TE Lvwg Erkenntnis 2020/1/7 VGW-141/023/14954/2019

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Veröffentlicht am 07.01.2020
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Entscheidungsdatum

07.01.2020

Index

L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Norm

WMG §12 Abs2
WMG §12 Abs3
WMG §24 Abs2
B-VG Art. 7

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Fischer über die Beschwerde des Herrn Dr. A. B., Wien, C.-straße, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40 - Sozialzentrum ..., vom 08.10.2019, Zahl MA 40 - Sozialzentrum ... - SH/..., mit welchem l.) die für den Zeitraum von 01.10.2016 bis 31.12.2016 aufgewendeten Kosten für Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von EUR 3.757,90 gemäß § 24 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG) rückgefordert wurden und ll.) gemäß § 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) idgF die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen Spruchpunkt l.) im öffentlichen Interesse ausgeschlossen wurde,

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die für den Zeitraum zwischen 1. Oktober 2016 und 31. Dezember 2016 aufgewendeten Kosten für Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von EUR 3.858,94 zu ersetzen sind.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40 - Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, vom 8. Oktober 2019, wurde der nunmehrige Beschwerdeführer zur Zahl MA 40 – Sozialzentrum ... - SH/...verpflichtet, die im Zeitraum zwischen 1. Oktober 2016 und 31. Dezember 2016 aufgewendeten Kosten für Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von EUR 3.757,90 zu ersetzen.

Begründend führte die Behörde zusammengefasst sinngemäß aus, der nunmehrige Beschwerdeführer verfüge laut vorliegender Umsatzübersicht vom 20. September 2019 über ein Barvermögen in der Höhe von EUR 9.264,90. Unter Berücksichtigung der Sachwalterentschädigung zuzüglich des Aufwandersatzes sowie des Vermögensfreibetrages sei daher ein Ersatz für aufgewendete Kosten für Leistungen der Mindestsicherung in genannter Höhe zu leisten.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde führte der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Erwachsenenvertreter auszugsweise Nachstehendes aus:

„Der Beschwerdeführer ist keineswegs nachträglich an ein Einkommen oder Vermögen „gelangt“, sondern ergibt sich der im Bescheid festgestellte Kontostand in Höhe von EUR 9.264,90 eben gerade aus der Leistung der Mindestsicherung, welche mit Bescheiden der belangten Behörde zuerkannt wurde.

Feststellungen, wie der Beschwerdeführer zu dem „Vermögen“ gelangt ist, wurden von der belangten Behörde im bekämpften Bescheid nicht getroffen.

Im WMG ist keine Regelung vorgesehen, bis zu welchem Zeitraum die von der MA40 bescheidmäßig zuerkannte und rechtmäßig erlangte Leistung verbraucht sein muss. Da der Beschwerdeführer daher nicht nachträglich zu einem Vermögen gelangt ist, besteht keine Kostenersatzpflicht. Die Voraussetzungen nach § 24 Abs 2 WMG liegen jedenfalls nicht vor.

Beweis: vorzulegende Umsatzübersicht des Kontos des Beschwerdeführers

Darüber hinaus:

Herr Dr. B. leidet an einer psychischen Krankheit. Charakteristisches Merkmal in seinem Krankheitsverlauf ist die nicht gegebene Kritikfähigkeit sowie fehlende Überblicksgewinnung. Krankheitsbedingt ist er nicht in der Lage, eine unselbstständige oder selbstständige Tätigkeit auszuführen. Er wird daher mit hoher Wahrscheinlichkeit nie die Möglichkeit der Erlangung eines Eigeneinkommens haben.

Beweis:         vorzulegendes psychiatrisch- neurologisches Sachverständigengutachten

Bei Auslegung des § 24 Abs 2 WMG iSd bekämpften Bescheides der MA 40 verstößt die Bestimmung gegen den in Art 7 B-VG normierten Gleichheitsgrundsatz. Dies aufgrund willkürlicher, unsachlicher Differenzierung zu Personen, die im Bezug von krankheitsbedingter Früh- oder Invaliditätspension stehen.

Die gegenständliche Leistung (Bezug von Mindestsicherung) soll nach Intention des Gesetzgebers der hier dauerhaft kranken und daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dauerhaft arbeitsunfähigen Person die Teilnahme am (Alltags-)Leben einer gesunden erwerbsfähigen Person ermöglichen.

Der Gesetzgeber hat richtig darauf geachtet, dass die gegenständliche Leistung für gesunde, erwerbsfähige Personen vorrangig eine Überbrückungshilfe darstellt.

Gleichzeitig hat er richtig darin geregelt, dass – wie hier – voraussichtlich dauerhaft kranke und daher arbeitsunfähige Personen, die jedoch nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für den Zuspruch einer Eigenpension erfüllen, versorgt werden.

Die gegenständliche Rückforderung stellt eine unsachliche Schlechterstellung des Beschwerdeführers, einer krankheitsbedingt arbeitsunfähigen Person dar, deren einzige Möglichkeit, ein Einkommen zu erzielen, im Bezug der gegenständlichen Mindestsicherung besteht. Demgegenüber trifft krankheitsbedingt im Bezug einer Früh- oder Invaliditätspension stehende Personen eine derartige Rückzahlungspflicht nicht.

Der Beschwerdeführer hat aber im Gegensatz zu letzterer Personengruppe keinen Anspruch auf andere Sozialleistungen als die Mindestsicherung.

Auch gegenüber anderen Mindestsicherungsempfängern ist der Beschwerdeführer durch die Kostenersatzregelung im WMG unsachlich schlechter gestellt. Denn:

Aufgrund der zu erwartenden dauerhaften Erwerbsunfähigkeit des Beschwerdeführers kann ihm der § 24 Abs 2 WMG insofern niemals zugutekommen, als ihm das Erlangen aus eigener Erwerbstätigkeit schlichtweg krankheitsbedingt nicht möglich ist. Eine sachliche Differenzierung zu gesunden Personen ist sohin unumgänglich.

Folgt man der Rechtsansicht der Behörde, gelangt man zu dem Ergebnis der Diskriminierung behinderter Personen. Dies, indem man sie zur Bestreitung des Lebensunterhaltes auf die Bezüge nach dem WMG einschränkt, sie jedoch gleichzeitig von der Verwendung diese staatlichen Mitteln zum Aufbau einer finanziellen Lebensgrundlage abhält.

Rechtlich folgt daraus, dass der gegenständliche Sachverhalt nicht dem Rückforderungsanspruch des § 24 Abs 2 WMG unterliegt. Die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Bescheids ist daher unrichtig.“

Diese Beschwerde wurde dem Verwaltungsgericht Wien einlangend am 21. November 2019 durch den Magistrat der Stadt Wien samt dem Bezug habenden Verfahrensakt zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Schreiben des Verwaltungsgerichtes Wien vom 3. Dezember 2019 wurde der Einschreiter zu Handen seines ausgewiesenen Erwachsenenvertreters aufgefordert, eine aktuelle Umsatzübersicht seines Kontos zurückreichend bis 20. September 2019 ausweisend einen aktuellen Saldo vorzulegen. Mit Eingabe vom 20. Dezember 2019 wurde diese Unterlage vorgelegt.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde weder durch den anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer – dessen Erwachsenenvertreter ist Rechtsanwalt - noch durch die belangte Behörde beantragt. Da sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt weiters vollumfänglich der Aktenlage entnehmen lässt und die Entscheidung lediglich von der Beurteilung rechtlicher Fragen abhängt konnte die Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergehen.

Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt, der als erwiesen angenommen wird:

Der am ... 1965 geborene Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsangehöriger und bezog im Zeitraum zwischen 1. Oktober 2016 und 31. Dezember 2016 Mittel aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung in der Höhe von EUR 3.858,94.

Der Beschwerdeführer verfügte gemäß dem Beschluss des Bezirksgerichtes ... vom 21. August 2019 per 31. Juli 2019 über ein Gesamtvermögen in der Höhe von EUR 11.911,10. Mit selben Beschluss wurde der Erwachsenenvertreter des Beschwerdeführers ermächtigt, dem Gesamtvermögen des Einschreiters eine Entschädigung samt Umsatzsteuer sowie pauschalen Barauslagenersatz in der Höhe von insgesamt EUR 1.079,65 zu entnehmen.

Dem Konto ... lautend auf den Beschwerdeführer war per 13. Dezember 2019 ein Guthaben in der Höhe von EUR 10.172,47 gutgeschrieben. Diesem Konto wurde am 26. August die im oben erwähnten Beschluss des Bezirksgerichtes ... zuerkannte Entschädigung samt Kostenersatz abgebucht, am 28. November 2019 erfolgte die Zubuchung der Mittel aus der Mindestsicherung durch den Magistrat der Stadt Wien für den Monat Dezember 2019.

Zu diesen Feststellungen gelangte das Gericht auf Grund nachstehender Beweiswürdigung:

Die getätigten Feststellungen ergeben sich aus dem insoweit unbestritten gebliebenen und unbedenklichen Akteninhalt.

Rechtlich folgt daraus:

Gemäß § 1 Abs. 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes hat die Wiener Mindestsicherung zum Ziel, Armut und soziale Ausschließung verstärkt zu bekämpfen und zu vermeiden, die Existenz von alleinstehenden und in Familien lebenden Personen zu sichern, die dauerhafte Eingliederung oder Wiedereingliederung, insbesondere von volljährigen Personen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, in das Erwerbsleben sowie die soziale Inklusion weitest möglich zu fördern. Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist als durchgängiges Prinzip zu verfolgen.

Gemäß § 1 Abs. 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes erfolgt die Bedarfsorientierte Mindestsicherung durch Zuerkennung von pauschalierten Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs sowie von den bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung erforderlichen Leistungen. Auf diese Leistungen besteht ein Rechtsanspruch.

Gemäß § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Bedarfsorientierte Mindestsicherung in Wien (Wiener Mindestsicherungsgesetz -WMG) ist die Zuerkennung von Leistungen der Wiener Mindestsicherung subsidiär. Sie erfolgt nur, wenn der Mindestbedarf nicht durch Einsatz eigener Arbeitskraft, eigener Mittel oder Leistungen Dritter gedeckt werden kann.

Gemäß § 1 Abs. 4 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes dient die Bedarfsorientierte Mindestsicherung der Beseitigung einer bestehenden Notlage. Sie erfolgt auch vorbeugend, wenn dadurch einer drohenden Notlage entgegengewirkt werden kann. Eine Fortsetzung ist solange möglich, als dies notwendig ist, um die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Hilfeleistung zu sichern. Die Mindestsicherung hat rechtzeitig einzusetzen. Eine Zuerkennung von Leistungen für die Vergangenheit ist nicht möglich.

Gemäß § 3 Abs. 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes deckt die Wiener Mindestsicherung den Mindeststandard in den Bedarfsbereichen Lebensunterhalt, Wohnen, Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung ab. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung umfasst der Lebensunterhalt den Bedarf an Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und Energie sowie andere persönliche Bedürfnisse, zu denen auch die soziale und kulturelle Teilhabe zählt. Abs. 3 bestimmt, dass der Wohnbedarf den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen Aufwand an Miete, Abgaben und allgemeinen Betriebskosten umfasst. Der Bedarf bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung umfasst gemäß § 3 Abs. 4 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes den Aufwand, der bei Bezieherinnen und Beziehern einer Ausgleichszulage aus der Pensionsversicherung durch die gesetzliche Krankenversicherung im Rahmen der Wiener Gebietskrankenkasse abgedeckt ist.

Gemäß § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Bedarfsorientierte Mindestsicherung in Wien (Wiener Mindestsicherungsgesetz) hat Anspruch auf Leistungen aus der bedarfsorientierten Mindestsicherung, wer

1. zum anspruchsberechtigten Personenkreis (§ 5 Abs. 1 und 2) gehört,

2. seinen Lebensmittelpunkt in Wien hat, sich tatsächlich in Wien aufhält und seinen Lebensunterhalt in Wien bestreiten muss,

3. die in § 3 definierten Bedarfe nicht durch den Einsatz seiner Arbeitskraft, mit eigenen Mitteln oder durch Leistungen Dritter abdecken kann,

4. einen Antrag stellt und am Verfahren und während des Bezuges von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung entsprechend mitwirkt.

Gemäß § 24 Abs. 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes ist für Kosten, die dem Land Wien als Träger der Mindestsicherung durch die Zuerkennung von Leistungen zur Mindestsicherung entstehen, dem Land Wien als Träger der Mindestsicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Ersatz zu leisten. Ein Anspruch auf Mindestsicherung schließt dabei einen Kostenersatzanspruch des Trägers der Wiener Mindestsicherung nicht aus.

Gemäß § 24 Abs. 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes sind ersatzpflichtig alle Personen, die Leistungen der Mindestsicherung bezogen haben, soweit sie nach Zuerkennung der Leistung zu Vermögen oder Einkommen, das nicht aus eigener Erwerbstätigkeit stammt, gelangen, unabhängig davon, ob sie Hilfe empfangen oder das Vermögen noch vorhanden ist. Es sind jene Kosten zu ersetzen, die dem Träger der Mindestsicherung durch Hilfegewährungen in den letzten drei Jahren der Hilfeleistung entstanden sind. Stichtag für die Berechnung der Frist ist der letzte Tag des Monats, in dem Leistungen an die Ersatzpflichtige oder den Ersatzpflichtigen geflossen sind.

Gemäß § 24 Abs. 3 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes ist über die Verpflichtung zum Kostenersatz ist mit Bescheid zu entscheiden. Die Behörde ist berechtigt, die Aufrechnung gegen Ansprüche auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zu verfügen.

 

Gemäß § 24 Abs. 5 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes ist Ersatz im Umfang der durch die Hilfegewährung an die Bedarfsgemeinschaft entstandenen Kosten zu leisten. Alle anspruchsberechtigten Personen, denen als Bedarfsgemeinschaft Hilfe zuerkannt wurde, sind solidarisch zum Ersatz der Kosten verpflichtet.

Gemäß § 24 Abs. 6 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes verjährt der Kostenersatzanspruch des Trägers der Bedarfsorientierten Mindestsicherung drei Jahre nach Kenntnis der Umstände, die die Ersatzpflicht begründen.

Gemäß § 12 Abs. 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes gelten, soweit keine Ausnahmeregelung nach Abs. 3 anzuwenden ist, als verwertbar:

1. unbewegliches Vermögen;

2. Ersparnisse und sonstige Vermögenswerte.

Gemäß § 12 Abs. 3 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes gelten als nicht verwertbar:

1. Gegenstände, die zu einer Erwerbsausübung oder der Befriedigung angemessener kultureller Bedürfnisse der Hilfe suchenden Person dienen;

2. Gegenstände, die als angemessener Hausrat anzusehen sind;

3. Kraftfahrzeuge, die berufsbedingt oder auf Grund besonderer Umstände (insbesondere Behinderung, unzureichende Infrastruktur) erforderlich sind;

4. unbewegliches Vermögen, wenn dieses zur Deckung des angemessenen Wohnbedarfs der Bedarfsgemeinschaft dient;

5. verwertbares Vermögen nach Abs. 2 bis zu einem Freibetrag in Höhe des Fünf-fachen des Mindeststandards nach § 8 Abs. 2 Z 1 (Vermögensfreibetrag);

6. sonstige Vermögenswerte, solange Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nicht länger als für eine Dauer von sechs Monaten bezogen wurden. Dabei sind alle ununterbrochenen Bezugszeiträume im Ausmaß von mindestens zwei Monaten innerhalb von zwei Jahren vor der letzten Antragstellung zu berücksichtigen.

Leistungen aus der Wiener Mindestsicherung sind dann zu ersetzen, wenn eine anspruchsberechtigte oder Hilfe suchende oder empfangene Person zu verwertbarem Vermögen oder Einkommen, welches nicht aus eigener Erwerbstätigkeit stammt, gelangt, wobei jene Kosten zu ersetzen sind, die dem Träger der Wiener Mindestsicherung durch Hilfegewährungen in den letzten drei Jahren der Hilfeleistung entstanden sind. Wie oben festgestellt, verfügte der Beschwerdeführer gemäß dem vorgelegten Auszug seines Verrechnungskontos über ein Guthaben in der Höhe von EUR 9.264,90 per 20. September 2019, wobei die Entschädigung für den Sachwalter sowie dessen Aufwandersatz für das abgelaufene Jahr vom Verrechnungskonto bereits abgebucht war. Weiters berücksichtigte die belangte Behörde den Vermögensfreibetrag nach § 12 Abs. 3 Z 5 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes bei der Ermittlung der Höhe des Kostenersatzes in rechtskonformer Weise. Die Vorschreibung von Kostenersatz erfolgte daher dem Grunde nach zu Recht.

Soweit der Beschwerdeführer nunmehr darlegt, er sei nicht nachträglich an Vermögen oder Einkommen gelangt, sondern habe er lediglich Mittel aus der bereits bezogenen Mindestsicherung angespart, ist auf die diesbezügliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach § 24 Abs. 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes darauf abstellt, dass der Hilfeempfänger zu verwertbarem Vermögen oder Einkommen, das nicht aus eigener Erwerbstätigkeit stammt, "gelangt". § 24 Abs. 2 dieses Gesetzes beschränkt die Ersatzpflicht des Hilfeempfängers insoweit, als dieser Ersatz nur aus (verwertbarem) Vermögen oder Einkommen zu leisten hat, welches er NACH Empfang der Leistungen aus der Mindestsicherung erhalten hat; insofern ist das Wort "gelangen" im Sinne von "nachträglich erwerben" zu verstehen (vgl. VwGH 29. März 2017, Zl. Ra 2015/10/0108, VwGH, 30. Jänner 2014, Zl. 2013/10/0163).

Der Einsatz eigener Mittel (nämlich des Einkommens und des verwertbaren Vermögens) ist unabhängig davon vorzunehmen, von wem und aus welchem Rechtsgrund bzw. Titel der Hilfesuchende dieses Einkommen und/oder Vermögen erhält bzw. erhalten hat. Der wesentliche Unterschied zwischen diesen beiden Arten eigener Mittel besteht lediglich darin, dass es sich beim Einkommen um laufende, aber nicht unbedingt regelmäßige Einnahmen in Geld handelt, beim Vermögen hingegen um (im jeweiligen Zeitraum) bereits vorhandene Werte, mögen sie auch aus dem Überschuss nicht verbrauchten Einkommens entstanden sein (vgl. VwGH 30. September 1994, Zl. 93/08/0001). Bei der Frage des nachträglichen Kostenersatzes aus verwertbarem Vermögen oder aus nicht eigener Erwerbstätigkeit stammendem Einkommen, welches nach Empfang der Leistungen aus der Mindestsicherung erworben wurde, geht es nicht um die Frage, ob Geldmittel in einem bestimmten Zuerkennungszeitraum zugeflossen oder bereits vorhanden waren. Vielmehr ist nach § 24 Abs. 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes entscheidend, ob - aufgrund von nachträglich erworbenem verwertbarem Vermögen oder Einkommen, das nicht aus eigener Erwerbstätigkeit stammt - Ersatz für geleistete Mindestsicherung zu leisten ist. Für eine solche Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Entscheidung maßgeblich, zumal es nicht um den Abspruch geht, was zu einem bestimmten Zeitpunkt (etwa jenem der Erlassung des verwaltungsbehördlichen Bescheides) oder in einem bestimmten Zeitraum rechtens war, sondern um die aktuelle Begründung einer Zahlungsverpflichtung des Ersatzpflichtigen (VwGH, 28. Februar 2018, Zl. 2016/10/0055).

Somit steht zusammengefasst fest, dass es als unerheblich erscheint, aus welcher Quelle das nunmehr dem Beschwerdeführer zuzuzählende Vermögen stammt, als wesentlich erscheint lediglich, dass er es nach Empfang der Leistungen der Mindestsicherung erworben hat und dieses Vermögen im Zeitpunkt der Erlassung der gegenständlichen Entscheidung als solches beim Beschwerdeführer Bestand hat.

In Entsprechung der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war das aktuelle Vermögen des Beschwerdeführers zu ermitteln, wobei der vorgelegten Kontoübersicht ein Guthaben in der Höhe von EUR 10.172,47 per 13. Dezember 2019 zu entnehmen ist. Unter Berücksichtigung des Vermögensfreibetrages in der Höhe von EUR 4.586,75 ergibt sich ein ersatzfähiges Vermögen des Einschreiters in der Höhe von EUR 5.585,72.

Die Höhe des nunmehr festgesetzten Kostenersatzes resultiert aus dem Umstand, dass der Einschreiter im hier verfahrensgegenständlichen Zeitraum zwischen 1. Oktober 2016 bis 31. Dezember 2016 Mittel aus der Mindestsicherung in der Höhe von lediglich EUR 3.858.94 bezog. Da jedoch Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens der angefochtene Bescheid ist und Kostenersatz lediglich für den oben dargestellten Zeitraum festgesetzt wurde, würden im Falle der Erweiterung dieses Zeitraumes in tatsächlicher Hinsicht andere Sachverhaltsfragen zum Tragen kommen und würde das Verwaltungsgericht diesfalls nicht mehr in derselben Sache entscheiden wie die Verwaltungsbehörde im angefochtenen Bescheid und somit über einen anderen Prozessgegenstand (vgl. diesbezüglich etwa sehr aktuell VwGH, 30. Mai 2019, Zl. 2016/22/0011).

Soweit der Beschwerdeführer vermeint, § 24 Abs. 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes differenziere in unsachlicher Weise zwischen dauerhaft erwerbsunfähigen Personen und anderen Beziehern von Mindestsicherung, zumal die Mindestsicherung als Überbrückungshilfe einerseits und als Versorgungsleistung andererseits gewährt werde, ist festzuhalten, dass eine derartige Differenzierung der angesprochenen Norm nicht ansatzweise entnehmbar und vielmehr festzuhalten ist, dass kein sachlicher Grund dafür ersichtlich ist, warum einerseits grundsätzlich erwerbsfähigen Personen sämtliche Vermögenswerte angerechnet werden sollen, während etwa krankheitsbedingt erwerbsunfähige Personen neben dem Bezug von Mindestsicherung dieser Anrechnung nicht unterliegen sollen. Feststeht nämlich, dass die Mittel aus der Wiener Mindestsicherung zur Deckung der in § 3 dieses Gesetzes angeführten Bedarfe hinreichend bemessen sind und dem Umstand der Versorgung dauerhaft erwerbsunfähiger Personen ohnehin etwa durch die Zuerkennung von Sonderzahlungen gemäß § 8 Abs. 4 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes Rechnung getragen wird. Dass derartige Personen darüber hinaus nicht der Kostenersatzpflicht unterliegen und somit für diese Gruppe anspruchsberechtigter Bezieher der Mindestsicherung das durch § 1 Abs. 3 dieses Gesetzes normierte Subsidiaritätsprinzip für Ersparnisse suspendiert sein soll, ist weder dem Gesetzestext zu entnehmen noch erscheint dies aus gleichheitsrechtlichen Erwägungen heraus als geboten. § 24 Abs. 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes erscheint daher als verfassungskonform und verstößt diese Norm nicht gegen das durch Art. 7 B-VG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Mindestsicherung; Kostenersatz; Ersatzpflicht; Einkommen; Vermögen; nachträglich erworben; Gleichheitssatz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.141.023.14954.2019

Zuletzt aktualisiert am

07.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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