TE Lvwg Erkenntnis 2019/10/16 VGW-101/050/8606/2019

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Veröffentlicht am 16.10.2019
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Entscheidungsdatum

16.10.2019

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §45 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Gamauf-Boigner über die Beschwerde der A. Rechtsanwälte GmbH, vertreten durch Herrn Dr. Dr. B. A., Wien, C., gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 65, vom 02. April 2019, Zl. …, betreffend Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung 05. September 2019 zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß §§ 28 Abs. 1 iVm 29 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Am 28. November 2018 beantragte die A. Rechtsanwälte GmbH, die nunmehr am Standort in Wien, C. eine Rechtsanwaltskanzlei betreibt, für das Firmenfahrzeug der Marke/Type D. mit dem Kennzeichen W-3, die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß 45 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) von der im … Wiener Gemeindebezirk geltenden Parkzeitbeschränkung für zwei Jahre. Begründend wurde im Wesentlichen sinngemäß ausgeführt, dass ein erhebliches wirtschaftliches Interesse an der Nutzung des verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeuges bestehe, zumal es für Fahrten zu KundInnen, Besprechungen oder Veranstaltungen, Botenfahrten und Abholung von Bestellungen und Beförderungen von Mitgliedern der Kanzlei sowie von Klienten benötigt würde. Zum Beweis für ihr Vorbringen legte die Antragstellerin eine Kopie des Firmenbuchauszuges der Kanzlei sowie einen Datenauszug und Zulassungsschein des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges D. vor. Der Antragstellerin wurde seitens der belangten Behörde mit Schreiben vom 04. Dezember 2018 mitgeteilt, unter welchen Voraussetzungen eine Ausnahmebewilligung für Betriebe für Transportfahrzeuge erteilt werden könnte. Unter einem wurde die Beschwerdeführerin zur Darlegung des erheblichen wirtschaftlichen Interesses aufgefordert, Unterlagen - wie folgt – vorzulegen: Namentlich eine Aussage dazu, dass mit dem gegenständlichem Fahrzeug sämtliche dokumentierten Tätigkeiten durchgeführt werden; eine Aufstellung über den Einsatz des beantragten Kraftfahrzeuges samt Angabe des Datums, der Orte und des Zwecks der Fahrten, durchschnittlich zu mindestens drei Fahrten pro Woche über vier Wochen; zumindest teilweise (mindestens fünf Belege für die regelmäßig betrieblich erforderlichen Fahrten, wie Fahrten zu Kundinnen und Kunden, der Transport von Personen oder von Geräten, Unterlagen bzw. Waren im geringfügigen Ausmaß für Servicetätigkeiten bzw. Dienstleistungen außer Haus), die mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Taxis oder durch Umorganisation nur mit besonderen Erschwernissen bewerkstelligt werden können. Zu oben genannten Aufstellung (Rechnungen, Auftragsbestätigungen, Lieferscheine, E-Mails zu Besprechungen und Terminvereinbarungen, etc.); eine Aussage dazu, wie die Parksituation bis zum Zeitpunkt der Antragstellung ohne Ausnahmebewilligung gelöst werden konnte; Angaben darüber, warum eine Beförderung durch Taxis oder öffentliche Verkehrsmittel bzw. Benützung eines Abstellplatzes (z.B.: Garagen, „E.“, …, Luftlinie ca. 225m oder „F.“, …, Luftlinie ca. 218m) tatsächlich unmöglich oder unzumutbar wäre, wobei Kostengründe keinen Ausnahmebedarf darstellen; eine Aussage dazu, ob in unmittelbarer Umgebung vom Betriebsstandort ein privater oder betriebseigener Parkplatz (Garage, Hof) zur Verfügung steht.

Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass im Antrag bislang nicht nachvollziehbar dargetan wurde, weshalb mit der jeweils höchstzulässigen Abstelldauer nicht das Auslangen gefunden werden bzw. weshalb die betriebliche Nutzung des Fahrzeuges nicht so gestaltet werden könnte, dass jeweils die höchstzulässige Parkdauer nicht überschritten werden müsste. Der bloße Hinweis, das Fahrzeug müsse in unmittelbarer Nähe des Betriebes bzw. Firmensitzes abgestellt sein, reiche hiezu nicht aus.

Mit E-Mail vom 18. Dezember erstattete die Beschwerdeführerin die von der belangten Behörde geforderte Stellungnahme dahingehend, dass die Beschwerdeführerin eine international ausgerichtete Rechtsanwaltskanzlei mit derzeit 30 Mitarbeitern bzw. selbstständigen Rechtsanwälten betreibe. Insbesondere für sehr betuchte Klienten bzw. Geschäftsführer von großen internationalen Konzernen komme die Beförderung von und zu den Kanzleiräumlichkeiten in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht in Betracht. Dies gelte auch für Mitglieder der Kanzlei, die die Fahrt zum Teil für vertrauliche Gespräche nützen müssen, was in öffentlichen Verkehrsmitteln keinesfalls und selbst bei privaten Transportunternehmen nur sehr eingeschränkt möglich sei. Dies würde gegenüber konkurrierenden Kanzleien zu einem unzumutbaren Wettbewerbsnachteil führen. Dasselbe gelte für das Benützen von Abstellplätzen wie Garagen. Gerade im internationalen Vergleich sei es unabdingbar, dass für Klienten in unmittelbarer Nähe zum Kanzleieingang ein Fahrzeug bereit stehe, um sie z.B. zum Flughafen Wien Schwechat zu bringen. Maßgeblich sei dabei insbesondere die sehr kurzfristige Verfügbarkeit des Fahrzeuges, da Klienten oftmals direkt aus Besprechungen zu anderen Terminen reisen müssten sowie der Transport vertraulicher Akten notwendig sei. Die Benützung von Abstellflächen in öffentlichen Garagen sei daher unzumutbar. Ferner könne aus diesen Gründen auch mit der höchstzulässigen Abstelldauer nicht das Auslangen gefunden werden.

Überdies bedinge es der zeitkritische Arbeitsalltag einer Rechtsanwaltskanzlei, der maßgeblich von einzuhaltenden Fristen geprägt ist, dass oftmals innerhalb kürzester Zeit verschiedene Stationen angefahren werden müssen. Regelmäßig seien solche Einsätze auch nicht längerfristig planbar, sondern müssten auf Grund unvermittelter Klientenwünsche quasi von einer Minute auf die andere organisieren und durchgeführt werden. Die höchstzulässige Abstelldauer sei zur Bewältigung dieser Herausforderungen nicht ausreichend.

Zudem müssten die bei der A. Rechtsanwälte GmbH beschäftigten Anwälte regelmäßig sehr kurzfristig aus einem in der Kanzlei wahrgenommenen Termin zum Flughafen oder in eine andere Stadt fahren, um dort Kliententermine durchzuführen oder auch Vorträge zu halten. In einem Dienstleistungsgewerbe, wie die Anwaltschaft eines sei, könnten solche Begebenheiten nur in den seltensten Fällen längerfristig geplant werden, da regelmäßig auf kurzfristige Klientenwünsche reagiert werden müsse. Ein jederzeit verfügbares Fahrzeug sei für die Tätigkeit der A. Rechtsanwälte GmbH daher elementar.

Darüber hinaus bedürfe es auf Grund kurzfristig anberaumter Konferenzen häufiger Einkaufsfahrten zu Lebensmittelhändlern oder ähnlichen, um eine Verpflegung von großen Klientengruppen zu ermöglichen. Auch aus diesem Grund sei die jederzeitige Verfügbarkeit eines Fahrzeuges unabdingbar.

Bis zum Zeitpunkt der Antragstellung sei die Parkplatzsituation nicht im herkömmlichen Sinn gelöst worden, sondern es sei versucht worden, mit Privatfahrzeugen der Mitarbeiter der A. Rechtsanwälte GmbH sowie größtem persönlichen Einsatz aller beteiligten Personen eine für die Klienten und die Kanzlei annähernd zufriedenstellende Situation zu schaffen. Dies sei aus den oben genannten Gründen nicht vollends gelungen und es müsste daher ein gewisser Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Kanzleien bzw. der Unmut wichtiger Klienten in Kauf genommen werden. Zudem trage die inzwischen erreichte Größe der Kanzlei dazu bei, dass frühere Improvisierungsmaßnahmen nicht mehr ausreichend seien.

In unmittelbarer Umgebung zum Betriebsstandort stehe der A. Rechtsanwälte GmbH kein privater oder betriebseigener Parkplatz zur Verfügung. Zur Garage „E.“ sei hinzuweisen, dass diese immer wieder vollausgelastet sei und dies in der Vergangenheit oft zu Verzögerungen geführt habe.

Dieser Stellungnahme angeschlossen war eine Aufstellung über den betrieblichen Einsatz des gegenständlichen Kraftfahrzeuges für einen mehrwöchigen Zeitraum sowie nochmals der Firmenbuchauszug von A. Rechtsanwälte GmbH. In dieser Aufstellung waren für die Zeit von 02. November 2018 bis 18. Dezember 2018 vor alle Fahrten zum Flughafen sowie Kliententermine in Wien genannt.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 02. April 2019 wurde der verfahrensgegenständliche Antrag daraufhin bescheidmäßig abgewiesen. Dies mit der zusammengefassten Begründung, dass es sich der belangten Behörde aus dem gesamten Vorbringen nicht erschließe, weshalb die Nutzung von öffentlichen Garagenplätzen betrieblich nicht zumutbar sei bzw. weshalb die betrieblichen Fahrten nicht derart umstrukturiert werden könnten, dass die Benutzung von Garagenplätzen (allenfalls im Verbund mit einer Abstellung in der Kurzparkzone), Taxis oder öffentlichen Verkehrsmittel möglich sei. Dies insbesondere angesichts der Tatsache, dass das gegenständliche Kraftfahrzeug der Auflistung entsprechend, eher eingeschränkt, oftmals nur einmal täglich verwendet würde. Die Problematik des Zurücklegens bestimmter Wegstrecken vermöge auch die Innehabung einer Ausnahmebewilligung nicht zu lösen, da diese keinen Abstellplatz in direkter Nähe zum Kanzleisitz garantiere, sondern lediglich die Befugnis, über die höchstzulässige Abstelldauer hinaus zu parken.

Dagegen richtet sich die form- bzw. fristgerechte eingebrachte Beschwerde, mit welcher inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften infolge falscher und mangelnder Würdigung entscheidungserheblicher Sachverhaltskomponenten, geltend gemacht und der Bescheid zur Gänze angefochten wurde. Hinsichtlich der Parkplatzsituation im … Bezirk stelle die belangte Behörde zunächst nur eine Vermutung auf. Insbesondere rund um die Kanzlei sei es nicht selten der Fall, dass Gewerbetreibende oder Geschäftskunden ihr Fahrzeug nur kurzfristig abstellten und ein kurzes Zuwarten bzw. Parkplatzsuchen durch die Beschwerdeführerin eine Parkmöglichkeit in Kanzleinähe eröffne. Die im Umkreis des Kanzleisitzes zahlreich vorhandenen Anrainerparkplätze erhöhten die Chance, bei Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO in kurzer Zeit einen Parkplatz zu finden. Umgekehrt erschwere dieser Umstand bei Nichterteilung einer solchen Ausnahmebewilligung das Finden eines Parkplatzes im Rahmen der Kurzparkzone. Wartezeiten seien in den von der Behörde genannten nahegelegenen öffentlichen Parkgaragen (insbesondere „E.“) jedenfalls auch regelmäßig zu beobachten sodass ein kurzes Warten auf einen frei werdenden öffentlichen Parkplatz in einer Kurzparkzone diese Zeitspanne jedenfalls kompensiere jedoch mit dem entscheidenden Vorteil deutlich näher zu den Kanzleiräumlichkeiten zu parken. Auf Grund der umliegenden Fußgängerzonen bestehe von der Fahrtrichtung Südwesten kommend nur die Möglichkeit entweder in der Parkgarage „G.“ zu parken, die in erheblicher Entfernung zur Kanzlei liege oder einen beträchtlichen Umweg in Kauf zu nehmen, beide Optionen seinen unzumutbar. Zur Auffassung der Behörde, dass sich die öffentlichen Parkgaragen in fußläufiger Entfernung befänden, sei zu entgegnen, dass es regelmäßig notwendig sei, neben der grundsätzlichen anwaltlichen Ausrüstung umfangreiche Gerichtsakten und Mandantenunterlagen zu transportieren. Diese hätten ein nicht zu unterschätzendes Gewicht, das jedenfalls für durchschnittliche Personen über deren Belastungsgrenze hinausgehe. So sei es regelmäßig erforderlich mehrmals zwischen Kanzlei und PKW zu Fuß zu verkehren. Der Zeitraum von 15 Minuten sei bei dem Gewicht der zu transportierenden Unterlagen und der dadurch reduzierten Gehgeschwindigkeit keinesfalls einhaltbar, insbesondere, wenn man den Weg zwischen Kanzleiausgang und Haupteingang mitberücksichtige. Ein Fußweg zu durchwegs eher weiter entfernten Parkgaragen sei daher unzumutbar. Die Forderung der belangten Behörde die Beförderung durch öffentliche Verkehrsmittel insbesondere auch durch Taxis in Betracht zu ziehen sei unzumutbar, da es für Rechtsanwälte nicht zumutbar sei umfangreiche Akten öffentlich bzw. durch Taxiunternehmen zu transportieren, da hier stets die Möglichkeit bestehe, dass dem Anwaltsgeheimnis unterliegende Dokumente durch dazu nicht bestimmte Personen gesichtet würden. Ebenfalls häufig bestehe die Notwendigkeit kurz, vor bzw. nach Besprechungen, Verhandlungen oder sonstige Verfahren mit dem Klienten oder andere involvierten Personen der rechtsberatenden Berufe telefonisch Rücksprache zu halten. Auch diese Gesprächsinhalte unterliegen dem Anwaltsgeheimnis, das strengstens zu wahren sei und durch andere Personen als Kanzleiangestellte und Rechtsanwälte keinesfalls wahrgenommen werden dürfe. Wenn daher das kanzleieigene Fahrzeug für diese zahlreichen und wichtigen Fahrten in Ermangelung einer effizienten Parkmöglichkeit nahe der Kanzlei nicht benutzt werden könne, sei die Ausübung der rechtsanwaltlichen Tätigkeit während des Transportweges unmöglich und stelle für den Rechtsanwalt einen erheblichen Eingriff in seine dienstliche Tätigkeit und Unternehmenseffizienz dar. Daraus und aus der sich dadurch ergebenden intensiven wirtschaftlichen Beeinträchtigung ergebe sich auch die Unzumutbarkeit. Letztlich sei darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin eine Vielzahl von Berufsträgern umfasse und in letzter Zeit einen erheblichen Expansionskurs verfolge. Im Ergebnis sei daher in Zukunft von einer noch intensiveren Nutzung des beschwerdegegenständlichen Fahrzeuges auszugehen, sodass umso mehr berücksichtigungswürdigendes Interesse an der Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO bestehe.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien am 05. September 2019. Die Beschwerdeführerin und der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 65 waren als Partei geladen.

Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführervertreter zu Protokoll wie folgt:

„Über das bereits schriftlich vorgebrachte hinaus möchte ich noch angeben, dass selbstverständlich viele Fahrzeuge von der Kanzlei und den Mitarbeiter genützt werden und dafür auch Parkgaragenplätze verwendet werden. Das eine verfahrensgegenständliche Fahrzeug wäre vor allem für Fahrten zum Flughafen und Lieferung wichtig. Das Fahrzeug ist dafür mit Bedacht gewählt. Es ginge vor allem um die Parkplätze in der H.-gasse und Umgebung.

Es geht uns vor allem um die Fahrten zum Flughafen. Hier wäre zum Vergleich zur Abfahrt von K. oder E. mit einer Verkürzung der Fahrzeit um ca. 15 Minuten zu rechnen.

Bei meiner Kanzlei handelt es sich um eine mit bis zu 95% mit ausländischen Kunden tätige Wirtschaftskanzlei. Es wird praktisch nicht verhandelt, aber die Betreuung der Kunden ist sehr intensiv. Die Termine innerhalb Wien sind entweder Botenfahrten oder kurzfristige Termine. Die Notwendigkeit der Antragstellung hat sich aus langjähriger Erfahrung ergeben.

Hinsichtlich der Flughafenfahrten wird darauf verwiesen, dass am Flughafen reservierte Parkplätze zur Verfügung stehen und spezieller Eingang mit eigener Sicherheitskontrolle vorhanden ist, um die Reisezeit zu minimieren.“

Darauf ergab die Vertreterin von der belangten Behörde zu Protokoll:

„Es wird auf das bisher schriftliche Vorbringen verwiesen. Über dies wird nochmals auf die Judikatur des Verwaltungsgerichts Wien, sowie auch des Verwaltungsgerichtshofes, wonach in solchen Konstellationen eine Ausnahmebewilligung nicht erteilt wird.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers tut nur da, dass die Ausnahmegenehmigung das Geschäftsleben praktischer gestaltbar macht, wenn etwa eine viertel Stunde Fahrzeit gespart wird. Ein besonderes bzw. erhebliches Interesse wird vom § 45 Abs. 2 StVO gefordert, lässt sich daraus nicht ableiten.“

Zu den Schlussausführungen gab der Beschwerdeführervertreter an wie folgt:

„Es wird auf das bisherige Vorbringen verwiesen und noch ausgeführt, dass bei der Benützung von der belangten Behörde vorgeschlagenen Parkgaragen, keine Auswahlmöglichkeiten hinsichtlich der Route zum Flughafen bestehen, die beim Fahrtantritt von der H.-gasse vergleichbar wär.“

Es folgt daraufhin die mündliche Verkündung des Erkenntnisses.

Beide Parteien verlangten im Anschluss eine schriftliche Ausfertigung im Sinne des § 29 Abs. 2a VwGVG.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs. 2 StVO 1960 kann die Behörde Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straße gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und weder eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, noch wesentliche schädliche Einwirkungen auf die Bevölkerung oder die Umwelt durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe zu erwarten sind.

Für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO ist es erforderlich, dass zwei Voraussetzungen gegeben sind, nämlich ein qualifiziertes Interesse des Antragstellers an der Erteilung und kein spezifisches öffentliches Interesse, dass gegen die Erteilung spricht. Schon das Fehlen einer der Erteilungsvoraussetzungen hat zur Versagung der Ausnahmebewilligung zu führen (VwGH 27.6.2014, 2013/02/0084).

Im Hinblick auf das Vorliegen eines erheblichen wirtschaftlichen Interesses besteht eine Mitwirkungspflicht des Antragstellers, sodass dieser gehalten ist, ein konkretes, einer Überprüfung zugängliches Vorbringen über die ihm mangels Erteilung der Ausnahmegenehmigung entstehenden besonderen Erschwernisse bei der Durchführung seiner Aufgaben zu erstatten (siehe das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes). Bei einer Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO 1960 kommt es auf die „wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ des jeweiligen Antragstellers an. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu § 45 Abs. 2 StVO bereits ausgeführt, es kämen als derartige wirtschaftliche Interessen nur solche Umstände in Betracht, die den Antragsteller in besonderer Weise beträfen. Der Antragsteller habe somit seine Einkommenssituation im Einzelnen darzulegen und seien die kostenmäßige Zumutbarkeit in Verbindung mit dem Einkommen und die finanzielle Verkraftbarkeit maßgebend. Antragsteller seien somit verpflichtet, bei der Feststellung ihrer Betriebsergebnisse mitzuwirken (VwGH 20.6.2006, 2006/02/0120). Beruft sich daher ein Antragsteller auf das Vorliegen eines erheblichen wirtschaftlichen Interesses an der beantragten Ausnahmegenehmigung, so bedarf es ungeachtet dessen, dass die Behörde gemäß § 39 AVG verpflichtet ist, von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, eines konkreten, einer Überprüfung zugänglichen Vorbringens des Antragstellers über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Kurzparkzonenregelung auf seinen Betrieb. Mit bloß allgemein gehaltenen Vorbringen, wonach bei Nichterteilung der Ausnahmegenehmigung insbesondere bei Ablauf des Betriebes, die Interessen der Klienten und damit auch das Einkommen der Rechtsanwaltskanzlei des Antragstellers erheblich gestört bzw. beeinträchtigt werden und durch die Gefahr von Fristversäumungen unwiederbringliche Nachteile sowie Haftungsfälle drohen, wird diesem Konkretisierungsgebot nicht entsprochen (VwGH 28.2.2003, 2000/02/0324). Wirtschaftliche Interessen sind nur der Gestalt zu berücksichtigen, als sie den Antragsteller in besonderer Weise betreffen. Ein solches Interesse kann daher insbesondere nicht durch Umstände begründet werden, die alle Mitbewerber des Antragstellers im wirtschaftlichen Konkurrenzkampf in gleicher Weise betreffen und damit eine wirtschaftliche Benachteiligung des Antragstellers gegenüber seinen Konkurrenten nicht bewirken (VwGH 23.4.2013, 2012/02/0006). Bei der Prüfung der Voraussetzungen zur Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß
§ 45 Abs. 2 StVO ist somit ein strenger Maßstab anzulegen, sodass eine solche nur bei Vorliegen von gravierenden, den Antragsteller außergewöhnlich hart treffenden Gründen zu erteilen ist. Mit dem bloß allgemeinen Vorbringen, das Aufsuchen von Parkgaragen in der Umgebung sei aufgrund der Entfernung, der hohen Kosten und des Umstandes, dass in den Parkgaragen häufig keine Plätze frei sind, nicht zumutbar, vermag das Vorliegen eines erheblichen wirtschaftlichen Interesses nicht aufgezeigt werden. Die fallweise erforderliche rasche Lieferung von Material sowie der Transport von Material oder ein näher dargelegter notwendiger direkter Kontakt zu Kunden stellen für sich allein noch nicht das Vorliegen von gravierenden (insbesondere wirtschaftlichen) Gründen dar, da die mit dem Parken in Kurzparkzonen verbundenen Nachteile auch andere Betriebsinhaber in vergleichbarer Lage in durchaus ähnlicher Form treffen. Unter Zugrundelegung des geforderten strengen Maßstabes bei der Prüfung der erforderlichen Voraussetzungen nach der herangezogenen Norm stellt ein ins Treffen geführter Zeitaufwand von mindestens 15 Minuten für die Wegstrecke von der Betriebsstätte zu einer Parkmöglichkeit außerhalb der Kurzparkzone im Zusammenhang mit einer zur Verfügung stehenden zulässigen Parkdauer von 180 Minuten keinen außergewöhnlich hart treffenden Grund dar (VwGH 12.10.2018, Ra 2017/02/0147). Unter Zugrundelegung des geforderten strengen Maßstabes bei der Gewährung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO könne einem Antragsteller die Benützung von allenfalls vorhandenen öffentlichen Verkehrsmitteln und Taxis ebenso zugemutet werden wie ein Abstellen des Fahrzeuges außerhalb der Kurzparkzone in einem der angrenzenden Bezirke ohne vergleichbare Kurzparkzonenregelung (VwGH 25.11.1994, 94/02/0068).

Die Beschwerdeführerin ist Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen Fahrzeuges. Sie beantragte für die flächendeckende Kurzparkzone im … Bezirk mit Antrag vom 28. November 2018 eine Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO. Der Firmensitz befindet sich in Wien, C., somit innerhalb der flächendeckenden Kurzparkzone für den … Wiener Gemeindebezirk. Über Aufforderung der Behörde wird hinsichtlich der wirtschaftlichen Erforderlichkeit einerseits auf Sprechstunden und Termine in der Kanzlei verwiesen, die über die zwei Stunden Maximalabstellzeit hinausgingen und ein wiederholtes Umparken unmöglich machen würden, weiters auf geplante und ungeplante Fahrten zu Klienten oder Behörden, etc., die mit anderen Verkehrsmitteln nicht durchgeführt werden könnten. Rechnungen, Auftragsbestätigungen und Lieferscheine wurden nicht vorgelegt, in Zusammenhang mit der entsprechenden Forderung der Behörde wurde eine Auflistung der Fahrten der letzten acht Wochen übermittelt. Bei den nötigen Fahrten seien neben aktuellen Unterlagen laufend Ordner in großem Umfang zu verbringen.

Besonders wurde auf die Notwendigkeit des Eingehens auf kurzfristige Klientenwünsche sowie die Einhaltung der anwaltlichen Geheimhaltungspflicht hinsichtlich vertraulicher Gespräche im Fahrzeug hingewiesen, die in einem öffentlichen Verkehrsmittel oder einem Taxi nicht möglich seien.

Das Verwaltungsgericht Wien sieht im Hinblick auf diesen unbestrittenen Sachverhalt und die Darstellung der wirtschaftlichen Beeinträchtigung die Voraussetzungen für eine Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO nicht gegeben.

Letztlich ist davon auszugehen, dass die Notwendigkeit ein Fahrzeug in unmittelbarer Nähe des Kanzleisitzes für die Transportbedürfnisse von Klienten bereit zu stellen schon dadurch konterkariert wird, dass sich der Kanzleisitz der Beschwerdeführerin mitten in einer großflächigen Fußgängerzone befindet, sodass diesem Bedürfnis wohl auch andere Hindernisse entgegen stehen. Auch das Argument, dass dadurch dass bei der Abfahrt mit dem Fahrzeug von einer der umliegenden Parkgaragen eine Zeitspanne von etwa 15 Minuten zur Fahrt Richtung Flughafen verloren ginge bzw. dass vertrauliche Gespräche in einem anderen als in einem privaten Fahrzeug nicht möglich und daher ein wirtschaftlicher Nachteil aufgrund dieser Unmöglichkeit zu befürchten sei, war nicht geeignet, eine Ausnahmesituation der Beschwerdeführerin darzustellen. Auch ein wirtschaftlicher Konkurrenznachteil ist nach den Ausführungen in der Beschwerde bzw. im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht zu erkennen, ist doch davon auszugehen, dass beinahe das gesamte Stadtgebiet der Großstadt Wien nunmehr Kurzparkzone ist, vor allem der … Bezirk sowie die Innenbezirke …, in der sich erfahrungsgemäß die meisten Rechtsanwaltskanzleien befinden.

Es sind weder aus dem Antrag noch aus dem ergänzenden Vorbringen gravierende, die Antragstellerin außergewöhnlich hart treffende Gründe zu erkennen. Dass mit der Kurzparkzonenregelung Betriebe wirtschaftlichen Einschränkungen unterworfen werden, ist unbestritten, das sehr allgemein gehaltene Vorbringen hinsichtlich der Erschwernisse (Wegstrecken zum Holen des Autos für das Be- und Entladen) trifft praktisch jeden in der flächendeckenden Kurzparkzone liegenden Wirtschaftsbetrieb. Ein mindestens 15-minütiger Zeitaufwand um ein Fahrzeug zu holen oder außerhalb des Kurzparkzonenbereiches zu verbringen, stellt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einen durchaus zumutbaren Zeitaufwand dar. Insbesondere hat die Beschwerdeführerin das finanzielle Ausmaß der wirtschaftlichen Folgen einer Nichtstattgabe des Antrages weder konkretisiert noch zahlenmäßig nachvollziehbar dargestellt.

Da somit davon auszugehen war, dass die im Gesetz normierten und in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konkretisierten Anforderungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO nicht vorliegen, war eine Prüfung der zweiten Voraussetzung, nämlich ob kein spezifisches öffentliches Interesse, dass gegen die Erteilung spreche, vorliegt, nicht zu prüfen.

Mangels Vorliegen der Voraussetzungen war somit der Beschwerde keine Folge zu geben.

Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Kurzparkzone; Parkplatz; Ausnahmebewilligung; wirtschaftliches Interesse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.101.050.8606.2019

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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