TE Vwgh Erkenntnis 1998/3/31 93/13/0130

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Veröffentlicht am 31.03.1998
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §20;
B-VG Art130 Abs2;
EStG 1972 §103;
EStG 1988 §103;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und Senatspräsident Dr. Pokorny sowie Hofrat Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDDr. Jahn, über die Beschwerde des M J in B, vertreten durch Dr. Wulf Gordian Hauser, Rechtsanwalt in Wien I, Domgasse 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 19. Mai 1993, Zl. J 542/1/1-IV/4/93, betreffend Zuzugsbegünstigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte im Jahr 1993 bei der belangten Behörde die Gewährung einer Zuzugsbegünstigung gemäß § 103 EStG 1988 bzw. § 10 VStG. Er beziehe lediglich Einkünfte aus Kapitalvermögen und solche aus Vermietung und Verpachtung. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen betrügen jährlich

ca. S 9,400.000,-- und jene aus Vermietung und Verpachtung ca. S 280.000,--. Das in der Bundesrepublik Deutschland gelegene Grundvermögen habe einen Verkehrswert von

ca. S 12,800.000,--, das Kapitalvermögen betrage ca. S 108,000.000,--. Er beabsichtige, einen erheblichen Teil seines Vermögens nach Österreich zu transferieren.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag in Ausübung des freien Ermessens ab. Von der gesetzlichen Ermächtigung des § 103 EStG und des § 10 VStG, eine begünstigte Besteuerung anzuordnen, werde kein Gebrauch gemacht "da der Zuzug vom Ausland ins Inland unter dem Gesichtspunkt der europäischen Integration nicht mehr durch steuerliche Maßnahmen förderungswert erscheint und daher steuerliche Zuzugsbegünstigungen nicht mehr gewährt werden".

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Wie der Gerichtshof bereits in seinen Erkenntnissen vom 29. September 1993, 93/13/0163, sowie vom 26. April 1994, 93/14/0162, ausgesprochen hat, stellt der bloße Hinweis auf die "europäische Integration" keine ausreichende Begründung dafür dar, einen Antrag auf Gewährung einer Zuzugsbegünstigung abzuweisen. Daran vermögen auch die Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde nichts zu ändern, wonach die europäische Integration einen Abbau wettbewerbsschädlicher Steuerunterschiede erforderlich mache. Derartige Überlegungen mögen eine Gesetzesänderung nahelegen, wie sie ja auch tatsächlich durch das Steuerreformgesetz 1993 mit Wirkung ab 1994 erfolgte; bei einer Bescheiderlassung im Wirkungsbereich einer bestimmten Gesetzeslage dürfen jedoch in Aussicht genommene Gesetzesänderungen keinen Niederschlag finden.

Auch der Hinweis auf die "Endbesteuerungswirkung" vermag den angefochtenen Bescheid nicht zu tragen. Abgesehen davon, daß auch er erst in der Gegenschrift vorgebracht wird, übersieht die belangte Behörde nämlich, daß die Zuzugsbegünstigung nicht den Zweck verfolgt, Steuerbelastungen hintanzuhalten, die als unangemessen hoch empfunden werden. Vielmehr soll damit ein Anreiz für vermögende Personen geschaffen werden, im Inland "ihre Verbrauchswirtschaft in einer für das Inland nützlichen Weise" einzurichten. An dieser Intention des Gesetzgebers hat sich die Ermessensübung der Abgabenbehörde zu orientieren. Daß aber ein steuerlicher Anreiz für den Zuzug auch im Rahmen der sogenannten Endbesteuerung geboten werden kann, bedarf keiner weiteren Erörterung. Hinweise der belangten Behörde auf bestehende Doppelbesteuerungsabkommen oder mögliche Maßnahmen gemäß § 48 BAO gehen daher ins Leere.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als inhaltich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 und 6 VwGG Abstand genommen werden konnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der Ersatz von Stempelgebühren war nur in jenem Ausmaß zuzusprechen, in dem dieser Aufwand zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich war.

Schlagworte

Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1993130130.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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