Kopf
Im Namen der Republik
Das Landesgericht Korneuburg als Berufungsgericht hat durch seine Richter Mag Iglseder als Vorsitzenden sowie Mag Rak und Mag Jarec LLM in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien [1] B***** H*****, [2] M***** B*****, [3] P***** G****, [4] T***** W*****, [5] K***** P*****, [6] H***** L*****, [7] C***** S*****, [8] C***** P*****, [9] A***** S*****, alle vertreten durch Skribe Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die jeweils beklagte Partei L***** GmbH, vertreten durch Brenner & Klemm, Rechtsanwälte in Wien, wegen jeweils EUR 250,-- sA, infolge Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Schwechat vom 23.09.2019, 23 C 304/19g-10, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen je ein Neuntel der mit EUR 505,59 (darin EUR 84,27 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu Handen der Klagevertreterin ersetzen.
Die Revision ist jedenfalls unzulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger verfügten über bestätigte Buchungen für den von der Beklagten durchzuführenden Flug OE 123 von Palma de Mallorca (PMI) nach Wien (VIE) mit der planmäßigen Flugzeit 23.09.2018, 22:25 Uhr bis 24.09.2018, 00:55 Uhr (jeweils Ortszeit). Die Flugstrecke PMI-VIE beträgt nach der Großkreisberechnung weniger als 1.500 km. Der Flug wurde am Abflugtag annulliert; anschließend bot die Beklagte den Klägern Umbuchungen an.
Die Kläger begehrten den Zuspruch von Ausgleichsleistungen gemäß Art 5 [Abs 1 lit c] iVm Art 7 Abs 1 [lit a] der Verordnung (EG) Nr 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (EU-FluggastVO) von je € 250,-- samt Zinsen. Dazu brachten sie im Wesentlichen vor, dass der Flug infolge eines allein von der Beklagten zu verantwortenden Umstands annulliert worden sei. Es seien keine außergewöhnlichen Umstände vorgelegen, und die Beklagte habe auch nicht alle ihr zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung der Annullierung getroffen. Insbesondere werde bestritten, dass Grund für die Annullierung ein Blitzschlag auf der Vorrotation gewesen sei. Darüber hinaus gehe die Überschreitung der Dienstzeit der Crew nicht ausschließlich auf die durch den Blitzschlag notwendig gewordene Inspektion zurück, zumal bereits der vermeintlich vom Blitzschlag getroffene Flug OE 103 mit einer Verspätung von knapp eineinhalb Stunden durchgeführt worden sei.
Die Beklagte begehrte die Klagsabweisung, bestritt und brachte im Wesentlichen vor, dass die Annullierung auf außergewöhnlichen Umständen beruht habe, die trotz zumutbarer Maßnahmen nicht vermeidbar gewesen seien: Das Fluggerät, das für die Durchführung des gegenständlichen Fluges vorgesehen gewesen sei, sei am Vorvorflug OE 103 von PMI nach Hamburg (HAM) durch Blitzschlag beschädigt worden, was eine entsprechende Inspektion erforderlich gemacht habe. Das Fluggerät sei nach der Ankunft in HAM um 16:07 Uhr (UTC) umgehend von einem Techniker inspiziert worden. Da eine Durchführung der nachfolgenden Flüge ohne vorherige Überprüfung aus Sicherheitsgründen nicht möglich gewesen wäre, und eine solche Inspizierung einige Zeit in Anspruch nehme, hätten die nachfolgenden Flüge nur verspätet durchgeführt werden können. Nach Abschluss sämtlicher Inspektionsarbeiten sei das Fluggerät wieder einsatzbereit gewesen, sodass der Folgeflug OE 104 (HAM-PMI) um 19:14 Uhr (UTC) – anstatt wie geplant um 16:50 Uhr (UTC) – starten habe können. Ein Ersatzfluggerät sei ihr in HAM nicht zur Verfügung gestanden. Auch wäre die Verbringung eines solchen samt Crew nach HAM für sie nicht zumutbar gewesen, weil kein geeignetes Fluggerät zur Verfügung gestanden sei und hierfür die Annullierung anderer Flüge erforderlich gewesen wäre, was wiederum den Passagieren der zu annullierenden Verbindungen ebenfalls nicht zumutbar gewesen wäre. Davon abgesehen wäre auch so eine Verspätung „von mehr als drei Stunden“ entstanden. Der Abflug des gegenständlichen Fluges von OE 123 wäre für 20:25 Uhr (UTC [= 22:25 Uhr Ortszeit]) geplant gewesen. Allerdings sei der Vorflug OE 104 (HAM-PMI) erst um 21:53 Uhr (UTC [= 23:53 Uhr Ortszeit]) in PMI angekommen. Der frühestmögliche Abflug in PMI wäre erst um 22:35 Uhr (UTC [= 00:35 Uhr Ortszeit]) möglich gewesen und wäre die Landung in VIE um 01:05 Uhr (UTC [= 03:05 Uhr Ortszeit]) des nächsten Tages erfolgt. Da der Dienst der Crew um 12:25 Uhr (UTC) begonnen habe, hätte der verspäte Abflug von OE 123 in PMI eine wesentliche – und daher unzulässige – Überschreitung der höchstzulässigen Dienstzeit der Crew von zwölf Stunden zur Folge gehabt. Aus diesem Grund sowie aufgrund der in VIE herrschenden Wetterverhältnisse, die eine sichere Landung nicht zugelassen hätten, sei dem diensthabenden Kapitän - vor allem aus Sicherheitsgründen – keine andere Möglichkeit geblieben, als den Flug OE 123 zu annullieren. Eine mehr als dreistündige Verspätung in VIE wäre keinesfalls vermeidbar gewesen.
Sie habe bereits dadurch zumutbare Maßnahmen ergriffen, dass sie den Klägern eine Umbuchung angeboten habe. Die Erstklägerin sei auf die Verbindung OE 105 (PMI-VIE) am 24.09.2018 und der Neuntkläger auf die Verbindung OE 501 (PMI-VIE) am 23.09.2018 umgebucht worden. Die anderen Kläger hätten jeweils eine Ticketrückerstattung erhalten.
Mit dem angefochtenen Urteil verhielt das Erstgericht die Beklagte ohne Durchführung eines Beweisverfahrens zur Zahlung von EUR 250,-- samt Zinsen an jeden der Kläger sowie zum Ersatz der Prozesskosten. In rechtlicher Hinsicht führte es zusammengefasst aus, dass ein Blitzschlag, selbst wenn ein solcher grundsätzlich einen außergewöhnlichen Umstand iSd Art 5 Abs 3 EU-FluggastVO darstellen könne, im konkreten Fall nicht zum Entfall der Haftung der Beklagten führen könne, weil er bereits am Vorvorflug aufgetreten und „entdeckt“ worden sei. Eine beliebige Verlängerung der Kausalkette widerspreche aber der klaren Zielsetzung der EU-FluggastVO, nämlich der Stärkung der Fluggastrechte. Daher müsse auf die Frage, ob die Beklagte sämtliche zumutbaren Maßnahmen ergriffen habe, nicht mehr eingegangen werden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass die Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werden; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Kläger beantragen der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Zusammengefasst argumentiert die Berufungswerberin einerseits, dass der außergewöhnliche Umstand eigentlich erst als am unmittelbaren Vorflug des gegenständlichen Fluges aufgetreten anzusehen sei; andererseits komme es ohnehin nicht darauf an, dass der außergewöhnliche Umstand am unmittelbaren Vorflug aufgetreten sein müsse, um entlastend wirken zu können; es genüge ein enger örtlicher und zeitlicher Zusammenhang (offenbar gemeint: zwischen dem außergewöhnlichen Umstand und dem annullierten Flug).
Obwohl der Berufungswerberin in der zuletzt genannten Ansicht grundsätzlich beizupflichten ist, kann sie sich im vorliegenden Fall dennoch nicht iSd Art 5 Abs 3 EU-FluggastVO entlasten:
[a] Art 5 Abs 3 EU-FluggastVO bestimmt, dass ein ausführendes Luftfahrtunternehmen nicht verpflichtet ist, Ausgleichszahlungen gemäß Art 7 der VO zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären, wobei das Kriterium der Vermeidbarkeit auch auf die Annullierung – und nicht wie der Text der VO nahelegt nur auf den außergewöhnlichen Umstand selbst – zu beziehen ist (Schmid in BeckOK FluggastrechteVO13 Art 5 Rz 139e; EuGH C-294/10 [ErwGr 27]; Näheres dazu unter [e]).
Auch wenn ein Ereignis als „außergewöhnlicher Umstand“ zu bewerten ist, stellt sich die Frage, ob nur Ereignisse und Umstände berücksichtigt werden können, die während des vom Fluggast gebuchten Fluges eingetreten sind oder ob auch solche berücksichtigt werden dürfen, die sich auf einem vorangegangenen Flug ereignet haben. Im letzteren Fall stellt sich die weitere Frage, wie viele solcher Vorflüge noch herangezogen werden können. Diese Frage wird – in ausufernder Kasuistik – von den Gerichten unterschiedlich beantwortet (siehe die ausführliche Judikaturübersicht bei Schmid in BeckOK FluggastrechteVO13 Art 5 Rz 136 ff).
Nach Ansicht des Berufungsgerichts bedarf es dieser strikten Abgrenzungsversuche, ab dem wievielten Vorflug eine Zurechnung nicht mehr zulässig ist, jedoch nicht. Den Überlegungen ist voranzustellen, dass der eigentliche Verordnungstext eine solche Einschränkung nicht vornimmt. Gleichwohl kann Erwägungsgrund 15 zur EU-FluggastVO entnommen werden, dass vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände ausgegangen werden sollte, wenn eine Entscheidung des Flugverkehrsmanagements zu einem einzelnen Flugzeug an einem bestimmten Tag zur Folge hat, dass es bei einem oder mehreren Flügen des betreffenden Flugzeugs zu einer großen Verspätung, einer Verspätung bis zum nächsten Tag oder zu einer Annullierung kommt, obgleich vom betreffenden Luftfahrtunternehmen alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen wurden, um die Verspätungen oder Annullierungen zu verhindern. Daraus kann abgeleitet werden, dass auch ein außergewöhnlicher Umstand, der auf einem beliebigen vorangegangenen Flug aufgetreten ist, von der Ausgleichspflicht befreien kann, sofern zwischen dem außergewöhnlichen Umstand und dem gegenständlichen Flug ein enger kausaler und zeitlicher Zusammenhang besteht. Bei Flugzeugen, die auf Kurz- und Mittelstrecken eingesetzt werden, sind mehrere Umläufe an demselben Tag üblich, um eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung des Flugzeugs zu ermöglichen. Die EU-FluggastVO setzt diese wie andere übliche wirtschaftliche und technische Gegebenheiten des Luftverkehrs voraus und will sie weder unterbinden noch steuern (BGH X ZR 121/13). Dabei wird es auch auf die planmäßige Dauer der Flüge während des Flugumlaufverfahrens ankommen: bei mehreren sehr kurzen Flügen kann der zeitliche Zusammenhang etwa beim vierten Vorflug noch immer enger sein als bei längeren Flügen beim unmittelbaren Vorflug. Überdies ist zu berücksichtigen, dass auch außergewöhnliche Umstände denkbar sind, die nicht zwingend „auf einem (Vor-)Flug“ eingetreten sind. Die nach strikten numerischen Abgrenzungen suchende Rechtsprechung übersieht, dass befriedigende Lösungen im Einzelfall letztlich ohnehin nur anhand der Prüfung der „zumutbaren Maßnahmen“ gefunden werden können: je weniger zwingend der Kausalzusammenhang und je größer die zeitliche Distanz zwischen dem außergewöhnlichen Umstand und der drohenden Annullierung oder Verspätung des zu beurteilenden Fluges, desto eher wird es dem ausführenden Luftfahrtunternehmen möglich sein, zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung der Annullierung oder Verspätung zu ergreifen bzw umso strenger wird eine entsprechende Prüfung auszufallen haben.
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass bei einem allfälligen außergewöhnlichen Umstand, der nur wenig mehr als acht Stunden vor dem geplanten Abflug des gegenständliches Fluges während des Vorvorfluges des Fluggeräts aufgetreten ist, mit dem der gegenständliche Flug durchgeführt werden sollte, der kausale und zeitliche Zusammenhang eine Subsumtion unter Art 5 Abs 3 EU-EU-FluggastVO noch nicht zwingend ausschließt.
[b] Beruft sich ein Luftfahrtunternehmen auf einen außergewöhnlichen Umstand, muss es aber auch vortragen und beweisen, dass es unter Einsatz aller zur Verfügung stehenden personellen, materiellen und finanziellen Mittel versucht hat, die Annullierung oder Verspätung zu vermeiden, und warum es ihm nicht möglich war, unter Berücksichtigung seiner Kapazitäten diese Mittel einzusetzen (EuGH C-315/15; Schmid in BeckOK FluggastrechteVO13 Art 5 Rz 147).
Selbst wenn der von der Beklagten behauptete Vorfall (Blitzschlag mit nachfolgender, aus Sicherheitsgründen zwingender Überprüfung) nachgewiesen und als „außergewöhnlicher Umstand“ zu qualifizieren wäre, wäre die Beklagte ihrer Darlegungslast nicht im erforderlichen Umfang nachgekommen.
Nach dem Vorbringen der Beklagten musste der gegenständliche Flug ja letztlich deshalb annulliert werden, weil bei Durchführung des Fluges die höchstzulässige Dienstzeit der Crew überschritten worden wäre. Dazu brachte sie lediglich vor, dass die Verbringung eines Ersatzflugzeuges nach HAM (zur Durchführung des unmittelbaren Vorfluges HAM-PMI und in weiterer Folge des gegenständlichen Fluges PMI-VIE) nicht zumutbar gewesen wäre, weil dafür kein geeignetes Flugzeug zur Verfügung gestanden wäre. Nach den Behauptungen der Beklagten scheiterte die Durchführung des Fluges PMI-VIE aber ohnehin nicht am nicht vorhandenen Fluggerät sondern an der nicht mehr einsatzfähigen Crew. Dass aufgrund der Verzögerungen in HAM eine Überschreitung deren Dienstzeit droht, hätte die Klägerin aber – unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Dauer für die Flüge HAM-PMI und PMI-VIE sowie der Turn-Around-Zeit in PMI – bereits vor dem Abflug des Vorfluges vorhersehen können. Die naheliegendste Maßnahme zur Vermeidung der Annullierung des gegenständlichen Fluges (und wohl auch wesentlich kostengünstigere als die Anmietung eines Ersatzflugzeuges) wäre es daher gewesen, entweder schon den Vorflug HAM-PMI – und folglich auch den Flug PMI-VIE – von einer Ersatzcrew durchführen zu lassen; oder in HAM eine Ersatzcrew aufzunehmen, die mit dem Flug HAM-PMI befördert wird, damit diese in der Folge den Flug PMI-VIE durchführen hätte können. Aus welchen Gründen dies unterblieben ist oder allenfalls schon grundsätzlich keine zumutbare Maßnahme dargestellt hätte, hat die Beklagte aber nicht behauptet.
Dem beklagten Luftfahrtunternehmen kann zwar nicht abverlangt werden, Vorbringen zu jeder entferntesten auch nur denkmöglichen Maßnahme zu erstatten, weil es sonst vorrangig vom Detailwissen zum Luftfahrtwesen des jeweiligen Richters abhängig wäre, ob die Beklagte ihrer Behauptungslast genügt hätte. Vorzutragen sind hingegen Prozessbehauptungen zu Maßnahmen, die sich auch bei eingeschränkten Kenntnissen des Flugverkehrs geradezu aufdrängen oder die zumindest bei lebensnaher Betrachtung in Erwägung gezogen werden müssen (vgl LG Korneuburg 21 R 76/19b). Unter diesem Gesichtspunkt kann das von der Beklagten zur ihrer Entlastung erstattete Prozessvorbringen jedoch nicht als ausreichend angesehen werden.
[c] Sofern sich die Beklagte auch auf die „herrschenden Wetterverhältnisse“ gestützt hat, die eine sichere Landung nicht zugelassen hätten, so vermochte sie nicht einmal ansatzweise darzutun, welche konkreten (der Durchführung des Fluges entgegenstehenden) Wetterverhältnisse geherrscht hätten.
[d] Letztlich wäre es auch unbeachtlich, ob die Beklagte auch bei entsprechendem Bemühen eine drei Stunden überschreitende Ankunftsverspätung nicht vermeiden hätte können, weil die übergroße Verspätung – entsprechende Exkulpierung (Art 5 Abs 3 der VO) vorausgesetzt – gerade keinen Ausgleichsanspruch zur Folge gehabt hätte.
[e] Abschließend ist kurz auf das im erstinstanzlichen Verfahren gebrauchte Argument der Beklagten, sie hafte schon deshalb nicht, weil sie die Kläger auf die nächstmögliche Verbindung umgebucht habe, zu erwidern. Ohne auf die kontroversiell entschiedene Frage, ob eine individuelle Umbuchung (bzw das Anbieten einer solchen) zu den zumutbaren Maßnahmen iSd Art 5 Abs 3 der VO zählt (vgl BGH 12.06.2014, X ZR 121/13; ggt OGH 03.07.2013, 7 Ob 65/13d), eingehen zu müssen, kommt eine Haftungs-befreiung der Beklagten schon aus anderen Gründen nicht in Betracht: Unabhängig von der Frage, ob das Luftfahrtunternehmen nach Eintritt des Annullierungsfalles zur Setzung zumutbarer Maßnahmen zur Abmilderung der Folgen der Annullierung verpflichtet ist, hat sie jedenfalls zunächst alle ihr zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um die Annullierung selbst (als mögliche Folge eines außergewöhnlichen Umstandes: hier der notwendigen Inspektion nach Blitzschlag) zu vermeiden (Schmid in BeckOK, Fluggastrechte-VO Art 5 Rz 139; wohl zu eng, weil nur auf die Vermeidung des außergewöhnlichen Umstandes abstellend: Bosch/Lorz NZV 2013, 105, 108; Maruhn in Staudinger/Keiler, Fluggastrechte-VO Art 5 Rz 30).
Zusammengefasst ist daher festzuhalten, dass die Beklagte nicht hinreichend darlegen konnte, welche ihr zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung der Annullierung sie ergriffen hat bzw warum ihr dies allenfalls nicht möglich gewesen wäre, weshalb der Ausgleichsanspruch der Kläger zu Recht besteht, womit der Berufung ein Erfolg zu versagen war.
Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren gründet auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.
Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision beruht auf §§ 500 Abs 2 Z 2, 502 Abs 2 ZPO.
Textnummer
EKO0000009European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LG00119:2020:02200R00069.19F.0407.000Im RIS seit
12.05.2020Zuletzt aktualisiert am
12.05.2020