TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/19 W111 2138963-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.02.2020
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Entscheidungsdatum

19.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9

Spruch

W111 2138963-1/37E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. Dajani, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , StA. Somalia, vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.09.2016, Zl.:

1026231008-14821942, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.01.2020 zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z. 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF sowie § 52 Abs. 2 und Abs. 9 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Somalias, stellte am 24.07.2014 infolge unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Anlässlich seiner niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am Tag der Antragstellung gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, er sei minderjährig, gehöre der moslemischen Glaubensgemeinschaft sowie der Volksgruppe der Abgaal an und stamme aus Mogadischu. Den Entschluss zur Ausreise habe er im September 2013 gefasst und im gleichen Monat die schlepperunterstützte Ausreise Richtung Europa angetreten, deren Kosten sich auf rund 5.000 USD belaufen hätten. Zum Grund seiner Flucht gab er an, die Gruppierung Al Shabaab habe bereits vor zwei Jahren gewollt, dass der Beschwerdeführer und sein Bruder für sie kämpfen. Als sich deren Mutter geweigert hätte, sei sie einfach von Al Shabaab erschossen worden. Ab diesem Zeitpunkt habe der Beschwerdeführer aus Somalia flüchten wollen, jedoch zunächst nicht genug Geld besessen. Da er nach wie vor Angst hätte, dass Al Shabaab zurückkommen würde, sei der Beschwerdeführer, als er im September 2013 genug Geld beisammengehabt hätte, geflüchtet.

In einem vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in Auftrag gegebenen gerichtsmedizinischen Sachverständigen-Gutachten zur forensischen Alterseinschätzung vom 30.09.2014 wurde ein Mindestalter des Beschwerdeführers von 17 Jahren zum Untersuchungszeitpunkt festgestellt.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX wurde der damals minderjährige Beschwerdeführer wegen § 241e Abs. 3 StGB, § 142 Abs. 1 StGB und § 229 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt, von der ihm ein Teil im Ausmaß von 12 Monaten unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen worden ist.

Am 09.09.2016 fand vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine niederschriftliche Einvernahme des damals minderjährigen Beschwerdeführers im Beisein einer Dolmetscherin für die somalische Sprache sowie seiner damaligen gesetzlichen Vertreterin statt. Der Beschwerdeführer gab zusammengefasst an (im Detail vgl. Verwaltungsakt, Seiten 413 bis 419), er sei gesund und habe bis dato wahrheitsgemäße Angaben erstattet, welche korrekt rückübersetzt worden seien. Der Beschwerdeführer sei in Mogadischu geboren worden und habe seine Familie im Alter von acht Jahren verlassen; er sei das jüngste Kind gewesen und habe sich mit seinen Eltern nicht verstanden. Auf Vorhalt seiner Angabe in der Erstbefragung, wonach er einen jüngeren Bruder gehabt hätte, erwiderte der Beschwerdeführer, dies sei nicht richtig. Seine Mutter sei früher mit einem anderen Mann verheiratet gewesen, er wisse nicht, mit wem diese jetzt verheiratet sei. Auf Vorhalt seiner Aussage in der Erstbefragung, seine Mutter sei erschossen worden, erklärte der Beschwerdeführer, er hätte gesagt, dass diese verstorben sei, nicht jedoch, auf welche Weise. Den Kontakt zu seiner Familie habe er im Jahr 2010 nach dem Tod seiner Mutter wiederhergestellt. Auf Vorhalt seiner anlässlich der im Jahr 2014 abgehaltenen Erstbefragung getätigten Angabe, wonach seine Mutter zwei Jahre zuvor, sohin im Jahr 2012, von Al Shabaab erschossen worden wäre, erklärte der Beschwerdeführer, dies sei unrichtig, tatsächlich sei eine Mutter im Jahr 2010 von einem Auto überfahren worden. Dies habe der Beschwerdeführer fünf Monate nach ihrem Tod vom Mann der Mutter erfahren. Der Beschwerdeführer habe damals bei seiner Großmutter gelebt. Sein Vater und seine Geschwister hielten sich unverändert in Mogadischu auf und würden ihren Lebensunterhalt durch Arbeit am Markt bestreiten.

Zum Grund seiner Flucht führte der Beschwerdeführer aus, seine Mutter sei verstorben, mit seinem Vater hätte er sich nicht verstanden. Er hätte mit diesem gestritten. Der Beschwerdeführer habe gearbeitet und seine Großmutter versorgt. Das Leben sei schwierig geworden, deshalb sei er geflüchtet. Auf Vorhalt, dass er anlässlich der Erstbefragung komplett andere Gründe geschildert hätte, erwiderte der Beschwerdeführer, sich nicht daran zu erinnern. Hinsichtlich seiner Befürchtungen für den Fall einer Rückkehr erklärte der Beschwerdeführer, er wolle nicht in seine Heimat zurück. Es gebe dort Krieg. Er habe Kontakt zu seiner Familie, wisse jedoch über deren Lebensumstände nicht Bescheid.

In Österreich mache der Beschwerdeführer Sport, habe viele Freunde und eine Freundin. Er habe mit Unterbrechungen Schulen besucht und bestreite seinen Lebensunterhalt durch den Bezug von Grundversorgung.

Im Rahmen einer durch die damalige gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers am 22.09.2016 eingebrachten schriftlichen Stellungnahme wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer befürchte Verfolgungshandlungen von Seiten der Al Shabaab, ebenso fürchte er, Opfer des in Somalia zwischen verschiedenen Stämmen herrschenden Krieges zu werden. Zitiert wurden Länderberichte zur Praxis der Zwangsrekrutierung durch Al Shabaab sowie zur allgemeinen Sicherheitslage in Mogadischu. Der Beschwerdeführer habe mit seiner Flucht aus dem Einflussbereich der Al Shabaab klar zum Ausdruck gebracht, dass er nicht an deren Seite kämpfen wolle, habe sich somit aus deren Sicht gegen ihre religiösen und politischen Wertvorstellungen gestellt und würde aus diesem Grund im Falle einer Rückkehr nach Somalia mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Gefahr laufen, erneut von Verfolgungshandlungen der Al Shabaab betroffen zu sein. Zudem könne nicht ausgeschlossen werden, dass der minderjährige Beschwerdeführer in eine hilf- und aussichtslose Lage gerate, weshalb ihm eine Rückkehr nach Somalia völlig unzumutbar sei.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Somalia zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Die Behörde stellte die Staatsangehörigkeit, Religion, Volksgruppenzugehörigkeit und zwischenzeitige Volljährigkeit, nicht jedoch die präzise Identität des Beschwerdeführers fest. Eine Verfolgung des Beschwerdeführers in Somalia aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung habe nicht festgestellt werden können. Der Beschwerdeführer habe in seiner Erstbefragung komplett andere Fluchtgründe als im späteren Verfahren angegeben. Konkrete Befürchtungen einer Verfolgung durch Al Shabaab habe der Beschwerdeführer nicht ins Treffen geführt. Dieser habe sich zuletzt auf die allgemein schwierigen Lebensbedingungen in seiner Heimat berufen, welche jedoch keinen asylrelevanten Sachverhalt begründen würden. Eine persönliche Betroffenheit von Krieg oder Konflikten in Zusammenhang mit der Stammeszugehörigkeit habe der Beschwerdeführer ebenfalls nicht aufgezeigt.

Die allgemeine Lage in seinem Herkunftsstaat, insbesondere in Mogadischu, sei nicht als derart prekär zu bewerten, als dass eine Rückkehr dorthin generell als unmöglich einzustufen wäre. Der Beschwerdeführer könnte in Mogadischu eigenständig für seinen Lebensunterhalt aufkommen und zudem auf ein dort ansässiges familiäres Netz zurückgreifen. Insofern habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr einer realen Gefahr der Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bestehen würde.

Der Beschwerdeführer halte sich erst seit rund zwei Jahren im Bundesgebiet auf und sei rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Der Beschwerdeführer sei ledig, kinderlos und habe in Österreich keine Verwandten. Der Beschwerdeführer sei in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig, weise hingegen nach wie vor enge Bindungen zu seinem Herkunftsstaat auf. Eine Rückkehrentscheidung stelle sich, da auch keine Gründe für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG vorliegen würden, als gerechtfertigt dar.

3. Gegen die Spruchpunkte I. bis III. dieses Bescheides brachte der Beschwerdeführer durch seine frühere gesetzliche Vertreterin mit Eingabe vom 03.11.2016 fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde ein, in welcher begründend im Wesentlichen ausgeführt wurde, den Angaben der belangten Behörde zur Volljährigkeit des Beschwerdeführers sei nicht zu folgen, zumal weder dem minderjährigen Beschwerdeführer, noch der gesetzlichen Vertreterin, das Gutachten zur Altersfeststellung zur Kenntnis gebracht worden wäre. Die Behörde ginge angesichts des im Bescheid angeführten Geburtsdatums des Beschwerdeführers sowie der Zustellung des angefochtenen Bescheides an die gesetzliche Vertreterin offensichtlich selbst von einer Minderjährigkeit des Beschwerdeführers aus. Der Beschwerdeführer fürchte Verfolgungshandlungen von Seiten der Al Shabaab und aufgrund seiner Stammeszugehörigkeit. Die Behörde habe nicht berücksichtigt, dass die Erstbefragung keiner Erhebung der Fluchtgründe diene und aufgrund der Jugendlichkeit des Beschwerdeführers ein weniger strenger Maßstab für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit seiner Angaben anzulegen gewesen wäre. Die Behörde habe es weiters unterlassen, die seitens der gesetzlichen Vertretung eingebrachte Stellungnahme in ihre Würdigung miteinzubeziehen und konkrete Länderfeststellungen zum Vorbringen des Beschwerdeführers zu treffen. Aufgrund der Ausführungen des Beschwerdeführers sei weiters davon auszugehen, dass dieser nicht in der Lage sein würde, sich umgehend und aus eigenen Mitteln ein sicheres Rückzugsgebiet in einem Land, das er bereits im Kindesalter verlassen hätte, zu schaffen. Aus näher angeführten Berichten ergebe sich eine prekäre Sicherheitslage in Mogadischu, zudem könne der Beschwerdeführer keine hinreichende Unterstützung durch seine Familienangehörigen erwarten. Der minderjährige Beschwerdeführer sei aufgrund seiner Clanzugehörigkeit sowie aufgrund der prekären Sicherheitssituation in Somalia und Mogadischu einer aktuellen und maßgeblichen Gefahr ausgesetzt, Opfer dieser Sicherheitslage zu werden und in eine existenzielle Notlage zu geraten. Zudem habe der Beschwerdeführer keinen adäquaten familiären Rückhalt und gehöre aufgrund seiner Minderjährigkeit einer besonders vulnerablen Personengruppe an.

4. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 07.11.2016 mitsamt dem bezughabenden Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.07.2017 erfolgte die Einstellung des gegenständlichen Verfahrens infolge unbekannten Aufenthalts des Beschwerdeführers.

Nach Einlangen einer Information über die Verhängung der Untersuchungshaft über den Beschwerdeführer am 06.09.2017 beantragte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Schreiben vom 11.09.2017 die Fortsetzung des Verfahrens.

Mit hg. Beschluss vom 14.09.2017 wurde die Fortsetzung des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens verfügt.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 2a zweiter Fall SMG, 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall SMG und 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall und Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt.

Mit hg. Beschluss vom 31.08.2018 wurde das gegenständliche Verfahren abermals infolge unbekannten Aufenthalts des Beschwerdeführers eingestellt.

Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.09.2018 erfolgten eine Verständigung über den aktuellen Aufenthaltsort des Beschwerdeführers und ein Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens.

Mit Beschluss vom 20.09.2018 wurde das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht fortgesetzt.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 2a zweiter Fall SMG, nach § 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall, Abs. 2 SMG sowie nach § 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten verurteilt.

5. Am 23.01.2020 fand zur Ermittlung des entscheidungsmaßgeblichen Sachverhaltes eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, an welcher der Beschwerdeführer, dessen nunmehr bevollmächtigte Vertreterin sowie ein Dolmetscher für die somalische Sprache teilgenommen haben. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl war ordnungsgemäß geladen worden, verzichtete jedoch auf eine Teilnahme an der Verhandlung.

Die gegenständlich relevanten Teile der Verhandlung gestalteten sich wie folgt:

"(...) R: Möchten Sie Ihren bisherigen Aussagen und Einvernahmen etwas hinzufügen oder korrigieren. Wurden Sie im bisherigen Verfahren korrekt behandelt? R erklärt den Hintergrund der Frage.

BF: Der Dolmetscher hatte damals etwas hinzugefügt was ich nicht gesagt habe. Ich habe damals zu dem Dolmetscher gesagt, dass meine Mutter gestorben ist. Im Protokoll steht, dass meine Mutter im Jahr 2010 verstorben ist, ich habe aber erst 2010 davon erfahren. Ich kann Ihnen jetzt nicht genau sagen wann meine Mutter gestorben ist. Es war also ein Missverständnis.

R: Haben Sie sonst noch Korrekturen?

BF: Jetzt fällt mir nichts mehr ein, aber wenn mir etwas einfällt dann werde ich es sagen.

R: Waren Ihre Angaben aus Ihrer Sicht vollständig und richtig? Unabhängig von der Frage des Todesjahres der Mutter.

BF: Ja. Nachgefragt gebe ich an, dass ich durch die Beamten korrekt behandelt wurde. Ich gebe aber an, dass mir die Protokolle der Einvernahmen nicht rückübersetzt wurden.

R: Laut Protokoll war zumindest bei der Einvernahme am 09.09.2016 eine Vertreterin der Caritas anwesend (die ihrerseits das Amt für Jugend und Familie in XXXX vertreten hat) und die mit ihrer Unterschrift bestätigt hat, dass die Niederschrift rückübersetzt wurde. Korrekturen sind aus dem Protokoll nicht ersichtlich.

BF: Ich weiß das ich das unterschrieben habe, aber ich kann mich nicht daran erinnern ob es mir rückübersetzt wurde.

R: Bitte schildern Sie mir chronologisch richtig und detailliert aus welchen Gründen Sie Ihre Heimat verlassen haben. Beginnen Sie zu jenem Zeitpunkt an dem Ihre Probleme begonnen haben und enden Sie bei Ihrer Ausreise.

BF: Ich habe Somalia verlassen, weil ich Angst vor der Al Shabaab gehabt habe. Sie haben meine Schwester entführt und mich verletzt. Wann dieser Vorfall genau war, kann ich Ihnen nicht genau sagen, ich war damals ein Kind. Ich war damals etwa 5 oder 6 Jahre alt. Ich kann mich nicht wirklich daran erinnern, wann dieser Vorfall geschehen ist. Es war an einem Nachmittag, ich spielte vor unserem Haus. Dann sind vier bewaffnete und maskierte Männer zu uns gekommen. Als ich sie gesehen habe, war ich schockiert und habe geschrien. Dann hat mich einer der Männer mit der Faust ins Gesicht geschlagen und ich fiel auf den Boden. Ein zweiter Mann fragte mich, wo meine Schwester ist. Ich konnte seine Frage nicht beantworten. Dann gingen sie alle zu unserem Haus. Zu diesem Zeitpunkt waren nur meine Schwester und ich zu Hause, ich glaubte dies. Sie haben meine Schwester mitgenommen und sie gingen bei mir vorbei. Ich habe geschrien und habe gefragt, was sie von meiner Schwester wollen. Dann kam einer der Männer, sagte zu mir ich solle stehen bleiben. Ich habe es nicht getan und er hat mich angeschossen. Ich fiel auf den Boden und er dachte wahrscheinlich das ich tot sei. Die Männer gingen und ich bin bewusstlos geworden. Als ich wieder wach war, war ich in einer Sanitätsstation. Mit wem und wie ich dorthin kam, kann ich nicht sagen. Mein Vater fragte mich wie dieser Vorfall geschehen ist, ich habe es meinem Vater erzählt, wie ich es heute getan habe. Ich war einige Tage dann noch dort, wahrscheinlich eine Woche. Als ich dann wieder gesund war, bin ich wieder nach Hause gegangen. Mein Vater hat mich wieder gefragt wie und warum diese Männer zu uns gekommen sind. Ich konnte diese Frage nicht beantworten. Ich habe meinem Vater nachgefragt, was meiner Schwester passiert ist, ob er weiß wo meine Schwester sich befindet. Mein Vater konnte die Frage nicht beantworten, weil er es nicht wusste oder er konnte es mir nicht sagen, weil ich damals klein war. Meine Schwester XXXX war damals ca. 17 Jahre alt als man sie entführt hat.

R: Wenn ich richtig rechne, trug sich dieser Vorfall 2003 oder 2004 zu, weil Sie 5 oder 6 Jahre alt waren und XXXX geboren wurden.

BF: Ja, ich glaube schon. Ich bin nicht bei meinen Eltern sondern bei meiner Großmutter aufgewachsen.

R: Im Jahr 2014 gaben Sie an, dass Ihre Schwester XXXX 17 Jahre alt wäre, das ist 10 Jahre später. R weist auf den Widerspruch hin und auf die Aussage der Ersteinvernahme vom 24.07.2014 (AS29).

BFV: Während der Ersteinvernahme haben Sie die Geburtsdaten Ihrer Familienmitglieder angegeben. Ihre Schwester haben Sie damals mit 17 Jahren angegeben. Bitte erklären Sie ob sie zum Zeitpunkt der Einvernahme 17 war oder zum Zeitpunkt der Entführung.

BF: Im Jahr 2014 war meine Schwester 17 Jahre alt. Als man sie entführt hat, war sie jünger.

R: Gibt es noch andere Gründe warum Sie Ihre Heimat verlassen haben?

BF: Ich habe nur Angst vor der Al Shabaab. Ich weiß nicht warum meine Mutter umgebracht hat, ob wegen ihrer Stammeszugehörigkeit oder von der Al Shabaab. Mein Vater hat wieder geheiratet, er lebt jetzt mit seiner zweiten Frau in einem anderen Haus. Meine Mutter gehörte einem Minderheitenstamm an und die Familie meines Vaters wollte dies nicht. Ich habe Angst getötet zu werden oder von Al Shabaab entführt zu werden. Mein Vater würde mir sicher nicht helfen, weil er jetzt mit einer anderen Frau verheiratet ist.

R: Gab es nach dem von Ihnen beschriebenen Vorfall 2003 oder 2004 noch weitere Sie betreffende Vorfälle?

BF: Nein.

R: Wurden Sie zwischen 2004 und 2014 von Al Shabaab angesprochen bzw. zu rekrutieren versucht?

BF: Nein.

R: Im Jahr 2014 haben Sie im Rahmen der Erstbefragung angegeben, dass man vor zwei Jahren, also 2012 Sie seitens Al Shabaab versucht hätte Sie zu rekrutieren. Was sagen Sie dazu?

BF: Nein, ich habe das nicht gesagt. Ich weiß nicht, warum man das damals so protokolliert hat.

R: Laut Protokoll der Ersteinvernahme vom 24.07.2014 wurde Ihnen die Niederschrift rückübersetzt, dies wurde auch durch eine Mitarbeiterin der ARGE Rechtsberatung bestätigt.

BF: Ich weiß es nicht um ehrlich zu sagen. Vielleicht hat der Dolmetscher das falsch übersetzt.

R: Vergleicht man Ihre drei Einvernahmen, fällt es überhaupt schwer, irgendwelche Parallelen zu erkennen. Was sagen Sie dazu, dass Sie im Großen und Ganzen völlig unterschiedlich Vorbringen vorgebracht haben.

BF: Ich habe immer dasselbe gesagt wie heute.

R erklärt die Widersprüche.

BF: Um ehrlich zu sagen, habe ich bei er Ersteinvernahme nichts von einem rekrutierungsversuch erwähnt. Bei meiner zweiten Einvernahme habe ich auch erwähnt, dass ich wegen der Al Shabaab und der Entführung meiner Schwester geflohen bin. Heute habe ich dasselbe erwähnt. Ich kann Ihnen auch die Narbe zeigen.

R: Sind Sie in Somalia in irgendeiner Form einer exponierten Position?

BF: Nein.

R: Warum sollte sich dann ein vermeintlicher Verfolge heute noch an Sie erinnern bzw. seine Verfolgung fortsetzen?

BF: Das weiß ich nicht. Wenn Al Shabaab mich in Somalia wiedersieht, werden sie mich töten oder entführen.

BFV: Die Flucht aus Somalia hat schon einen roten Faden, dieser ist die Flucht vor der Al Shaabaab und die Flucht aus Somalia. Hinzu kommt, dass der BF schwierige Familienverhältnisse hat. Mit acht Jahren ist er zu seiner Großmutter gezogen, weg von der Familie. Die Großmutter musste auch durch den BF versorgt werden. Mit dem Vater hat er keinen Kontakt und zuletzt hatte der BF auch nur mit zwei Schwestern Kontakt und das ist schon 2-3 Jahre her. Die Gefahr in Somalia besteht auch darin, dass er kein Familiennetzwerk hat, das ihn auffangen kann und somit eine Rückkehr nach Somalia nicht erdenklich ist. Der BF macht jetzt gerade einen B1/B2 Kurs. Er hat A1 abgeschlossen. Er hat die Polytechnische Schule kurz besucht und eine Art Hauptschule. Der BF versucht sich zu integrieren und für sich so gut es geht ein besseres Leben auf zu bauen.

BFV legt drei Unterstützungsschreiben sowie ein A1 Zertifikat vor. Diese werden kopiert und zum Akt genommen.

R: Leiden Sie unter schweren oder chronischen Krankheiten?

BF: Ich habe manchmal Herzschmerzen.

R: Sind Sie diesbezüglich in medizinischer Behandlung?

BF: Manchmal gehe ich zum Arzt. Ich nehme regelmäßig Schlafmedikamente. Ich weiß nicht wie es heißt, aber der Arzt sagte mir, dass es sich um ein Schlafmedikament handelt.

R: Haben Sie ärztliche Unterlagen vorzulegen?

BFV: Uns liegen keine vor.

BF: Nein, ich habe keine.

R: Es wird eine Frist von einer Woche zur Nachreichung allfälliger medizinischer Unterlagen vorgelegt.

R: Wünschen Sie eine medizinische Begutachtung seitens des Gerichtes oder eines SV¿

BFV: Nein.

R: Einsicht genommen wird in den Strafregisterauszug vom heutigen Tag. Der BF weist drei Vorstrafen vor, welche durch das Landesgericht XXXX verhängt wurden. Möchte Sie sich dazu äußern?

BF: Keine Stellungnahme.

R: Gesetzt den Fall Sie hätten eine Arbeitsbewilligung, hätten Sie schon eine Anstellung in Aussicht?

BF: Nein.

BFV: Wenn Sie arbeiten dürfen in Österreich, was würden Sie gerne arbeiten?

BF: Ich würde gerne Automechaniker werden.

BFV: Wissen Sie was Sie dafür machen müssen?

BF: Eine Lehre, eine Ausbildung. Dann möchte ich arbeiten gehen.

R: Gibt es bisher nicht behandelte Sachverhalte die auf eine Integration des BF in Österreich hinweisen?

BFV: Wir versuchen eine Teilnahmebestätigung für den B1 Kurs nachzureichen. Der BF hat einen großen Freundeskreis in Österreich und er möchte sich unbedingt weiterbilden. Er hat die Schule besucht aber sie nicht abgeschlossen. Er wurde immer wieder in andere Quartiere versetzt und musste dadurch immer wieder unterbrechen.

R: Die neuen Quartiernahmen waren auch durch die Aufenthalte in JA bedingt.

Vorgelegt wird das LIB der Staatendokumentation zu Somalia. Die BFV erklärt, kein Exemplar zu benötigen. Ein Exemplar wird zum Akt genommen.

Die BFV ersucht um eine Stellungnahmefrist von einer Woche. Dies wird gewährt.

R: Haben Sie Verwandte in Mogadischu?

BF: Ich habe Verwandte aber stehe nicht in Kontakt.

R: Möchten Sie noch etwas weiteres Vorbringen?

BF: Ich möchte hierbleiben, hier etwas machen und lernen. Ich habe Freunde hier. Ich will hier ein normales Leben. Wenn ich Positiv bekomme, kann ich arbeiten.

BFV: Kein weiteres Vorbringen. (...)"

Zum Beleg seiner Integration legte der Beschwerdeführer drei Unterstützungsschreiben aus seinem privaten Umfeld sowie eine Bestätigung über den Besuch eines Deutschkurses auf dem Niveau A1 im Sommer 2019 vor.

6. Mit Eingabe vom 30.01.2020 übermittelte der Beschwerdeführer eine schriftliche Stellungnahme, in welcher zusammengefasst ausgeführt wurde, die vorliegenden Länderberichte würden das Vorbringen des Beschwerdeführers stützen; aus diesen würden sich eine verheerende Sicherheitslage in Mogadischu sowie nach wie vor vorkommende Rekrutierungen von Kindersoldaten durch Al Shabaab ergeben. Die Menschenrechtslage in Somalia sei katastrophal, Arbeitsmöglichkeiten für Flüchtlinge, Rückkehrer und andere vulnerable Personengruppen seien limitiert. Große Teile der somalischen Bevölkerung würden als vulnerabel betreffend Armut und Nahrungsmittelversorgung gelten. Die andauernde humanitäre Krise, periodisch wiederkehrende Dürreperioden mit Hungerkrisen, eine mangelnde Gesundheitsversorgung sowie kein bzw. unzureichender Zugang zu Trinkwasser würden dazu führen, dass Somalia das Land mit dem weltweit fünftgrößten Bedarf an humanitärer Hilfe sei. Aktuell leide das Land unter den Folgen unterdurchschnittlicher Regenfälle, welche die Dürre etwas mildern konnten, jedoch für die Landwirtschaft nicht ausreichend gewesen wären. Verwiesen wurde auf näher angeführtes Berichtsmaterial von OCHA, FSNAU und ACCORD. Die UNOCHA habe im April 2019 eine neue Dürreperiode von erheblichem Ausmaß erwartet. Berichte würden zeigen, dass sich die Niederschlagsbedingungen in ganz Somalia erneut erheblich verschlechtert hätten, sodass eine verschlechterte Nahrungsmittelversorgung im gesamten Land erwartet werde. Der Beschwerdeführer sei in Mogadischu geboren und aufgewachsen. Seine Geschwister hätten sich zuletzt noch in der Stadt aufgehalten, der Beschwerdeführer habe zu diesen jedoch ebenso wie zu seiner Großmutter keinen Kontakt mehr. Auch unter Berücksichtigung der in Somalia lebenden Familienangehörigen würde der Beschwerdeführer binnen kürzester Zeit in eine existenzbedrohliche Lage geraten. Dieser sei im Alter von acht Jahren zu seiner Großmutter gezogen, habe jedoch arbeiten müssen, um seine Großmutter zu ernähren. Seine Mutter sei bereits verstorben, zu seinem Vater bestünde kein Kontakt. Die Länderberichte würden belegen, dass die Nahrungsmittelversorgung von Bewohnern von IDP-Lagern nicht mehr bloß als krisenhaft, sondern als im Notfall befindlich zu beschreiben sein werde. Näher angeführte Berichte würden desweiteren zeigen, dass es in Mogadischu regelmäßig zu Anschlägen mit zivilen Todesopfern komme. Die Berichte würden die Furcht des Beschwerdeführers, in Somalia weiterhin Verfolgung durch Al Shabaab zu unterliegen, untermauern. Ohne die Unterstützung eines familiären Netzes werde die Einschätzung, der Beschwerdeführer werde im Falle einer Rückkehr in einem IDP-Lager leben müssen und dort von einer existenzbedrohenden Notlage betroffen sein, noch bestärkt, sodass eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Somalia im Widerspruch zu Art. 2 und 3 EMRK stünde.

Mit Eingabe vom 03.02.2020 übermittelte der Beschwerdeführer eine Bestätigung eines Arztes für Allgemeinmedizin, wonach sich der Beschwerdeführer seit 28.01.2020 bei diesem wegen Beschwerden im rechten Knie und Schlafstörungen (Albträume) in Behandlung befände, sowie eine Überweisung zu einem Facharzt für Psychiatrie.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und dessen Situation im Fall einer Rückkehr:

1.1.1. Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Somalia, Angehöriger der Volksgruppe der Abgaal (Hawiye) bekennt sich zum moslemischen Glauben. Seine präzise Identität steht nicht fest. Er wurde seinen Angaben zufolge im Jahr 1998 in Mogadischu geboren und lebte dort bis zu seiner Ausreise im Jahr 2013 im Familienverband. Sein Vater, seine volljährigen Geschwister und seine Großmutter halten sich unverändert in Mogadischu auf. Der Beschwerdeführer gelangte illegal und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet, wo er am 24.07.2014 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Seitdem hält er sich durchgehend im Bundesgebiet auf.

1.1.2. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Somalia aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre. Der Beschwerdeführer hat nicht glaubhaft gemacht, bei einer Rückkehr nach Somalia, insbesondere in den Raum Mogadischu, Verfolgung durch staatliche Behörden befürchten zu müssen, in eine hoffnungslose Lage zu kommen, einem realen Risiko einer sonstigen Verfolgung oder einer Verletzung seiner Rechte auf Leben, nicht unmenschlicher Behandlung oder Folter unterworfen zu werden und/oder nicht der Todesstrafe zu unterliegen und als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes unterworfen zu sein. Bei einer Niederlassung in Mogadischu besteht für den Beschwerdeführer als alleinstehenden gesunden leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf keine Bedrohungssituation und liefe der Beschwerdeführer auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen und verfügt über grundlegende Berufserfahrung.

1.1.3. Der Beschwerdeführer wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX , wegen § 241e Abs. 3 StGB, § 142 Abs. 1 StGB, § 229 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt, von der ihm ein Teil in der Höhe von 12 Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden ist (Jugendstraftat).

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1 2. Fall, 27 Abs. 2 SMG, § 27 Abs. 1 Z 1 2. Fall SMG, § 27 Abs. 2a 2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen § 27 Abs. 1 Z 1 2. Fall SMG, § 27 Abs. 2a 2. Fall SMG, §§ 27 Abs. 1 Z 1 2. Fall, 27 Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten verurteilt.

Ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet stellt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, da aufgrund seines bisherigen Lebenswandels die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten gegen fremdes Vermögen sowie im Bereich der Suchtmittelkriminalität zu prognostizieren ist.

1.1.4. Der Beschwerdeführer war während seines Aufenthalts in Österreich durchgehend auf staatliche Unterstützung angewiesen, ist nicht selbsterhaltungsfähig und hat sich keine nachgewiesenen Deutschkenntnisse angeeignet. Zuletzt hat er an einem Deutschkurs auf dem Niveau A1 teilgenommen. Er hat keine Familienangehörigen im Bundesgebiet. Er führt seit rund drei Jahren eine Beziehung mit einer österreichischen Staatsbürgerin, mit der er nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, und hat einen Freundes- und Bekanntenkreis im Bundesgebiet.

1.2. Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat:

Sicherheitslage und Situation in den unterschiedlichen Gebieten

Die Sicherheitslage bleibt instabil und unvorhersagbar (AMISOM 7.8.2019, S.2). Zwar ist es im Jahr 2018 im Vergleich zu 2017 zu weniger sicherheitsrelevanten Zwischenfällen und auch zu einer geringeren Zahl an Todesopfern gekommen, doch ist die Sicherheitslage weiterhin schlecht. Sie ist vom bewaffneten Konflikt zwischen AMISOM (African Union Mission in Somalia), somalischer Armee und alliierten Kräften auf der einen und al Shabaab auf der anderen Seite geprägt. Zusätzlich kommt es in ländlichen Gebieten zu Luftschlägen (NLMBZ 3.2019, S.17). Weiterhin führt der Konflikt unter Beteiligung der genannten Parteien zu zivilen Todesopfern, Verletzten und Vertriebenen (USDOS 13.3.2019, S.1). Wer sich in Somalia aufhält, muss sich der Gefährdung durch Terroranschläge, Kampfhandlungen, Piraterie sowie kriminell motivierte Gewaltakte bewusst sein (AA 17.9.2019). Auch der Konflikt um Ressourcen (Land, Wasser etc.) führt regelmäßig zu Gewalt (BS 2018, S.31).

Die Regierung und ihre Verbündeten kontrollieren zwar viele Städte, darüber hinaus ist eine Kontrolle aber kaum gegeben. Behörden oder Verwaltungen gibt es nur in den größeren Städten. Der Aktionsradius lokaler Verwaltungen reicht oft nur wenige Kilometer weit. Selbst bei Städten wie Kismayo oder Baidoa ist der Radius nicht sonderlich groß. Das "urban island scenario" besteht also weiterhin, viele Städte unter Kontrolle von somalischer Armee und AMISOM sind vom Gebiet der al Shabaab umgeben. Folglich befinden sich große Teile des Raumes in Süd-/Zentralsomalia unter der Kontrolle oder zumindest unter dem Einfluss der al Shabaab (BFA 8.2017, S.21; vgl. BMLV 3.9.2019).

Dahingegen können nur wenige Gebiete in Süd-/Zentralsomalia als frei von al Shabaab bezeichnet werden - etwa Dhusamareb oder Guri Ceel. In Puntland gilt dies für größere Gebiete, darunter Garoowe (BFA 8.2017, S.21/91f; vgl. BMLV 3.9.2019).

Zwischen Nord- und Süd-/Zentralsomalia sind gravierende Unterschiede bei den Zahlen zu Gewalttaten zu verzeichnen (ACLED 2019). Auch das Maß an Kontrolle über bzw. Einfluss auf einzelne Gebiete variiert. Während Somaliland die meisten der von ihm beanspruchten Teile kontrolliert, ist die Situation in Puntland und - in noch stärkerem Ausmaß - in Süd-/Zentralsomalia komplexer. In Mogadischu und den meisten anderen großen Städten hat al Shabaab keine Kontrolle, jedoch eine Präsenz. Dahingegen übt al Shabaab über weite Teile des ländlichen Raumes Kontrolle aus. Zusätzlich gibt es in Süd-/Zentralsomalia große Gebiete, wo unterschiedliche Parteien Einfluss ausüben; oder die von niemandem kontrolliert werden; oder deren Situation unklar ist (LIFOS 9.4.2019, S.6).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (17.9.2019): Somalia - Reise- und Sicherheitshinweise - Reisewarnung, URL, Zugriff 17.9.2019

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ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project/University of Sussex (2019): Africa (Data through 19 January 2019), URL, Zugriff 23.1.2019

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AMISOM (7.8.2019): Progress Report of the Chairperson of the Commission on the situation in Somalia/AMISOM, URL, Zugriff 22.8.2019

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BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Somalia Country Report, URL, Zugriff 19.3.2019

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BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl / Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, URL, Zugriff 31.5.2019

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LIFOS - Lifos/Migrationsverket (Schweden) (9.4.2019): Somalia - Folkbokförning, medborgarskap och identitetshandlngar, URL, Zugriff 8.5.2019

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NLMBZ - Ministerie von Buitenlandse Zaken (Niederlande) (3.2019):

Country of Origin Information Report on South and Central Somalia (nicht veröffentlichte englische Version), niederländische Version auf URL, 18.6.2019

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USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Somalia, URL, Zugriff 18.3.2019

Süd-/Zentralsomalia

Die Sicherheitslage bleibt volatil (UNSC 15.8.2019, Abs.13; vgl. AA 17.9.2019). Al Shabaab bleibt auch weiterhin die größte Quelle von Unsicherheit in Somalia (SRSG 3.1.2019, S.3; vgl. SEMG 9.11.2018, S.4; UNSC 21.12.2018, S.3).

Al Shabaab führt nach wie vor eine effektive Rebellion (LWJ 8.1.2019). Al Shabaab hat sich ihre operative Stärke und ihre Fähigkeiten bewahrt (UNSC 21.12.2018, S.3; vgl. NLMBZ 3.2019, S.20), führt weiterhin Angriffe auf Regierungseinrichtungen, Behördenmitarbeiter, Sicherheitskräfte, internationale Partner und öffentliche Plätze - z.B. Restaurants und Hotels - durch (UNSC 15.8.2019, Abs.13; vgl. AA 17.9.2019).

Dabei hat sich die Gruppe in erster Linie auf die Durchführung von Sprengstoffanschlägen und gezielten Attentaten verlegt (SRSG 3.1.2019, S.3) und kann sowohl gegen harte (militärische) als auch weiche Ziele vorgehen (NLMBZ 3.2019, S.10). Al Shabaab bleibt zudem weiterhin in der Lage, komplexe asymmetrische Angriffe durchzuführen (SEMG 9.11.2018, S.4). Neben Angriffen auf militärische Einrichtungen und strategischen Selbstmordanschlägen auf Regierungsgebäude und städtische Gebiete wendet al Shabaab auch Mörser- und Handgranatenangriffe an, legt Hinterhalte und führt gezielte Attentate durch (NLMBZ 3.2019, S.10). Al Shabaab verfügt auch weiterhin über Kapazitäten, um konventionelle Angriffe und größere Attentate (u.a. Selbstmordanschläge, Mörserangriffe) durchzuführen (LWJ 15.10.2018). Al Shabaab ist auch in der Lage, fallweise konventionelle Angriffe gegen somalische Kräfte und AMISOM durchzuführen, z.B. am 1.4.2018 gegen sogenannte Forward Operational Bases der AMISOM in Buulo Mareer, Golweyn und Qoryooley (Lower Shabelle) (SEMG 9.11.2018, S.22). Nach anderen Angaben kann al Shabaab keine konventionellen Angriffe mehr durchführen. Die Gruppe hat sich v.a. auf Sprengstoffanschläge und gezielte Attentate verlegt (SRSG 3.1.2019, S.3).

Im März und April 2019 kam es zu einem signifikanten Anstieg an Angriffen in Mogadischu. Es kommt weiterhin zu Anschlägen mit improvisierten Sprengsätzen, Mörserangriffen und gezielten Attentaten. Alleine im März 2019 wurden 77 Anschläge mit Sprengsätzen verzeichnet - die höchste Zahl seit 2016. Der Großteil dieser Anschläge betraf Mogadischu, Lower Shabelle, Lower Juba und Gedo (UNSC 15.5.2019, Abs.12f). Ähnliches gilt für den Monat Ramadan (5.5.-3.6.); danach ging die Zahl an Vorfällen zurück (UNSC 15.8.2019, Abs.14). Von Gewalt durch al Shabaab am meisten betroffen sind Mogadischu, Lower und Middle Shabelle; Jubaland, Bay und Hiiraan sind zu einem geringeren Ausmaß betroffen (UNSC 21.12.2018, S.4).

Al Shabaab hat auch die Angriffe mit Mörsern verstärkt. Dabei ist eine zunehmende Treffsicherheit zu verzeichnen. Außerdem führt die Gruppe weiterhin (sporadisch) komplexe Angriffe durch (UNSC 15.5.2019, Abs.14f).

Kampfhandlungen: In Teilen Süd-/Zentralsomalias (südlich von Puntland) kommt es zu örtlich begrenzten Kampfhandlungen zwischen somalischen Sicherheitskräften/Milizen bzw. AMISOM (African Union Mission in Somalia) und al Shabaab (AA 4.3.2019, S.16; vgl. AA 17.9.2019). Die Gruppe führt täglich kleinere Angriffe auf AMISOM, Armee und Regierung durch, alle paar Wochen kommt es zu einem größeren Angriff (BS 2018, S.7). Dies betrifft insbesondere die Regionen Lower Juba, Gedo, Bay, Bakool sowie Lower und Middle Shabelle. Die Region Middle Juba steht in weiten Teilen unter Kontrolle von al Shabaab (AA 4.3.2019, S.16). Zivilisten sind insbesondere in Frontbereichen, wo Gebietswechsel vollzogen werden, einem Risiko von Racheaktionen durch al Shabaab oder aber von Regierungskräften ausgesetzt (LIFOS 3.7.2019, S.22). Die Bezirke Merka, Qoryooley und Afgooye sind nach wie vor stark von Gewalt betroffen, das Gebiet zwischen diesen Städten liegt im Fokus von al Shabaab (ME 27.6.2019). In Süd-/Zentralsomalia bleibt al Shabaab auch für Stützpunkte von Armee und AMISOM eine Bedrohung. Sie behält die Fähigkeit, selbst in schwer befestigte Anlagen in Mogadischu einzudringen (LWJ 3.9.2018).

Ferner kommt es immer wieder auch zu Auseinandersetzungen somalischer Milizen untereinander (AA 17.9.2019). Auch somalische und regionale Sicherheitskräfte töteten Zivilisten und begingen sexuelle Gewalttaten - v.a. in und um die Region Lower Shabelle (USDOS 13.3.2019, S.11). Zusätzlich wird die Sicherheitslage durch die große Anzahl lokaler und sogar föderaler Milizen verkompliziert (BS 2018, S.8). Es gibt immer wieder bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Milizen einzelner Sub-Clans bzw. religiöser Gruppierungen wie Ahlu Sunna Wal Jama'a (AA 4.3.2019, S.16; vgl. HRW 17.1.2019). Seit dem Jahr 1991 gibt es in weiten Landesteilen kaum wirksamen Schutz gegen Übergriffe durch Clan- und andere Milizen sowie bewaffnete kriminelle Banden (AA 4.3.2019, S.16).

Bei Kampfhandlungen gegen al Shabaab, aber auch zwischen Clans oder Sicherheitskräften kommt es zur Vertreibung, Verletzung oder Tötung von Zivilisten (HRW 17.1.2019).

Gebietskontrolle: Die Gebiete Süd-/Zentralsomalias sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der al Shabaab oder anderer Milizen. Allerdings ist die Kontrolle der somalischen Bundesregierung im Wesentlichen auf Mogadischu beschränkt; die Kontrolle anderer urbaner und ländlicher Gebiete liegt bei den Regierungen der Bundesstaaten, welche der Bundesregierung de facto nur formal unterstehen (AA 4.3.2019, S.5). Die Regierung war nicht immer in der Lage, gewonnene Gebiete abzusichern, manche wurden von al Shabaab wieder übernommen (BS 2018, S.7). Mittlerweile wird zumindest versucht, nach der Einnahme neuer Ortschaften rasch eine Zivilverwaltung einzusetzen, wie im Zuge der Operation Badbaado 2019 in Lower Shabelle zu erkennen war. Trotzdem beherrschen die neu errichteten Bundesstaaten nicht viel mehr als die größeren Städte. Der effektive Einfluss von AMISOM und den somalischen Verbündeten bleibt meist auf das jeweilige Stadtgebiet konzentriert. Teils kommt es zu weiteren (militärischen) Exkursionen (ME 27.6.2019). Die meisten von Regierung/AMISOM gehaltenen Städte sind aber Inseln im Gebiet der al Shabaab (LI 21.5.2019a, S.3; vgl. BFA 8.2017, S.26). AMISOM muss an vielen Einsatzorten von UNSOS aus der Luft oder über See versorgt werden, da Überlandrouten nur eingeschränkt nutzbar sind (UNSC 21.12.2018, S.9).

In einigen Städten ist es in jüngerer Vergangenheit zu Verbesserungen gekommen. Dies gilt mehrheitlich auch für Mogadischu (ME 27.6.2019). Eine Infiltration von unter Kontrolle der Regierung stehenden Städten mittels größerer Kampfverbände von al Shabaab kommt nur in seltenen Fällen vor. Bisher wurden solche Penetrationen innert Stunden durch AMISOM und somalische Verbündete beendet. Eine Infiltration der Städte durch verdeckte Akteure von al Shabaab kommt in manchen Städten vor (BFA 8.2017, S.26; vgl. BMLV 3.9.2019). Andererseits führen ausstehende Soldzahlungen zu Meutereien bzw. zur Aufgabe gewonnener Gebiete durch Teile der Armee (z.B. in Middle Shabelle im März 2019) (BAMF 1.4.2019).

Al Shabaab kontrolliert große Teile des ländlichen Raumes in Süd-/Zentralsomalia und bedroht dort die Städte (LWJ 8.1.2019). Außerdem kontrolliert al Shabaab wichtige Versorgungsrouten und hält gegen Städte unter Regierungskontrolle Blockaden aufrecht (HRW 17.1.2019).

AMISOM/Operationen: Die Truppensteller von AMISOM glauben nicht daran, dass Regierungskräfte über die notwendigen Kapazitäten verfügen, um wichtige Sicherheitsaufgaben zu übernehmen (HRW 17.1.2019). Die Regierung ist selbst bei der Sicherheit von Schlüssel-Einrichtungen auf AMISOM angewiesen (BS 2018, S.7). Vor desaströsen Auswirkungen eines voreiligen Abzugs von AMISOM wird gewarnt (SRSG 13.9.2018, S.5). Bereits ein Teilabzug im Rahmen einer "Rekonfiguration" könnte zur Aufgabe sogenannter Forward Operating Bases (FOBs) führen (UNSC 15.5.2019, Abs.72). Die Kräfte von AMISOM sind ohnehin überdehnt (ME 27.6.2019), und schon in den Jahren 2016 und 2017 fielen manche Städte aufgrund des Abzugs von AMISOM zurück an al Shabaab (LI 21.5.2019a, S.1). Auch im Rahmen der Truppenreduzierung im Jahr 2019 hat AMISOM FOBs räumen müssen - etwa Faafax Dhuun (Gedo); andere wurden an die somalische Armee übergeben (ME 14.3.2019).

Nach 2015 hat AMISOM keine großen Offensiven gegen die al Shabaab mehr geführt (ISS 28.2.2019; vgl. SEMG 9.11.2018, S.22), der Konflikt befindet sich in einer Art "Warteschleife" (ICG 27.6.2019, S.1). Im aktuellen Operationsplan von AMISOM sind ausschließlich kleinere offensive Operationen vorgesehen, welche insbesondere der Absicherung relevanter Versorgungsrouten dienen. Tatsächliche Vorstöße auf das Gebiet der al Shabaab sind so gut wie keine vorgesehen. Das heißt, dass AMISOM lediglich auf die Absicherung wesentlicher gesicherter Räume (v.a. Städte) und wichtiger Versorgungsrouten abzielt (ME 14.3.2019). In diesem Sinne ist auch die Operation Badbaado (Lower Shabelle) zu sehen, bei welcher v.a. somalische Truppen herangezogen wurden (ME 27.6.2019). Ein weiteres Zurückdrängen von al Shabaab durch AMISOM kann auf dieser Grundlage nicht erwartet werden (ME 14.3.2019).

Islamischer Staat (IS): Neben al Shabaab existieren in Süd-/Zentralsomalia auch kleinere Zellen des sog. IS (LWJ 16.11.2018). Deren Aktivitäten haben sich ausgedehnt, der IS verübt Mordanschläge in - v.a. - Mogadischu, Afgooye und Baidoa (SEMG 9.11.2018, S.4/28f; vgl. LWJ 4.1.2019; NLMBZ 3.2019, S.15). Dort verfügt der IS über ein Netzwerk. Unklar bleibt, ob dieses mit der IS-Fraktion in Puntland in Kontakt steht (SEMG 9.11.2018, S.4/28f; vgl. NLMBZ 3.2019, S.16). Insgesamt hat sich der IS im Zeitraum Oktober 2017 bis August 2018 zu 50 Attentaten bekannt, tatsächlich konnten nur 13 verifiziert werden (SEMG 9.11.2018, S.4/28f). Die Fähigkeiten des IS in und um Mogadischu sind auf gezielte Attentate beschränkt (UNSC 21.12.2018, S.3).

Zivile Opfer: Angriffe auf Zivilisten und zivile Infrastruktur durch al Shabaab führten 2018 zu hunderten zivilen Todesopfern und Verletzten (HRW 17.1.2019). Allerdings sind Zivilisten nicht das Primärziel (NLMBZ 3.2019, S.12; vgl. LWJ 9.11.2018), wiewohl sie als Kollateralschaden in Kauf genommen werden (NLMBZ 3.2019, S.12; vgl. LI 28.6.2019, S.8). So wurde z.B. als Grund für einen Angriff auf das Sahafi Hotel in Mogadischu am 9.11.2018 von al Shabaab angegeben, dass dort Offiziere und Regierungsvertreter wohnen würden (LWJ 9.11.2018). Der Umstand, dass bei al Shabaab willkürliche Angriffe gegen Zivilisten nicht vorgesehen sind, unterscheidet die Methoden der Gruppe von jenen anderer Terroristen (z.B. Boko Haram) (NLMBZ 3.2019, S.12).

Im Zeitraum Jänner-September 2018 sind in Somalia bei Sprengstoffanschlägen mindestens 280 Menschen ums Leben gekommen, 220 wurden verletzt. 43% der Opfer waren Zivilisten; hauptsächlich betroffen waren die Regionen Lower Shabelle und Benadir/Mogadischu (USDOS 13.3.2019, S.13).

Bei durch das Clansystem hervorgerufener (teils politischer) Gewalt kommt es zu Rachemorden und Angriffen auf Zivilisten. Im Jahr 2018 kam es bei Zusammenstößen zwischen Clanmilizen sowie zwischen diesen und al Shabaab in Puntland, Galmudug, Lower und Middle Shabelle, Lower Juba, Hiiraan und Bay zu Todesopfern. Zusätzlich kommt es zu Kämpfen zwischen Clans und Sub-Clans, v.a. im Streit um Wasser und Land. Im Jahr 2018 waren davon v.a. die Regionen Hiiraan, Galmudug, Lower und Middle Shabelle betroffen (USDOS 13.3.2019, S.2/11f). Derartige Kämpfe sind üblicherweise lokal begrenzt und dauern nur kurze Zeit, können aber mit großer - generell gegen feindliche Kämpfer gerichteter - Gewalt verbunden sein (LI 28.6.2019, S.8).

Insgesamt werden die Zahlen ziviler Opfer (Tote und Verletzte) wie folgt angegeben:

Verletzte und Tote

5.5.2019-21.7.2019 (78 Tage)

14.12.2018-4.5.2019 (142 Tage)

1.1.2018-30.11.2018 (334 Tage)

Opfer gesamt

322

757

1384

Opfer/Tag

4,13

5,33

4,14

Quelle

(UNSC 15.8.2019, Abs.46)

(UNSC 15.5.2019, Abs.55)

(UNSOM 11.2018)

Jahres-Hochrechnung

1506,80

1945,81

1512,46

In Relation zur Gesamtbevölkerung

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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