TE Lvwg Erkenntnis 2020/4/9 LVwG-AV-279/001-2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.04.2020
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Entscheidungsdatum

09.04.2020

Norm

AWG 2002 §23
AWG 2002 §24
BAO §295a

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch MMag. Kammerhofer als Einzelrichter über die Beschwerde des A gegen den Bescheid des Vorstandes des Gemeindeverbandes für Abgabeneinhebung und Umweltschutz im Bezirk *** vom 27. Jänner 2020, o. Zl. betreffend Festsetzung der Abfallwirtschaftsgebühr zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird Folge gegeben und der Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend abgeändert, als der Abgabenbescheid des Verbandsobmannes des Gemeindeverbandes für Abgabeneinhebung und Umweltschutz im Bezirk *** vom 12. September 2019, GZ. ***, aufgehoben wird.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ § 279 Bundesabgabenordnung – BAO

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

1.   Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau sind Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft mit der topografischen Anschrift *** in ***.

Im Erhebungsblatt des Gemeindeverbandes für Abgabeneinhebung und Umweltschutz im Bezirk *** vom 12. November 2003 gab der Beschwerdeführer an, dass sich auf der gegenständlichen Liegenschaft eine Wohneinheit befinde.

Mit Abgabenbescheid des Obmannes des Gemeindeverbandes für Abgabeneinhebung und Umweltschutz im Bezirk *** vom 29. Jänner 2018, GZ. ***, wurde dem Beschwerdeführer für die gegenständliche Liegenschaft die jährliche Abfallwirtschaftsgebühr in der Höhe von € 196,60 zuzüglich Umsatzsteuer ab 1. Jänner 2018 neu festgesetzt. Der Berechnung zugrunde gelegt wurde dabei eine Wohneinheit, ein Restmüllbehälter von 240 l bei 13 abfuhren, ein Altpapierbehälter mit 240 l bei 7 Abfuhren sowie ein Kunststoffbehälter mit 240 l bei 7 Abfuhren. In diesem Bescheid ist auch der Hinweis enthalten, dass die Festsetzung auch für die folgenden Jahre gilt, soweit nicht infolge einer Änderung der Voraussetzungen ein neuer Bescheid zu erlassen ist.

Im Zuge einer abgabenrechtlichen Datenerfassung am 30. Juli 2019, wo eine neue Wasserzählererfassung infolge des Wasserzählertausches erfolgte, stellte die Abgabenbehörde I. Instanz fest, dass sich auf der gegenständlichen Liegenschaft zwei Wohneinheiten befinden würden.

Die Meldebehörde teilte mit Schreiben vom 31. Juli 2019 mit, dass sich auf der gegenständlichen Liegenschaft zwei Wohneinheiten befinden würden.

Mit Abgabenbescheid des Obmannes des Gemeindeverbandes für Abgabeneinhebung und Umweltschutz im Bezirk *** vom 12. September 2019, GZ. ***, wurde dem Beschwerdeführer für die gegenständliche Liegenschaft die jährliche Abfallwirtschaftsgebühr in der Höhe von € 269,70 zuzüglich Umsatzsteuer ab 1. Oktober 2019 neu festgesetzt. Der Berechnung zugrunde gelegt wurden dabei zwei Wohneinheiten, ein Restmüllbehälter von 240 l bei 13 Abfuhren, ein Altpapierbehälter mit 240 l bei 7 Abfuhren sowie ein Kunststoffbehälter mit 240 l bei 7 Abfuhren.

In der gegen diesen Abgabenbescheid vom 12. September 2019 fristgerecht erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, dass es keine Änderung in den persönlichen Lebensverhältnissen gegenüber den vorangegangenen Abgabenbescheiden der letzten 10 Jahre gegeben habe, die auf der gegenständlichen Liegenschaft wohnhaften Personen (Eltern, Tochter, Großmutter) einen gemeinsamen Haushalt mit nachweisbar gemeinsamer Lebensführung bilden würden, mehrere Wohneinheiten in einem Gebäude als eine einzelne Wohneinheit zu werten wären, wenn sie von einem Haushalt genutzt würden und die Abgabenbehörde die tatsächlichen rechtlichen Verhältnisse der Abgabenvorschreibung zugrunde zu legen habe.

Daraufhin führte ein Organ des Gemeindeverbandes am 21. November 2019 einen Ortsaugenschein auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft durch. Dazu wurde festgehalten, dass sich im Erdgeschoss eine „Ausnahmswohnung“ der Mutter des Eigentümers mit Wohnraum, Schlafraum, Bad/WC und Küche befinde. Im Obergeschoss befinde sich die baulich vollständige Wohnung der Eigentümer. Im Dachgeschoss befänden sich Wohn- und Schlafräume, Bad/WC aber keine eigene Küche.

Über einen Vorraum im Erdgeschoss erfolge der Zugang zur „Ausnahmswohnung“ (mit Zugangstür abgetrennter Bereich) sowie der Stiegenaufgang zur Wohnung der Eigentümer im Obergeschoss darüber. Die Küche der Mutter in der „Ausnahmswohnung“ sei nicht mehr in Verwendung.

Laut dem Ausdruck aus dem Adress-, Gebäude-, und Wohnungsregister vom 22. November 2019 handelt es sich bei dem gegenständlichen Gebäude um ein Gebäude mit zwei oder mehr Wohnungen.

Mit Bescheid vom 27. Jänner 2020 wies der Vorstand des Gemeindeverbandes die Berufung als unbegründet ab. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Festsetzung der Abfallwirtschaftsgebühr mit Bescheid vom 29. Jänner 2018 (mit Wirksamkeit 1. Jänner 2018) die Angaben des Beschwerdeführers im Erhebungsblatt vom 12. November 2003 zugrunde gelegen seien. Im Zuge der abgabenrechtlichen Datenerfassung im Juli 2019 habe die Abgabenbehörde davon Kenntnis erlangt, dass die im erwähnten Erhebungsblatt angeführten Angaben unrichtig gewesen seien. Aufgrund der durchgeführten Ermittlungen (Erhebungen bei der Meldebehörde, Einsichtnahme in das Adress-, Gebäude-und Wohnungsregister) sei hervorgekommen, dass auf der gegenständlichen Liegenschaft nicht eine, sondern zwei Wohneinheiten vorhanden seien. Gemäß § 24 Abs. 2 Ziffer 2 NÖ Abfallwirtschaftsgesetz sei der Anteil für die Bereitstellung von Einrichtungen für die Abfallwirtschaft das Produkt aus der Anzahl der Wohnungen pro Grundstück mal einen Bereitstellungsbetrag. Es sei die gegenständliche Abgabe daher entsprechend neu vorzuschreiben gewesen.

Gegen diesen Bescheid des Verbandsvorstandes des Gemeindeverbandes richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 10. Februar 2020. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Angaben im Erhebungsblatt vom 12. November 2003 korrekt gewesen seien. Die aus der Sicht des Beschwerdeführers getätigten Angaben seien bis heute in derselben Form gültig, somit würden sich auch keine abweichenden Rechtsgrundlagen zur Vorschreibung einer zusätzlichen Bereitstellungsgebühr ergeben. Auf der gegenständlichen Liegenschaft würde sich nur eine Wohneinheit befinden.

Für die gegenständliche Liegenschaft wurden seit 1. Jänner 2018 keine baulichen Veränderungen bewilligt oder angezeigt.

2.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Die belangte Behörde legte den bezughabenden Abgabenakt vor. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nahm Einsicht in diesen Abgabenakt.

Weiters forderte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den Bauakt für die gegenständliche Liegenschaft von der Gemeinde an und nahm Einsicht in diesen.

3.   Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Abgabenakt und dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhalt mit dem Bauakt der Gemeinde für die gegenständliche Liegenschaft.

Die Feststellung, dass auf der gegenständlichen Liegenschaft seit 1. Jänner 2018 keine baulichen Veränderungen oder Änderungen in der Nutzung durchgeführt wurden ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers. Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist insofern glaubhaft, als es im Abgabenakt – insbesondere im Erhebungsprotokoll - keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass eine entsprechende Änderung seit 1. Jänner 2018 durchgeführt worden wäre. Auch in dem von der Gemeinde angeforderten Bauakt finden sich keine diesbezüglichen Hinweise, die das Vorbringen des Beschwerdeführers anzweifeln ließen. Das letzte behördliche Dokument im Bauakt ist ein Bescheid vom 24. Jänner 1992 zu Zahl *** im Zusammenhang mit dem Stockwerksaufbau.

4.   Rechtslage:

4.1.     Bundesabgabenordnung (BAO)

§ 279

(1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

§ 295a

(1) Ein Bescheid kann auf Antrag der Partei (§ 78) oder von Amts wegen insoweit abgeändert werden, als ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruches hat.

4.2.     NÖ Abfallwirtschaftsgesetz:

§ 23

Abfallwirtschaftsgebühr und Abfallwirtschaftsabgabe

(1) Die Gemeinden werden gemäß § 8 Abs. 5 F-VG 1948 und gemäß bundesgesetzlichen Bestimmungen ermächtigt, folgende Abgaben zu erheben:

1.       Eine Abfallwirtschaftsgebühr für die Bereitstellung von Abfallentsorgungseinrichtungen sowie für die Erfassung und die Behandlung von Abfall und

2.       eine Abfallwirtschaftsabgabe.

(2) Die auf Grund des Absatzes 1 ausgeschriebenen Gebühren und Abgaben sind in der Abfallwirtschaftsverordnung (§ 28) näher auszuführen.

§ 24

Berechnung der Abfallwirtschaftsgebühr

(1) Die Abfallwirtschaftsgebühr besteht jedenfalls aus

-        einem Anteil für die Erfassung und Behandlung von Abfall.

Überdies darf die Gemeinde festlegen, daß ein Teil der Abfallwirtschaftsgebühr als

-        Anteil für die Bereitstellung von Einrichtungen für die Abfallwirtschaft eingehoben wird.

(2) Die Höhe der jährlichen Abfallwirtschaftsgebühr ist wie folgt zu errechnen:

1.       Anteil für die Erfassung und Behandlung von Abfall (Behandlungsanteil):

a.       Bei Verwendung von Müllbehältern für eine wiederkehrende Benützung (Tonnen) ist die Grundgebühr für einen Müllbehälter mit der Anzahl der aufgestellten Müllbehälter und mit der Zahl der Abfuhrtermine oder mit der Zahl der tatsächlichen Abfuhren zu vervielfachen.

b.       Bei Verwendung von Müllbehältern für eine einmalige Benützung (Säcke) ist die Grundgebühr mit der Zahl der jährlich zugeteilten Müllbehälter zu vervielfachen.

c.       Bei der Festsetzung der Grundgebühr sind Kriterien wie der Rauminhalt der Müllbehälter, das Gewicht, das Volumen und die Art des Abfalls etc. zu berücksichtigen, wobei auf die Grundsätze der Abfallwirtschaft (§ 1 Abs. 2) und die Interessen der Verwaltungsökonomie Bedacht zu nehmen ist.

Die Grundgebühr kann festgesetzt werden

-        für jede Art von Müllbehältern oder

-        nur für Restmüllbehälter. Werden in diesem Fall auch andere Müllbehälter (z. B. Altpapier- und Altglasbehälter) zur Verfügung gestellt, so kann dies bei der Festsetzung der Grundgebühr für den Restmüllbehälter durch Zu/Abschläge entsprechend berücksichtigt werden (gestaffelte Grundgebühr).

d.       Für den Sonderbereich (§ 3 Z 11) ist eine um 10% reduzierte Grundgebühr festzusetzen.

2.       Anteil für die Bereitstellung von Einrichtungen für die Abfallwirtschaft (Bereitstellungsanteil):

Der Anteil für die Bereitstellung von Einrichtungen für die Abfallwirtschaft ist das Produkt aus der Anzahl der Wohnungen pro Grundstück mal einem Bereitstellungsbetrag. Als Wohnung gelten auch Betriebe, Anstalten und sonstige Einrichtungen, die in die öffentliche Müllabfuhr einbezogen sind. Der Bereitstellungsbetrag darf so festgesetzt werden, daß der voraussichtliche Jahresertrag des Anteils für die Bereitstellung von Einrichtungen für die Abfallwirtschaft an der Abfallwirtschaftsgebühr höchstens 40 % des Jahresaufwandes (Abs. 4) beträgt.

(3) Der voraussichtliche Jahresertrag der Abfallwirtschaftsgebühr und die Summe der Erträgnisse aus der Erfassung und Behandlung von Abfällen dürfen den voraussichtlichen doppelten Jahresaufwand der Abfallwirtschaft nicht überschreiten. Förderungen des Landes bzw. des Bundes sind zu berücksichtigen.

(4) Jahresaufwand der Abfallwirtschaft

Voraussichtliches jährliches Erfordernis für

1.       die Erfassung und Behandlung von Abfall,

2.       die Tilgung der Errichtungs- und Rekultivierungskosten sämtlicher Einrichtungen für die Abfallwirtschaft unter Berücksichtigung einer nach der Art der Einrichtung zu erwartenden Lebensdauer,

3.       die Zinsen von Darlehen, die zur Finanzierung der Errichtungs- und Rekultivierungskosten sämtlicher Einrichtungen für die Abfallwirtschaft aufgenommen worden sind,

4.       die Bildung einer Erneuerungsrücklage im notwendigen Ausmaß für sämtliche Einrichtungen der Abfallwirtschaft.

5.   Erwägungen:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer in zweiter Instanz durch Bestätigung des erstinstanzlichen Abgabenbescheides die jährliche Abfallwirtschaftsgebühr ab 1. Oktober 2019 neu festgesetzt.

Allerdings wurde bereits zuvor mit Bescheid des Verbandsobmannes des Gemeindeverbandes vom 29. Jänner 2018 dem Beschwerdeführer für die selbe Liegenschaft mit Wirksamkeit am 1. Jänner 2018 die jährliche Abfallwirtschaftsgebühr festgesetzt.

Gemäß § 27 Abs. 2 NÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1992 sind die im Abgabenbescheid festgesetzte Abfallwirtschaftsgebühr und Abfallwirtschaftsabgabe bis zur Erlassung eines neuen Abgabenbescheides in unveränderter Höhe zu entrichten.

Bereits der Bescheid vom 29. Jänner 2018 begründete eine entschiedene Sache, die einer späteren neuerlichen Abgabenfestsetzung für die selbe Liegenschaft bei unveränderter Sach- und Rechtslage jedenfalls entgegensteht. Die Festsetzung gilt auch für die Folgejahre solange, bis sich die Bemessungsgrundlagen ändern. Dies kann sein eine Änderung entweder des zugeteilten Behältervolumens, der Grundgebühr oder – im Hinblick auf die Berechnung des Bereitstellungsanteiles der Abfallwirtschaftsgebühr – die Anzahl der Wohnungen auf dem Grundstück.

Nun ergibt sich aus dem vorliegenden Sachverhalt, dass auf dem gegenständlichen Grundstück keine Änderung hinsichtlich der dort befindlichen Wohnungen erfolgt ist.

Die bauliche Konstellation wurde seit der Erlassung des letzten Bescheides vom 29. Jänner 2018 nicht verändert bzw. zwischenzeitig keine neue Wohnung geschaffen. Vielmehr lag die bauliche Konstellation bzw. Wohneinheiten-Situation bereits bei Erlassung des letzten Bescheides vom 29 Jänner 2018 vor. Seit damals haben sich die Bemessungsgrundlagen nicht verändert.

Die Rechtslage hat sich nicht geändert, da die abgabenrechtliche Bestimmung des § 24 Abs. 2 Z 2 NÖ Abfallwirtschaftsgesetz durch die letzte Novelle zum NÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1992 nicht abgeändert wurde. Auch die Abfallwirtschaftsverordnung vom 4. Dezember 2017, in Kraft getreten am 1. Jänner 2018, und die darin festgesetzten Gebührensätze, welche bereits dem Bescheid des Verbandsobmannes vom 29. Jänner 2018 zugrunde gelegt wurden, haben sich nicht verändert.

Der Bescheid des Verbandsobmannes des Gemeindeverbandes vom 29. Jänner 2018 gehört dem Rechtsbestand an, ist in Rechtskraft erwachsen und entfaltet damit sowohl für die Abgabenbehörde als auch für den Beschwerdeführer Bindungswirkung.

Die Rechtskraft bewirkt bei unverändertem Sachverhalt und unveränderter Rechtslage das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache. Maßgebliche Wirkungen eines rechtskräftigen Bescheides sind dessen Unwiederholbarkeit und dessen Unabänderbarkeit. Parteien und Behörden haben den Bescheidinhalt als maßgeblich zu betrachten („res iudicata ius facit inter partes“). Die Unwiederholbarkeitswirkung verbietet, dass über die mit dem Bescheid rechtskräftig erledigte Sache neuerlich entschieden wird (VwGH 30.05.2006, Zl. 2006/12/0066). Der nunmehrigen neuerlichen Festsetzung der jährlichen Abfallwirtschaftsgebühr für den selben Abgabenschuldner und die selbe Liegenschaft steht bei unveränderten Verhältnissen das Rechtshindernis der entschiedenen Sache entgegen.

Durch die Abweisung der Berufung mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Verbandsvorstandes vom 27. Jänner 2020 hat dieser den Spruch des erstinstanzlichen Abgabenbescheides vom 12. September 2019 unverändert übernommen (vgl. etwa VwGH 06.11.1991, Zl. 90/13/0282). Damit hat auch die Berufungsbehörde eine neuerliche Bemessung der jährlichen Abfallwirtschaftsgebühr vorgenommen: Der Verbandsvorstand als Berufungsbehörde hat somit über eine mit Bescheid des Verbandsobmannes vom 29. Jänner 2018 bereits rechtskräftig entschiedene Sache neuerlich entschieden und seine Entscheidung mit Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit belastet.

Gemäß § 295a Abs.1 BAO kann ein Bescheid auf Antrag der Partei oder von Amts wegen insoweit abgeändert werden, als ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruches hat. Ereignisse im Sinne des § 295a BAO sind sachverhaltsändernde tatsächliche oder rechtliche Vorgänge, von denen sich – aus den die steuerlich relevanten Tatbestände regelnden Abgabenvorschriften – eine abgabenrechtliche Wirkung für bereits entstandene Abgabenansprüche ergibt (VwGH 25.06.2008, 2006/15/0085). Tritt ein solches Ereignis hingegen vor Bescheiderlassung ein, muss es bereits im Abgabenbescheid Berücksichtigung finden (VwGH 24.09.2014, 2010/13/0062). Ein Anwendungsfall des § 295a Abs. 1 BAO liegt im gegenständlichen Fall daher nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu Entscheiden.

6.   Zur Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:

Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt und ist aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

7.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Finanzrecht; Abfallwirtschaft; Abfallwirtschaftsgebühr; Abgabenfestsetzung; Bemessungsgrundlage;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.279.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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