TE Vwgh Erkenntnis 1998/4/22 96/01/0891

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Veröffentlicht am 22.04.1998
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde der Miradije Smajlji, geboren am 8. Mai 1958, samt minderjährigen Kindern Vjollca Ismaili, geboren am 19. April 1980, Adem Ismaili, geboren am 25. November 1981, Amir Ismaili, geboren am 2. Juli 1984, Amire Ismaili, geboren am 18. Jänner 1986 und Armend Smajli, geboren am 25. März 1987, alle in Linz, vertreten durch Dr. Johann Rathbauer, Rechtsanwalt in Linz, Weißenwolffstraße 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. März 1996, Zl. 4.334.478/10-III/13/96, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der "Jugosl. Föderation", die am 10. Februar 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist, beantragte am 12. Februar 1992 die Gewährung von Asyl. Sie wurde am 6. März 1992 niederschriftlich einvernommen. Hiebei gab sie an, sie stamme aus dem Kosovo, gehöre der albanischen Volksgruppe an und sei moslemischen Glaubens. Zu ihren Fluchtgründen brachte sie vor:

"Ich bin mit meinem Mann und unseren Kindern aus Jugosl. geflüchtet, weil wir Kosovo-Albaner sind und von den Serben unterdrückt werden. Persönlich war ich keiner Verfolgung ausgesetzt, ersuche aber aus Gründen der Familieneinheit für mich und meine Kinder um Asyl."

Mit Bescheid vom 29. Mai 1992, zugestellt am 16. Juni 1992, stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich fest, die Beschwerdeführerin sei nicht Flüchtling im Sinne des § 1 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126/68.

Die dagegen erhobene Berufung ist wie folgt ausgeführt:

"Die Begründung des obgenannten Bescheides ist unrichtig, weil das Asylverfahren meines Mannes (FrA 916/92), den ich im Jahr 1978 im Kosovo geehelicht habe und mit dem zusammen sowie unseren fünf Kindern ich die Flucht nach Österreich habe antreten müssen, noch nicht abgeschlossen ist.

Gemäß § 4 des Asylgesetzes 1991 ist die "Gewährung von Asyl auf Antrag auf die ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kinder und den Ehegatten auszudehnen, sofern sich diese Personen in Österreich aufhalten und die Ehe schon vor der Einreise nach Österreich bestanden hat. Solche Familienangehörigen haben im Asylverfahren über die Gewährung von Asyl dieselbe Rechtsstellung wie der Asylwerber."

Da in unserem Fall beide Gründe, also Bestehen einer aufrechten Ehe, deren Schließung im Heimatland erfolgte, sowie der Aufenthalt sowohl der Kinder als auch meinerseits in Österreich, zutreffen, beantrage ich gemäß cit. § 4 AsylG dieselbe Rechtsstellung wie mein Mann.

Ich stelle sohin den Antrag, den Bescheid FrA - 917/92 dahingehend abzuändern, daß ich als politischer Flüchtling gemäß österreichischem Asylgesetz anerkannt werde."

Mit Bescheid vom 12. Jänner 1994 wies die belangte Behörde die Berufung ab. Aufgrund der dagegen erhobenen Berufung hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. April 1995, Zl. 95/01/0003, den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, weil die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage (Anwendbarkeit des Asylgesetzes (1968)) vom Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 Gebrauch gemacht hatte.

Mit dem Bescheid vom 6. März 1996 wies die belangte Behörde die Berufung neuerlich ab. Sie begründete den Bescheid damit, daß die Beschwerdeführerin keine konkreten gegen ihre Person gerichteten Verfolgungshandlungen dargetan habe. Sie habe sogar angegeben, daß sie persönlich keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und nur aus Gründen der Familieneinheit mit ihren Kindern ihrem Mann gefolgt sei. Die Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe allein stelle noch keinen Grund für die Anerkennung als Konventionsflüchtling dar. Nicht als Verfolgung gälten auch insbesonders Nachteile, welche auf die allgemeinen politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Lebensbedingungen in einem Staat zurückzuführen seien und die jedermann treffen könnten, der dort lebe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Sie ist folgendermaßen ausgeführt:

"A) Inhaltliche Rechtswidrigkeit:

1.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides ist unvollständig. Im Spruch ist nicht festgehalten, welcher konkrete Bescheid mit dem vorliegenden Bescheid abgewiesen wird. Es ist lediglich von "Ihrer Berufung dagegen" die Rede. Da ich bereits mehrmalig Berufungen erhoben habe und im Spruch des angefochtenen Bescheides weder die Geschäftszahl des Bescheides noch das Datum der abgewiesenen Berufung zu entnehmen ist, erweist sich der angefochtene Bescheid der belangten Behörde als gesetzwidrig.

2.

Ich habe in meinem Vorbringen konkrete Asylgründe behauptet. Bei richtiger rechtlicher Würdigung meines Vorbringens hätte meinem Asylantrag daher Folge gegeben werden müssen. Die Abweisung meines Asylantrages ist daher gesetzwidrig.

Ich habe ausgeführt, daß ich mit meinem Mann und meinen Kindern aus Jugoslawien geflüchtet bin, weil wir als Kosovo-Albaner von den Serben unterdrückt waren.

B) Verletzung von Verfahrensvorschriften:

Die belangte Behörde hat es unterlassen, die Widersprüche zwischen meinen Angaben in meinem schriftlichen Asylantrag und meiner niederschriftlichen Befragung einer näheren Klärung und Überprüfung zuzuführen. Die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, durch entsprechende Fragen auf eine Klärung der Ungereimtheiten hinzuwirken.

Hiezu wäre sie aufgrund der im Verwaltungsverfahren geltenden Offizialmaxime auch verpflichtet gewesen. Hätte die belangte Behörde bei hinreichender Klärung des Sachverhaltes entsprechende Beweisaufnahmen angestellt und wären auch an mich entsprechende konkrete Fragen gerichtet worden, hätte sich herausgestellt, daß ich tatsächlich in meiner Heimat konkreten politischen Verfolgungshandlungen ausgesetzt war und mein Asylantrag daher berechtigt ist."

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der angefochtene Bescheid wird von der belangten Behörde wie folgt eingeleitet:

"Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich hat mit Bescheid vom 29.05.1992, Zahl FrA-917/92, festgestellt, daß Sie nicht Flüchtling im Sinne des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen (Asylgesetz) im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Konvention), BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 796/1974, sind.

S p r u c h

Ihre Berufung dagegen wird gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, i.d.g.F., abgewiesen.

S i e s i n d n i c h t F l ü c h t l i n g

im Sinne des Asylgesetzes."

Aus welchen Gründen die Beschwerdeführerin zur Ansicht gelangt, es könne der Bescheid, gegen welchen Berufung erhoben wurde, nicht erkannt werden, ist angesichts dieses unmißverständlichen Textes im angefochtenen Bescheid nicht verständlich, zumal keine Norm existiert, welche die belangte Behörde verpflichtet hätte, den erstinstanzlichen Bescheid in den Spruch aufzunehmen.

Die belangte Behörde hat zu Recht ausgeführt, daß die Beschwerdeführerin keine konkreten gegen ihre Person gerichteten Verfolgungshandlungen dargetan hat. Die bloße, unsubstantiierte Behauptung in der Beschwerde, sie habe "konkrete" Asylgründe behauptet, ist angesichts der oben wiedergegebenen Angaben der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nicht nachvollziehbar. Der Hinweis darauf, daß sie mit ihrem Mann und den Kindern aus Jugoslawien geflüchtet sei, weil sie als Kosovo-Albaner von den Serben unterdrückt gewesen seien, behauptet bloß eine allgemeine Unterdrückungssituation, zeigt jedoch keine individuell der Beschwerdeführerin selbst drohende Verfolgung auf, welche Voraussetzung für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Art. 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention ist.

Aktenwidrig ist die Behauptung der Beschwerdeführerin, es gebe Widersprüche zwischen ihren Angaben in ihrem schriftlichen Asylantrag und ihrer niederschriftlichen Befragung, zumal ein inhaltlich ausgeführter schriftlicher Asylantrag nicht existiert und solcherart keine Widersprüche zustandekommen konnten. Damit liegt der behauptete Verfahrensmangel nicht vor.

Sollte die Beschwerdeführerin jedoch damit auf ihr Berufungsvorbringen hinweisen wollen, so ist ihr zu entgegnen, daß sie nicht einen Antrag gemäß § 4 Asylgesetz 1991 am 12. Februar 1991 gestellt hat, sondern die Gewährung von Asyl begehrte. Die belangte Behörde hat daher zu Recht über diesen Antrag entschieden und ihn nicht - was rechtswidrig wäre - im Sinne der Berufungsausführungen umgedeutet. Im übrigen ist aber auch in der Berufung kein Sachverhaltsvorbringen enthalten, welches im Widerspruch zu den niederschriftlichen Angaben der Beschwerdeführerin vom 6. März 1992 stünde.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996010891.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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