TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/4 I416 1439147-4

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Veröffentlicht am 04.10.2019
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Entscheidungsdatum

04.10.2019

Norm

AsylG 2005 §56 Abs1
AsylG 2005 §56 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs10
AsylG 2005 §58 Abs11
AsylG-DV 2005 §4 Abs1 Z2
AsylG-DV 2005 §4 Abs2
AsylG-DV 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I416 1439147-4/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. Liberia, vertreten durch RA Mag. Dr. Anton Karner, Steyrergasse 103/II, 8010 Graz, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl Regionaldirektion Steiermark vom 06.09.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 09.11.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.11.2013, Zl. XXXX, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und ebenso hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Liberia abgewiesen wurde (Spruchpunkt II.). Außerdem wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Liberia ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde an den Asylgerichtshof erhoben. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.12.2017, Zl. I403 1439147-1/22E, wurde das Beschwerdeverfahren gegen Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG eingestellt und das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

2. Mit Bescheid vom 27.02.2018 erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I. 1. Spruchteil), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I. 2. Spruchteil) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Liberia zulässig ist (Spruchpunkt I. 3. Spruchteil). Es wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt II.). Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde, welche mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.11.2018, Zl. I416 1439147-2/5E als unbegründet abgewiesen wurde.

3. Am 29.11.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "in besonders berücksichtigungswürdigen Gründen" gemäß § 56 Abs. 1 AsylG, der mit Bescheid der belangten Behörde vom 06.12.2018, Zl. XXXX, zurückgewiesen wurde. Des Weiteren wies die belangte Behörde einen vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf Mängelheilung vom 04.12.2018 ab. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.04.2019, Zl. I404 1439147-3/3E, als unbegründet abgewiesen.

4. Am 09.07.2019 stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß § 56 Abs. 1 AsylG. Er machte in einer dem Antrag beigelegten Stellungnahme seiner Rechtsvertretung geltend, dass sämtliche Voraussetzungen der §§ 56 und 58 AsylG erfüllt seien. Der Beschwerdeführer habe sich bemüht, ein Reisedokument zu erhalten, was mangels Mitwirkung der Botschaft Liberias in der Schweiz nicht möglich gewesen sei, weshalb Heilung beantragt werde. Weiters übermittelte er Kopien des Schriftverkehrs zwischen ihm und den Vertretungsbehörden Liberias in Berlin und Brüssel samt Versandberichten und Postbescheinigungen sowie die Kopie einer Western Union- Transaktion vom 21.05.2019.

5. Mit Parteiengehör vom 18.07.2019, Zl. XXXX, teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass beabsichtigt sei, seinem Antrag auf Heilung eines Mangels nach § 4 Abs. 1 Z 3 AsylG-DV in Bezug auf die Nichtvorlage eines Reisepasses nicht stattzugeben. Begründend wurde ausgeführt, es sei dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar, mit seiner Vertretungsbehörde Kontakt aufzunehmen, um in den Besitz eines gültigen Reisedokumentes zu gelangen. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten E-Mails und Bescheinigungen seien kein geeigneter Nachweis darüber, dass seinem Ansuchen von Seiten der Botschaft Liberias nicht entsprochen worden sei, oder die Ausstellung eines Reisepasses nicht möglich oder verwehrt worden wäre. Es entspreche dem Amtswissen, dass Botschaften bei entsprechender Kontaktaufnahme und Mitwirkung ihrer Staatsangehörigen gültige Reisedokumente ausstellen. Weiters wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, seinem Antrag die laut beigelegter Kurzinformation, erforderlichen Unterlagen beizufügen. Dem Beschwerdeführer wurde eine dreiwöchige Frist für die Vorlage der ausständigen Dokumente eingeräumt, unter dem Hinweis, dass widrigenfalls über seinen Antrag gemäß § 55 iVm § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG und § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG-DV anhand der Aktenlage negativ zu entscheiden wäre.

6. Mit Schreiben vom 05.08.2019 machte seine Rechtsvertretung geltend, es sei dem Beschwerdeführer unmöglich, nach Belgien zu reisen. Er könne faktisch und rechtlich nicht bei der Botschaft vorsprechen und habe seiner Mitwirkungspflicht ausreichend entsprochen. Weiters sei er versichert, wohnversorgt und selbsterhaltungsfähig, da er seinen Unterhalt von seiner Lebensgefährtin beziehen würde. Es wurden ein Mietvertrag vom 21.06.2007, eine Mitteilung des AMS über den Leistungsanspruch vom 02.04.2019, ein Schreiben des Amtes der XXXX Landesregierung betreffend Wohnunterstützung vom 16.01.2019, alle lautend auf Frau L.O.; eine Kopie einer E-card und eine Bestätigung über den Verkauf einer Straßenzeitung vom 05.08.2019, sowie ein undatiertes Unterstützungsschreiben des Vereins der XXXX übermittelt.

7. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 06.09.2019, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 09.07.2019 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 Abs. 1 AsylG iVm § 58 Abs. 10 AsylG zurück und wies seinen Antrag auf Mängelheilung vom 09.07.2019 gemäß § 4 Abs. 1 Z 2 und 3 iVm § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG-DV ab.

8. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 10.09.2019 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und begründete diese mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften. Es seien zahlreiche Dokumente vorgelegt worden, die eine Kontaktaufnahme des Beschwerdeführers mit der Botschaft in Belgien belegen würden. Er könne nicht persönlich erscheinen, da er dort illegal wäre und nicht mehr nach Österreich einreisen könne. Mehr könne der Beschwerdeführer nicht tun und es sei unbillig, seine Anträge immer wieder zurückzuweisen, im Wissen, dass das Maximum getan werde. Der Beschwerdeführer stelle daher den Antrag, den begehrten Titel zu erteilen.

9. Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 19.09.2019 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Liberia und somit Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er ist kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

Die Identität des Beschwerdeführers steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest.

Aus der Begründung des Antragsvorbringens des Beschwerdeführers geht im Vergleich zur rezenten rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.04.2019, Zl. I404 1439147-3/3E zum ersten Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 56 Abs. 1 AsylG kein geänderter Sachverhalt hervor.

Der Beschwerdeführer hat nach wie vor keine Identitätsdokumente, insbesondere keinen Reisepass und keine Geburtsurkunde beigebracht und kam seiner Mitwirkungspflicht nicht nach.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK ein Aufenthaltstitel erteilt werden muss.

Der Beschwerdeführer hat weder nachgewiesen, dass ihm die Beschaffung der erforderlichen Urkunden oder Nachweise nicht möglich oder nicht zumutbar war, noch, dass er sich ernsthaft darum bemüht hätte.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1 Zum Sachverhalt:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers vor dieser, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz. Auszüge aus dem Zentralen Melderegister, dem Zentralen Fremdenregister, dem Strafregister, dem Schengener Informationssystem und dem Betreuungsinformationssystem wurden ergänzend eingeholt. Einsicht wurde auch genommen in die Gerichtakten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den GZ. I403 1439147-1, I416 1439147-2 und I404 1439147-3.

Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid.

Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen. Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt und somit entscheidungsreif ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben.

Da der Beschwerdeführer entweder nicht im Stande oder nicht Willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.

Die Feststellung, dass sich im Vergleich zur nur wenige Monate zurückliegenden, rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.04.2019 der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht geändert hat, ergibt sich aus einem Abgleich des Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes zu I404 1439147-3 mit den nun vorgelegten Unterlagen sowie den Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Privat- und Familienleben.

Die Feststellung zur Nichtvorlage eines liberianischen Reisepasses ergibt sich in unstrittiger Weise aus dem Verwaltungsakt und dem Antragsbegehren des Beschwerdeführers.

Ergänzend wird weiters festgehalten, dass auch im gegenständlichen Verfahren nicht festgestellt werden kann, dass dem Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK ein Aufenthaltstitel erteilt werden muss. Sämtliche nun vorgebrachten Aspekte seines Privat- und Familienlebens wurden bereits im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.11.2018, Zl. I416 1439147-2/5E, einer umfassenden Beurteilung unterzogen und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung für zulässig befunden und sind zudem für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 56 Abs. 1 AsylG nicht entscheidungsmaßgeblich. Eine entscheidungswesentliche Sachverhaltsänderung hat der Beschwerdeführer auch nicht behauptet und ergeben sich auch aus dem Verwaltungsakt keinerlei Hinweise darauf.

Der Beschwerdeführer konnte neuerlich nicht nachweisen, dass ihm die Beschaffung eines liberianischen Reisepasses nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen ist. Seinen Antrag auf Heilung begründete er gleichbleibend damit, dass in Österreich keine Botschaft seines Herkunftsstaates existiere und er nicht ausreisen könne, um bei der liberianischen Botschaft in Brüssel vorzusprechen. Neuerlich wurde behauptet, eine telefonische und auch schriftliche Kontaktaufnahme mit der Botschaft in Belgien habe nicht zum gewünschten Erfolg geführt. Der belangten Behörde ist beizupflichten, dass die vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumente keineswegs geeignet sind, ein ernsthaftes Bemühen des Beschwerdeführers um die Erlangung eines Reisepasses bzw. die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Beschaffung eines Reisepasses nachzuweisen. Die vorliegenden E-Mails und Schreiben des Beschwerdeführers an seine Vertretungsbehörde sind derart informell gehalten, dass von einem offiziellen Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Reisepasses nicht die Rede sein kann. Aus den beigelegten Postrechnungen und Faxberichten geht nicht hervor, auf welche Schriftstücke sich diese beziehen. Die Bestätigung über eine Western Union- Transaktion beweist lediglich, dass die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers am 21.05.2019 einen Betrag von EUR 187,00 an eine Person namens XXXX in Belgien überwiesen hat, nicht jedoch den tatsächlichen Verwendungszweck dieser Transaktion. Die beiden vorgelegten E-Mails der liberianischen Botschaft in Belgien vom 05.05.2019 und vom 08.05.2019 enthalten lediglich die Aufforderung an den Beschwerdeführer, sich während der Geschäftszeiten telefonisch zu melden, doch es ist aus keiner der vorgelegten Unterlagen ersichtlich, dass der Beschwerdeführer dies tatsächlich getan hätte. Auch liegt kein offizielles Schreiben der Botschaft Liberias in Brüssel vor, wonach die Ausstellung eines Reisepasses für den Beschwerdeführer tatsächlich unmöglich wäre.

Nachdem davon auszugehen ist, dass die Liberianische Botschaft dem Beschwerdeführer bei entsprechender Mitwirkung einen Reisepass ausgestellt hätte, war die Feststellung zu treffen, dass der Beschwerdeführer es bis dato unterlassen hat, die notwendigen und ihm zumutbaren Schritte zu unternehmen, um seinen Antragsmangel zu beheben. Weitere Beweismittel waren dem Vorbringen nicht beigegeben.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

Die maßgeblichen Bestimmungen der § 56 Abs. 1 und 2 und § 58 Abs. 11 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl I Nr. 53/2019, lauten:

Aufenthaltstitel in besonders berücksichtigungswürdigen Gründen

§ 56 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen kann in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, auch wenn er sich in einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vor dem Bundesamt befindet, eine "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt werden, wenn der Drittstaatsangehörige jedenfalls

1. zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit fünf Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist,

2. davon mindestens die Hälfte, jedenfalls aber drei Jahre, seines festgestellten durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet rechtmäßig aufhältig gewesen ist und

3. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird.

(2) Liegen nur die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 und 2 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

...

Antragstellung und amtswegiges Verfahren

§ 58 ...

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Asylgesetz-Durchführungsverordnung 2005, idF BGBl. II Nr. 228/2018 lauten wie folgt:

Verfahren

§ 4 (1) Die Behörde kann auf begründeten Antrag von Drittstaatsangehörigen die Heilung eines Mangels nach § 8 und § 58 Abs. 5, 6 und 12 AsylG 2005 zulassen:

1. im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen zur Wahrung des Kindeswohls,

2. zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK oder

3. im Fall der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise, wenn deren Beschaffung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(2) Beabsichtigt die Behörde den Antrag nach Abs. 1 zurück- oder abzuweisen, so hat die Behörde darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Urkunden und Nachweise für Aufenthaltstitel

§ 8 (1) Folgende Urkunden und Nachweise sind - unbeschadet weiterer Urkunden und Nachweise nach den Abs. 2 und 3 - im amtswegigen Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels (§ 3) beizubringen oder dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (§ 3) anzuschließen:

1. gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG);

...

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.2. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

Vorauszuschicken ist, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 Abs. 1 AsylG von der belangten Behörde zurückgewiesen wurde.

Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen, dann ist " Sache " eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die "Rechtmäßigkeit der Zurückweisung". Ein inhaltlicher Abspruch über den Antrag ist daher jedenfalls unzulässig.

Gemäß § 58 Abs. 10 2. Satz AsylG 2005 sind Anträge gemäß §§ 56 und 57 AsylG 2005, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

Wie im Rahmen der Beweiswürdigung bereits umfassend klargestellt wurde, ist insbesondere aufgrund der kurzen Zeitspanne (2 1/2 Monate) zwischen dem vom Beschwerdeführer bereits einmal gestellten und negativ entschiedenen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 Abs. 1 AsylG 2005 - dies Entscheidung wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.04.2019 bestätigt - und der nunmehr ergangenen Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl kein maßgeblich geänderter Sachverhalt zur vorangegangenen Entscheidung vorgebracht worden bzw. ist ein solcher weder dem Verfahrensakt noch seinen Beschwerdeausführungen zu entnehmen.

Im vorliegenden Fall stützte die belangte Behörde die Zurückweisung des Antrages gemäß § 56 AsylG zudem auf § 58 Abs. 11 AsylG, da der Beschwerdeführer der belangten Behörde kein gültiges Reisedokument vorgelegt hat.

Gleichzeitig mit der Stellung seines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß § 56 Abs. 1 AsylG beantragte der Beschwerdeführer am 09.07.2019 die Heilung des Mangels der Vorlage eines Reisepasses. Nach der eindeutigen Bestimmung des § 4 Abs. 2 AsylGDV 2005 ist über einen Antrag auf Zulassung der Heilung - sofern ihm nicht stattgegeben wird - in Form der Zurückweisung oder der Abweisung abzusprechen (vgl. VwGH vom 17.11.2016, Ra 2016/21/0314.

Die Behörde hat diesen Antrag im bekämpften Bescheid vom 09.07.2019 als unbegründet abgewiesen. Es daher zunächst zu prüfen, ob die Abweisung des Antrages korrekt war.

Beim Beschwerdeführer handelt es sich nicht um einen unbegleiteten Minderjährigen. Wie sich aus der Beweiswürdigung ergibt, hat der Beschwerdeführer hinsichtlich seines Privat- und Familienlebens keine maßgeblichen neuen Sachverhaltselemente vorgebracht. Die Zulassung der Heilung dieses Mangels zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK ist daher nicht erforderlich.

In der Folge bleibt zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer die Beschaffung von Identitätsdokumenten möglich und zumutbar war.

Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt 2.2 ausführlich dargelegt, konnte der Beschwerdeführer nicht nachweisen, dass er sich ernsthaft um die Ausstellung eines Reisepasses bemüht habe, bzw. ihm ein derartiges Bemühen nicht zumutbar gewesen sei.

Es kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgeht, dass die Voraussetzungen für eine Heilung des Mangels der Vorlage des Reisepasses im gegenständlichen Verfahren im Sinne des § 4 AsylG-DV nicht gegeben sind und der diesbezügliche Antrag daher abzuweisen war.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht den Antrag auf Mängelheilung abgewiesen und den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 Abs. 1 AsylG zurückgewiesen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Der maßgebliche Sachverhalt ist aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (vgl. § 27 VwGVG), wobei eine mündliche Erörterung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt.

In diesem Zusammenhang ist zudem ferner auf die jüngsten Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18; 14.03.2012, U 1836/11-13) zu verweisen, in welchen dieser ausführte: "Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, steht im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde." Die diesbezüglichen Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall gegeben.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt hat. Der VwGH hat ausgesprochen, dass wenn der durch einen Rechtsanwalt vertretene Fremde in der Beschwerde keinen Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gestellt hat, er auf den sich aus Art. 47 Abs. 2 GRC ergebenden Anspruch auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG (schlüssig) verzichtet hat (vgl. VwGH vom 05.10.2017, Ra 2016/21/0313). Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, vorstehend im Einzelnen zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Gewährung von internationalem Schutz ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das zur Entscheidung berufene Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgeht.

Schlagworte

Aufenthaltstitel, Ausreiseverpflichtung, Mängelbehebung,
Mitwirkungspflicht, Privat- und Familienleben, Prozesshindernis der
entschiedenen Sache, Rechtskraft, Reisedokument, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I416.1439147.4.00

Zuletzt aktualisiert am

13.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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