dieser Zeit daran gehindert gewesen wäre die gesetzlich vorgesehene Frist zur Erhebung einer Beschwerde einzuhalten, wurde insgesamt begründet nicht dargelegt.

Es ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass der in der Muttersprache des BF verfassten Rechtsmittelbelehrung des betreffenden Bescheides unmissverständlich zu entnehmen ist, dass ein Rechtsmittel nur binnen einer bestimmten Frist möglich zu erheben, ist. Der Beschwerdeführer hat jedoch insbesondere nach Übernahme des Bescheides rund eine weitere Woche zugewartet bis er sich an eine Rechtsberatungsorganisation gewandt hat. Trotz Unkenntnis des rechtlich relevanten Zustelldatums und eines damit verbundenen Fristenlaufes nach der Rückkehr aus einem Urlaub hat der BF eine weitere Woche mit der Kontaktierung eines Rechtsberaters zugewartet. Ein solches Vorgehen stellt jedenfalls keinen minderen Grad eines Versehens am Versäumen der Frist dar, sondern trifft dem BF auch deshalb an der Verspätung der Beschwerde, bzw. am Ablauf der Rechtsmittelfrist jedenfalls ein zurechenbares Verschulden.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass es dem Beschwerdeführer in der Zeit nach dem Erhalt des behördlichen Schriftstückes bzw. unmittelbar nach Abholung des Bescheides und somit im Zeitraum vom 21.01.2019 bis zum 28.01.2019 jederzeit möglich gewesen wäre, entsprechende Erkundigungen den Lauf der Rechtsmittelfrist einzuholen, selbst eine Beschwerde zu verfassen, bzw. sich an eine Rechtsberatungsorganisation zu wenden.

Insgesamt ist sämtlichen Ausführungen der Beschwerde begründet nicht zu entnehmen, weswegen dem BF aufgrund dieses Verhaltens lediglich ein Versehen minderen Grades treffen würde, sodass der Wiedereinsetzungsantrag auch aus diesem Grund verfehlt ist.

Es besteht zudem keine gesetzliche Notwendigkeit, einen Verein oder einen Vertreter zur Unterstützung der Erhebung einer Beschwerde zu kontaktieren. Ein volljähriger Beschwerdeführer muss sich zu Erhebung einer Beschwerde nicht unbedingt und ausschließlich der Hilfe einer NGO bedienen muss, sondern kann auch in wenigen Worten die wesentlichen Gründe selbst darlegen, warum seiner Meinung nach die Entscheidung des BFA nicht zutreffend ist um damit rechtswirksam eine Beschwerde zu erheben. Weshalb der BF nicht in der Lage gewesen sein sollte, innerhalb einer Woche nach Abholung des Bescheides eine zumindest kurze auch selbst verfasste Beschwerde in seiner Muttersprache zu verfassen und einzubringen, wird in der Beschwerde zur Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung nicht dargelegt. Dies gilt umso mehr, als laut ständiger Judikatur des VwGH an Beschwerden äußerst geringe Formalvoraussetzungen gestellt werden. Aufgrund sämtlicher Ausführungen war im vorliegenden Fall glaubhaft kein Element erkennbar, welches einen durchschnittlich sorgsamen Menschen als Vergleichsfigur herangezogen tatsächlich an der fristgerechten Einbringung einer zumindest kurzen selbst verfassten Beschwerde gehindert haben könnte.

Mangelnde deutsche Sprachkenntnisse stellen jedenfalls auch nach höchstgerichtlicher Judikatur alleine keinen Wiedereinsetzungsgrund dar. So hätte ein einfaches formloses Schreiben, dass der BF mit dem Bescheid nicht einverstanden ist, ausgereicht, um die Frist zu wahren. Die Verpflichtung, sich ausreichend über die ihn betreffenden Rechte und Pflichten zu erkundigen, trifft ausschließlich der BF selbst. Die Versäumung der Frist stellt daher keinen Fall eines leichten Verschuldens oder eines geringen Grades einer Fahrlässigkeit dar.

Der BF hätte somit jedenfalls nach Rückkehr aus seinem Urlaub am 21.01.2019 die Möglichkeit gehabt entsprechende firstwahrende Schritte zu setzen, bzw. dieser auch die Möglichkeit gehabt sich bei etwaigen Fragen zu dem Bescheid des BFA, als auch zur Rechtsmittelfrist in Kontakt mit der Behörde zu treten. Dass der BF solcherart Schritte nachweislich unternommen hätte, ist dem gegenständlichen Ausführungen jedoch nicht zu entnehmen.

Es ist und war dem volljährigen Beschwerdeführer in casu somit jedenfalls zuzumuten, grundsätzlich Fristen und Termine zu wahren.

Das Einlangen des Bescheides des BFA stellt zudem in casu auch kein unerwartetes Ereignis für den BF dar. Dies, als der BF das Einlangen eines Bescheides durch das BFA erwarten musste, bzw. wissen musste, dass die im gegenständlichen Verfahren durch das BFA getroffene Entscheidung, eine für diesen wesentliche Wirkungen entfalten wird.

Es ist auch Übereinstimmung mit der in der Beschwerdeschrift geäußerten Judikatur des VwGH hinsichtlich eines großzügigeren Sorgfaltsmaßstabes bei Asylwerbern an dieser Schlussfolgerung festzuhalten. Tatsächlich ist der Sorgfaltsmaßstab in einem Fall, in dem eine geringere Rechtskenntnis angenommen werden muss, niedriger anzusetzen, als dies bei einer sprachkundigen und mit dem österreichischen Rechtssystem vertrauten Person der Fall sein wird. Im gegenständlichen Verfahren ist jedoch klar festzuhalten, dass die eingetretene Fristversäumnis und die Tatsache, dass der BF keinerlei nachweisbare Schritte zur fristgerechten Vornahme von hinreichenden Erkundigungen in Hinblick auf die Erhebung einer fristgerechten Beschwerde und damit der Vermeidung der Versäumnis der Rechtsmittelfrist unternommen hat, als ein diesen persönlich direkt zurechenbares und ausschließlich grob fahrlässig selbst verschuldetes Versäumnis zu werten ist. Dies insbesondere auch deshalb, da der BF durch die Rechtsmittelbelehrung in der in seiner Muttersprache nachweislich tatsächlich um den Fristenlauf, als auch um die Bedeutung des gegenständlichen Bescheides wusste.

Die Versäumung der Frist stellt in diesem Verfahren auch insgesamt kein unvermeidbares Ereignis dar. Reichte sein Wissen über die Notwendigkeit des Fristenlaufes, bzw. der Wahrung der entsprechenden Beschwerdefristen nicht aus, so trifft den BF selbst das Verschulden, sich nicht rechtzeitig über den tatsächlichen Beginn des Fristenlaufs zu erkundigen.

Speziell auch in dem gegenständlichen Verfahren vor dem BFA, welches für den BF wesentliche Bedeutung hat, kann erwartet werden, dass dieser nach Erhalt eines Bescheides rechtzeitig Bemühungen hinsichtlich der Einholung von entsprechenden Nachforschungen angestellt. So wäre es dem BF jederzeit möglich und auch zumutbar gewesen, auch außerhalb der Rechtsberatung der Diakonie Informationen bzw. Hilfe bei der Verfassung einer Beschwerde zu erhalten. Schließlich wäre es ihm ebenso zumutbar gewesen, dass er dokumentiert mit dem BFA zwecks Einholung von ihm wesentlichen Informationen in Kontakt zu treten versucht.

Es war daher zusammenfassend feststellen, dass der BF nicht durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis daran gehindert worden ist die Beschwerdefrist zu wahren und fristgerecht Beschwerde zu erheben, bzw. das durch den BF gesetzte Verhalten, welches zur Versäumung der Frist geführt hat, jedenfalls keinen minderen Grad eines Versehens darstellt und eine durchschnittlich sorgfältige Person iSd § 71 AVG nicht daran gehindert hätte, rechtzeitig Beschwerde zu erheben.

Die oben dargelegten Ausführungen, bzw. der Ablauf der Versäumung der Frist ergibt sich unzuweifelhaft aus dem Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes, bzw. insbesondere auch aus den Ausführungen der Beschwerdeschrift.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBL I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist gemäß § 71 Abs. 1 AVG auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2. die Partei die Berufungsfrist versäumt hat, weil der Bescheid fälschlich die Angabe enthält, dass keine Berufung zulässig sei.

Gemäß Abs 2 leg cit muss der Antrag binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat im Falle der Versäumung einer Frist die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist als Ereignis iSd § 71 Abs 1 Z 1 AVG jedes Geschehen ohne jede Beschränkung auf Vorgänge in der Außenwelt anzusehen (VwGH 26.06.1985, Zl. 83/03/0134, ua.)

Ein Ereignis ist dann unabwendbar, wenn es durch einen Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden konnte. Es ist als unvorhergesehen zu werten, wenn die Partei es tatsächlich nicht einberechnet hat, und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte (VwGH 17.02.1994, Zl. 93/16/0020).

Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen.

Eine Partei, die einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung einer Frist stellt, hat den behaupteten Wiedereinsetzungsgrund im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen (VwGH 4.4.1984, 84/13/0011,0020 etc).

Gemäß Abs 2 leg cit muss der Antrag binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat im Falle der Versäumung einer Frist die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist als Ereignis iSd § 71 Abs 1 Z 1 AVG jedes Geschehen ohne jede Beschränkung auf Vorgänge in der Außenwelt anzusehen (VwGH 26.06.1985, Zl. 83/03/0134, ua.)

Auf den konkreten Einzelfall bezogen ist sohin folgendes auszuführen:

ad A)

Eine Partei, die einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung einer Frist stellt, hat den behaupteten Wiedereinsetzungsgrund im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen. Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur im Rahmen der Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers zu untersuchen. An den im Antrag vorgebrachten Grund bleibt die Partei gebunden (vgl. VwGH vom 17.03.2015, Zl. Ra 2014/01/0134; VwGH vom 25.02.2003, Zl. 2002/10/0223). Das Auswechseln des Wiedereinsetzungsgrundes käme der Stellung eines neuerlichen, anders begründeten Antrages auf Wiedereinsetzung gleich, der außerhalb der Wiedereinsetzungsfrist erfolgte und daher unbeachtlich ist (vgl. VwGH vom 17.03.2015, Zl. Ra 2014/01/0134). Das Gericht ist auf Grund der Antragsbedürftigkeit des Verfahrens ausschließlich an die vom Wiedereinsetzungswerber (rechtzeitig) vorgebrachten tatsächlichen Gründe gebunden. Es ist dem Gericht verwehrt, von sich aus weitere Gesichtspunkte in die Prüfung miteinzubeziehen. Eine amtswegige Prüfung, ob sonstige vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachte Umstände die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnten, hat nicht zu erfolgen (vgl. VwGH vom 17.03.2015, Zl. Ra 2014/01/0134; Hengstschläger/Leeb, AVG, § 71 Rz. 115).

Wie bereits bei der Beweiswürdigung dargelegt, war zusammenfassend festzustellen, dass der BF nicht durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis daran gehindert worden ist die Beschwerdefrist zu wahren und fristgerecht Beschwerde zu erheben, bzw. das durch den BF gesetzte Verhalten, welches zur Versäumung der Frist geführt hat, jedenfalls keinen minderen Grad eines Versehens darstellt und eine durchschnittlich sorgfältige Person iSd § 71 AVG nicht daran hätte rechtzeitig Beschwerde zu erheben.

Insgesamt ist somit kein Element der Glaubhaftmachung eines unvorhersehbaren oder unabwendbaren Ereignisses oder nur eines minderen Grades des Versehens im Sinne des §71 AVG aufgezeigt worden und es war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Beschwerdefrist, Frist, Fristablauf, Fristversäumung, Verfristung,
Voraussetzungen, Wegfall der Gründe, Wiedereinsetzungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W168.1437491.3.00

Zuletzt aktualisiert am

25.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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