TE Lvwg Erkenntnis 2019/12/27 VGW-123/029/11519/2018

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Veröffentlicht am 27.12.2019
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Entscheidungsdatum

27.12.2019

Index

L72009 Beschaffung Vergabe Wien
97 Öffentliches Auftragswesen
50/01 Gewerbeordnung

Norm

WVRG 2014 §13 Abs1
BVergG 2006 §125 Abs4 Z1
GewO 1994 §129 Abs4
GewO 1994 §129 Abs5

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Zirm als Vorsitzende, und seine Richter Dr. Schweiger als Berichter und Mag. Schmied als Beisitzer über den Antrag der A. Gesellschaft mbH, vertreten durch Rechtsanwälte OG in Wien, vom 31.8.2018 auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 24.8.2018 im Vergabeverfahren der Stadt Wien, Wiener Wohnen, "Sperrdienstleistungen in WHA von Wiener Wohnen Sperrdienstleistungen an Ballspielkäfigen, Kennwort: B." nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung durch Verkündung am 17.10.2018

zu Recht e r k a n n t:

I.) Gemäß § 13 Abs. 1 WVRG 2014 wird der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin vom 24.08.2018 im Vergabeverfahren "Sperrdienstleistungen in WHA von Wr. Wohnen Sperrdienstleistungen an Ballspielkäfigen Kennwort: B." abgewiesen.

II.) Die Antragstellerin hat gemäß §§ 15 und 16 WVRG 2014 die entrichteten Pauschalgebühren selbst zu tragen.

III.) Gemäß § 25a VwGG ist eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Antragsgegnerin, Stadt Wien - Wiener Wohnen (im Folgenden: Auftraggeberin) führt ein offenes Verfahren im Unterschwellenbereich zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrages mit der Bezeichnung "Sperrdienstleistungen in WHA von Wiener Wohnen, Sperrdienstleistungen an Ballspielkäfigen, Kennwort: B." durch. Das Ende der Angebotsfrist, war mit 5.4.2018, 9.00 Uhr, festgelegt. U. a. hat die Antragstellerin ein Angebot in diesem Verfahren gelegt.

Zunächst gab die Auftraggeberin der Antragstellerin am 25.5.2018, 12.09 Uhr mit Zuschlagsentscheidung bekannt, dass der Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren an die C. GmbH, FN …, zu einem Gesamtpreis von netto € ***.***,** erteilt werden soll.

Per E-Mail beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Wien am 30.5.2016, die Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin vom 25.5.2018 für nichtig zu erklären und dieser den Ersatz der geleisteten Gebühr aufzutragen.

Über diesen Nachprüfungsantrag hat das Verwaltungsgericht Wien nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 4.7.2018 durch mündlich verkündetes Erkenntnis (…) entschieden. Es wurde gemäß § 13 Abs. 1 WVRG 2014 iVm § 129 Abs. 1 Z 3 BVergG 2006 die Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin vom 25.5.2018 im Vergabeverfahren "Sperrdienstleistungen in WHA von Wr. Wohnen Sperrdienstleistungen an Ballspielkäfigen Kennwort: B." für nichtig erklärt und die Auftraggeberin zum Ersatz der Pauschalgebühren verpflichtet.

Am 24.8.2018, 12.54 Uhr, hat die Auftraggeberin der Antragstellerin die (erneute) Zuschlagsentscheidung im betreffenden Vergabeverfahren B. (…) bekanntgegeben, wonach der Zuschlag an die C. GmbH, FN …, zu einem Gesamtpreis von netto € ***.***,** erteilt werden soll.

Am 31.8.2018 beantragte die Antragstellerin per E-Mail mit dem verfahrensgegenständlichen Nachprüfungsantrag, die Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin vom 24.8.2018 für nichtig zu erklären und dieser den Ersatz der geleisteten Gebühr aufzutragen.

Unter einem beantragte die Antragstellerin die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der der Auftraggeberin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens die Erteilung des Zuschlages im gegenständlichen Vergabeverfahren untersagt werde.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 6.9.2018, GZ: …, wurde sodann der Auftraggeberin, Stadt Wien, Wiener Wohnen, im Vergabeverfahren "Sperrdienstleistungen in WHA von Wiener Wohnen, Sperrdienstleistungen an Ballspielkäfigen, Kennwort: B." für die Dauer dieses Nachprüfungsverfahrens die Erteilung des Zuschlages untersagt.

1.       Nachprüfungsantrag:

Im verfahrensgegenständlichen Nachprüfungsantrag bringt die Antragstellerin im Wesentlichen begründend vor, sie sei überzeugt, dass der Zuschlag in gegenständlichem Vergabeverfahren – unabhängig von der nunmehr wohl erfolgten Aufschlüsselung der Zusammensetzung des Gesamtpreises des Angebotes, wobei nach wie vor eingewendet werde, dass der Kalkulation eines Angebotes in diesem Vergabeverfahren das sich aus dem Kollektivvertrag für Mitarbeiter im Bewachungsgewerbe ergebende Mindestentgelt zugrunde zu legen sei und dies in Verbindung mit den tatsächlich erforderlichen Wegzeiten ein höheres Angebot ergeben müsse als jenes des präsumtiven Bestbieters – keine rechtliche Deckung finde, da das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mangels Vorhandensein einer für die ausschreibungsgegenständliche Tätigkeit erforderlichen Gewerbeberechtigung im Sinne des § 129 GewO 1994 auszuscheiden sei.

Die Antragstellerin erbringe seit Jahrzehnten Leistungen wie die ausschreibungsgegenständlichen im Rahmen der Ausübung ihrer Gewerbeberechtigung für das Sicherheitsgewerbe in Form des Bewachungsgewerbes gemäß § 94 Z 62 iVm § 129 Abs. 4 GewO. Der Antragstellerin drohe, sollte ihr der Zuschlag hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Dienstleistungsauftrages nicht erteilt werden, ein Schaden in Höhe des entgangenen Gewinns für die vertragsgegenständlichen Leistungen.

Nach Rechtsansicht der Antragstellerin sei das in Aussicht genommene Bestangebot der C. auszuscheiden, da dieses Unternehmen nicht über die für die Erbringung des ausgeschriebenen Dienstleistungsauftrages erforderliche Eignung verfüge.

Nach Rechtsansicht der Antragstellerin fehle der in Aussicht genommenen Bestbieterin C. die Befugnis zur Erbringung des ausgeschriebenen Dienstleistungsauftrages, da die ausgeschriebenen Dienstleistungen/das ausgeschriebene Leistungsbild dem gesetzlichen Vorbehaltsbereich des Bewachungsgewerbes unterliegen würden und die vorgesehene Zuschlagsempfängerin C. nicht über eine solche Gewerbeberechtigung verfüge bzw. jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der Angebotsöffnung (§ 69 Z 1 BVergG 2006) nicht verfügt habe. Eine Gewerbeberechtigung für das freie Gewerbe der „Hausbetreuung, bestehend in der Durchführung einfacher Reinigungstätigkeiten, einschließlich objektbezogener einfacher Wartungstätigkeiten (bundeseinheitliche Liste der freien Gewerbe) sei nicht ausreichend, um die im oben genannten Anforderungsprofil umschriebenen Tätigkeiten erbringen zu können.

Der C. mangle es auch an der technischen Leistungsfähigkeit. Insbesondere mache das Zeitfenster von jeweils einer Stunde für das Auf- und Zusperren von … Ballspielkäfigen gemäß Punkt 01.0101 des Langtextverzeichnisses des Ausschreibungs-Leistungsverzeichnisses, die über das Stadtgebiet von Wien verteilt seien, das Vorhandensein mehrerer mobiler Revier- oder Kontrollstreifen unverzichtbar, die in jeweils zwei Schichten an 365 Tagen im Jahr in Wien im Einsatz und mit berechtigten, geeigneten und zuverlässigen Arbeitnehmern im Sinne der einschlägigen Bestimmungen der Gewerbeordnung besetzt sein müssten. Diese Leistung könne grundsätzlich in Wien nur von wenigen großen Bewachungsunternehmen erbracht werden, werde jedoch von den meisten in der Praxis abgelehnt, da aufgrund der fixen Zeitfenster die ansonsten optimierte freie Tourenplanung für alle anderen Kunden im Revierdienst zerstört werde. Jedenfalls gehe die Antragstellerin davon aus, dass die in Aussicht genommene Bestbieterin nicht nur annähernd in der Lage sei, genügend qualifizierte Arbeitnehmer vorweisen zu können und über die technische Infrastruktur zu verfügen, um die ausschreibungsgegenständlichen Leistungen erbringen zu können.

Die Auftraggeberin müsse die Geltung der gesamten bundesvergaberechtlichen Vorschriften gegen sich gelten lassen, da sie in ihrer Ausschreibung festgehalten habe, dass die ausschreibungsgegenständlichen Leistungen in einem offenen Verfahren ohne Berufung auf die Einschränkungen des § 141 BVergG 2006 (betreffend nicht prioritäre Dienstleistungsaufträge) vergeben werden sollen.

Die Antragstellerin verweist schließlich darauf, dass sie bereits zur Klärung der hier eine Vorfrage bildenden Fragen über den Umfang der Gewerbeberechtigung des Sicherheitsgewerbes in Form des Bewachungsgewerbes im Verhältnis zur Gewerbeberechtigung für das freie Gewerbe der Hausbetreuung und, ob mit einer Gewerbeberechtigung für das freie Gewerbe der Hausbetreuung die ausschreibungsgegenständlichen Tätigkeiten ausgeübt werden dürften, einen entsprechenden Antrag auf Entscheidung gemäß § 349 Z 1 GewO 1994 beim Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort eingebracht habe, und regte sie an, das Verwaltungsgericht Wien möge das gegenständliche Nachprüfungsverfahren gemäß § 38 AVG wegen Klärung einer Vorfrage, die in einem Verfahren einer anderen Behörde als Hauptfrage behandelt werde, bis zur Entscheidung der Bundesministerin unterbrechen.

2.       Stellungnahme der Auftraggeberin:

Die Auftraggeberin hat eine Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag erstattet und bestritten, dass die von der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten vorliegen:

Der Anfechtung liege die Behauptung zugrunde, der Ausschreibungsgegenstand erfordere das Vorhandensein einer aufrechten Befugnis im Sicherheitsgewerbe gemäß § 129 GewO 1994. Dabei stütze sich die Antragstellerin im Wesentlichen auf § 129 Abs. 5 Z 1 GewO 1994, wonach einer Gewerbeberechtigung für das Bewachungsgewerbe ua. die „Sicherung und Regelung des Personen- und Fahrzeugverkehrs in Betrieben, in Gebäuden, auf Grundstücken und Verkehrswegen aller Art, insbesondere auch die Überwachung der Einhaltung der für den Personen- und Fahrzeugverkehr geltenden Rechtsvorschriften" unterlägen. Tatsächlich erweise sich diese Gesetzespassage für den konkreten Leistungsgegenstand als nicht einschlägig. Weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur ergebe sich, dass das „einfache“ Auf- und Zusperren von Ballspielkäfigen samt allfälliger Aufforderung zum Verlassen und Meldung von Vandalismus zur Sicherung und Regelung von Personenverkehr zu zählen sei. Der Auftragnehmer habe keinerlei Bewachungshandlungen zu setzen. Auftragsgegenstand sei ua. das allfällige höfliche Auffordern zum Verlassen des Ballsportkäfigs. Ein „Eskortieren“ von Personen vom Gelände sei – entgegen dem Antragsvorbringen – in keiner Weise gefordert. Überdies gelte es nicht, Vandalismus zu unterbinden. Der zu findende Auftragnehmer habe „lediglich“ allenfalls auftretende Beschädigungen zu melden.

Es sei vielmehr eine Gewerbeberechtigung für Hausbetreuung als ausreichend anzusehen. Hierfür spreche der Umstand, dass das Zu- und Aufschließen der Ballspielkäfige vor deren externer Auslagerung teilweise von den jeweiligen Hausbesorgern der Wohnhausanlagen wahrgenommen worden sei. Vereinzelt seien dieser Aufgabe auch noch ehrenamtliche Mietervertreter nachgekommen. Überdies sei auf die demonstrative Auflistung der bundeseinheitlichen Liste der freien Gewerbe des vormaligen Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) zu verweisen (siehe www.bmdw.gv.at). Darin finde sich im Tätigkeitsbereich der Hausbetreuung ua die „Sichtkontrolle von Spielplätzen sowie Spielgeräten und Müllbehältern“. Diese Formulierung umschreibe ungleich treffender die gegenständlich wahrzunehmende Aufgabe als die von der Antragstellerin ins Spiel gebrachte „Sicherung und Regelung des Personenverkehrs“.

Das Verwaltungsgericht Wien habe in seinen entscheidungserheblichen Gründen des mündlich verkündeten Erkenntnisses vom 4.7.2018, GZ …, ausdrücklich festgehalten, dass für die gegenständlichen Sperrdienstleistungen eine Gewerbeberechtigung für das Sicherheitsgewerbe nicht erforderlich sei. An dieser Einschätzung vermöge auch der nunmehr eingebrachte Antrag auf Feststellung des Gewerbeumfangs gemäß § 349 GewO 1994 nichts zu ändern. Es sei aber ohnedies unzweifelhaft, dass die Antragstellerin mit ihren Gewerbeberechtigungen die gegenständlichen Leistungen durchführen dürfe. Angesichts einer einschlägigen Gewerbeberechtigung seitens der Antragstellerin seien jedoch keine behördlichen Ausführungen zu erwarten, ob mit einer Gewerbeberechtigung „Hausbetreuung" die konkreten „einfachen“ Sperrdienstleistungen durchgeführt werden dürften.

Wenn die Antragstellerin (neuerlich) die erforderliche personelle und technische Ausstattung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin bezweifle, sei festzuhalten, dass in den bestandsfesten Ausschreibungsunterlagen bewusst keine Mindestanforderungen im Hinblick auf die technische Leistungsfähigkeit festgelegt worden seien. Die seitens der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im Rahmen der Angebotsprüfung und des Ermittlungsverfahrens zur GZ … benannten Ressourcen reichten jedenfalls aus, um die erforderliche Eignung entsprechend der im Antrag angeführten Rechtsprechung zu belegen.

Schließlich sei zur (neuerlich) in Zweifel gezogenen Preisgestaltung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin – nach Ergänzung der vertieften Angebotsprüfung in Folge des Erkenntnisses vom 4.7.2018, GZ …, festzuhalten, dass sich der Angebotspreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin insbesondere in Relation zur Kostenschätzung der Auftraggeberin und anhand des im K3-Blatt von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ausgewiesenen Mittellohnpreises als plausibel erweise. Eine Unterschreitung kollektivvertraglicher Vorgaben sei nicht zu erkennen.

Nach Durchführung einer (ergänzten) umfangreichen Angebotsprüfung sei ein Ausscheiden gemäß § 129 Abs 1 Z 3 BVergG nicht vorzunehmen, wobei anzumerken sei, dass das konkrete Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich situiert sei.

Die Auftraggeberin beantragte, das Verwaltungsgericht Wien möge den Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 24.8.2018 sowie den Antrage auf Ersatz der geleisteten Pauschalgebühr zurück-, in eventu abweisen.

3.              Stellungnahme der präsumtiven Zuschlagsempfängerin:

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin (C.) brachte vor, sie verfüge über eine ausreichende Gewerbeberechtigung. Laut Lang-Leistungsverzeichnis, 00.01, beinhalte der Sperrdienst das Auf- und Zusperren der jeweiligen Ballspielkäfige und Verweisen von Personen, die sich noch auf dem vom Sperrdienst betroffenen Gelände befinden, versuchter bzw. bereits erfolgter Einbruch und/oder Vandalismus bzw. sonstige augenscheinliche Beschädigungen seien dem Auftraggeber zu melden und zu protokollieren.

Die C. verfüge über im Einzelnen angeführte Gewerbeberechtigungen, für die Ausschreibung gegenständlicher Sperrtätigkeit sei die Gewerbeberechtigung „Hausbetreuung“ einschlägig. Die verfahrensgegenständlichen Leistungen seien von der Gewerbeberechtigung der C. umfasst.

Das Tätigkeitsfeld des Bewachungsgewerbe iSd §§ 129, 130 GewO 1994 ziele auf sicherheitserhöhende Maßnahmen iZm Personen und Objektschutz – insbesondere im öffentlichen Raum – ab und seien geradezu nicht Teil des ausschreibungsgegenständlichen Leistungsverzeichnisses; eine Gewerbeberechtigung für das Bewachungsgewerbe iSd §§ 129, 130 GewO 1994 sei sohin nicht erforderlich.

Nach Rechtsansicht der C. sei weder die Notwendigkeit, noch die Zulässigkeit zu der von der Antragstellerin angeregten Unterbrechung des Nachprüfungsverfahrens gemäß § 38 AVG zur Klärung des Umfanges der Gewerbeberechtigung als Vorfrage gegeben.

Zum Zeitpunkt des Endes der Angebotsfrist, 5.4.2018, habe die C. über eine genannte Zahl von Beschäftigten (diese bereits nach saisonal bedingter Reduktion eines in den Wintermonaten deutlich höheren Beschäftigtenstandes) sowie über eine bestimmt angeführte Zahl von LKWs, PKWs, Großtraktoren sowie Kleintraktoren; sohin über genügend personelle und technische Infrastruktur zur Erbringung der vergabegegenständlichen Leistungen, verfügt.

Als völlig haltlos zurückgewiesen werde der Vorwurf der spekulativen Preisgestaltung sowie des Verstoßes gegen arbeits-, sozial- und kollektivvertragliche Vorschriften. Festgehalten sei, dass die C. sämtliche ihrer Mitarbeiter überkollektivvertraglich entlohne. Zudem verkenne die Antragstellerin, dass der Kollektivvertrag für Wachorgane im Bewachungsgewerbe nicht anzuwenden sei.

Die Preisgestaltung der C. und der dieser zugrunde liegende Kalkulation sei im Rahmen einer vertieften Angebotsprüfung erörtert worden und sei der niedrige Bestpreis im Wesentlichen auf von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin näher beschriebene Synergieeffekte zurückzuführen.

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin beantragte, das Verwaltungsgericht Wien möge den Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagserteilung vom 31.8.2018 zurück-, in eventu abweisen.

4.       Weitere Stellungnahmen der Antragstellerin:

Die Antragstellerin hat in weiteren Schriftsätzen vorgebracht, dass für den Fachverband der gewerblichen Dienstleister als für das Bewachungsgewerbe zuständige gesetzliche Interessensvertretung aufgrund des Wortlautes des § 129 Abs. 4 GewO 1994 und der historischen Entwicklung und den Anschauungen der beteiligten gewerblichen Kreise die ausgeschriebenen Dienstleistungen dem reglementierten Bewachungsgewerbe vorbehalten seien, und hat sie auf die Stellungnahmen der Auftraggeberin und der präsumtiven Zuschlagsempfängerin replizierend ihr Antragsvorbringen bekräftigt. Weiters wurde der Antrag der Antragstellerin an den Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort vom 30.8.2018 auf Feststellung des Umfanges einer Gewerbeberechtigung vorgelegt.

5.       (Öffentliche) mündliche Verhandlung und Verkündung des Erkenntnisses:

Im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren wurde am 17.10.2018 vor dem Verwaltungsgericht Wien eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher zur Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin teilweise die Öffentlichkeit ausgeschlossen wurde, und im Anschluss daran das Erkenntnis verkündet. Mit Schriftsatz vom 18.10.2018 hat die Auftraggeberin eine schriftliche Ausfertigung beantragt.

Die Antragstellerin brachte in der mündlichen Verhandlung ergänzend vor, die behauptete Einsparung durch Synergieeffekte sei für sie nicht nachvollziehbar. Hinsichtlich der Wegzeiten ergebe sich, dass die Ballspielkäfige wöchentlich 14 Mal zu sperren seien, Hausbetreuungstätigkeiten üblicherweise aber nur einmal pro Woche anfielen. Die Objekte könnten nicht alle in unmittelbarer Nähe sein bzw. fielen auch bei gemeinsamer Anfahrt Fußwegzeiten an.

Die Auftraggeberin verwies darauf, dass aufgrund des im gegenständlichen Vergabeverfahren ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts Wien die Angebotsprüfung fortgesetzt, eine Stellungnahme der präsumtiven Zuschlagsempfängerin eingeholt und diese – insbesondere aufgrund der Nähe der Objekte zueinander – als plausibel erachtet wurde.

Im weiteren Verlauf der Verhandlung hat die präsumtive Zuschlagsempfängerin – zur Wahrung ihrer Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse unter Ausschluss der Öffentlichkeit und der Antragstellerin – die ihrer Kalkulation des Angebotspreises zugrunden liegenden Überlegungen dargelegt und ihre Kalkulation erläutert.

6.       Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Antragsgegnerin, Stadt Wien - Wiener Wohnen führt ein offenes Verfahren im Unterschwellenbereich zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrages mit der Bezeichnung "Sperrdienstleistungen in WHA von Wiener Wohnen, Sperrdienstleistungen an Ballspielkäfigen, Kennwort: B." durch. Das Ende der Angebotsfrist, war mit 5.4.2018, 9.00 Uhr, festgelegt. Zuschlagsprinzip ist das Billigstbieterprinzip.

Ua. haben die Antragstellerin und die präsumtive Zuschlagsempfängerin C. ein Angebot gelegt. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin C. ist anhand des Angebotsgesamtpreises an 1. Stelle, die Antragstellerin an 2. Stelle gereiht.

Die C. verfügt über nachstehende Gewerbeberechtigungen:

GISA-Zahl 1: Schneeräumung, Betreuung und Reinigung von Verkehrsflächen (Sommer- und Winterdienst)

GISA-Zahl 2: Büroservice (Zurverfügungstellung bürotechnischer Einrichtungen und die Durchführung von Büroarbeiten, eingeschränkt auf Schreibarbeiten, die Adressierung, Kuvertierung, Paketierung von Poststücken, die Durchführung von Botengängen sowie die Entgegennahme und Weitergabe von telefonischen oder im Wege anderer Kommunikationsmittel eingelangten Nachrichten)

GISA-Zahl 3: Hausbetreuung, bestehend in der Durchführung einfacher Reinigungstätigkeiten einschließlich objektbezogener einfacher Wartungstätigkeiten

GISA-Zahl 4: Durchführung einfacher Gartenarbeiten (Rasen mähen, Bewässern der Grünflächen, Jäten, Mulchen)

GISA-Zahl 5: Sammeln und Behandeln von Abfällen und Abwässern

GISA-Zahl 6: Gärtner verbunden mit Florist (verbundenes Handwerk)

GISA-Zahl 7: Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung (Handwerk)

Position 00.01 des Ausschreibungs-Leistungsverzeichnisses enthält folgende Leistungsbeschreibung:

„Der Leistungsvertrag Sperrdienstleistungen besteht aus einem Sperrdienst an Ballspielkäfigen der genannten Wohnhausanlagen von Wiener Wohnen.

Der Sperrdienst beinhaltet folgende Leistungen:

        Auf- und Zusperren der jeweiligen Ballspielkäfige

        Verweisen von Personen, die sich noch auf dem vom Sperrdienst betroffenen Gelände befinden: Sollten Personen vor Ort sein, sind diese höflich aber bestimmt aufzufordern, die Anlage zu verlassen.

        Melden augenscheinlicher Schäden: Versuchter bzw. bereits erfolgter Einbruch und/oder Vandalismus bzw. sonstige augenscheinliche Beschädigungen sind dem Auftraggeber spätestens am nächsten Werktag per E-Mail [...] zu melden. Bei ergangener schriftlicher Meldung an den Auftraggeber ist eine detaillierte Ausführung im Protokoll gemäß Position 00.0101 nicht erforderlich."

Diese Festlegungen sind bestandsfest.

Die Auftraggeberin hat das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin in formaler Hinsicht, auf rechnerische Richtigkeit und hinsichtlich der Eignung, Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit geprüft, weiters hat die Auftraggeberin das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im Hinblick darauf, dass der Angebotspreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin – wenngleich zu einem angeführten Prozentsatz über der Kostenschätzung der Auftraggeberin – deutlich unter den jeweiligen Angebotspreisen der beiden Mitbieter liegt, einer vertieften Prüfung der Preisangemessenheit unterzogen.

Es wurde von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin auf Aufforderung durch die Auftraggeberin mit Schreiben vom 13.4.2018 ein K3-Blatt vorgelegt. In der Folge ergingen Aufklärungsersuchen am 26.4.2018 und 14.5.2018 hinsichtlich konkret genannter Kalkulationsdetails, welche von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mit Schreiben vom 2.5.2018 und 20.5.2018 beantwortet wurden.

Die daraufhin in diesem seinerzeitigen Verfahrensstadium getroffene Entscheidung der Auftraggeberin Stadt Wien - Wiener Wohnen vom 25.5.2018, dass der Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren an die C. GmbH, FN …, (im Folgenden: C.) zu einem Gesamtpreis von netto € ***.***,** erteilt werden soll, wurde mit dem am 4.7.2018 mündlich verkündeten Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien, GZ. …, mit der tragenden Begründung, dass eine plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin in Durchführung der vertieften Prüfung von der Auftraggeberin nicht festgestellt worden sei, für nichtig erklärt.

Die Auftraggeberin hat anschließend die Angebotsprüfung fortgesetzt und die Bieterin C. mit Schreiben vom 7.10.2018 zu ergänzenden Aufklärungen und Offenlegung von Kalkulationsdetails aufgefordert.

Die Bieterin C. hat mit Schreiben vom 20.7.2018 den kalkulierten Zeitaufwand und die Berechnung des Mittellohnpreises erläutert.

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hat weiters die konkrete Routenführung, die Zahl der jeweils eingesetzten Mitarbeiter und Details zur Kalkulation bekannt gegeben.

Die Auftraggeberin hat die Routenführung anhand der Objektadressen geprüft und als nachvollziehbar und plausibel erachtet.

Das Ergebnis der Prüfung der Auftraggeberin ist im Vergabeakt ausführlich dokumentiert (Niederschrift über die Angebotsprüfung vom 24.5.2018 und Aktenvermerk vom 24.8.2019).

Mit Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung vom 24.8.2018, der Antragstellerin zugestellt per Fax am 24.8.2018, 12.54 Uhr, hat die Auftraggeberin Stadt Wien, Wiener Wohnen, der Antragstellerin im gegenständlichen Vergabeverfahren B. (…) (erneut) mitgeteilt, dass der Zuschlag an die C. GmbH, FN …, zu einem Gesamtpreis von netto € ***.***,** erteilt werden soll.

Mit Bescheid vom 15.10.2018, GZ. …, hat der Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort den Antrag der A. GmbH (der Antragstellerin im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren), es möge gemäß § 349 Abs. 2 Z 1 GewO 1994 festgestellt werden, dass das Auf- und Zusperren von Ballspielkäfigen, das Verweisen von Personen vor Ort und das Melden von augenscheinlichen Schäden dem reglementierten Bewachungsgewerbe vorbehalten seien und daher die Ausübung dieser Tätigkeiten im Rahmen einer Gewerbeberechtigung für das freie Gewerbe „Hausbetreuung“ nicht zulässig sei, gemäß § 349 Abs. 2 GewO 1994 als unzulässig zurückgewiesen. Begründend führte der Bundesminister aus, der Gewerbeinhaber sei ein rechtliches Interesse daran zuzubilligen, bei Vorliegen von Zweifeln den Umfang der Ausübungsbefugnisse bezogen auf seine eigene Gewerbeberechtigung feststellen zu lassen, hinsichtlich der Bestimmung des Umfangs der Gewerbeberechtigung eines Dritten handle es sich um Interessen bloß wirtschaftlicher Natur und bestehe kein Antragsrecht (VwGH 26.05.2017, 2015/04/0022).

7.       In der Beweiswürdigung war maßgeblich:

Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt und den – unstrittigen – Vorbringen der Parteien in der mündlichen Verhandlung.

8.       In rechtlicher Hinsicht hat das Verwaltungsgericht Wien erwogen:

8.1.    Zur Zulässigkeit und Rechtzeitigkeit des Antrages:

Die Stadt Wien ist eine öffentliche Auftraggeberin gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 BVergG 2006.

Der Antrag auf Nichtigerklärung iSd § 20 WVRG richtet sich gegen eine Zuschlagsentscheidung im offenen Verfahren, also eine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 Z 16 lit. a sublit. aa BVergG 2006.

Die Beibringung der Pauschalgebühren für den Antrag auf Nichtigerklärung in einem Verfahren zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrages im Unterschwellenbereich, sowie – in halber Höhe – für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist nachgewiesen.

Die Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin wurde der Antragstellerin am 24.8.2018 mitgeteilt. Der Nachprüfungsantrag wurde am 31.8.2018 daher fristgerecht gemäß § 24 Abs. 2 WVRG 2014 eingebracht.

Die Antragstellerin hat den ihr allenfalls drohenden Schaden bei Nichterlangung des gegenständlichen Auftrages plausibel dargelegt (vgl. VwGH 23.5.2007, 2007/04/0010). Der Antrag auf Nichtigerklärung entspricht auch den Bestimmungen der §§ 20 Abs. 1, 23 Abs. 1 WVRG 2014.

8.2.    In der Sache:

8.2.1.  Zur Preisplausibilität und technische Leistungsfähigkeit:

Das im gegenständlichen Vergabeverfahren anzuwendende BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006 idF BGBl. I Nr. 65/2018 bestimmt:

„§ 125. (1) Die Angemessenheit der Preise ist in Bezug auf die ausgeschriebene oder alternativ angebotene Leistung und unter Berücksichtigung aller Umstände, unter denen sie zu erbringen sein wird, zu prüfen.

(2) Bei der Prüfung der Angemessenheit der Preise ist von vergleichbaren Erfahrungswerten, von sonst vorliegenden Unterlagen und von den jeweils relevanten Marktverhältnissen auszugehen.

(3) Der Auftraggeber muss Aufklärung über die Positionen des Angebotes verlangen und gemäß Abs. 4 und 5 vertieft prüfen, wenn

1. Angebote einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis aufweisen,

2. Angebote zu hohe oder zu niedrige Einheitspreise in wesentlichen Positionen gemäß § 79 Abs. 4 aufweisen, oder

3. nach Prüfung gemäß Abs. 2 begründete Zweifel an der Angemessenheit von Preisen bestehen.

(4) Bei einer vertieften Angebotsprüfung ist zu prüfen, ob die Preise betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar sind. Geprüft werden kann insbesondere, ob

1. im Preis aller wesentlichen Positionen alle direkt zuordenbaren Personal-, Material-, Geräte-, Fremdleistungs- und Kapitalkosten enthalten sind und ob die Aufwands- und Verbrauchsansätze sowie die Personalkosten, diese insbesondere im Hinblick auf die dem Angebot zugrunde gelegten Kollektivverträge, nachvollziehbar sind;

2. der Einheitspreis (Pauschalpreis, Regiepreis) für höherwertige Leistungen grundsätzlich höher angeboten wurde als für geringerwertige Leistungen;

3. die gemäß § 97 Abs. 3 Z 3 geforderte oder vom Bieter gemäß § 109 Abs. 2 vorgenommene Aufgliederung der Preise oder des Gesamtpreises (insbesondere der Lohnanteile) aus der Erfahrung erklärbar ist.

(5) Im Zuge der vertieften Angebotsprüfung muss der Auftraggeber vom Bieter eine verbindliche schriftliche – bei minder bedeutsamen Unklarheiten auch mündliche oder telefonische – Aufklärung verlangen. Die anschließende Prüfung hat unter Berücksichtigung der eingegangenen Erläuterungen bzw. der vom Bieter allenfalls vorgelegten Nachweise zu erfolgen. Der Auftraggeber hat insbesondere Erläuterungen in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit des gewählten Fertigungs- oder Bauverfahrens bzw. der Erbringung der Dienstleistung, die gewählten technischen Lösungen, außergewöhnlich günstige Bedingungen, über die der Bieter bei der Erbringung der Leistung verfügt, die Originalität der vom Bieter angebotenen Leistung, die am Ort der Leistungserbringung geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen oder die etwaige Gewährung einer staatlichen Beihilfe an den Bieter bei der Überprüfung entsprechend zu berücksichtigen. Die vom Bieter erteilten Auskünfte sind der Niederschrift über die Prüfung der Angebote beizuschließen. Bei Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich kann von der Vorgehensweise gemäß diesem Absatz abgesehen werden.“

Ziel der vertieften Angebotsprüfung nach § 125 Abs. 4 BVergG 2006 ist die Beurteilung der Preisgestaltung auf ihre betriebswirtschaftliche Erklär- und Nachvollziehbarkeit. Die Beurteilung der Preisgestaltung ist auf ihre betriebswirtschaftliche Erklär- und Nachvollziehbarkeit unter der Beachtung der Kriterien des § 125 Abs. 4 Z 1 bis 3 BVergG 2006 vorzunehmen. Diese Kriterien sind nur deklarativ aufgezählt Auf welche Weise das Vorliegen dieser Kriterien zu beurteilen ist, wird im Gesetz nur für die Z 3 ausgeführt, wonach die Aufgliederung der Preise "aus der Erfahrung" erklärbar sein muss. Es ergibt sich jedoch kein Hinweis, dass die Erklärbarkeit aus der Erfahrung nicht auch bei der Beurteilung des Vorliegens der anderen Kriterien, somit auch jenes gemäß § 125 Abs. 4 Z 1 BVergG 2006 herangezogen werden kann. In diesem Zusammenhang ist maßgeblich, dass es sich bei der Überprüfung durch das Verwaltungsgericht als Vergabekontrollbehörde (§ 2 Z 41 BVergG 2006) lediglich um eine Plausibilitätsprüfung handelt, bei der nur - grob - geprüft werden muss, ob ein seriöser Unternehmer die angebotenen Leistungen zu den angebotenen Preisen erbringen kann (vgl. VwGH 16.5.2018, Ra 2017/04/0152; 21.12.2016, Ra 2016/04/0132, mwN).

Die Auftraggeberin hat das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin einer vertieften Prüfung unterzogen. Festgestellt wurde dabei die rechnerische Richtigkeit der K3-Kalkulation, eine die kollektivvertraglichen Ansätze nicht unterschreitende Entlohnung und wurden von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin Positionen des K3-Blattes erläutert, sodass die Auftraggeberin anhand der vorliegenden Prüfergebnisse nachvollziehbar davon ausging und ausgehen konnte, dass der der Höhe nach konkret ausgewiesene von der präsumtiven Zuschlagsempfänderin ihrer Kalkulation zugrunde gelegte Mittellohnpreis „auskömmlich“ und betriebswirtschaftlich nachvollziehbar ist.

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hat den kalkulierten Zeitaufwand für Auf- und Zusperren sowie die Zahl von Mitarbeitern und Routen bekannt gegeben. Die Auftraggeberin hat die angegebenen Zeitansätze für Auf- und Zusperren bzw. für für Meldungen und Dokumentation hinterfragt und auch Aufklärung hinsichtlich der Fahrtkosten verlangt.

Zu Recht legte die Auftraggeberin für ihre Beurteilung in diesem Zusammenhang besonderen Wert auf die konkrete von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ins Auge gefasste Routenplanung, zumal der Zeitaufwand für die gegenständlich ausgeschriebenen Sperrleistungen ja weniger durch die für die Betätigung der Sperrvorrichtung erforderliche Zeit an sich (also das Auf- bzw. Zusperren im engeren Sinn), sondern durch das Aufsuchen der Ballspielkäfige durch die beschäftigten Mitarbeiter und deren Anwesenheit vor Ort rund um den eigentlichen Auf- und Zusperrvorgang, auch für Zwecke allfällig erforderlicher Meldungen und Dokumentationen, bestimmt wird.

Mit der dazu von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gegebenen Erklärung, dass sie in Wien eine genannte Anzahl von Objekten mit einer genannten Anzahl von Mitarbeitern zu betreuen habe und die gegenständlichen Leistungen in bestehende Routen „einbauen“ werde, konnte die Auftraggeberin jedoch – insbesondere, da konkrete Routenpläne noch nicht vorlagen – zunächst nicht davon ausgehen, dass – wenn überhaupt – nur geringe Fahrtkosten (wie von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angegeben) anfallen.

Im Rahmen der fortgesetzten Angebotsprüfung hat die präsumtive Zuschlagsempfängerin allerdings nunmehr im Detail dargelegt, dass sie an einer konkret genannten Vielzahl von Objekten Hausbetreuungsleistungen an Objekten in Wien in der Nähe der gegenständlich zu sperrenden Ballspielkäfige erbringt und hat sie die konkret angedachte Routenplanung durch Vorlage von detailierten Routenplänen nachgewiesen. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hat neben der Routenführung, Erklärungen auch zur Anzahl der jeweils eingesetzten Mitarbeiter und zur Kalkulation der Fahrzeugkosten bekanntgegeben.

Die Auftraggeberin hat geprüft und festgestellt, dass sämtliche Ballspielkäfige, an denen die gegenständlich ausgeschriebenen Sperrleistungen zu verrichten sind, in den von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin geplanten Routen enthalten sind. Die vom Bieter C. angebotenen Routen wurden von der Auftraggeberin insbesondere im Hinblick auf die Entfernung und die benötigten Anfahrtszeiten mittels „Google-Maps“ überprüft. Festgestellt wurde dabei, dass die Routen maximal 10 Minuten voneinander entfernt sind und sich maximal eine genannte Anzahl von Ballspielkäfigen auf einer Route befinden, sodass die Sperrleistungen innerhalb der im Leistungsverzeichnis vorgegebenen Zeitspanne erbracht werden können.

Anhand der Einheitspreise und des Mittellohnpreises ergibt sich, dass der vom Bieter C. pro Sperrleistung kalkulierte Zeitaufwand nicht nur rechnerisch richtig ermittelt, sondern auch – nach der Erfahrung und Einschätzung der Auftraggeberin – nachvollziehbar ist. Diese Beurteilung der Auftraggeberin steht im Einklang mit der Aktenlage und den mündlichen Erläuterungen des Verantwortlichen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin in der mündlichen Verhandlung zu einzelnen konkreten Betreuungsleistungen an konkret genannten Objekten in Wien durch die C..

Das Ergebnis der Prüfung der Auftraggeberin, wonach der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotene Preis betriebswirtschaftlich erklärbar ist, erscheint somit nachvollziehbar und unbedenklich.

8.2.2.  Zur Befugnis:

Der Antragsteller behauptet, dass zur Erbringung der gegenständlich ausgeschriebenen Leistungen die Befugnis zur Ausübung des Bewachungsgewerbes erforderlich sei.

Gemäß § 94 GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 idF BGBl. I Nr. 94/2017 sind ua. folgende Gewerbe reglementierte Gewerbe: (…) 62. Sicherheitsgewerbe (Berufsdetektive, Bewachungsgewerbe).

Gemäß § 129 Abs. 4 GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 idF BGBl. I Nr. 42/2008 unterliegt einer Gewerbeberechtigung für das Bewachungsgewerbe (§ 94 Z 62) die Bewachung von Betrieben, Gebäuden, Anlagen, Baustellen, Grundstücken und von beweglichen Sachen sowie der Betrieb von Notrufzentralen.

Zu den im Abs. 4 genannten Tätigkeiten gehören gemäß § 129 Abs. 5 GewO 1994 insbesondere auch folgende Tätigkeiten:

1. Sicherung und Regelung des Personen- und Fahrzeugverkehrs in Betrieben, in Gebäuden, auf Grundstücken und auf Verkehrswegen aller Art, insbesondere auch die Überwachung der Einhaltung der für den Personen- und Fahrzeugverkehr geltenden Rechtsvorschriften, die Fahrzeug- und Transportbegleitung, sofern es sich um den Transport gefährlicher Güter handelt, die Vornahme von Sicherheitskontrollen im Personen- und Fahrzeugverkehr, auch hinsichtlich mitgeführter oder aufgegebener Gepäck- oder Poststücke;

2. Sicherung und Regelung des Personen- und Fahrzeugverkehrs auf Baustellen, jedoch unbeschadet der Rechte der für eine Baustelle verantwortlichen Gewerbetreibenden;

3. Durchführung von Transporten von Geld und Wertgegenständen mit Fahrzeugen des Straßenverkehrs, soweit es für diese Tätigkeit nicht einer Gewerbeberechtigung gemäß dem Güterbeförderungsgesetz bedarf;

4. Portierdienste;

5. Ordner- und Kontrolldienste bei Veranstaltungen;

6. Betriebsfeuerwehrdienste und Betriebslöschtruppdienste.“

Die dem Bewachungsgewerbe vorbehaltenen Tätigkeiten wurden mit der Gewerberechtsnovelle 1988 neu und genauer umschrieben. Die Gewerberechtsnovelle 2002 übernahm diese Formulierung zur Festlegung des Berechtigungsumfanges. Der Grund für die Konzessionierung des Gewerbes der Bewacher liegt im Erfordernis der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden und der Befähigung für die Ausübung des Gewerbes. Erforderlich sind diese Voraussetzungen unabhängig vom bewachten Objekt. Daher sollen diese Voraussetzungen auch für die Bewachung von beweglichen Sachen und die Bewachung im Rahmen von Transporten vorgeschrieben werden. Zu Portierdiensten zählt etwa auch die Tätigkeit der so genannten Türsteher vor Gastgewerbebetrieben (vgl. Gruber/Paliege-Barfuß, GewO7 zu § 129, Rz 17 und 26 [Stand 1.3.2015, rdb.at]).

Bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt sich, dass das gegenständlich zur Ausschreibung gelangte bloße Auf- und Zusperren von umzäunten Ballspielflächen unter keinen der im § 129 Abs. 4 und 5 GewO 1994 angeführten Tatbestände fällt. Das Verweisen von Personen, die sich – vor dem Zusperren – im Ballspielkäfig befinden, stellt keine selbständige Leistung dar, sondern ist geradezu als den Schutz der persönlichen Freiheit wahrende, zwingende und logische Voraussetzung vor dem tatsächlichen Zusperren anzusehen, zumal nicht unterstellt werden kann, dass Personen, die sich zur Zeit des Zusperrens im Ballspielkäfig befinden, darin eingeschlossen werden sollen. Dies wäre im Übrigen auch so zu sehen, wenn dies nicht ausdrücklich im Leistungsverzeichnis angeführt wäre. Dass vor Versperren eines Raumes (über Nacht) die im Raum befindlichen Personen des Raumes verwiesen werden, ist eine in allen Lebensbereichen alltäglich geübte Verhaltensweise von offenkundiger Selbstverständlichkeit. Es kann dem Gesetzgeber ein derart weites Begriffsverständnis nicht unterstellt werden, diese dem Zusperren vorangehenden notwendigen Vorkehrungen bereits als Regelung des Personenverkehrs der Bewilligungspflicht zu unterstellen und dem Bewachungsgewerbe vorzubehalten.

Im Übrigen soll auch keine Kontrolltätigkeit in Bezug auf den Personenverkehr ausgeübt werden, insofern als etwa Personengruppen definiert und einer Kontrolle unterzogen werden, bevor sie Zutritt erhalten, wie dies etwa iSv Portier- oder Türsteherdienste charakteristisch wäre. Weiters ist auch nicht vorgesehen, dass Personen Anweisungen hinsichtlich deren Verhaltens in den Ballspielkäfigen im Zuge deren Benützung erteilt werden (abgesehen vom bereits angesprochenen Verweisen der Personen vor dem Zusperren) und diese Anweisungen bzw. das Verhalten der Personen im Ballspielkäfig kontrolliert werden sollen. Es ist nicht Teil der gegenständlich ausgeschriebenen Leistungen, den Personenzu- und -abstrom in die und aus den gegenständlichen Ballspielkäfigen abhängig von definierten Bedingungen durch den Auftragnehmer besorgen zu lassen. „Kontrollorstreifen“ wie die Antragstellerin im Nachprüfungsantrag vermeint, sind aufgrund der klaren und bestandsfesten Festlegungen im Leistungsverzeichnis nicht Gegenstand der ausgeschriebenen Dienstleistung.

Für den Umfang der Gewerbeberechtigung ist gemäß § 29 GewO 1994 der Wortlaut der Gewerbeanmeldung (§ 339) oder des Bescheides gemäß § 340 Abs. 2 im Zusammenhalt mit den einschlägigen Rechtsvorschriften maßgebend. Im Zweifelsfalle sind die den einzelnen Gewerben eigentümlichen Arbeitsvorgänge, die verwendeten Roh- und Hilfsstoffe sowie Werkzeuge und Maschinen, die historische Entwicklung und die in den beteiligten gewerblichen Kreisen bestehenden Anschauungen und Vereinbarungen zur Beurteilung des Umfanges der Gewerbeberechtigung heranzuziehen.

Das bloße Auf- und Zusperren selbst sowie etwa die bloße Dokumentation (nicht Schutz vor) Beschädigungen an Gebäudeteilen oder Liegenschaftszugehör entspricht seit jeher dem klassischen Tätigkeitsprofil eines Hausbetreuers.

Nach der bundeseinheitlichen Liste der freien Gewerbe des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, der Ämter der Landesregierungen und der Wirtschaftskammerorganisation umfasst andererseits das Gewerbe Hausbetreuung u. a. einfache Haustätigkeiten und Kontrollen, wie z B. Ein- und Ausschalten (von Heizungs- und Lüftungsanlagen), Sichtkontrollen (von Spielplätzen). Von der Funktion her dem gleichzuhalten sind die hier ausgeschriebenen Leistungen des schlichten Auf- und Zusperrens bestimmter umzäunter Bereiche (nachdem die dort befindlichen Personen den Bereich verlassen haben) sowie die Dokumentation von vor Ort per Augenschein wahrgenommenen Schäden.

Entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin ist der Gewerbetreibende zur Ausübung einzelner dieser Tätigkeiten – gegenständlich der in Rede stehenden Sperrleistungen – auch dann berechtigt, wenn von ihm nicht darüber hinaus auch alle übrigen unter Hausbetreuung fallenden Tätigkeiten (wie insbesondere Reinigungsleistungen, organisatorische oder gärtnerische Tätigkeiten) an einem Objekt erbracht werden.

Die gegenständlichen Sperrleistungen sind objektbezogen, zumal sie sich ausschließlich auf die in der Ausschreibung angeführten Liegenschaften der Auftraggeberin beziehen.

Die Befugnis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin reicht mithin aus.

9.       Pauschalgebühren:

Gemäß § 15 Abs. 1 WVRG 2014 hat die Antragstellerin oder der Antragsteller für Anträge gemäß den §§ 20 Abs. 1, 28 und 33 Abs. 1 und 2 WVRG 2014 jeweils eine Pauschalgebühr zu entrichten. Die Pauschalgebühr ist gemäß § 15 Abs. 2 WVRG 2014 gemäß den von der Landesregierung durch Verordnung festzusetzenden Gebührensätzen bei Antragstellung zu entrichten.

Die oder der vor dem Verwaltungsgericht Wien, wenn auch nur teilweise, obsiegende Antragstellerin oder Antragsteller hat gemäß § 16 Abs. 1 WVRG 2014 Anspruch auf Ersatz ihrer oder seiner gemäß § 15 entrichteten Gebühren durch die Auftraggeberin oder den Auftraggeber.

Ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf einstweilige Verfügung besteht gemäß § 16 Abs. 2 WVRG 2014 nur dann, wenn 1. dem Nichtigerklärungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird und 2. dem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben wurde oder der Antrag auf einstweilige Verfügung nur wegen einer Interessenabwägung abgewiesen wurde.

Die Antragstellerin hat ordnungsgemäß Pauschalgebühren für den Antrag auf Nichtigerklärung gemäß § 1 WVPVO in einem Verfahren zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrages im Unterschwellenbereich und auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß der zit. Bestimmung iVm. § 15 Abs. 3 WVRG 2014 entrichtet.

Zumal der Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung (Hauptantrag) abgewiesen wurde, besteht kein Anspruch der Antragstellerin auf Ersatz der von ihr entrichteten Pauschalgebühren.

10.           Zulässigkeit der Revision:

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die (ordentliche) Revision zulässig, wenn eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, insbesondere weil das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (VwGH 18.06.2014, Ra 2014/01/0029). Trotz fehlender Rechtsprechung des VwGH liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist oder bereits durch ein Urteil des EuGH gelöst wurde (VwGH 28.05.2014, Ra 2014/07/0053; 28.02.2014, Ro 2014/16/0010). Die Rechtsfrage muss eine solche sein, durch deren Lösung im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ein Eingriff in subjektive Rechte des Revisionswerbers im Sinne des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG zumindest möglich ist.

Gegenständlich war eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Zur gewerberechtlichen Frage des Umfangs der Gewerbeberechtigung der Hausbetreuer liegt – soweit ersichtlich – keine Rechtsprechung des VwGH vor. Es war die Revision daher zuzulassen.

Schlagworte

Zuschlagsentscheidung; Antrag auf Nichtigerklärung; Plausibilitätsprüfung; Umfang der Gewerbeberechtigung; Sicherheitsgewerbe; Hausbetreuung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.123.029.11519.2018

Zuletzt aktualisiert am

30.04.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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