TE Lvwg Erkenntnis 2020/5/6 LVwG-2020/34/0693-9

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Veröffentlicht am 06.05.2020
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Entscheidungsdatum

06.05.2020

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz

Norm

WRG 1959 §22
WRG 1959 §27 Abs1 litc
WRG 1959 §29 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin MMag.a Dr.in Besler über die Beschwerde des AA, geboren am **.**.****, wohnhaft in Z, Adresse 1, vertreten durch BB Rechtsanwälte GmbH in Y, Adresse 2, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 26.2.2020, Zahl ***, betreffend Erlöschen eines Wasserbenutzungsrechtes und letztmalige Vorkehrungen nach § 29 Wasserrechtsgesetz 1959

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

In Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides vom 26.2.2020 stellte die belangte Behörde fest, dass das mit Bescheid vom 9.3.1961 verliehene Wasserbenutzungsrecht für den Betrieb einer Wasserkraftanlage und die damit zusammenhängende Entnahme vom 200 l/s aus dem W-Bach gemäß § 27 Abs 1 lit c Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) erloschen sei.

Mit Spruchpunkt II. dieses Bescheides trug die belangte Behörde dem Beschwerdeführer als grundbücherlichem Alleineigentümer der Bp **1 in EZ ** GB Z auf, folgende letztmalige Vorkehrungen zu treffen:

1.   Rückbau bzw Entfernung sämtlicher für den Betrieb erforderliche Anlagenteile insbesondere sämtliche elektrotechnische Anlagen wie Turbine, Generator usw.

2.   Sämtliche stillgelegte Kanäle wie der Unterwasserkanal müssen entweder verfüllt oder entfernt werden.

3.   Sämtliche Anlagenteile, welche den ursprünglichen Bachverlauf verhindern wie Einlaufrechen und Wasserfassungen, sowie das Sperrenbauwerk am W-Bach sind zu entfernen.

4.   Die letztmaligen Vorkehrungen sind bis 30. Mai 2022 durchzuführen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers an das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG Tirol) mit dem Antrag, diesen aufzuheben. Der Beschwerdeführer rügt unter anderem, er hätte nicht als Adressat der im angefochtenen Bescheid erfolgten Feststellung und aufgetragenen letztmaligen Vorkehrungen herangezogen werden dürfen.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Bescheid der belangten Behörde vom 9.3.1961, ***, den Auszug aus dem Wasserbuch für den Bezirk X betreffend die Postzahl ***, die Auszüge aus dem Grundbuch und die Urkundensammlung betreffend die Liegenschaften in EZ ** und **, beide GB Z, und die vom Grundbuchsführer des Bezirksgerichtes X erteilten Auskünfte (vgl OZ 3, 4, 5, 7).

Nachdem das LVwG Tirol über den von ihm als erwiesen angenommenen Sachverhalt und seine vorläufige Rechtsansicht informiert hatte (vgl OZ 7), verzichteten der Beschwerdeführer und die belangte Behörde auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung (vgl OZ 8, 9).

II.      Sachverhalt:

Der am 12.9.1983 geborene Beschwerdeführer ist aufgrund des Kaufvertrages vom 15.11.2016 grundbücherlicher Alleineigentümer der Bp **1 in EZ ** GB Z und des Gst-Nr **2 in EZ ** GB Z.

Das Wasserbenutzungsrecht für den Betrieb einer Wasserkraftanlage und die damit zusammenhängende Entnahme vom 200 l/s aus dem W-Bach wurde im Bescheid vom 9.3.1961 gemäß § 21 WRG 1959 befristet bis zum 31.12.1999 erteilt und im Wasserbuch für den Bezirk X unter der Postzahl *** eingetragen.

Laut Seite 1 des Bescheides vom 9.3.1961 ist die Wasserkraftanlage mit der Bp **3 (Anwesen CC) verbunden. Die Bp **3 in EZ ** KG Z war aber bereits im Jahr 1939 in die Bp. **4 (mit der Bezeichnung: Wohnhaus nebst Wirtschaftsgebäude und Hofraum) und die Bp. **1 (mit der Bezeichnung: Elektrizitätswerk) geteilt worden. Im Jahr 1994 wurde die Bp **4 in das Gst-Nr **5 in EZ ** KG Z einbezogen. Heute ist die vormalige Bp **4 Teil des Gst-Nr **2 in EZ ** GB Z. Die Bp **1 ist seit zumindest 9.3.1961 in der EZ ** GB Z vorgetragen.

In Spruchpunkt IV. des Bescheides vom 9.3.1961 wird unter Verweis auf § 22 WRG 1959 festgehalten, dass die Bewilligungswerber (das waren DD, EE, FF, GG, JJ und KK) (als „Besitzer“ der Wasserkraftanlage in einem jeweils bestimmten Anteilsverhältnis) als Wasserberechtigte im Wasserbuch einzutragen sind. Nicht alle dieser sechs Personen waren am 9.3.1961 grundbücherliche Miteigentümer der Bp **1 in EZ ** GB Z. Keiner dieser sechs Personen war damals grundbücherlicher Eigentümer der Bp. **4 in EZ ** KG Z.

Das in Rede stehende Wasserbenutzungsrecht wurde dem Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt persönlich erteilt. Der Beschwerdeführer war bis zum Ablauf des 31.12.1999 weder Betreiber noch Eigentümer der in Rede stehenden Wasserkraftanlage. Der Beschwerdeführer erwarb erstmals im Jahr 2006 grundbücherliches Eigentum.

III.     Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen sind unstrittig (vgl OZ 7, 8, 9).

IV.      Rechtslage:

1. Die §§ 22 und 27 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959), BGBl Nr 215/1959, in der Fassung BGBl I Nr 74/1997, lauten (auszugsweise):

„Persönliche oder dingliche Gebundenheit der Wasserbenutzungsrechte.

§ 22. (1) Bei nicht ortsfesten Wasserbenutzungsanlagen ist die Bewilligung auf die Person des Wasserberechtigten beschränkt; bei allen anderen Wasserbenutzungsrechten ist Wasserberechtigter der jeweilige Eigentümer der Betriebsanlage oder Liegenschaft, mit der diese Rechte verbunden sind. Wasserbenutzungsrechte sind kein Gegenstand grundbücherlicher Eintragung.

(2) Die Übertragung von Betriebsanlagen oder Liegenschaften, mit denen Wasserbenutzungsrechte verbunden sind, ist vom neuen Wasserberechtigten der Wasserbuchbehörde zur Ersichtlichmachung im Wasserbuch (§ 124) anzuzeigen.

[…]

Erlöschen der Wasserbenutzungsrecht.

§ 27. (1) Wasserbenutzungsrechte erlöschen:

a)   […]

[…]

c)   durch Ablauf der Zeit bei befristeten und durch den Tod des Berechtigten bei höchstpersönlichen Rechten sowie durch dauernde Einschränkung oder Untersagung nach § 21a;

[…]“

2. § 29 WRG 1959, BGBl Nr 215/1959, in der Fassung BGBl I Nr 123/2006, lautet (auszugsweise):

„Vorkehrungen bei Erlöschen von Wasserbenutzungsrechten.

§ 29. (1) Den Fall des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes hat die zur Bewilligung zuständige Wasserrechtsbehörde festzustellen und hiebei auszusprechen, ob und inwieweit der bisher Berechtigte aus öffentlichen Rücksichten, im Interesse anderer Wasserberechtigter oder in dem der Anrainer binnen einer von der Behörde festzusetzenden angemessenen Frist seine Anlagen zu beseitigen, den früheren Wasserlauf wiederherzustellen oder in welcher anderen Art er die durch die Auflassung notwendig werdenden Vorkehrungen zu treffen hat.

[…]“

V.       Erwägungen:

Mit Ablauf der Frist gemäß § 21 WRG 1959 erlischt eine wasserrechtliche Bewilligung gemäß § 27 Abs 1 lit c WRG 1959. Diese Wirkung tritt ex lege und auch ohne Erlassung eines nach § 29 WRG 195 vorgesehenen Feststellungsbescheides ein (vgl VwGH 27.7.2017, Ra 2017/07/0014, mwN).

Die mit 31.12.1999 befristete wasserrechtliche Bewilligung vom 9.3.1961 ist daher gemäß § 27 Abs 1 lit c WRG 1959 mit Ablauf dieses Tages erloschen.

Adressat der Feststellung des Erlöschens des Wasserbenutzungsrechtes und der Vorschreibung letztmaliger Vorkehrungen ist der bisher Berechtigte. Der bisher Berechtigte ist der Inhaber der Wasserbenutzungsberechtigung im Zeitpunkt des Erlöschens (vgl VwGH 27.6.1995, 94/07/0088; 26.9.2013, 2013/07/0092; 22.11.2018, Ra 2017/07/0079).

Es braucht im vorliegenden Fall nicht geprüft zu werden, ob das im Wasserbuch für den Bezirk X zur Postzahl *** eingetragene Wasserbenutzungsrecht ein persönliches oder ein dinglich gebundenes war (vgl § 22 WRG 1959). Es steht nämlich fest, dass das Wasserbenutzungsrecht dem Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt persönlich erteilt worden war, er niemals Betreiber oder Eigentümer der in Rede stehenden Wasserkraftanlage war und er erstmals im Jahr 2006 Grundeigentum erwarb.

Es ist daher ausgeschlossen, dass es das Wasserbenutzungsrecht des Beschwerdeführers war, das mit Ablauf des 31.12.1999 erloschen ist.

Der Erwerber einer Liegenschaft, mit der ein zum Zeitpunkt des Erwerbes bereits erloschenes Wasserbenutzungsrecht verbunden war, kommt nicht als Rechtsnachfolger des seinerzeit Wasserberechtigten und somit auch nicht als derjenige in Betracht, dessen Wasserbenutzungsrecht erloschen ist (vgl VwGH 28.4.2011, 2007/07/0071).

Der Beschwerdeführer scheidet als Adressat der Feststellung des Erlöschens des in Rede stehenden Wasserbenutzungsrechtes und der Vorschreibung letztmaliger Vorkehrungen von Vornherein aus.

Aus diesem Grund ist der angefochtene Bescheid zu beheben.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Der Verwaltungsgerichtshof judiziert in ständiger Rechtsprechung, dass Adressat der Feststellung des Erlöschens des Wasserbenutzungsrechtes und der Vorschreibung letztmaliger Vorkehrungen derjenige, dessen Wasserbenutzungsrecht erloschen ist (also der bisher Berechtigte), ist (vgl VwGH 27.6.1995, 94/07/0088; 26.9.2013, 2013/07/0092; 22.11.2018, Ra 2017/07/0079). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art 133 Abs 4 B-VG liegt daher nicht vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

MMag.a Dr.in Besler

(Richterin)

Schlagworte

Erlöschen eines Wasserbenutzungsrechtes; letztmalige Vorkehrungen; Adressat;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.34.0693.9

Zuletzt aktualisiert am

19.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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