TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/7 G305 2207613-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.02.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

07.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G305 2207613-1/7E

G305 2207605-1/5E

G305 2207611-1/4E

G305 2207609-1/4E

G305 2228353-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die Beschwerden 1.) des XXXX, geb. XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. Irak (BF1) 2.) der XXXX, geb. XXXX

alias XXXX, geb. XXXX, StA. Irak (BF2) 3.) der mj. XXXX, geb. XXXX

alias XXXX, geb. XXXX, StA. Irak (mj. BF3) 4.) der mj. XXXX, geb. XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. Irak (mj. BF4) und 5.) der mj. XXXX, geb. XXXX, StA. Irak (mj. BF5), die minderjährigen Beschwerdeführer vertreten durch deren Eltern XXXX, geb. XXXX alias XXXX, geb. XXXX, und XXXX, geb. XXXX alias XXXX, geb. XXXX, alle vertreten durch Dr. Benno J. WAGENEDER, Rechtsanwalt in 4910 Ried im Innkreis, Promenade 3, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Steiermark, vom XXXX.09.2018, Zlen. XXXX (BF1), XXXX (BF2), XXXX (mj. BF3) und XXXX (mj. BF4) und gemäß § 16 Abs. 3 BFA-VG über den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Oberösterreich - ASt Linz vom XXXX, Zl. XXXX zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerden werden hinsichtlich Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide als unbegründet abgewiesen.

II. Den Beschwerden wird hinsichtlich Spruchpunkt II. stattgegeben und den Beschwerdeführern gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

III. Den Beschwerdeführern wird gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine für ein Jahr gültige befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

IV. Die Spruchpunkte III. und IV. der angefochtenen Bescheide werden ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG n i c h t z u l ä s s i

g.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Am 10.12.2015 stellten die jeweils zum Aufenthalt im Bundesgebiet nicht berechtigten XXXX, geb. XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. Irak (in der Folge: Erstbeschwerdeführer oder kurz: BF1), XXXX, geb. XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. Irak (in der Folge: Zweitbeschwerdeführer oder kurz: BF2), mj. XXXX, geb. XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. Irak (in der Folge: minderjährige Drittbeschwerdeführerin oder kurz: mj. BF3) und die mj. XXXX, geb. XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. Irak vor Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörden einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 12.08.2019 stellte der BF1 auch für die am XXXX in Österreich geborene XXXX, StA. Irak einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Am 11.11.2015, 11:23 Uhr, wurden der BF1 und die BF2 durch ein Organ der Landespolizeidirektion XXXX niederschriftlich einvernommen.

Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der BF1 an, dass "die terroristische Partei in Irak" bereits versucht habe, ihn umzubringen, weil er als Grenzpolizist gearbeitet habe [BF1, AS 9]. Die BF2 gab an, dass sie und die mj. BF3 und mj. BF4 ihre Fluchtgründe ausschließlich auf jene des BF1 stützen. Eigene Fluchtgründe hätten sie nicht [BF2, AS 11].

Zur Reiseroute gab der BF1 an, dass er am 23.11.2015 ausgehend von XXXX mit dem Flugzeug in die Türkei ausgereist sei. Von dort sei er mit dem Boot nach Griechenland übergesetzt und von hier teils zu Fuß, teils mit dem Bus nach Mazedonien weitergereist. Über die Balkanroute sei er nach Österreich gekommen [BF1, AS 7]. Die BF2 bestätigte die Reiseroute sowohl für sich, als auch für die minderjährigen Beschwerdeführer [BF2, AS 9].

1.3. Am 19.06.2018 wurden der BF1 ab 08:30 Uhr und die BF2 ab 14:30 Uhr durch Organe der belangten Behörde einvernommen.

1.4. Mit jeweils zum XXXX.09.2018 datierten Bescheiden der belangten Behörde, Zlen. XXXX ,XXXX, XXXX und XXXX wies die belangte Behörde die Anträge des BF1 und der BF2, sowie der mj. BF3 und der Mj. BF4 hinsichtlich des Antrages auf internationalen Schutz vom 10.12.2015 bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I) und des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines/einer subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.) und sprach aus, dass ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt werde, dass die Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG nicht zulässig sei (Spruchpunkt V.) und die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

In Ansehung der mj. BF5 erließ die belangte Behörde am XXXX.10.2019, Zl. XXXX, einen Bescheid, worin deren Antrag vom 10.12.2015 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.) und ausgesprochen wurde, dass ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt werde, dass die Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG nicht zulässig sei (Spruchpunkt V.) und die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

1.5. Gegen die zum 17.09.2018 datierten Bescheide erhoben der BF1, die BF2 sowie die mj. BF3 und die mj. BF4 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, die sie mit dem Antrag verbanden, das Bundesverwaltungsgericht möge den Bescheid insofern abändern, als dem Antrag auf internationalen Schutz vom 10.12.2015 Folge gegeben werden möge.

Hingegen erhob die in Österreich geborene mj. BF5 gegen den ihr zu Handen des ausgewiesenen Rechtsvertreters am 24.10.2019 zugestellten Bescheid kein Rechtsmittel.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF1 führt die im Spruch angegebenen Identitäten (XXXX, geb. XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. Irak) und ist irakischer Staatsangehöriger. Aus einem vom BF vorgelegten Personalausweis des Irak geht nachstehende Identität hervor: XXXX, geb. XXXX. Er gehört der Ethnie der irakischen Araber an und bekennt sich zur islamischen Religionsgemeinschaft [BF1, AS 5]. Seine Muttersprache ist arabisch.

Er ist mit der BF2, die die im Spruch angegebenen Identitäten (XXXX, geb. XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. Irak) führt, verheiratet. Die am XXXX.07.2013 vor dem Erstgericht in XXXX eingetragene Ehe wurde zur Registernummer: XXXX registriert [BF1, AS 113].

Das Paar hat drei Kinder, und zwar die mj. BF3 (XXXX alias XXXX, geb. XXXX), die mj. BF4 (XXXX alias XXXX, geb. XXXX) und die mj. BF5 (XXXX, geb. am XXXX), alle StA. Irak.

Wie der BF1 gehören auch die BF2 sowie die mj. BF3 - BF5 der Ethnie der Araber an und sind auch diese Muslime, die sich zur schiitischen Glaubensrichtung bekennen.

Die beschwerdeführenden Parteien (in der Folge: so oder kurz: bfP) haben ihren Hauptwohnsitz seit dem XXXX.12.2015 im Bundesgebiet (seit dem XXXX.09.2017 an der Anschrift XXXX).

Im Herkunftsstaat besuchte der BF1 während eines nicht feststellbaren Zeitraums die Grundschule [BF1, AS 1ff und AS 182]. Ab einem nicht feststellbaren Zeitpunkt des Jahres 2003 bis zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt des Jahres 2006 war er auf selbständiger Basis als Automechaniker tätig. Er war in der Folge im Herkunftsstaat als Mechaniker tätig [BF1, AS 3]. Zuletzt war er ab dem 13.11.2006 im XXXX an der Grenze zu XXXX als XXXX tätig, bekleidete jedoch nicht die Funktion eines Offiziers [BF1, AS 183; Niederschrift des BFA vom 19.06.2018, S. 5].

Die BF2 hat im Herkunftsstaat nach dem Besuch der Grundschule und weiterführenden Schulen die Universität besucht und ein Studium für Geschichte abgeschlossen [BF2, AS 5].

Die minderjährige BF3 und die mj. BF4 waren im Zeitpunkt der Ausreise am 23.11.2015 im Kleinkindalter und haben sie im Herkunftsstaat weder eine Schule noch einen Kindergarten besucht.

Die mj. BF 5 wurde bereits in Österreich geboren.

Die beschwerdeführenden Parteien (bfP) lebten vom 21.12.2015 bis 11.09.2017 in einer Flüchtlingsunterkunft und seit dem 11.09.2017 in XXXX [Amtswegig eingeholte ZMR-Abfragen zu den bfP].

1.2. Die bfP lebten zuletzt in XXXX, einer ca. XXXX gelegenen Stadt. Dort leben ca. 675.000 Einwohner (Stand: 2011).

Das XXXX ist über 300 km vom vormaligen Wohnort der Familie entfernt und befindet sich dieses mitten in der Wüste [BF1, AS 5 und AS 185].

1.3. Mit Ausnahme der im Bundesgebiet geborenen mj. BF5 sind die bfP am 23.11.2015 ausgehend von XXXX mit dem Flugzeug aus dem Herkunftsstaat in die Türkei ausgereist und in der Folge über Griechenland und die "Balkanroute" nach Österreich gelangt, wo sie zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt die Grenze überquerten [AS 7ff].

Bezüglich des BF1 liegt ein Eurodac-Treffer zu XXXX vom 30.11.2015 vor [BF1; AS 43].

Obwohl die bfP legal (unter Mitnahme eines Reisedokuments) aus dem Herkunftsstaat ausreisten, sind sie zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt - ohne Reisedokument (sohin illegal) - ins Bundesgebiet eingereist [BF1, AS 9 oben].

Die Behauptung des BF1 und der BF2, dass sie und die minderjährigen BF3 und BF4 den Reisepass in Kroatien verloren hätten, ist nicht belegt [BF1, AS 9 oben; BF2, AS 7 oben].

Vielmehr haben die beschwerdeführenden Parteien versucht, ihre Identitäten zu verschleiern.

1.4. Die im Herkunftsstaat lebende Kernfamilie des BF1 besteht aus seinem Vater, XXXX und seiner Mutter XXXX, sowie aus seiner Ehegattin, der BF2 und den drei minderjährigen Kindern, der BF3, der BF4 und der BF5.

Der BF1 hat weiter vier Schwestern, XXXX (geb. XXXX), XXXX (geb. XXXX), XXXX(geb. XXXX) und XXXX (geb. XXXX) sowie 7 Brüder, XXXX (geb. XXXX), XXXX (geb. XXXX), XXXX (geb. XXXX), XXXX (geb. XXXX), XXXX (geb. XXXX), XXXX (geb. XXXX) und XXXX (geb. XXXX). Sie alle leben im Herkunftsstaat der bfP, und zwar in XXXX, XXXX und in XXXX. Mit seinen Angehörigen im Herkunftsstaat und mit seinem ebenfalls im Herkunftsstaat lebenden Schwager, XXXX, einem bei der XXXX, hat er Kontakt über Whats-App [BF1; AS 182].

Der BF1 hat einen Bruder, XXXX, geb. XXXX, sowie einen Onkel, XXXX, und einen Cousin, XXXX, die in Österreich, konkret in XXXX leben. Eine Cousine des BF1, XXXX, lebt in XXXX [BF1, AS 5].

Ebenso lebt die Kernfamilie der BF2, bestehend aus deren Vater, XXXX, und deren Mutter, XXXX, im Herkunftsstaat (in XXXX) [BF2, AS 3]. Sie hat weiter vier Schwestern, XXXX, XXXX, XXXX und XXXX, sowie vier Brüder, XXXX, XXXX, XXXX und XXXX, die im Herkunftsstaat leben [BF2, AS 7].

1.5. Der BF1 hat ab dem 13.11.2006 bis zu seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat am XXXX als "XXXX" bei der XXXX gearbeitet. Dabei arbeitete er im Ausmaß von 10 Tagen und hatte in der Folge 10 Tage frei [BF1; AS 183 oben].

Nach eigenen Angaben hat er seinen Dienst korrekt versehen [BF1; AS 183] und soll deswegen von Unbekannten verfolgt und von der Miliz ASA'IB AHL AL HAQQ mit dem Umbringen bedroht worden sein.

Entgegen seiner Behauptungen vor der belangten Behörde ist er wegen seiner Berufstätigkeit nicht ins Visier der schiitischen Miliz ASAI'B geraten [BF1; AS 185 Mitte].

Der BF1 selbst hat keinen - konkret auf seinen Namen - ausgestellten Drohbrief dieser Miliz erhalten [AS 151]. Er selbst wurde nicht mit dem Umbringen bedroht.

Dass sein Haus von Angehörigen einer schiitischen Miliz (konkret der Miliz ASA'IB AHL AL HAQQ) aufgesucht und dass darin geschossen worden wäre, steht nicht fest [BF1; AS 184 oben].

Weitere Fluchtgründe hat der BF1 nicht vorgebracht.

Die übrigen beschwerdeführenden Parteien (die BF2, die mj. BF3, die mj. BF4 und die mj. BF5) haben keine eigenen Fluchtgründe [BF2; AS 124].

Die bfP hatten weder mit der Polizei noch mit den Verwaltungsbehörden noch mit den Gerichten des Herkunftsstaates ein Problem. Keiner von ihnen wurde von staatlichen Organen oder von einer bewaffneten Gruppierung wegen ihrer Zugehörigkeit zur Glaubensrichtung der Sunniten oder aus politischen Gründen, etwa wegen einer Zugehörigkeit zu einer politischen Partei des Herkunftsstaates verfolgt.

Insgesamt vermochten die beschwerdeführenden Parteien nicht glaubhaft zu machen, dass sie im Herkunftsstaat einer asylrelevanten Bedrohung oder Verfolgung durch eine (schiitische) Miliz aus religiösen und/oder politischen Gründen ausgesetzt gewesen wären.

1.6. Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen, den sogenannten Popular Mobilisation Forces (PMF), mit Unterstützung durch die alliierten ausländischen Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Al Anbar bzw. deren Metropolen Fallouja und Ramadi als auch aus den nördlich an Bagdad anschließenden Provinzen Diyala und Salah al Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt Mossul, Provinz Ninava, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze. Ab November 2016 wurden die Umgebung von Mossul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris sukzessive wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mossul eingekesselt. Der sunnitische IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in Bagdad und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Abadi Mossul für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von Mossul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt Tal Afar durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave um Hawija südwestlich von Kirkuk.

Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordirak, nämlich Dohuk, Erbil und Suleimaniya, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte wie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen als stabil anzusehen. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung in der Frage der Kontrolle über die von kurdischen Sicherheitskräften bislang besetzt gehaltenen Grenzregionen südlich der Binnengrenze der Autonomieregion zum übrigen irakischen Staatsgebiet, insbesondere die Region um die Stadt Kirkuk betreffend. Zuletzt kam es zu einer Besetzung dieser Region sowie weiterer Landstriche entlang der Binnengrenze durch die irakische Armee und der Zentralregierung nahestehende Volksmobilisierungseinheiten, während sich die kurdischen Sicherheitskräfte aus diesen Bereichen zurückzogen. Eine Einreise in die drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion ist angesichts eines Luftraumembargos der Nachbarstaaten Türkei und Iran gegen die kurdische Regionalregierung auf direkte Weise aktuell nur auf dem Landweg möglich.

Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz Basra, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und bis 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in Anbar und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte zuletzt eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt mit sich brachte.

Die Sicherheitslage im Großraum Bagdad war durch die genannten Ereignisse im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richteten, um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden. Hinweise auf eine etwaig religiös motivierte Bürgerkriegssituation finden sich in den Länderberichten nicht, ebenso auch nicht in Bezug auf die Säuberung von ethnischen oder religiösen Gruppierungen bewohnte Gebiete.

Anlassbezogen ist jedoch nicht hervorgekommen, dass die Beschwerdeführer einer asylrelevanten Bedrohung durch schiitische Milizen oder durch die Polizei des Herkunftsstaates ausgesetzt gewesen wären. Es ist auch nicht hervorgekommen, dass es ihnen - selbst bei Wahrunterstellung einer allfälligen asylrelevanten Verfolgung - nicht möglich gewesen wäre, eine innerstaatliche Fluchtalternative zu wählen.

1.6.1. Die Asa'ib Ahl al-Haqq (Liga der Rechtschaffenen oder Khaz'ali-Netzwerk, League of the Righteous, kurz: AAH) ist eine der unter der PMF zusammengefassten schiitischen Milizen. Diese Miliz wurde 2006 von Qais al-Khaz'ali gegründet und bekämpfte zu jener Zeit die US-amerikanischen Truppen im Irak. Ausgegangen wird von einer Gruppengröße von mindestens 3.000 Mann; einige Quellen sprechen von 10.000 bis 15.000 Kämpfern. Die Miliz erhält starke Unterstützung vom Iran und ist, wie die Badr-Organisation und Kata'ib Hizbullah, vor allem westlich und nördlich von Bagdad aktiv. Seitens der Regierung wurde 2016 der Versuch unternommen, Teile der PMF in die staatliche Sicherheitsstruktur einzugliedern und unter die Kontrolle des Premierministers zu stellen - ein Projekt, dessen Ausgang noch immer unklar ist.

Eine landesweite und systematische Verfolgung von Angehörigen der schiitischen Glaubensgemeinschaft durch diese Miliz besteht nicht. Den Berichten zum Herkunftsstaat der bfP lässt sich nicht entnehmen, dass staatliche Organe wegen einer korrekten Amtsführung ins Visier dieser Miliz gelngt wären. Auch lässt sich den Berichten zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführer nicht entnehmen, dass diese Miliz Angehörige der schiitischen Glaubensrichtung verfolgen und vertreiben würden.

Quellen:

Australian Government, DFAT COUNTRY INFORMATION REPORT IRAQ, 26.06.2017,

http://dfat.gov.au/about-us/publications/Documents/country-information-report-iraq.pdf (Letzter Zugriff am 16.07.2018)

ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zum Irak: Aktivitäten der Asa'ib Ahl al-Haqq, insbesondere Verhalten gegenüber sunnitischen MuslimInnen 02.02.2018,

https://www.ecoi.net/de/dokument/1424853.html (Letzter Zugriff am 16.07.2018)

UK Home Office: Country Policy and Information Note Iraq: Sunni (Arab) Muslims, 06/2017

https://www.ecoi.net/en/file/local/1403272/1226_1499246656_iraq-sunni-arabs-cpin-v2-0-june-2017.pdf (Letzter Zugriff am 16.07.2018)

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees: Iraq: Relevant COI for Assessments on the Availability of an Internal Flight or Relocation Alternative (IFA/IRA); Ability of Persons Originating from (Previously or Currently) ISIS-Held or Conflict Areas to Legally Access and Remain in Proposed Areas of Relocation, 12.04.2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1397131/1930_1492501398_58ee2f5d4.pdf (Letzter Zugriff am 16.07.2018)

UK Home Office: Country Policy and Information Note Iraq: Sunni (Arab) Muslims, 06/2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1403272/1226_1499246656_iraq-sunni-arabs-cpin-v2-0-june-2017.pdf (Letzter Zugriff am 18.07.2018)

BFA Staatendokumentation: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Irak: Von schiitischen Milizen dominierte Gebiete (Ergänzung zum Länderinformationsblatt), 04.01.2018 https://www.ecoi.net/en/file/local/1422124/5618_1516263925_irak-sm-von-schiitischen-milizen-dominierte-gebiete-2018-01-04-ke.doc (Letzter Zugriff am 18.07.2018)

1.6.2. Kinder

Die Hälfte der irakischen Bevölkerung ist unter 18 Jahre alt. Kinder waren und sind Opfer der kriegerischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre. Sie sind nach Angaben der Vereinten Nationen in überproportionaler Weise von der schwierigen humanitären Lage betroffen. Sehr viele Kinder und Jugendliche sind durch Gewaltakte gegen sie selbst oder gegen Familienmitglieder stark betroffen (AA 12.2.2018). Laut UNICEF machten Kinder im August 2017 fast die Hälfte der damals drei Millionen durch den Konflikt vertriebenen Iraker aus (USDOS 20.4.2018).

Art. 29 und 30 der irakischen Verfassung enthalten Kinderschutzrechte. Irak ist dem Zusatzprotokoll zur VN-Kinderrechtskonvention zum Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten beigetreten (AA 12.2.2018). Das Gesetz verbietet die kommerzielle Ausbeutung von Kindern, sowie Pornografie jeglicher Art, einschließlich Kinderpornografie (USDOS 20.4.2018).

Im Falle einer Nichtregistrierung der Geburt eines Kindes werden diesem staatliche Leistungen wie Bildung, Lebensmittelbeihilfe und Gesundheitsversorgung vorenthalten. Alleinstehende Frauen und Witwen hatten oft Probleme bei der Registrierung ihrer Kinder. Kinder, die nicht die irakische Staatsbürgerschaft besitzen, haben ebenfalls keinen Anspruch auf staatliche Leistungen. Humanitäre Organisationen berichten von einem weit verbreiteten Problem bezüglich Kindern, die im IS-Gebiet geboren worden sind und keine von der Regierung ausgestellte Geburtsurkunden erhalten (USDOS 20.4.2018).

Die Grundschulbildung ist für Kinder, die die irakische Staatsbürgerschaft besitzen, in den ersten sechs Schuljahren verpflichtend und wird für diese kostenfrei angeboten. In der kurdischen Autonomieregion besteht die Schulpflicht bis zum Alter von 15 Jahren; auch dort kostenfrei. Der gleichberechtigte Zugang von Mädchen zu Bildung bleibt eine Herausforderung, insbesondere in ländlichen und unsicheren Gebieten. Der Zugang zu Bildung von Kindern, die aufgrund des Konfliktes intern vertrieben wurden, ist stark einschränkt (USDOS 20.4.2018). Die Sicherheitslage und die große Zahl zerstörter Schulen verhindern mancherorts den Schulbesuch, sodass die Alphabetisierungsrate in den letzten 15 Jahren drastisch gefallen ist (aktuell bei 79,7 Prozent), besonders in ländlichen Gebieten. Im Unterschied dazu sind in der Autonomen Region Kurdistan fast alle Menschen des Lesens und Schreibens mächtig. In den vom IS beherrschten Gebieten fand kein regulärer Schulunterricht statt (AA 12.2.2018).

Über ein Viertel aller Kinder im Irak lebt in Armut. Dabei waren, über die letzten Jahrzehnte, Kinder im Süden des Landes und in ländlichen Gebieten am stärksten betroffen (UN News 19.1.2018; vgl. UNICEF 31.1.2017). Armut wirkt sich nicht nur negativ auf die Bildung, sondern auch auf die Gesundheit von Kindern aus (UNICEF 31.1.2017). 22,6 Prozent der Kinder im Irak sind unterernährt (AA 12.2.2018). Ein Viertel aller Kinder unter fünf Jahren sind physisch unterentwickelt bzw. im Wachstum zurückgeblieben (UNICEF 31.1.2017).

Gewalt gegen Kinder bleibt ein großes Problem. Im Jahr 2011 waren 46 Prozent der Mädchen im Alter von 10 bis 14 Jahren familiärer Gewalt ausgesetzt (USDOS 20.4.2018). Die Zahl der Fälle von Kindesmissbrauch nimmt zu. Soziale Medien helfen verstärkt bei der Aufdeckung von Missbrauch und Folter (Al Monitor 2.5.2017). Berichten zufolge verkaufen Menschenhandelsnetze irakische Kinder zur kommerziellen sexuellen Ausbeutung. Letztere erfolgt im In- und Ausland. Verbrecherbanden sollen Kinder zwingen, im Irak zu betteln und Drogen zu verkaufen (USDOS 28.6.2018).

Die Verfassung und das Gesetz verbieten Kinderarbeit. In den Gebieten, die unter die Zuständigkeit der Zentralregierung fallen, beträgt das Mindestbeschäftigungsalter 15 Jahre. Das Gesetz begrenzt die Arbeitszeit für Personen unter 18 Jahren auf sieben Stunden pro Tag und verbietet Beschäftigungen, die der Gesundheit, Sicherheit oder Moral von Personen unter 18 Jahren schaden. Trotzdem gibt es im ganzen Land Fälle von Kinderarbeit, auch in ihren schlimmsten Formen. Es gibt dokumentierte Fälle von durch den Konflikt intern vertriebenen Kindern, die gezwungen wurden Kinderarbeit zu leisten. Versuche der Regierung Kinderarbeit z.B. durch Inspektionen zu überwachen, blieben erfolglos (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598 1531143225 deutschlandauswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 5.9.2018

-

Al Monitor (2.5.2017): How can Iraq address child abuse, torture?, https://www.al-monitor.com/

pulse/originals/2017/05/child-abuse-iraq-domestic-violence.html. Zugriff 20.9.2018

-

UNGASC - United Nations General Assembly Security Council (16.5.2018): Children and armed conflict, https://www.ecoi.net/en/file/local/1436649/1930_1530169188_n1815109.pdf. Zugriff 18.7.2018

-

UN News - United Nations News (19.1.2018): One in four Iraqi children impacted by conflict, poverty; education key for lasting peace - UNICEF, https://news.un.org/en/storv/2018/01/1000811. Zugriff 20.9.2018

-

UNICEF - United Nations International Children's Emergency Fund (31.1.2017): Child Poverty in Iraq: An Analysis of Child Poverty Trends and Policy Recommendations for the National

Poverty Reduction Strategy 2017-202, https://reliefweb.int/report/iraq/child-poverty-iraqanalysis-child-poverty-trends-and-policy-recommendations-national, Zugriff 20.9.2018

-

USDOS - United States Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html, Zugriff 5.9.2018

-

USDOS - United States Department of State (28.6.2018): Trafficking in Persons Report 2018 - Country Narratives - Iraq, https://www.state.gov/j/tip/rls/tiprpt/countries/2018/282675.htm. Zugriff 14.9.2018

1.6.3. Berufsgruppen:

Aus den Länderinformationen zum Herkunftsstaat der bfP geht hervor, dass Polizisten, Soldaten, Journalisten, Menschenrechtsverteidiger, Intellektuelle, Richter und Rechtsanwälte und alle Mitglieder des Sicherheitsapparats besonders gefährdet seien (AA 12.2.2018). Jedoch lässt sich den Länderinformationen nicht entnehmen und ist auch sonst nicht hervorgekommen, dass auch "Grenzpolizisten", die Fahrzeugkontrollen an den Grenzstationen des Herkunftsstaates der bfP versehen, einer besonderen Gefährdung ausgesetzt wären. Überdies lässt sich den Länderberichten zum Herkunftsstaat der bfP nicht entnehmen, dass Polizisten bzw. im Zoll eingesetzte "Grenzpolizisten" einer Bedrohung bzw. Gefährdung durch Milizen, konkret der Miliz "ASA'IB AHL AL HAQQ" ausgesetzt wären.

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 27.9.2018

-IWPR - Institute for War and Peace Reporting (25.11.2009): Fear chokes Nasiriya's Song,

https://iwpr.net/global-voices/fear-chokes-nasiriyas-song, Zugriff 2.10.2009

-USDOS - United States Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/1394979.html, Zugriff 2.10.2018

-USDOS - United States Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html, Zugriff 21.9.2018

1.6.4. Medizinische Versorgung

Das Gesundheitswesen besteht aus einem privaten und einem öffentlichen Sektor. Grundsätzlich sind die Leistungen des privaten Sektors besser, zugleich aber auch teurer. Ein staatliches Krankenversicherungssystem existiert nicht. Alle irakischen Staatsbürger, die sich als solche ausweisen können, haben Zugang zum Gesundheitssystem. Fast alle Iraker leben etwa eine Stunde vom nächstliegenden Krankenhaus bzw. Gesundheitszentrum entfernt. In ländlichen Gegenden lebt jedoch ein bedeutender Teil der Bevölkerung weiter entfernt von solchen Einrichtungen (IOM 13.6.2018).

Auf dem Land kann es bei gravierenden Krankheitsbildern problematisch werden. Die Erstversorgung ist hier grundsätzlich gegeben; allerdings gilt die Faustformel: Je kleiner und abgeschiedener das Dorf, umso schwieriger die medizinische Versorgung. Staatliche wie private Krankenhäuser sind fast ausschließlich in den irakischen Städten zu finden. Dort ist die Dichte an praktizierenden Ärzten, an privaten und staatlichen Kliniken um ein Vielfaches größer. Gleiches gilt für Apotheken und medizinische Labore (GIZ 11.2018).

Bei der Inanspruchnahme privatärztlicher Leistungen muss zunächst eine Art Praxisgebühr bezahlt werden. Diese beläuft sich in der Regel zwischen 15.000 und 20.000 IQD. Für spezielle Untersuchungen und Laboranalysen sind dann noch zusätzliche Kosten zu veranschlagen. Außerdem müssen Medikamente, die man direkt vom Arzt bekommt, gleich vor Ort bezahlt werden. In den staatlichen Zentren zur Erstversorgung entfällt zwar in der Regel die Praxisgebühr, jedoch nicht die Kosten für eventuelle Zusatzleistungen. Darunter fallen etwa Röntgen- oder Ultraschalluntersuchungen (GIZ 11.2018).

In Bagdad arbeiten viele Krankenhäuser nur mit deutlich eingeschränkter Kapazität. Die Ärzte und das Krankenhauspersonal gelten generell als qualifiziert, viele haben aber aus Angst vor Entführungen oder Repressionen das Land verlassen. Korruption ist verbreitet. Die für die Grundversorgung der Bevölkerung besonders wichtigen örtlichen Gesundheitszentren (ca. 2.000 im gesamten Land) sind entweder geschlossen oder wegen baulicher, personeller und Ausrüstungsmängel nicht in der Lage, die medizinische Grundversorgung sicherzustellen (AA 12.2.2018). Laut Weltgesundheitsorganisation ist die primäre Gesundheitsversorgung nicht in der Lage, effektiv und effizient auf die komplexen und wachsenden Gesundheitsbedürfnisse der irakischen Bevölkerung zu reagieren (WHO o.D.).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschlandauswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf.

Zugriff 12.10.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (11.2018): Irak - Alltag,

https://www.liportal.de/irak/alltag/#c37767. Zugriff 20.11.2018

-

IOM - International Organization for Migration (13.6.2018):

Länderinformationsblatt Irak

(2017),https://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_irak-dl

de.pdf:isessionid=0E66FF3FBC9BF77D6FB52022F1A7B611.1

cid294?blob=publicationFile. Zugriff 16.10.2018

-

WHO - World Health Organization (o.D.): Iraq: Primary Health Care,

http://www.emro.who.int/irq/programmes/primary-health-care.html. Zugriff 16.10.2018

1.7. Aus den Angaben der beschwerdeführenden Parteien lassen sich keine Anhaltspunkte dahin entnehmen, dass sie mit den Behörden, der Polizei oder den Gerichten des Herkunftsstaates etwa wegen ihres Religionsbekenntnisses, ihrer ethnischen Zugehörigkeit zur Mehrheitsbevölkerung der Araber oder aus politischen Gründen Probleme gehabt hätten. Es gibt auch keinerlei Hinweise in die Richtung, dass sie oder die Angehörigen ihrer Kernfamilie politisch aktiv gewesen wären oder als Mitglied einer politisch aktiven Bewegung oder einer bewaffneten Gruppierung des Herkunftsstaates angehört hätten.

Die beschwerdeführenden Parteien, allen voran der BF1, hatten zu keinem Zeitpunkt Kontakt mit Angehörigen einer Miliz, namentlich der Miliz ASA¿IB AHL AL-HAQQ. Auch wurde keiner von ihnen je dazu angeworben, für diese (schiitische) Miliz zu kämpfen. Auch sind keine Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die bfP (weitere) Berührungspunkte mit dieser oder einer anderen, im Herkunftsstaat aktiven Miliz gehabt hätten.

Auch konnte nicht festgestellt werden, dass auch nur einer der Beschwerdeführer mit Angehörigen derselben Glaubensrichtung oder einer anderen im Herkunftsstaat beheimateten Glaubensrichtungen Probleme gehabt hätte.

Der BF1 ist im Herkunftsstaat an einem mehr als 300 km vom Wohnort der Familie in XXXX einer Erwerbstätigkeit als XXXX nachgegangen und war als solcher angehalten, für einen XXXX übliche Fahrzeugkontrollen durchzuführen. Das Durchsuchen von Fahrzeugen, die von einem Nachbarstaat in den eigenen Staat gelangen wollen, nach Waren, die nicht ins Land gelangen sollen, ist Teil der üblichen Arbeit eines beim XXXX. Dass er als Schiit wegen der korrekten Dienstverrichtung ins Visier einer als schiitisch bekannten Miliz gelangt sein könnte, vermochte der BF1 anlassbezogen nicht glaubhaft zu machen.

In der Beschwerdeschrift haben die bfP angegeben, dass er von der schiitischen Miliz ASA'IB AHL AL HAQQ bedroht worden sei, die in der Provinz XXXX aktiv war [BF1; AS 331]. Selbst bei Wahrunterstellung dieser Angaben ist es dem BF1 nicht gelungen, seine Angaben glaubhaft zu machen. Die Provinz XXXX hat lediglich eine geringe flächenmäßige Ausdehnung und liegen die westlichen Grenzen dieser Provinz hunderte Kilometer vom XXXX, an dem der BF1 Dienst versehen haben soll, entfernt. Auch hat der BF1 keine Behauptung dahin aufgestellt, dass es sich bei den angeblich in die beiden Vorfälle vor seiner im Jahr 2015 stattgehabten Ausreise involvierten Fahrzeugen um Fahrzeuge dieser konkreten schiitischen Miliz gehandelt hätte.

Abschließend konnte nicht festgestellt werden, dass die beschwerdeführenden Parteien bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat aus in ihrer Person gelegenen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort der realen Gefahr einer Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention geschützten Rechte, oder dass sie als Zivilpersonen einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt wären.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang und die in der Folge getroffenen (sachverhaltsbezogenen) Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes, sowie aus den niederschriftlich protokollierten Angaben des BF1 und der BF2 anlässlich ihrer Befragung durch die Organe der belangten Behörde.

2.2. Zur Person der beschwerdeführenden Partei:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache zur Identität des Erstbeschwerdeführers (XXXX, geb. XXXX, StA.: Irak alias XXXX, geb. XXXX, StA.: Irak), Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit (Muslim schiitischer Glaubensrichtung), der Zweitbeschwerdeführerin (XXXX, geb. XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. Irak), Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit (Muslima schiitischer Glaubensrichtung) sowie der minderjährigen Beschwerdeführerinnen, und zwar der Drittbeschwerdeführerin (XXXX alias XXXX, geb. XXXX), der mj. BF4 (XXXX alias XXXX, geb. XXXX) und der (in Österreich geborenen) mj. BF5 (XXXX, geb. am XXXX), alle StA. Irak, Feststellungen getroffen wurden, beruhen diese im Wesentlichen auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, die ihrerseits auf den Angaben gründen, die wiederum auf den Angaben des BF1 und der BF2 vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde, andererseits vor den Organen der belangten Behörde getätigt wurden.

Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person der bfP im gegenständlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

Die zu ihrer Ausreise aus dem Irak, zur weiteren Reiseroute und zur Einreise ins Bundesgebiet getroffenen Konstatierungen ergeben sich aus den Angaben der beschwerdeführenden Parteien anlässlich ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor den Organen der Sicherheitsbehörde, die im Wesentlichen unstrittig geblieben sind und der gegenständlichen Entscheidung daher im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu Grunde gelegt werden konnten [BF1, AS 7; BF2, AS 9].

2.3. Zum Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien:

Das Vorbringen des BF1 und des BF2 zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates und zu ihrer Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat beruht einerseits auf deren Angaben vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde, sowie auf den vor den Organen der belangten Behörde gemachten Angaben.

Vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde hatte der BF1 zu seinen Fluchtgründen befragt, angegeben, den Herkunftsstaat deshalb verlassen zu haben, weil er Angst gehabt hätte. Weiter heißt es wörtlich: "Die terroristische Partei in Irak hatte bereits versucht mich umzubringen, da ich als XXXX gearbeitet habe" [BF1; AS 9].

Die BF2 gab anlässlich ihrer Einvernahme durch die Organe der öffentlichen Sicherheitsbehörde zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates für sich und die damals bereits lebenden mj. BF3 und mj. BF4 an, dass sie den Irak deshalb verlassen habe, weil ihr Ehegatte als XXXX mit dem Tode bedroht worden sei [BF2; AS 11]. Eigene Fluchtgründe führte sie nicht ins Treffen.

Anlässlich seiner am 19.06.2018 vor der belangten Behörde stattgehabten mündlichen Einvernahme hatte der BF1 angegeben, er ca. sechs Monate im XXXX des XXXX an der XXXX, und dass er nach zwei Vorfällen, je einen im September 2015 und einen weiteren, am 27.10.2015, am 04.11.2015 und am 07.11.2015 mit einem Auto verfolgt worden sei. Jenes Fahrzeug, das ihn verfolgt hätte, sei nach einer Anzeige von der Polizei seines Herkunftsstaates zur Fahndung freigegeben worden. Noch am selben Abend habe er sich mit seiner Familie nach XXXX zum Vater begeben [BF1; AS 183]. Am 09.11.2015 habe sein Nachbar angerufen und ihm erzählt, dass er ein Auto gehört hätte, das beim BF1 eingefahren wäre. Schüsse wären gefallen. Die Leute seien ins Haus rein und seien im Haus weitere Schüsse gefallen. Sachen seien zerbrochen. Als er gemeinsam mit der Polizei zum Haus gekommen wäre, habe er gesehen, dass sie ihm einen Drohbrief im Haus hinterlassen hätten. Die Polizei habe die nächsthöhere Einheit gerufen; diese habe alles untersucht. Als der Nachbar befragt wurde, habe dieser angegeben, nichts gesehen, sondern nur gehört zu haben. Danach sei er (Anm.: der BF1) wieder zu seinem Vater gegangen [BF1; AS 184 oben]. Abgesehen davon gebe es keine weiteren Fluchtgründe [BF1; AS 184 Mitte].

Anlässlich ihrer niederschriftlich dokumentierten Einvernahme durch die belangte Behörde hatte die BF2 zu ihren Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates angegeben, dass ihr Ehegatte bedroht worden wäre. Weiter heißt es, dass er von einem Auto verfolgt worden sei, woraufhin sie zum Schwiegervater gegangen wären [BF2; AS 124].

Damit setzte sich die BF2 in Widerspruch zu den Angaben des BF1, der anlässlich seiner niederschriftlich dokumentierten Einvernahme durch die belangte Behörde angegeben hatte, dass er zwei Mal von einem Auto verfolgt worden wäre. Das eine Mal, als eine seiner Töchter erkrankt war und er vom Arzt wieder nach Hause gefahren war. Am nächsten Tag, am 07.11.2015, sei er am Nachmittag wieder einkaufen gewesen. Da hätte ihn dasselbe Fahrzeug (ein weiteres Mal) zum Supermarkt und retour verfolgt [BF1; AS 183 Mitte].

Während die BF2 von einem einzigen Vorfall erzählte, anlässlich dessen der BF1 von einem Auto verfolgt worden sei, sprach der BF1 gleich von zwei Vorfällen.

Der BF1 verstrickte sich bei seinen Angaben zu den jeweiligen Zeitpunkten, an denen er von einem Auto verfolgt worden sei, in Widerspruch. So hatte er angegeben, dass der 04.11.2015 wieder der erste Tag seiner 10 freien Tage gewesen sei. Am 03. Tag zu Hause sei seine Tochter erkrankt und sei er am Vormittag dieses Tages zum Arzt gefahren. Bei Wahrunterstellung dieser Angabe, hätte sich dieser Vorfall am 07.11. zutragen müssen. Wenn es in der Folge heißt, dass ihn am nächsten Tag, dem 07.11.2015 dasselbe Auto auf der Fahrt zum Superparkt und retour verfolgt hätte, ist dies vom Zeitablauf nicht in Deckung zu bringen und erweist sich diese Erzählung des BF1 als inkonsistent und daher unschlüssig [BF1; AS 183 unten].

Den Höhepunkt setzte der BF1 mit der Angabe, dass er am 09.11.2015, um ca. 23 Uhr, von seinem Nachbarn angerufen worden wäre, der ihm erzählt haben soll, ein Auto gehört zu haben, das beim BF1 eingefahren sei. Schüsse seien gefallen. Leute seien ins Haus hinein und seien weitere Schüsse gefallen [BF1; AS 184 oben]. In der Folge schilderte der BF1, dass der Nachbar - ein alter Mann - als er von der Polizei einvernommen wurde, angab, nichts gesehen, sondern nur gehört zu haben [BF1; AS 184 Mitte]. Wenn der Nachbar des BF1 nichts gesehen haben will, konnte dieser auch keine Wahrnehmungen dazu gehabt haben, dass ein Auto beim BF1 eingefahren war. Auch konnte er keine Wahrnehmungen dazu gehabt haben, nachdem Schüsse gefallen waren, dass Leute "ins Haus rein" gegangen wären. Wenn dieser Nachbar diesen Vorfall nur akustisch wahrgenommen hatte, konnte - bei Wahrunterstellung, dass ein Telefongespräch stattfand - dieses nicht den vom BF1 behaupteten Inhalt gehabt haben, da die Information, dass ein Auto beim BF1 eingefahren war und die Information, dass Leute ins Haus gegangen wären, nur auf eigener Beobachtung und nicht auf Grund einer (bloß) akustischen Wahrnehmung beruhen kann. Daran, dass der Nachbar nichts gesehen hatte, lässt der BF1 keinen Zweifel [BF1; AS 184 Mitte].

Die Angaben zum Inhalt des angeblichen Telefonats mit dem Nachbarn erscheinen dem erkennenden Gericht nicht glaubhaft.

Zum angeblich im Haus des BF1 im Beisein von Polizeibeamten vorgefundenen Drohbrief ist anzumerken, dass aus der Übersetzung dieses Drohschreibens sich der Namenszug "XXXX" findet [BF1; AS 151]. Dieser Namenszug lässt sich mit den vom BF1 angegebenen Identitäten (XXXX, geb. XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. Irak) und mit der aus dem Personalausweis hervorgehenden Identität des BF1 nicht in Einklang bringen. Es ist daher selbst, wenn der im Drohschreiben widergegebene Inhalt echt und richtig sein, nicht davon auszugehen, dass sich das Drohschreiben direkt an den BF1 gerichtet hätte [BF1; AS 151].

Wenn es im gegenständlichen Anlassfall nicht um einen Einbruch gegangen war und auch kein Feuer gelegt wurde, sondern Chaos verursacht und ein Bedrohungsszenario erzeugt worden sei und sich im Wohnzimmer ein Bekennerschreiben gefunden hätte [BF1; AS 331], so lässt sich dies nicht zur Gänze mit den Angaben des BF1, der ja bei seiner Einvernahme von einem Drohschreiben sprach, während in der Beschwerdeschrift von einem Bekennerschreiben die Rede ist. Richtig ist die Angabe in der Beschwerde, dass das vom BF so bezeichnete Drohschreiben von der in der Provinz XXXX aktiven schiitischen Miliz "ASA'IB AHL AL HAQQ" unterzeichnet wurde [BF1; AS 151 und 331].

Berücksichtigt man die Angaben des BF1, dass er als XXXX an der XXXX mehr als 300 km von seiner Wohnung (ein Haus) arbeitete und dort die mit Personenkraftwagen und Lastkraftwagen stets im Beisein eines vorgesetzten Offiziers durchführte [BF1; AS 183], erscheint eine von der in der Provinz XXXX aktiven schiitischen Miliz "ASA'IB AHL AL HAQQ" nicht glaubwürdig, zumal die westliche Provinzgrenze der Provinz XXXX mehr als zweihundert Kilometer von der Grenzstation, an der der BF1 tätig war, entfernt war. Es ist auch nicht nachvollziehbar, wie diese Miliz zur Information gelangen konnte, dass der BF1 an dieser Grenzstation Dienst versieht, um dann nach zwei Vorfällen mit Fahrzeugen, die der BF1 dieser Miliz nicht zuordnete und mit denen einerseits Waffen und andererseits Drogen geschmuggelt wurden, das Haus des BF1 zu verwüsten und diesem ein Drohschreiben zu hinterlassen [BF1; AS 183 Mitte]. Nicht nachvollziehbar ist auch der Umstand, wie die Miliz zur Information gelangt sein soll, dass sich der BF1 zur schiitischen Glaubensrichtung bekennt. Nicht nachvollziehbar ist auch, wie die Miliz ASA'IB AHL AL HAQQ zum Namen des BF1 und zum Wohnort desselben gelangt sein will, zumal sich diese Informationen aus der vom BF1 getragenen Uniform nicht erkennen lassen [siehe dazu die vorgelegten Lichtbilder, die ihn in Uniform zeigen; AS 169 und 171]. Auch aus der vorgelegten Ablichtung des vom Innenministerium des Irak vorgelegten Personalausweises lassen sich diese Informationen entnehmen, es sei denn, der BF1 wäre selbst Mitglied dieser Miliz gewesen. Eine Behauptung in diese Richtung hat er jedoch zu keinem Zeitpunkt aufgestellt.

Abgesehen vom Drohschreiben gibt es auch keinerlei Hinweise in den Angaben des BF1, dass hinter den vom BF1 geschilderten Vorfällen (der aufgedeckte Waffenschmuggel im September 2015; der aufgedeckte Drogenschmuggel am 27.10.2015; die Verfolgung mit einem Auto, als er wieder in XXXX war) die Miliz "ASA'IB AHL AL HAQQ" gestanden hätte.

Als inkonsistent und in sich widersprüchlich erweist sich auch das Vorbringen vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde am 11.12.2015 und den Organen der belangten Behörde am 19.06.2018. Hatte der BF1 vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde angegeben, dass die "terroristische Partei" in Irak bereits versucht hätte, ihn umzubringen [BF1; AS 9], so ist weder vor der belangten Behörde, noch in der Beschwerdeschrift die Rede von einem derartigen Versuch.

Die vom BF1 vor der belangten Behörde geschilderten Vorfälle erscheinen dem BF1 als tatsachenwidriges Gedankenkonstrukt. Selbst bei Wahrunterstellung dieser Vorfälle lassen sich diese der Miliz "ASA'IB AHL AL HAQQ" nicht zuordnen; es fehlen entsprechende Hinweise, die in diese Richtung deuten würden. Selbst wenn der Anschlag auf das Haus des BF1 auf die Urheberschaft dieser Miliz zurückzuführen wäre, ist damit noch nicht erklärt, dass dieser im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als eher unbedeutender XXXX (in der Beschwerdeschrift heißt es, dass er XXXX gewesen sei [BF1; AS 329 Mitte]) steht.

Vor der belangten Behörde wurde der BF1 auch danach befragt, ob er Fotos vom verwüsteten Haus vorlegen könne. Die Angabe des BF1, dass er nicht über Bilder verfüge, macht seine Geschichte, dass das Haus verwüstet wurde insgesamt unglaubwürdig. Unterstellt man seiner Angabe, dass er mit dem übrigen bfP am 23.11.2015 mit dem Flugzeug aus dem Herkunftsstaat ausgereist sei, den Wahrheitsgehalt, hätte er noch ausreichend Zeit gehabt, Fotos vom angeblich verwüsteten Haus zu machen oder solche von der Polizei, die noch am Abend des angeblichen Anschlags, der sich am 09.11.2015 zugetragen haben soll [BF1; AS 184], mit dem BF1 vor Ort gewesen sein soll, zu organisieren. Andererseits brachte der BF1 der belangten Behörde Bilder zur Vorlage, die ihn als XXXX zeigen sollen. In Anbetracht des Umfanges der vorgelegten Beweismittel wäre es ihm ein Leichtes gewesen, auch eine Beweisführung mit Lichtbildern seines angeblich beschädigten Hauses und des darin befindlichen Inhalts zu führen. So hatte er vor der belangten Behörde angegeben, dass im Haus Sachen zerbrochen seien. Weiter gab er an, dass alle Türen und die Fenster aufgebrochen worden seien. Bis zum Kühlschrank sei alles kaputtgeschlagen gewesen [BF1; AS 184 oben]. Das wiederum lässt auf ein erhebliches Zerstörungsausmaß schließen.

Auch gab der BF1 vor der belangten Behörde an, dass die Polizei gleich nach dem Anschlag, der sich nach den Angaben des BF1 am 09.11.2015 um 23:00 Uhr ereignet haben soll, mit diesem beim Haus gewesen sei. Die mit ihm zum Haus gekommenen Polizisten hätten gleich die "nächsthöhere Einheit" gerufen, die auch gleichgekommen wäre und alles untersucht hätte. Dann behauptete der BF1 weiter, dass die Polizei alles in die Wege geleitet hätte und dass innerhalb von 3 Tagen die Polizei- und Gerichtsdokumente ausgestellt worden seien [BF1; AS 184].

Schon mit dem behaupteten Ausmaß der Zerstörung setzte er sich in Widerspruch zum vorgelegten, zum 12.11.2015 datierten Schreiben der Polizeiinspektion XXXX [BF1; AS 119]. Darin heißt es, dass der BF1 am 09.11.2015 zu uns (womit die Polizeiinspektion XXXX gemeint war) gekommen sei und mitgeteilt habe, dass sein Haus angegriffen worden sei. Zum Zerstörungsausmaß heißt es - gestützt auf die Angaben des BF1 -, dass (lediglich) die Fenstergläser zerbrochen seien. Davon, dass alle Türen aufgebrochen worden seien und im Haus Sachen zerstört worden wären, ist im Polizeiprotokoll keine Rede. Im Polizeiprotokoll ist auch nicht die Rede davon, dass hinter dem Angriff auf das Haus bzw. hinter der Drohung mit dem Umbringen die Miliz "ASA'IB AHL AL HAQQ" stecken würde. Vielmehr ist im Polizeiprotokoll davon die Rede, dass der BF1 von unbekannten Personen, die "Geländewagen ohne Kennzeichen" gefahren hätten, mit dem Umbringen gedroht hätten [BF1; AS 149].

Der am 12.11.2015 datierte Polizeibericht der Polizeiinspektion XXXXlässt dagegen angeblich unmittelbar nach dem am 09.11.2015, um 23:00 Uhr erfolgten Angriff auf das Haus des BF1 zurückgelassenen Drohbrief der Miliz

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten