TE Bvwg Beschluss 2019/11/5 W251 2224818-1

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Veröffentlicht am 05.11.2019
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Entscheidungsdatum

05.11.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §7 Abs1

Spruch

W251 2224818-1/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch RA Mag. Wilfried EMBACHER, gegen die als Ladungsbescheid bezeichnete Ladung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.09.2019, Zl. 15-1095937601 - 190954251:

A)

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 26.09.2019 wurde eine als Ladungsbescheid bezeichnete und mit 24.09.2109 datierte Ladung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) an der Wohnadresse des Beschwerdeführers mittels Rsb zugestellt. Die Ladung wurde nicht vom Beschwerdeführer persönlich übernommen, sondern von einer anderen Person.

2. In dieser Ladung wurde der Beschwerdeführer aufgefordert gemäß § 46 Abs 2a FPG am 08.11.2019, 11:00 zu einem Interview als Beteiligter persönlich zu erscheinen. Dem Beschwerdeführer wurde auch aufgetragen einen Reisepass, Ausweise, Urkunden und sonstige seine Identität oder Staatsangehörigkeit bescheinigenden Dokumente mitzubringen. Dem Beschwerdeführer wurde mitgeteilt, dass er damit rechnen müsse, dass seine Festnahme gemäß § 34 Abs 3 Z 4 BFA-VG angeordnet werde, wenn er diesem Auftrag ohne wichtigen Grund nicht Folge leiste. Einer Beschwerde gegen diesen Ladungsbescheid wurde die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen, da der anberaumte Termin innerhalb der 4-wöchigen Rechtsmittelfrist liegen würde.

3. Der Beschwerdeführer erhob am 23.10.2019 Beschwerde gegen den Ladungsbescheid vom 24.09.2019 und brachte darin im Wesentlichen vor, dass die Ladung nicht den Anforderungen des § 19 Abs 2 AVG entsprechen würde. So sei der Ort der Amtshandlung nicht eindeutig erkennbar, auch sei ein "Interview" keine Amtshandlung im Sinne des § 19 Abs 2 AVG. Der Auftrag an den Beschwerdeführer sei daher nicht konkret genug umschrieben. Die Ladung enthalte zudem keine Belehrung gemäß § 19 Abs 2 AVG. Es sei zudem eine Festnahme gemäß § 34 Abs 3 Z 4 BFA-VG angedroht worden, eine solche würde auf eine Ladung gemäß § 46 Abs 2b FPG verweisen, der Ladungsbescheid würde sich jedoch nur auf die Bestimmung des § 46 Abs 2a stützen, sodass der Bescheid rechtswidrig erlassen sei. Zudem würden die Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht vorliegen, der Bescheid enthalte diesbezüglich keine nachvollziehbare Begründung.

3. Das Bundesamt legte am 28.10.2019 die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

4. Mit Parteigehör vom 30.10.2019 wies das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass sich aus dem Rückschein ergibt, dass die Ladung dem Beschwerdeführer scheinbar nicht zu eigenen Handen zugestellt worden sei. Werden in einer Ladung keine der in § 19 Abs. 3 AVG genannten Rechtsfolgen, sondern die Erlassung eines Festnahmeauftrages angedroht und wird diese Ladung nicht zu eigenen Handen zugestellt, so zieht eine solche Ladung im Fall des ungerechtfertigten Ausbleibens keine unmittelbar aus dem Gesetz resultierenden Rechtsfolgen nach sich, weil sie nur als einfache Ladung angesehen werden kann, der ein Bescheidcharakter nicht zukommt. Da einfachen Ladungen lediglich die Qualität einer Verfahrensanordnung zukommt, ist eine abgesonderte Beschwerde gegen diese gemäß § 7 Abs 1 VwGVG nicht zulässig. Das Gericht räumte die Möglichkeit einer Stellungnahme ein.

5. Der Beschwerdeführer brachte bis zum 05.11.2019 keine Stellungnahme ein. Das Bundesamt brachte in einer Stellungnahme im Wesentlichen vor, dass aus einem Versehen die Zustellung nicht zu eigenen Handen sondern mittels Rsb veranlasst worden sei. Auch aus Sicht des Bundesamtes sei die Unterschrift auf dem Rückschein nicht die Unterschrift des Beschwerdeführers. Es sei keine Zustellung zu eigenen Handen erfolgt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. In der als Ladungsbescheid bezeichneten Ladung vom 24.09.2019 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert gemäß § 46 Abs 2a FPG an einem bestimmten Termin zu einem näher bezeichneten Ort zu einem Interview als Beteiligter persönlich zu erscheinen. Dem Beschwerdeführer wurde auch aufgetragen einen Reisepass, Ausweise, Urkunden und sonstige seine Identität oder Staatsangehörigkeit bescheinigenden Dokumente mitzubringen. Dem Beschwerdeführer wurde mitgeteilt, dass er damit rechnen müsse, dass seine Festnahme gemäß § 34 Abs 3 Z 4 BFA-VG angeordnet werde, wenn er diesem Auftrag ohne wichtigen Grund nicht Folge leiste.

1.2. Diese Ladung wurde dem Beschwerdeführer jedoch nicht zu eigenen Handen zugestellt.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt.

2.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakte.

2.2. Die Feststellungen zu dem mit "Ladungsbescheid" überschriebenen Schriftstück des Bundesamtes vom 24.09.2019 ergeben sich aus diesem.

Dass dieses Schreiben dem Beschwerdeführer nicht zu eigenen Handen zugestellt wurde, ergibt sich aus dem diesbezüglichen Rückschein. Dass der Rückschein nicht die Unterschrift des Beschwerdeführers aufweist, ergibt sich aus einem Vergleich der Unterschrift am Rückschein mit den Unterschriften des Beschwerdeführers auf den bisherigen Verhandlungsprotokollen. Diese sind nicht annähernd ähnlich. Dass dem Beschwerdeführer die Ladung zu eigenen Handen zugestellt worden sei, wurde von den Parteien des Verfahrens auch nach Einräumung eines Parteiengehörs nicht behauptet und hat sich dies auch nicht aus dem Verfahren ergeben.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkt I. - Zurückweisung der Beschwerde

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen

§ 46 Abs. 2a und 2b FPG lautet:

(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

(2b) Die Verpflichtung gemäß Abs. 2 oder 2a Satz 2 kann dem Fremden mit Bescheid auferlegt werden. Für die Auferlegung der Verpflichtung gemäß Abs. 2a Satz 2 gilt § 19 Abs. 2 bis 4 iVm § 56 AVG sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Ladung die Auferlegung der Verpflichtung tritt; ein solcher Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung bei der zuständigen ausländischen Behörde verbunden werden (§ 19 AVG). § 3 Abs. 3 BFA-VG gilt.

§ 34 Abs. 3 Z 4 BFA-VG lautet:

Ein Festnahmeauftrag kann gegen einen Fremden auch dann erlassen werden, wenn er, ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung gemäß § 46 Abs. 2a FPG, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, zur Befragung zur Klärung seiner Identität und Herkunft, insbesondere zum Zweck der Einholung eines Ersatzreisedokumentes bei der zuständigen ausländischen Behörde durch die Behörde, nicht Folge geleistet hat.

Der mit "Ladungen" überschriebene § 19 AVG lautet:

§ 19. (1) Die Behörde ist berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen.

(2) In der Ladung ist außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekanntzugeben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind.

(3) Wer nicht durch Krankheit, Behinderung oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, hat die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handen zugestellt war; sie obliegt den Vollstreckungsbehörden.

(4) Eine einfache Ladung erfolgt durch Verfahrensanordnung.

3.1.2. Eine Ladung nach § 19 Abs 1 AVG ist grundsätzlich nur eine das Verfahren betreffende Anordnung, der aber unter gewissen Voraussetzungen kraft ausdrücklicher Anordnung des Gesetzes der Charakter eines Bescheides eingeräumt ist. Voraussetzung für den Bescheidcharakter einer Ladung ist somit, dass im Falle des ungerechtfertigten Ausbleibens des Vorgeladenen an die Ladung kraft Gesetzes unmittelbar Rechtsfolgen geknüpft sind (VwGH vom 24.02.2011, 2010/21/0422).

Die Vollstreckung eines Festnahmeauftrags ist gemäß § 34 Abs 3 Z 4

2. Fall BFA-VG nur zulässig, wenn sie in der Vorladung angedroht und die Zustellung der Ladung zu eigenen Handen erfolgt war.

Werden in einer Ladung keine der in § 19 Abs. 3 AVG genannten Rechtsfolgen, sondern die Erlassung eines Festnahmeauftrages angedroht und wird diese Ladung nicht zu eigenen Handen zugestellt, so zieht eine solche Ladung im Fall des ungerechtfertigten Ausbleibens keine unmittelbar aus dem Gesetz resultierenden Rechtsfolgen nach sich, weil sie nur als einfache Ladung angesehen werden kann, der ein Bescheidcharakter nicht zukommt. Daran vermag weder die Überschrift "Ladungsbescheid" noch die in der Erledigung enthaltene Androhung einer Zwangsfolge noch die vermeintliche Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer vermeintlichen "Beschwerde", etwas zu ändern (VwGH vom 24.02.2011, 2010/21/0422).

Wenn einer Ladung kein Bescheidcharakter zukommt, so ist diese als einfache Ladung zu qualifizieren. Da einfachen Ladungen lediglich die Qualität einer Verfahrensanordnung zukommt, ist eine abgesonderte Beschwerde gegen diese gemäß § 7 Abs 1 VwGVG nicht zulässig.

3.1.3. Im vorliegenden Fall wurde dem Beschwerdeführer die Ladung vom 24.09.2019 nicht zu eigenen Handen zugestellt. Da die gegenständliche Ladung nicht zu eigenen Handen zugestellt wurde, ist die Vollstreckung eines Festnahmeauftrages mangels Zustellung zu eigenen Handen gemäß § 34 Abs 3 Z 4 BFA-VG nicht möglich.

Die Ladung vom 24.09.2019 ist daher lediglich eine einfache Ladung, der Bescheidcharakter nicht zukommt. Dieser Ladung kommt daher lediglich die Qualität einer Verfahrensanordnung zu. Gegen Verfahrensanordnungen ist eine abgesonderte Beschwerde gemäß § 7 Abs 1 VwGVG nicht zulässig.

Die Beschwerde gegen die einfache Ladung vom 24.09.2019 war daher als unzulässig zurückzuweisen.

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn die Beschwerde zurückzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

3.3. Zu Spruchteil B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Bescheidcharakter, Ladungen, Zurückweisung, Zustellung zu eigenen
Handen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W251.2224818.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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