TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/13 W252 2229461-1

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Veröffentlicht am 13.03.2020
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Entscheidungsdatum

13.03.2020

Norm

BFA-VG §18
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W252 2229461/4E

TEILERKENNTNIS:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Elisabeth SCHMUT LL.M. über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Kenia, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, betreffend Spruchpunkt V. des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 27.02.2020, Zl. XXXX , zu Recht:

A) Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids wird ersatzlos

behoben.

B) Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist ein kenianischer Staatsangehöriger. Der BF befindet sich seit 2010 in Österreich. Der BF stellte einen Verlängerungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, welcher mit Bescheid vom 22.08.2019 zurückgewiesen wurde. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Dem BF wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge "Bundesamt") mittels Einvernahme am 27.02.2020 mitgeteilt, dass die Absicht bestehe eine Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot zu erlassen sowie die Schubhaft über den BF zu verhängen.

1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27.02.2020 wurde dem BF vom Bundesamt keine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung im Sinne des § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 46 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Kenia festgestellt (Spruchpunkt III.), keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.), einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 und 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und ein Einreiseverbot befristet auf die Dauer von zwei Jahren gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG erlassen (Spruchpunkt VI.).

Gegen diese Entscheidung erhob der BF vollinhaltlich Beschwerde, die vom Bundesamt am 10.03.2020 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt wurde.

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus dem Inhalt der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verfahrensakten. Sämtliche Feststellungen sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

3.1. Der angefochtene Bescheid vom 27.02.2020 wurde dem BF am 27.02.2020 durch persönliche Übergabe zugestellt.

3.2. Der Gesetzgeber novellierte § 18 BFA-VG mit BGBl. I Nr. 145/2017 entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die zum Regelungsregime der aufschiebenden Wirkung in Asylrechtssachen gemäß dieser Bestimmung (in der vorangehenden Fassung) erging: In seinem Erkenntnis vom 20.09.2017, Ra 2017/19/0284 mwN, hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen zuzuerkennen habe. Ein gesonderter Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sei in § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorgesehen. Im Rahmen des § 18 BFA-VG könne sich ein Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Ausspruch des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG wenden. § 18 Abs. 5 BFA-VG sei - als lex specialis zu § 13 Abs. 5 VwGVG - nur so zu lesen, dass das Bundesverwaltungsgericht über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 BFA-VG (bzw. gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids des Bundesamts) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu entscheiden habe. Neben diesem Rechtsschutz im Beschwerdeverfahren sei ein eigenes Provisorialverfahren betreffend eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG allerdings gesetzlich nicht vorgesehen und es könne dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden, er habe im Hinblick auf die Frage der aufschiebenden Wirkung einen doppelgleisigen Rechtsschutz schaffen wollen. Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG sei somit unzulässig. Eine Entscheidung über den die aufschiebende Wirkung aberkennenden Spruchpunkt des angefochtenen Bescheids habe in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu erfolgen (vgl. auch VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014). Nunmehr hat der Gesetzgeber entsprechend festgelegt, dass die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unter den Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche von Amts wegen zu erfolgen hat; die Verfahrensparteien können eine Entscheidung aber nach Ablauf dieser Frist mittels eines Fristsetzungsantrags herbeiführen (vgl. § 18 Abs. 5 letzter Satz BFA-VG).

Der BF stellte in seiner Beschwerde keinen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, der nach der dargestellten Rechtsprechungslinie des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen wäre. Stattdessen wendet er sich in seiner Beschwerde gegen den Bescheid vom 27.02.2020 in seiner Gesamtheit, somit auch gegen den die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung verfügenden Spruchpunkt V. Das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr über die Beschwerde gegen diesen Spruchpunkt zu entscheiden.

3.3. Die belangte Behörde stützte die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf die Tatbestände des § 18 Abs. 2 Z 1 und 3 BFA-VG. Beide Tatbestände liegen im gegenständlichen Fall aber nicht vor:

3.3.1. Soweit das Bundesamt meint, der BF halte sich illegal in Österreich auf, sei obdachlos und mittellos, verfüge über keinen eigenen Wohnsitz und sei zuletzt unterstandslos gewesen, überdies halte er sich nicht an die fremdenpolizeilichen Bestimmungen und gefährde damit die öffentliche Sicherheit und Ordnung, ist festzuhalten, dass sich die Ausführungen des Bundesamtes im Bescheid zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf jene bezogen, mit denen bereits die Erlassung des Einreiseverbots und die Rückkehrentscheidung begründet wurde. Dabei ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach zur Begründung einer Notwendigkeit der sofortigen Ausreise eines Fremden es nicht genügt, dafür auf eine - die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende - Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat; dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren. Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung erfordert also das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind (VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0053 mwN).

Eine derartige Begründung ist im angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht enthalten und waren dem Akteninhalt keine diesbezüglichen Anhaltspunkte zu erkennen. Es ist überdies anzumerken, dass der BF mittlerweile im Strafverfahren GZ XXXX des Landesgerichts für Strafsachen Wien von der Anklage des Raubs freigesprochen worden ist.

Im vorliegenden Fall kann nach derzeitiger Aktenlage innerhalb der gesetzlichen Frist nicht mit hinreichender Sicherheit prognostiziert werden, ob das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens ausreichend mitberücksichtigt und die Erlassung der Rückkehrentscheidung gesetzteskonform erfolgt ist.

3.4. Spruchpunkt V. des Bescheids vom 27.02.2020 ist dementsprechend mittels vorliegenden Teilerkenntnisses ersatzlos aufzuheben. Der Beschwerde des BF gegen die übrigen Spruchpunkte kommt damit aufschiebende Wirkung zu.

Über die übrigen Spruchpunkte wird das Bundesverwaltungsgericht zu einem späteren Zeitpunkt - allenfalls nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - entscheiden; insbesondere ist mit dem vorliegenden Teilerkenntnis keine Entscheidung über die Glaubhaftigkeit des Vorbringens der Beschwerdeführerin getroffen.

4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte zur Beurteilung der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Regelungsregime der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 BFA-VG wurde durch den Verwaltungsgerichtshof in seiner angeführten Judikatur - zuletzt VwGH 13.12.2018, Ro 2018/18/0008 - erläutert.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, Spruchpunktbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W252.2229461.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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