TE OGH 2020/2/21 4Ob180/19b

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Veröffentlicht am 21.02.2020
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Priv.-Doz. Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der Klägerin C* GmbH, *, vertreten durch Dr. Wolfgang Oberhofer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beklagten W* G*, vertreten durch Wintersberger Riess Rechtsanwälte GmbH in Ried im Innkreis, wegen 17.500 EUR sA, über die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 29. Juli 2019, GZ 6 R 84/19v-36, womit das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 28. Mai 2019, GZ 5 Cg 101/17f-32, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird aufgehoben und die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Die Klägerin bestellte 2010 bei einer inzwischen liquidierten und gelöschten GmbH & Co KG einen Naturpool, der noch im selben Jahr geliefert wurde. Später trat dort übermäßiges Algenwachstum auf, bedingt durch Nährstoffverfrachtungen von Nachbargrundstücken. Dieser Mangel kann durch keine Behebungs- oder Verbesserungsmaßnahmen, wodurch der Naturpool seine Funktionsweise als solcher behält, dauerhaft behoben werden. Die Beeinträchtigung der Funktion kann nur durch Herstellung eines chemischen Pools behoben werden.

Der Beklagte war Liquidator der gelöschten KG und deren Komplementär-GmbH, die ebenfalls liquidiert und gelöscht wurde. Er war auch Gesellschafter der GmbH und hatte einen Teil der Stammeinlage (17.500 EUR) nicht einbezahlt.

Die Klägerin nimmt den Beklagen im September 2017 im Umfang der nicht vollständig einbezahlten Stammeinlage in Anspruch. Er habe es als Liquidator schuldhaft unterlassen, die sich aus §§ 89 ff GmbHG ergebende Verpflichtung zur restlichen Stammeinlagennachforderung (gegen sich selbst) wahrzunehmen. Die für die Sanierung der Pool-Anlage (Umrüstung in einen chemischen Pool) notwendigen Kosten würden den Klagsbetrag von 17.500 EUR übersteigen. Der Beklagte hätte die Klägerin warnen müssen, dass durch die Umgebungssituation bei nachbarlichem landwirtschaftlichem Grund mit erheblichem Festmist-Düngungseintrag eine hohe Phosphorbelastung des Poolwassers auftreten werde, was vermehrtes und massives Algenwachstum begünstigen und begründen könne, weshalb er den erteilten Auftrag nicht erfüllen werde können.

Der Beklagte bestritt die Mangelhaftigkeit des Pools und wendete Verjährung ein.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Es traf unter anderem folgende (mit Beweisrüge bekämpfte) non-liquet-Feststellung:

                  „Wie die hangseitig an die klagsgegenständliche Liegenschaft angrenzende bzw. ansonsten in der Nähe der Liegenschaft befindlichen Wiesen im Zeitraum der Planung und Errichtung des Naturpools von Mitte August bis Ende des Jahres 2010 konkret genutzt bzw. bewirtschaftet wurden, insbesondere ob diesbezüglich Festmist zur Düngung ausgebracht wurde, kann nicht festgestellt werden.“

Rechtlich ging es davon aus, dass die Werkunternehmerin eine Warnpflicht hinsichtlich der mangelnden Eignung der klägerischen Liegenschaft für einen Naturpool zu erfüllen habe. Den Unternehmer treffe die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass er seiner Warnpflicht nachgekommen sei. Die entsprechende non-liquet-Feststellung gehe hier somit zu Lasten des Beklagten. Der Anspruch sei nicht verjährt, weil der übermäßige Phosphoreintrag aus der Umgebung als Hauptgrund für die mangelnde Funktion des „Naturpools“ erst durch das Gerichtsgutachten bekannt geworden sei. Die Warnpflichtverletzung des Beklagten habe dazu geführt, dass sein Gewerk nicht verbesserbar misslungen sei. Er verliere somit den Entgeltanspruch und sei überdies verpflichtet, den weitergehenden Schaden zu ersetzen, wozu auch die Verbesserungskosten gehörten.

Das Berufungsgericht wies die Klage – ohne Behandlung der Beweisrüge in der Berufung – ab. Ein Schadenersatzanspruch scheitere an der fehlenden Sanierbarkeit des Pools. Irrtumsrechtliche Vertragsanfechtung oder Vertragsanpassung sei mangels eines diesbezüglichen Vorbringens der Klägerin nicht Prozessgegenstand, derartige Ansprüche wären überdies verjährt. Die Revision ließ das Berufungsgericht nachträglich mit der Begründung zu, die Klägerin habe dargelegt, dass sich aus höchstgerichtlicher Rechtsprechung keine Anwendbarkeit von RIS-Justiz RS0016258 (Hätte der Besteller, wäre der Unternehmer seiner Warnpflicht nachgekommen, einen außerhalb des Werkes vorzunehmenden Zusatzauftrag erteilt, so kann er, funktionierte das Werk bei Ausführung des Zusatzauftrages einwandfrei, nicht im Wege der Gewährleistung sondern nur mittels irrtumsrechtlicher Vertragsanpassung die Ausführung des weiteren Werkes erreichen. Ohne Vertragsanpassung steht dann aber dem Besteller ein Leistungsverweigerungsrecht nicht zu) auf die persönliche Haftung des Liquidators für Gewährleistungs- und Schadenersatzpflichten der Liquidationsgesellschaft ergebe.

Die Klägerin beantragt mit ihrer – vom Beklagten beantworteten – Revision, der Klage stattzugeben; in eventu wurde ein Aufhebungsbegehren gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; sie ist im Sinn des Aufhebungsantrags auch berechtigt.

1. Die Klägerin stützte sich einerseits auf die Mangelhaftigkeit der Werkleistung und andererseits auf die Verletzung der Warnpflicht nach § 1168a ABGB.

2.1. Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend ausgeführt, dass im Fall der Lieferung des Vereinbarten keine Vertragswidrigkeit vorliegt. Es ist auch richtig, dass der Verbesserungsanspruch bei einem widersprüchlichen Vertrag dessen irrtumsrechtliche Anpassung voraussetzt (RS0016270). Das folgt daraus, dass es sich beim Verbesserungsanspruch um einen Rechtsbehelf des Gewährleistungsrechts handelt, der nur bei Verletzung einer primären Vertragspflicht in Betracht kommt. Eine solche Vertragspflicht kann aber nur angenommen werden, wenn die Widersprüchlichkeit des Vertrags durch einen Rechtsbehelf des Irrtumsrechts saniert ist (2 Ob 230/17p).

2.2. Die Klägerin macht aber hier erkennbar (auch) Schadenersatzansprüche wegen einer Aufklärungspflichtverletzung geltend. Jedenfalls ergibt sich aus ihrem Vorbringen keine Beschränkung auf gewährleistungsrechtliche Rechtsbehelfe, ist doch im Zweifel die Beschränkung auf einen von mehreren nach dem Sachvortrag in Frage kommenden Rechtsgründen nicht anzunehmen (RS0037610 [T36]). Insofern liegt auch keine Verjährung des Anspruchs vor, weil der Hauptgrund für die mangelnde Funktionsweise des Pools erst aufgrund des gerichtlichen Sachverständigengutachtens bekannt wurde.

2.3. Wer nicht darüber aufklärt, dass das Werk in seiner vereinbarten Beschaffenheit untauglich ist, haftet nur für den Vertrauensschaden, das heißt dafür, dass der Besteller nicht gleich ein zweckentsprechendes Werk anderer Beschaffenheit herstellen ließ; das Interesse an diesem Werk als solchem ist nicht zu ersetzen. Zu dem zu ersetzenden Schaden gehören auch die Verbesserungskosten (RS0102085). Der Besteller ist in einem solchen Fall so zu stellen, wie er stünde, wenn der Unternehmer seiner Warnpflicht entsprochen hätte. Der Besteller kann aber nicht jene Kosten begehren, die er bei entsprechender Warnung „sowieso“ zu tragen gehabt hätte. Zu ersetzen sind nur solche Verbesserungskosten, die zur Verbesserung des Werks im Sinn der Herstellung des vertragsmäßig geschuldeten Zustands aufzuwenden sind (2 Ob 206/16g mwN).

3.1. Umgelegt auf den vorliegenden Fall ist daher zunächst zu prüfen, welche vertragliche Leistung geschuldet war. Aus den (insoweit unbekämpften) Feststellungen des Erstgerichts ergibt sich dazu, dass der Geschäftsführer der Klägerin und seine Frau ein Swimmingpool errichten lassen wollten, wobei ersterer einen chemischen Pool bevorzugte und zweitere einen Naturpool. Letztlich entschloss man sich nach Besichtigung des Pools eines weiteren Kunden des Unternehmens des Beklagten zur Beauftragung eines Naturpools. Unterstellt man eine Warnpflicht der Beklagten und hätte sie dieser entsprochen, dann hätte die Klägerin zweifelsohne gleich ein zweckentsprechendes Werk anderer Beschaffenheit, nämlich einen „chemischen Pool“ herstellen lassen.

3.2. Dem Bestreitungsvorbringen des Beklagten zur Höhe des – ohnehin auf die Höhe der nicht eingeforderten Stammeinlage von 17.500 EUR beschränkten – Klagebegehrens ist nicht zu entnehmen, dass es sich dabei um Kosten handeln könnte, die die Klägerin als Bestellerin auch bei entsprechender Warnung („sowieso“) hätte tragen müssen. Der Klagsanspruch besteht daher grundsätzlich zu Recht.

3.3. Die in der Berufung des Beklagten erhobene Verfahrensrüge wegen der unterbliebenen – vom Beklagten beantragten – weiteren Ergänzung des Sachverständigengutachtens ist nicht zielführend, weil der Beweisantrag verspätet erfolgte und vom Erstgericht somit zu Recht zurückgewiesen wurde.

3.4. Allerdings hat sich das Berufungsgericht
– aufgrund seiner Rechtsansicht – nicht mit der Beweisrüge in der Berufung des Beklagten auseinandergesetzt, die die Negativ-Feststellung betreffend Bewirtschaftung und Düngung der benachbarten Wiesen im fraglichen Zeitraum bekämpft und anstelle dessen die Feststellung begehrt, dass der Vertreter der Klägerin im Rahmen der Besichtigung des Bauplatzes angegeben habe, dass keine Düngung der angrenzenden Wiese erfolge. Dieser Umstand ist für die rechtliche Beurteilung der Sache von Relevanz, denn bei ausdrücklicher Erklärung des Auftraggebers, dass keine Düngung erfolge, kann vom Werkunternehmer auch keine Warnung vor Algenbildung durch Phosphatbelastung im zu errichtenden Pool, verursacht durch Düngung in der Nachbarschaft, verlangt werden. Die Berechtigung des Klagsanspruchs wäre diesfalls zu verneinen.

3.5. Das Berufungsgericht wird daher diese (einzig relevante) Beweisrüge in der Berufung des Beklagten zu erledigen und sodann – auf Grundlage der oben dargestellten Rechtslage – neuerlich zu entscheiden haben.

Der Revision ist daher Folge zu geben und das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

4. Der Kostenvorbehalt gründet auf § 52 ZPO.

Textnummer

E127733

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:E127733

Im RIS seit

14.04.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.02.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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