TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/3 W247 1432266-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.03.2020
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Entscheidungsdatum

03.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b Abs1
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

1.) W247 1432266-4/9E

2.) W247 1432267-4/10E

3.) W247 1432269-4/9E

4.) W247 2134016-2/9E

5.) W247 1432270-4/9E

6.) W247 2137978-2/9E

7.) W247 1434980-3/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch RA XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.12.2019, Zl. XXXX zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG, sowie gemäß § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 52 Abs. 9 FPG iVm § 46 FPG, sowie § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG und § 15b Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 55 Abs. 1 und 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch RA XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.12.2019, Zl. XXXX zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG, sowie gemäß § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 52 Abs. 9 FPG iVm § 46 FPG, sowie § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG und § 15b Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 55 Abs. 1 und 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

3.) Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch RA XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.12.2019, Zl. XXXX zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG, sowie gemäß § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 52 Abs. 9 FPG iVm § 46 FPG, sowie § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG und § 15b Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 55 Abs. 1 und 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

4.) Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , alias XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch RA XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.12.2019, Zl. XXXX zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG, sowie gemäß § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 52 Abs. 9 FPG iVm § 46 FPG, sowie § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG und § 15b Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 55 Abs. 1 und 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

5.) Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch RA XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.12.2019, Zl. XXXX zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG, sowie gemäß § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 52 Abs. 9 FPG iVm § 46 FPG, sowie § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG und § 15b Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 55 Abs. 1 und 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

6.) Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch RA XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.12.2019, Zl. XXXX zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG, sowie gemäß § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 52 Abs. 9 FPG iVm § 46 FPG, sowie § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG und § 15b Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 55 Abs. 1 und 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

7.) Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.12.2019, Zl. XXXX zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG, sowie gemäß § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 52 Abs. 9 FPG iVm § 46 FPG, sowie § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG und § 15b Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 55 Abs. 1 und 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Erstbeschwerdeführer (BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (BF2) sind miteinander verheiratet und die Eltern des minderjährigen Drittbeschwerdeführers (BF3), der minderjährigen Viertbeschwerdeführerin (BF4), der minderjährigen Fünftbeschwerdeführerin (BF5) und der minderjährigen Sechstbeschwerdeführerin (BF6). Die Siebtbeschwerdeführerin (BF7) ist die Mutter des BF1. Die BF1-BF7 sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, der tschetschenischen Volksgruppe zugehörig und muslimischen Glaubens.

1. Erster Antrag auf internationalen Schutz (BF1-BF5; BF7):

1.1. Die BF1-BF4 stellten am 04.06.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet, zu dem sie am 04.06.2012 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt wurden. Dabei gab der BF1 an, unter Umgehung der Grenzkontrollen mit den BF2-BF4 in das österreichische Bundesgebiet eingereist zu sein und zuvor in Tschetschenien als LKW-Fahrer Asphalt transportiert zu haben. In XXXX sei er eines Tages von einer Gruppe von fünf Männern auf der Straße angehalten worden. Einer der Männer habe ihm befohlen, den Asphalt an eine bestimmte Adresse zu bringen. Aufgrund der Weigerung des BF1 sei es zunächst zum Streit und dann zu einer Rauferei mit dem Mann gekommen, welcher ihm vorher aufgefordert hatte den Asphalt an eine Adresse zu liefern. Bei dieser Rauferei habe der BF1 diesem Mann das Schlüsselbein und die Nase gebrochen, weshalb dieser ins Krankenhaus gebracht worden sei. Danach sei er von diesen fünf Männern verfolgt worden; dreimal sei er auf der Straße von den Männern angehalten und zusammengeschlagen worden. Zweimal seien die Männer auch zu ihm nach Hause gekommen, haben ihn geschlagen und ihm mitgeteilt, dass er keine Überlebenschance habe. Einer der Männer habe ihm zudem mitgeteilt, dass jener Mann, den er zusammengeschlagen habe, ein Security von Präsident XXXX sei. Dieser Vorfall sei vor ca. 3 Monaten (Anm.: somit ca. Anfang März 2012) passiert. Er befürchte, dass XXXX -Anhänger ihm und seiner Familie etwas antun würden, weshalb er gemeinsam mit seiner Familie das Land verlassen habe.

1.2. Die BF2 gab als Fluchtgrund an, ihr Heimatland ausschließlich wegen der Probleme ihres Mannes verlassen zu haben. Ihr Mann habe bei einem Streit einen anderen Mann geschlagen, der angeblich ein Verwandter von XXXX sei. Es seien auch Männer zu ihnen nach Hause gekommen, die ihren Mann geschlagen und ihm mit dem Tod bedroht haben. Für den BF3 und die BF4 wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.

1.3. Die Fünftbeschwerdeführerin wurde am XXXX im österreichischen Bundesgebiet geboren. Am 17.09.2012 stellte die Zweitbeschwerdeführerin, als gesetzliche Vertreterin der Fünftbeschwerdeführerin, für diese einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Sie berief sich dabei auf die von ihr in ihrem Verfahren geltend gemachten Fluchtgründe und beantragte, der Fünftbeschwerdeführerin gemäß § 34 AsylG 2005 denselben Schutz wie ihr zuzuerkennen.

1.4. Am 19.11.2012 fand vor dem Bundesasylamt eine niederschriftliche Einvernahme unter Beziehung einer Dolmetscherin der russischen Sprache statt. Zu den Fluchtgründen befragt gaben die Beschwerdeführer zusammengefasst an:

Der BF1 führte zu seinem Fluchtgrund aus, dass er Mitte März 2012 mit einem mit Asphalt beladenen LKW unterwegs gewesen sei, als er an einer Kreuzung von acht bis neun Leuten einer Spezialeinheit angehalten worden sei. Die Spezialeinheit habe den LKW durchsucht und den BF1 aufgefordert, den Asphalt an eine bestimmte Adresse zu liefern. Da er sich geweigert habe, sei er aus dem LKW gezerrt worden und es sei zu einem Handgemenge gekommen. Im Zuge dieser Auseinandersetzung habe der BF1 einem der Männer das Schlüsselbein und die Nase gebrochen. Nach drei Tagen, als der BF1 nicht zu Hause gewesen sei, seien Leute der Spezialeinheit XXXX zu ihm nach Hause gekommen und haben sich bei seinen Eltern nach ihm erkundigt. Der BF1 sei aber nicht zu Hause gewesen. Ca. 1 Woche später sei er auf der Straße von uniformierten XXXX -Anhängern zusammengeschlagen worden. Erneut drei Tage später sei er im eigenen Hof zusammengeschlagen und es sei ihm gedroht worden, dass die Männer Rache für ihren Kollegen haben wollen. Eine Woche später seien sie erneut zu ihm nach Hause gekommen und haben ihm mit dem Einsperren gedroht. Seine Eltern haben mit den Sicherheitskräften verhandelt und angekündigt, die Angelegenheit mit dem Verletzten außergerichtlich bereinigen zu wollen. Mitte April seien die Männer nochmals zu ihm nach Hause gekommen, damit nicht der Anschein entstehe, die Sache sei vergessen. Sonstige Probleme hat der BF1 auf ausdrückliche Befragung durch den Organwalter der belangten Behörde ausdrücklich verneint. Da der BF1 keinen Ausweg gesehen habe, sei er mit seiner Familie aus seinem Herkunftsland ausgereist.

Die BF2 gab an, niemals politisch tätig gewesen zu sein und auch keine persönlichen Probleme mit Behörden und Ämtern in ihrem Herkunftsstaat gehabt zu haben. Sie sei nur wegen der Probleme ihres Mannes aus der Russischen Föderation ausgereist. Für den BF3, die BF4 und die BF5 wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.

1.5. Mit Bescheiden des Bundesamtes vom 20.12.2012 wurden die Anträge der BF1-BF5 auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.) und diese gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Ein Einreiseverbot wurde nicht verhängt.

1.5. Mit Erkenntnissen vom 28.05.2014 wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden hinsichtlich der Spruchpunkte I. (Status von Asylberechtigten) und II. (Status von subsidiär Schutzberechtigten) gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet ab. Gemäß § 10 iVm § 75 Abs. 20 AsylG 2005 wurden die Verfahren hinsichtlich des Spruchpunktes III. der angefochtenen Bescheide (Ausweisung) zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus: Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführer in der Russischen Föderation eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität - oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität - in der Vergangenheit gedroht hat bzw. aktuell droht. Ebenso konnte nicht festgestellt werden, dass die BF1-BF5 im Falle der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde oder von der Todesstrafe bedroht wäre. Es konnte ferner nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde und ihr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Beweiswürdigend hielt das BVwG fest, dass die vorgebrachte Verfolgung nicht glaubhaft ist. Da sich im Verfahren nicht ergeben habe, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, sei das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückzuverweisen.

1.7. Das BFA erteilte den BF1-BF5 mit den Bescheiden vom 11.11.2014 gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen sie wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist. Es räumte ihnen gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung ein.

In der Begründung wird nach umfangreichen Feststellungen zur Lage im Herkunftssaat im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Aufenthalt der Beschwerdeführer im Bundesgebiet alleine aufgrund der Betreibung des Asylverfahrens legalisiert habe. Angesichts der relativ kurzen Aufenthaltsdauer in Österreich seien überdies keine Aspekte einer außergewöhnlichen und schützenswerten Integration hervorgekommen. Im Heimatstaat seien hingegen enge Familienangehörige aufhältig, es wäre möglich, sich erneut in die dortige Gesellschaft zu integrieren.

1.8. Das Bundesverwaltungsgericht wies die dagegen erhobenen Beschwerden mit Erkenntnis vom 15.12.2014 gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 75 Abs. 20 iVm §§ 55 und 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 9 iVm §§ 50 und 55 FPG als unbegründet ab.

1.9. Die Siebtbeschwerdeführerin (BF7) reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 25.02.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz, zudem sie am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt wurde. Dabei gab sie an, dass ihr Sohn, der BF1, im Frühling 2012 eine Schlägerei mit Angehörigen der Militärpolizei (Anhängern von XXXX ) gehabt habe und deshalb blutverschmiert nach Hause gekommen sei. Er habe ihr jedoch nichts darüber erzählt. Eine Woche danach sei er erst in der Nacht nach Hause gekommen und habe ihr nur mitgeteilt, dass ihn Anhänger von XXXX mitgenommen haben. Sie habe gewusst, welche Gefahr dies für ihren Sohn und seine Familie bedeute und habe deswegen Herzprobleme bekommen, welche im Krankenhaus stationär behandelt worden seien. Als sie eines Tages vom Krankenhaus nachhause gekommen sei, habe sie festgestellt, dass der BF1 und seine Familie verschwunden seien. Sie habe sich große Sorgen gemacht. Ca. einen Monat nach dem Verschwinden ihres Sohnes seien nachts ca. 10 uniformierte und maskierte Anhänger XXXX s in ihr Haus eingedrungen, haben Möbel zerschlagen, nach ihrem Sohn gefragt und ihr mit dem Tod gedroht. Eine Woche nach diesem Vorfall habe ihr Ehemann sie vermutlich aus Angst verlassen und sei zu einer anderen Frau gezogen. Eine weitere Woche später seien XXXX -Anhänger zu ihrem Kiosk gekommen, haben ihr mit einer Geste gedroht den Kopf abzureißen, wenn sie ihnen nicht mitteile, wo sich ihr Sohn befinde. Sie haben weiters mehrere Einrichtungsgegenstände zerschlagen und sie mit einem Fruchtsaft erniedrigend übergossen. Ihr Sohn habe sich erst 4 oder 5 Monate nach seinem Verschwinden bei ihr gemeldet und ihr mitgeteilt, dass er sich in Österreich aufhalte. Im Falle einer Rückkehr befürchte sie von Anhängern XXXX umgebracht zu werden.

1.10. Am 23.04.2013 fand die niederschriftliche Einvernahme der BF7 beim Bundesasylamt statt. Sie gab dabei an, dass ihr Sohn, der als LKW-Fahrer Asphalt transportiert habe, von Männern angehalten und aufgefordert worden sei ihnen den Asphalt zu überlassen. Ihr Sohn sei deshalb ausgereist. Danach seien Soldaten in schwarzer Uniform zu ihr gekommen, haben nach dem BF1 gefragt und Gegenstände zerstört. Eine oder zwei Wochen später seien sie zu ihrem Marktstand gekommen und haben wieder nach ihrem Sohn gefragt, sie bedroht und mit Saft übergossen. Darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Vorbringen im Verfahren des BF1 bereits als unglaubhaft beurteilt worden sei, gab die BF7 an die Wahrheit zu sagen.

1.11. Mit Bescheid vom 24.04.2013 wurde der Antrag der BF7 auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Russische Föderation vom Bundesasylamt abgewiesen (Spruchpunkt II.) und die BF7 gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Begründend führte das Bundesasylamt im Wesentlichen aus, dass die Siebtbeschwerdeführerin weder eine asylrelevante Verfolgung noch eine wohlbegründete Furcht vor einer solchen habe glaubhaft machen können. Aufgrund der persönlichen Verhältnisse (Alter, Gesundheitszustand, Möglichkeit der Inanspruchnahme von Hilfe von dritter Seite, familiäre bzw. soziale Anknüpfungspunkte, Vorhandensein eines staatlichen Sozialsystems) liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiären Schutz nicht vor. Sie verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehe.

1.12. Gegen diesen Bescheid erhob die Siebtbeschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde an den Asylgerichtshof im vollen Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verfahrensmängeln. Am 12.12.2013 reiste die Siebtbeschwerdeführerin unter Gewährung von Rückkehrhilfe aus dem österreichischen Bundesgebiet aus.

1.13. Das Bundesverwaltungsgericht legte das Verfahren der BF7 mit Beschluss vom 24.03.2014 als gegenstandslos ab, weil sie das Bundesgebiet nach Beschwerdeerhebung wieder verlassen hatte.

XXXX Zweiter Antrag auf internationalen Schutz (BF1-BF5;BF7); Erster Antrag auf internationalen Schutz (BF6):

2.1. Am 11.02.2015 stellten die BF1-BF5, ohne in der Zwischenzeit das Bundesgebiet verlassen zu haben, einen erneuten Antrag auf internationalen Schutz. In der Erstbefragung vom 12.02.2015 gab der BF1 zusammenfassend an, dass seine bereits geltend gemachten Fluchtgründe nach wie vor aufrecht seien, jedoch ein weiterer Grund hinzugekommen sei. So habe sein in Tschetschenien lebender Cousin am 05. und 06.01.2015 einen Einberufungsbescheid erhalten, denen zufolge dieser in der Ukraine kämpfen müsse. Da der BF1 nicht zu Hause gewesen sei, sei seinem Cousin auch der Einberufungsbescheid für den BF1 übergeben worden. Er befürchte im Falle seiner Rückkehr mit Zwangsgewalt zu Kampfhandlungen in der Ukraine gezwungen zu werden.

2.2. Die BF2 gab nach neuen Fluchtgründen befragt an, dass sie persönlich keine Probleme in der Russischen Föderation gehabt habe und demnach auch jetzt keine neuen Fluchtgründe habe. Im Falle einer Rückkehr sei sie jedoch obdachlos, weil ihr Vater tot sei und ihre Mutter neuerlich geheiratet habe, weshalb sie nicht bei ihr unterkommen könne. Ihr Mann müsse in der Ukraine an Kampfhandlungen teilnehmen. Für die BF3-BF5 wurden keine eigenen neuen Fluchtgründe geltend gemacht.

2.3. Am 17.06.2015 wurden der BF1 und die BF2 vom BFA niederschriftlich einvernommen:

Der BF1 gab betreffend seinen neuen Fluchtgrund an, dass ihm im Jänner und Februar 2015 Vorladungen zu Handen seines Cousins in der Russischen Föderation zugestellt worden seien, weil sich an seiner Adresse niemand aufgehalten habe. Seinem Cousin sei es noch nicht möglich gewesen dem BF1 die Vorladungen zu schicken. Das Bundesamt forderte den BF1 auf, diese Vorladungen binnen 4 Wochen im Original vorzulegen.

Die BF2 gab an, dass weder sie noch ihre Kinder eigene Fluchtgründe hätten. Im Falle einer Rückkehr wisse sie nicht, wo sie mit ihren Kindern leben solle, da ihr Mann zur Armee eingezogen werde, ihr Vater bereits verstorben sei und ihre Mutter wieder geheiratet habe.

2.4. Mit Bescheiden vom 10.08.2016 wies das BFA die Anträge der BF1-BF5 auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Russische Föderation ab (Spruchpunkt II.) und erteilte ihnen keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 AsylG 2005. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt III.). Es räumte ihnen gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung ein (Spruchpunkt IV.).

Beweiswürdigend führte das Bundesamt zu den Fluchtgründen des Erstbeschwerdeführers aus, dass es zwar glaubhaft sei, dass er zwei Vorladungen von der Abteilung zur Wahrung der öffentlichen Ordnung, Innenministerium für die Republik Tschetschenien zur Einvernahme erhalten habe, die Einberufung zum Wehrdienst jedoch nicht asylrelevant sei, weil sie nicht mit Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung in Zusammenhang stehe. Zudem könne nach den Länderfeststellungen nicht erkannt werden, dass der Erstbeschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr tatsächlich zur Armee - mit der Option in der UKRAINE an Kampfhandlungen teilnehmen zu müssen - einberufen werde oder ihm wegen einer Wehrdienstverweigerung eine "überharte", unmenschliche oder strengere Bestrafung als anderen russischen Staatsangehörigen drohe. Die Einberufung des Erstbeschwerdeführers zum Militär sei nicht asylrelevant, weil weder erkennbar sei, dass er aus einem asylrelevanten Grund zum Wehrdienst einberufen worden sei, noch, dass er im Vergleich zu anderen Staatsangehörigen die Intensität einer Verfolgung erreichenden Weise benachteiligt werde oder ihm eine härtere Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung drohe.

Bezüglich der Zweitbeschwerdeführerin, dem Drittbeschwerdeführer, der Viertbeschwerdeführerin und der Fünftbeschwerdeführerin seien weder asylrelevante Fluchtgründe geltend gemacht worden, noch solche im Verfahren hervorgekommen.

Weder sei eine Gefahr, die die Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertige, noch seien Gründe, weshalb ein Neustart in der Russischen Föderation unmöglich sei, ersichtlich. So drohe weder dem Erstbeschwerdeführer, noch der Zweitbeschwerdeführerin, dem Drittbeschwerdeführer, der Viertbeschwerdeführerin oder der Fünftbeschwerdeführerin eine Verfolgung in der Russischen Föderation. Sie seien gesund und verfügen dort noch über familiäre Anknüpfungspunkte, die sie im Falle einer Rückkehr unterstützen würden. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin verfügen über Schulbildung und seien beide in der Russischen Föderation - wenn auch nur für kurze Zeit (Zweitbeschwerdeführerin) - beruflich tätig gewesen. Eine Rückkehr erfolge im Familienverband, weshalb auch für den Drittbeschwerdeführer, die Viertbeschwerdeführerin und die Fünftbeschwerdeführerin kein Grund für die Erteilung subsidiären Schutzes vorliege.

2.5. Die BF7 reiste neuerlich unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 14.12.2014 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem sie am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt wurde. Die BF7 gab dabei zu ihren Fluchtgründe an, dass die Personen, die ihren Sohn töten wollen und derentwegen er nach Österreich geflüchtet sei, sie nicht in Ruhe gelassen haben. Sie sei nach ihrer Rückkehr in die Russische Föderation zweimal von diesen Personen aufgesucht und nach ihrem Sohn befragt worden. Sie sei deshalb zu ihrer Schwester nach XXXX gezogen. Dort haben sie die Personen nicht gefunden. Da ihre Schwester sich um ihre eigenen vier Kindern kümmern müsse und sie zu ihrem Sohn und ihren Verwandten nach Österreich gewollt habe, sei sie erneut ausgereist.

2.6. Am 01.09.2017 wurde die BF7 durch das BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei gab sie im Wesentlichen an verheiratet, tschetschenische Volksgruppenangehörige, sowie sunnitische Muslimin zu sein. Sie habe in der Russischen Föderation in ihrem Eigentumshaus gelebt, in dem nunmehr keiner mehr wohne. Im Hof der Siebtbeschwerdeführerin habe der Erstbeschwerdeführer ein Haus gehabt, in dem derzeit ebenfalls keiner lebe. Sie habe noch eine Tochter, sowie einen Bruder und zwei Schwestern in Tschetschenien. Sie stehe mit einer ihrer Schwestern regelmäßig in Kontakt. Die andere Schwester melde sich kaum, da diese Probleme wegen ihren in Syrien aufhältigen Kindern habe. Die Behörde brenne Häuser der Familienangehörigen von in Syrien aufhältigen Personen nieder und zwinge diese zur Ausreise. Betreffend ihre Fluchtgründe führte die BF7 erneut die Probleme ihres Sohnes aufgrund dessen Weigerung, Personen Asphalt zu überlassen, an. Sie gab an, erfahren zu haben, dass ihr Sohn ca. im April 2010 inhaftiert und bei der Behörde geschlagen worden sei. Danach habe sie ihn zu seiner Schwiegermutter geschickt und von dort aus sei er mit seiner Familie nach Österreich gereist. Nach ihrer Rückkehr in die Russische Föderation seien erneut 6-7 Personen der Behörde zu ihr nach Hause bzw. zu ihrem Marktstand gekommen und haben nach ihrem Sohn gefragt, sie bedroht und geschlagen. Sie haben auch ihren Kiosk niedergebrannt. Sie sei dann zu ihrer Schwester gezogen, deren Sohn jedoch auch Probleme mit den Behörden habe. Die BF7 habe deshalb Angst gehabt, von den Behörden gefunden zu werden, weshalb sie erneut nach Österreich gereist sei. Sie wisse, dass nach wie vor Personen nach ihrem Sohn suchen würden, weil die ehemalige Nachbarin ihrem Sohn mitgeteilt habe, dass es Hausdurchsuchungen bei ihnen gegeben habe und BF1 3-4 Ladungen der Behörde erhalten habe.

2.7. Das Bundesamt wies mit Bescheid vom 14.09.2017 den Antrag der Siebtbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Russische Föderation ab (Spruchpunkt II.) und erteilte ihr keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 AsylG 2005. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt III.). Es räumte ihr gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung ein (Spruchpunkt IV.).

2.8. Am XXXX wurde die BF6 im österreichischen Bundesgebiet geboren. Der BF1 und die BF2 stellten als gesetzliche Vertreter der der BF6 für diese 15.09.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Sie beriefen sich dabei auf die von ihnen in ihrem Verfahren geltend gemachten Fluchtgründe und beantragten, der Sechstbeschwerdeführerin gemäß § 34 AsylG 2005 denselben Schutz wie ihnen zuzuerkennen.

2.9. Mit Bescheid vom 04.10.2016 wies das BFA den Antrag der BF6 auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Russische Föderation ab (Spruchpunkt II.) und erteilte ihr keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt III.). Es räumte ihr gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung ein (Spruchpunkt IV.).

2.10. Das Bundesverwaltungsgericht wies die erhobenen Beschwerden gegen die abweisenden Bescheide des BFA der BF1-BF7 mit Erkenntnis vom 05.07.2019 gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, §§ 50, 52 Abs. 2, 55 FPG als unbegründet ab. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass nicht festgestellt werden konnte, dass die Beschwerdeführer in der Russischen Föderation eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität - oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität - in der Vergangenheit gedroht hat bzw. aktuell droht. Ebenso konnte nicht festgestellt werden, dass die BF1-BF7 im Falle der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde oder von der Todesstrafe bedroht wäre. Es konnte ferner nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde und ihr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Beweiswürdigend hielt das BVwG fest, dass die vorgebrachten Fluchtgründe nicht glaubhaft seien.

2.11. Mit Schriftsatz vom 09.08.2019 erhoben die BF1-BF6 durch ihre rechtsfreundliche Vertretung fristgerecht Beschwerde gemäß § 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof.

3. Dritter Antrag auf internationalen Schutz (BF1-BF5; BF7); Zweiter Antrag auf internationalen Schutz (BF6):

3.1. Am 21.11.2019 stellten die BF1-BF6 sowie am 25.11.2019 die BF7 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem der BF1 und die BF2 am 22.11.2019 erstbefragt wurden. Dabei gab der BF1 an, dass sie von 09.09.2019-21.11.2019 in Deutschland gewesen seien und dort ebenso einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben. Österreich habe sie jedoch rückübernommen. Der BF1 führte aus, dass er mit seiner Familie in Österreich bleiben wolle. Eigentlich wolle er schon nach Tschetschenien zurück, doch das könne er nicht, da er dort Probleme mit der Polizei habe, weil er einem Freund Geld geschickt habe. Außerdem habe ihm sein Cousin XXXX ein SMS geschickt, in der geschrieben stand, dass er nicht zurückkehren solle, weil ihn die Tschetschenische Regierung suche.

3.2. Die BF2 berief sich bei ihrer Erstbefragung auf dieselben Angaben wie ihr Ehemann.

3.3. Die BF7 wurde am 25.11.2019 erstbefragt und gab dort im Wesentlichen an, dass sie sich ebenso von 10.09.2019 bis 24.11.2019 in Deutschland aufgehalten habe. Sie stelle nun einen neuen Antrag, weil ihr Sohn, der BF1, von Regierungsleuten wegen einer Rauferei mit XXXX Leuten gesucht werde. Etwa Mitte September 2019 hätten Leute der Regierung ihren Mann zu Hause nach ihrem Sohn befragt. Dabei sei er angeschrien und bedroht worden. Ihr Mann habe ihrem Sohn dann ein SMS geschickt, dass er nicht zurückkommen könne, weil er immer noch gesucht werde und es für ihn nicht sicher sei. Ihr Mann sei untergetaucht, da er so bedroht worden wäre und aus Angst er könnte "verschwinden". Die BF7 habe bei Rückkehr Angst, dass sie bedroht werde. Sie habe Angst, dass auch sie nach ihrem Sohn befragt werde und bedroht werde. Sie habe Angst um ihr Leben. Außerdem sei die BF7 krank und brauche Hilfe. Die medizinische Versorgung sei in Tschetschenien nicht ausreichend. Befragt, ob es konkrete Hinweise gäbe, dass ihr bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe, die Todesstrafe drohen würde oder sie mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen habe, meinte sie: "Nein. Ich habe Angst".

3.4. Mittels Verfahrensanordnung vom 22.11.2019 wurde den Beschwerdeführern (BF1-BF6) gemäß § 15b AsylG 2005 iVm § 7 Abs. 1 VwGVG mitgeteilt, dass sie ab sofort im Quartier BS West AIBE XXXX im XXXX durchgehend Unterkunft zu nehmen haben. Der BF7 wurde dies mittels Verfahrensanordnung vom 25.11.2019 mitgeteilt.

3.5. Am 02.12.2019 und am 11.12.2019 wurden der BF1 und die BF2 vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der BF1 zusammenfassend an, dass alles seit dem Erkenntnis vom 05.07.2019 noch schlimmer geworden sei. Er und sein Cousin, der 13 Jahre in Dornbirn gelebt habe, haben in Tschetschenien Menschen in Not unterstützt. Von einem Bekannten seines Cousins hätten sie erfahren, dass eine Person in Tschetschenien, nach der gesucht worden und die deswegen auf der Flucht gewesen sei, finanzielle Unterstützung gebraucht habe. Sie hätten dieser Person Geld geschickt, um die Flucht aus Russland zu ermöglichen. Sein Cousin sei dann 2017 nach Tschetschenien gereist, um zu heiraten. Dort habe ihn ein Bezirkspolizist aufgesucht und habe gesagt, dass er sich bei der Polizei melden solle. Dort sei er zu einer 6-jährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Ein Strafverfahren sei eingeleitet und er sei beschuldigt worden EUR 150,- nach Syrien geschickt zu haben. Das habe er allerdings nicht gemacht. Der Bekannte seines Cousins sei schuld daran, er habe immer wieder bewusst solche Sachen gemacht. Der BF1 habe auch seinen Onkel kontaktiert und sich erkundigt, wie die Lage in Tschetschenien und, ob er zurückkommen könne. Er habe seinem Onkel gesagt, dass sein Cousin ihn kontaktieren solle. Es sei zwar verboten im Gefängnis ein Handy zu besitzen aber irgendwie habe es funktioniert. Sein Cousin habe ihm dann u.a. am 23.10.2019 geschrieben: "Du wirst gesucht komm auf keinen Fall zurück". Zu diesem Zeitpunkt seien die BFs noch in Deutschland gewesen. Seine Tochter XXXX , die BF4, habe psychische Probleme. Die BF2 sagte, der BF1 habe dieselben Probleme. Die BF3-BF6 wurden wegen ihres kindlichen Alters nicht einvernommen.

3.6. Die BF7 wurde ebenso am 02.12.2019 und 11.12.2019 niederschriftlich vor dem BFA einvernommen. Dabei gab sie zusammenfassend an, dass sie aufgrund der Probleme ihres Sohnes nicht zurückkehren könne. Es gäbe neue Gründe, warum ihr Sohn nicht nach Hause könne. Sie habe drei Brüder und eine Schwester in Bregenz, deshalb würde sie auch gerne nach Bregenz. Ihre Geschwister würden sie unterstützen.

3.7. Mit den hier angefochtenen Bescheiden der BF1-BF7 des BFA vom 23.12.2019 (BF1-BF6) und vom 18.12.2019 (BF7) und wurden die Anträge auf internationalen Schutz vom 21.11.2019 (BF1-BF6) und vom 25.11.2019 (BF7) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde den BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 gegen die BF erlassen (Spruchpunkt IV.); gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Schließlich komme ihnen gemäß § 55 Abs. 1a FPG 2005 keine Frist für die freiwillige Ausreise zu (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen die BF1-BF7 ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 15b Abs. 1 AsylG wurden den BF aufgetragen vom 25.11.2019 durchgehend im folgenden Quartier Unterkunft zu nehmen: XXXX , XXXX im XXXX (Spruchpunkt VIII.).

3.8. Die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz begründet das Bundesamt im Wesentlichen damit, dass kein - verglichen mit dem letzten Asylverfahren - wesentlich geänderter Sachverhalt vorliege. Neue entscheidungsrelevante Fluchtgründe und Abschiebungshindernisse haben die Beschwerdeführer nicht vorgebracht. Neue aussagekräftige Dokumente seien ebenso nicht vorgelegt worden. Auch hätten sich die örtlichen Gegebenheiten in der Russischen Föderation seit der letzten inhaltlichen Asylentscheidung nicht maßgeblich geändert. Außerdem seien keine maßgeblichen Änderungen - die Personen der Beschwerdeführer betreffend - hervorgekommen, die einer Abschiebung entgegenstünden. Hinsichtlich der BF7 wurde bezugnehmend auf ihre Diabetes und ihren Bluthochdruck festgehalten, dass diese an keiner so schwerwiegenden körperlichen Krankheit und an keiner schweren psychischen Störung leiden würde, welche einer Außerlandesbringung entgegenstehen würden. Da sich auch die maßgeblichen Rechtsvorschriften nicht wesentlich geändert hätten, sei der Antrag auf internationalen Schutz mithin wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

3.9. Mit Verfahrensanordnung vom 27.12.2019 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

3.10. Gegen die Bescheide vom 23.12.2019 erhoben die BF1-BF6 am 10.01.2020 fristgerecht in vollem Umfang das Rechtsmittel der Beschwerde infolge Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Im Wesentlichen wird darin ausgeführt, das BFA habe es verabsäumt ihrer Ermittlungspflicht nachzukommen und bezüglich einer umfassenden Auseinandersetzung und Prüfung zu beurteilen, inwiefern von einer maßgeblichen Sachverhaltsänderung oder aber einer entschiedenen Sache im Sinne des § 68 AVG auszugehen ist. Die belangte Behörde habe nur unsubstantiiert dargelegt, dass sich betreffend die neuen Anträge kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben habe und Abänderungen des Privat- und Familienlebens seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht gegeben seien. Insbesondere habe sich das BFA in keinster Weise mit der gesundheitlichen Situation der Beschwerdeführer auseinandergesetzt. Auch finden sich keinerlei Hinweise darauf, ob eine Selbst- bzw. Gemeingefährdung des BF1 abgeklärt wurde und demnach gegeben ist oder nicht. Auch habe sich die belangte Behörde nicht mit der vorgebrachten psychischen Erkrankung der BF4 auseinandergesetzt. Außerdem hätte die BF2 auch im Folgeverfahren alleine und nicht im Beisein des BF1 einvernommen werden müssen. Erstmals sei es der BF2 nach Zustellung des nunmehr bekämpften Bescheides vor ihrer Rechtsberaterin in einem vertraulichen Gespräch möglich gewesen darüber zu sprechen, dass sie in Tschetschenien erheblichen Qualen und Übergriffen durch ihren Onkel väterlicherseits ausgesetzt gewesen sei. Bei diesem sei sie zwischen ihrem 3. und 16. Lebensjahr untergebracht gewesen, Kontakt zur leiblichen Mutter sei grausam unterbunden worden. Die BF2 befürchte im Falle einer Rückführung in die Russische Föderation wiederum von ihrem Onkel misshandelt zu werden. Ihr Onkel habe eine "hohe Position" in Tschetschenien, deshalb sei sie ihm im Falle einer Rückführung ausgeliefert. Bislang habe die BF2 sich nicht getraut im Beisein des BF1 über diese hochtraumatischen Erlebnisse zu sprechen bzw. sei sie aus psychischen Gründen dazu nicht in der Lage gewesen. Beschwerdeseitig wurde beantragt, das BVwG möge 1.) der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen, 2.) eine mündliche Beschwerdeverhandlung samt getrennter Einvernahme der Zweitbeschwerdeführerin anberaumen und die beantragten Beweise aufnehmen, 3.) der Beschwerde stattgeben, die bekämpften Bescheide mangels Vorliegens einer entschiedenen Sache ersatzlos beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung neuer Bescheide an das BFA zurückverweisen 4.) feststellen, dass das verhängte Einreiseverbot in der Dauer von 2 Jahren unzulässig ist.

3.11. Gegen den Bescheid vom 18.12.2019, zugestellt am 27.12.2019, erhob die BF7 durch ihre rechtsfreundliche Vertretung fristgerecht am 10.01.2020 in vollem Umfang das Rechtsmittel der Beschwerde infolge inhaltlicher Rechtswidrigkeit, unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Im Wesentlichen wird darin ausgeführt, dass der bisher durch die belangte Behörde erhobene Sachverhalt als keine ausreichende Entscheidungsgrundlage anzusehen sei, weil das BFA ihren Ermittlungspflichten nicht im ausreichenden Maße nachgekommen sei und das BFA habe das Verfahren somit mit Mangelhaftigkeit belastet. Des Weiteren habe es die belangte Behörde verabsäumt das Vorbringen der BF7, wonach drei ihrer Brüder und eine Schwester in Bregenz leben und asylberechtigt seien, entsprechend zu würdigen. Außerdem habe sich das BFA nicht mit den neuen Problemen des BF1 auseinandergesetzt, die eine wesentliche Änderung des relevanten Sachverhalts darstellen würden. Aus diesen Gründen liege keine entschiedene Sache vor. Weiters hätte die Behörde bei richtiger rechtlicher Beurteilung eine Entscheidung in der Sache selbst erlassen müssen. Auch sei das Einreiseverbot in der Dauer von zwei Jahren keineswegs verhältnismäßig und lässt sich dieses weder sachlich noch rechtlich begründen. Beschwerdeseitig wurde beantragt, das BVwG möge 1.) den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben und eine Entscheidung in der Sache erlassen und Asyl, in eventu subsidiären Schutz gewähren, 2.) in eventu feststellen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig und daher festzustellen sei, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung/plus vorliegen würde und daher gemäß § 58 Abs. 2 AsylG ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG von Amts wegen zu erteilen sei, 3.) in eventu den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit zur Gänze beheben und zur Durchführung eines erneuten Verfahrens und Erlassung eines inhaltlichen Bescheides an die Behörde zurückverweisen 4.) in eventu Spruchpunkt VII. hinsichtlich der Erlassung des Einreiseverbotes beheben, in eventu die Dauer des Einreiseverbotes verkürzen 5.) zur gebotenen Ergänzung des mangelhaft gebliebenen Ermittlungsverfahrens gemäß §24 Abs. 1 VwGVG eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen.

3.12. Die Beschwerdevorlage vom 14.01.2020 und die Verwaltungsakte langten beim Bundesverwaltungsgericht am 16.01.2020 ein und wurden der Gerichtsabteilung W247 zugewiesen. Der Vorsitzende dieser Gerichtsabteilung erklärte sich am 20.01.2020 für die Behandlung der Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin gemäß § 24 der geltenden Geschäftsverteilung für unzuständig, weil diese im Rahmen der Beschwerdeerhebung in casu einen Eingriff in ihre sexuelle Selbstbestimmung angeführt habe. Für die Behandlung der Beschwerde betreffend die übrigen Beschwerdeführer erklärte sich der Vorsitzende der GA W247 infolge Annexität zur Beschwerdesache der Zweitbeschwerdeführerin im Sinne des § 24 der geltenden Geschäftsverteilung ebenso für unzuständig. Die Beschwerde betreffend die sieben Beschwerdeführer wurde daraufhin der Gerichtsabteilung W215 zugewiesen. Die Vorsitzende dieser Gerichtabteilung erklärte sich am 20.01.2020 ebenso für die Behandlung der Beschwerde unzuständig, weil das Vorbringen eines Eingriffs gemäß § 20 AsylG erstmals in der Beschwerde behauptet worden sei. Daher sei eine Unzuständigkeit der GA W247 für sie nicht nachvollziehbar. Des Weiteren ging die Gerichtsabteilung W215 davon aus, dass das Vorbringen eines Eingriffs gemäß § 20 AsylG als neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen einen erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG von der Sache des Beschwerdeverfahrens nicht umfasst sei und dieses Vorbringen nach § 20 AsylG nicht Gegenstand dieses Verfahrens sei. Der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts entschied am 23.01.2020, dass die Beschwerdesachen endgültig der Gerichtsabteilung W247 zuzuweisen seien. Dies begründete er im Wesentlichen damit, dass einerseits vor dem Hintergrund des durch § 20 AsylG 2005 verfolgten Zwecks, sowie aufgrund der Tatsache, dass ein - in der Beschwerde gegen einen gemäß § 68 AVG zurückgewiesenen erstinstanzlichen Bescheid vorgebrachtes - neues Sachverhaltsvorbringen von der Sache des Beschwerdeverfahrens nicht umfasst sei, somit - unpräjudiziell für den weiteren Verfahrensverlauf - auch der erstmals in der Beschwerde vorgebrachte Hinweis auf einen allfälligen Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung daher im Hinblick auf die Zuweisung der Rechtssache unbeachtlich sei.

3.13. Mit Beschluss vom 23.01.2020 erkannte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerden der BF1-BF7 die aufschiebende Wirkung zu.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage der Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz vom 21.11.2019 (BF1-BF6) und 25.11.2019 (BF7), der Erstbefragung des BF1, der BF2 und der BF7 vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 22.11.2019 und 25.11.2019, der niederschriftlichen Einvernahme der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 02.12.2019 und 11.12.2019, der gegenständlichen Beschwerden vom 10.01.2020 gegen die angefochtenen Bescheide vom 18.12.2019 (BF7) und 23.12.2019 (BF1-BF6), sowie der Einsichtnahme in die Verwaltungsakte, werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

Die BF1-BF7 sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, der tschetschenischen Volksgruppe zugehörig und islamischen Glaubens. Die BF1-BF7 sprechen Tschetschenisch, als Muttersprache und beherrschen der BF1, die BF2 und die BF7 außerdem die Russische Sprache. Der BF1 ist mit der BF2 seit 25.06.2010 standesamtlich verheiratet. Dieser Ehe entstammen die BF3-BF6. Die BF7 ist die Mutter des BF1.

Drei Brüder der BF7 bzw. Onkel des BF1 sind in Österreich asylberechtigt und leben in XXXX . Auch die Schwester der BF7 bzw. Tante des BF1 ist in Österreich subsidiär schutzberechtigt und lebt in XXXX . Der BF1 besucht seine Verwandten zwar ab und zu, es besteht jedoch kein Abhängigkeitsverhältnis. Auch die BF7 besucht ihre Geschwister regelmäßig, ein Abhängigkeitsverhältnis besteht jedoch nicht. Die BF1-BF7 haben keine weiteren in Österreich lebenden Familienangehörigen. Alle weiteren Familienangehörigen leben im Herkunftsland. Sowohl die Schwester und der Vater des BF1, bzw. die Tochter und der Ehemann der BF7, als auch zwei weitere Schwestern und ein Bruder der BF7 leben mit ihren Familien in der Russischen Föderation. Auch der Onkel des BF1 väterlicherseits lebt mit seinen Söhnen, den Cousins des BF1, in der Russischen Föderation. Der Vater der BF2 verstarb als diese mündig minderjährig war. Die BF2 wuchs danach weiterhin bei ihrer Mutter auf, die nach wie vor in der Russischen Föderation lebt und erneut verheiratet ist. Der BF1 hat in Österreich Deutschkurse auf der Niveaustufe A1/1 und A2 besucht, jedoch noch keine Deutschprüfung auf dem Niveau A2 positiv bestanden. Er verfügt nur über geringe Deutschkenntnisse. Die BF2 hat in Österreich einen Mutter-Kind-Deutschkurs und einen Deutschkurs auf dem Niveau A1.1 besucht. Sie hat keine Deutschprüfung abgelegt und verfügt kaum über Deutschkenntnisse. Die BF7 hat an einem Deutschkurs "Deutsch als Fremdsprache" auf dem Niveau Lesen und Schreiben 2 und 3 teilgenommen. Sie hat keine Deutschprüfung abgelegt und verfügt kaum über Deutschkenntnisse.

Der neunjährige BF3 besuchte ab September 2014, drei Jahre lang den Kindergarten. Im Schuljahr 2017/2018 besuchte er die erste Schulstufe der Volkschule als außerordentlicher Schüler. Im Schuljahr 2018/2019 besuchte er die zweite Schulstufe. Er verfügt über grundlegende Deutschkenntnisse.

Die achtjährige BF4 besuchte seit September 2014 drei Jahre lang eine Kinderbetreuungseinrichtung. Im Schuljahr 2017/2018 besuchte sie die Vorschulstufe als außerordentliche Schülerin. Im Schuljahr 2018/2019 besuchte sie die erste Schulstufe der Volkschule. Die BF4 weist unterdurchschnittliche sprachliche Leistungen (deutsche Sprachkompetenz und teils weit unterdurchschnittliche intellektuelle (Allgemeinwissen, Umweltwissen, kulturtechnische Fertigkeiten) Leistungen auf. Sie hat adäquate Leistungen in ihren motorischen Fertigkeiten und neuropsychologischen Leistungen erbracht. Sie hat in ihrer Freizeit Gymnastik betrieben. Sie machte Ihre Hausaufgaben unaufgefordert und brauchte kaum Hilfe, besuchte die Schule im Vorschuljahr aber nur unregelmäßig und hatte Probleme mit ihren Klassenkameraden.

Der BF3 und die BF4 haben im Rahmen des Schulbesuchs an einem Skikurs teilgenommen.

Die siebenjährige BF5 besuchte in Österreich im Kindergartenjahr 2018/2019 einen öffentlichen Kindergarten. Sie verfügt über grundsätzliche Deutschkenntnisse und betreibt in ihrer Freizeit Gymnastik.

Die dreijährige BF6 wird von der Zweitbeschwerdeführerin zu Hause betreut.

Die BF1-BF6 leben seit ihrer Einreise ins österreichische Bundesgebiet gemeinsam in einem Haushalt in einem Quartier der Grundversorgung, wobei sie des Öfteren innerhalb der Grundversorgung umgezogen sind; an ihrem letzten Wohnort im Bezirk XXXX , in XXXX , lebten sie seit Sommer 2018 bis zum 22.11.2019. Seitdem leben sie in XXXX in einem Quartier der Grundversorgung. Die BF7 lebte seit ihrer Einreise in Quartieren der Grundversorgung in XXXX . Zuletzt in XXXX und XXXX . Seit 26.11.2019 lebt sie in XXXX in einem Quartier der Grundversorgung.

Die BF1-BF7 leiden an keinen schwerwiegenden Erkrankungen, welcher einer Abschiebung von BF1 bis BF7 in ihren Herkunftsstaat entgegenstehen würden. Es kann nicht festgestellt werden, dass die minderjährigen BF4 und der BF1 an psychischen Erkrankungen leiden. Die BF7 leidet, wie bereits im Vorverfahren festgestellt, an Diabetes und Bluthochdruck. Es wird - wie bereits im Vorverfahren - festgestellt, dass die BF7 an diesen Erkrankungen bereits litt, bevor sie das letzte Mal nach Österreich eingereist ist und ihre Erkrankungen in der Russischen Föderation behandelt wurden. Die BF1, BF2 und BF7 sind zu einer uneingeschränkten Teilnahme am Erwerbsleben fähig, so wie es ihnen auch vor ihrer Ausreise aus dem Herkunftsstaat möglich war, für sich selbst ihren Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Der BF1 arbeitete von 2007 bis 2012 als LKW-Fahrer und studierte ab dem Jahr 2010 berufsbegleitend bis zu seiner Ausreise Zollwesen, Marketing und Wirtschaft. Die BF2 machte bis zu ihrer Heirat eine Ausbildung zur Frisörin. Nach der Heirat war sie Hausfrau. Die BF7 hatte im Herkunftsstaat einen eigenen Marktstand und verkaufte dort Obst, Gemüse, selbstgemachtes Brot und Salate.

Der BF1 wurde in Österreich straffällig, im Strafregister der Republik Österreich sind folgende Verurteilungen ersichtlich:

01) LG XXXX vom 08.03.2016 RK 12.03.2016 § 50 (1) Z 1 WaffG § 107 (1 u 2) StGB Datum der (letzten) Tat 19.10.2015 Geldstrafe von 240 Tags zu je 7,00 EUR (1.680,00 EUR) im NEF 120 Tage Ersatzfreiheitsstrafe Vollzugsdatum 03.08.2016

02) LG XXXX vom 10.03.2016 RK 15.03.2016 §§ 127, 129 (1) Z 1 u 2 StGB Datum der letzten Tat 30.04.2015 Geldstrafe von 240 Tags zu je 4,00 EUR (960 EUR) im NET 120 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, davon Geldstrafe von 120 Tags zu je 4,00 EUR (480,00 EUR) im NEF 60 Tage Ersatzfrieheitsstrafe, bedingt, Probezeit 3 Jahre Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 StGB unter Bedachtnahme auf LG XXXX RK 12.03.2016 Vollzugsdatum 18.06.2018

Zu LG XXXX vom 10.03.2016 RK 15.03.2016 Unbedingter Teil der Geldstrafe vollzogen am 03.08.2016 LG XXXX vom 09.08.2016

Zu LG XXXX vom 10.03.2016 RK 15.03.2016 Der bedingt nachgesehene Teil der Geldstrafe wird widerrufen BG XXXX vom 07.06.2017

03) BG XXXX vom 07.06.2017 RK 12.06.2017

§ 12715 StGB

Datum der (letzten) Tat 26.01.2017 Geldstrafe von 100 Tags zu je 4,00 EUR (400,00 EUR) im NEF 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe Vollzugsdatum 18.06.2018

Die BF2-BF7 sind strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zum bisherigen Verfahrensgang und Fluchtvorbringen:

Zunächst wurden die Anträge der BF1-BF5 auf internationalen Schutz vom 04.06.2012 (BF1-BF4), vom 17.09.2012 (BF5) mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts W226 1432266-2/3E, W226 1432267-2/2E, W226 1432268-2/2E, W226 1432269-2/3E, W226 1432270-2/2E vom 15.12.2014 in der Sache rechtskräftig negativ entschieden und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung bestätigt. Hinsichtlich der Beschwerde gegen die Entscheidung der belangten Behörde über den Antrag der BF7 vom 25.02.2013 legte das BVwG das Verfahren mit Beschluss vom 24.03.2014 als gegenstandlos ab, da die BF7 am 12.12.2013 freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist ist. Verfahrensgegenständlich war dabei die beschwerdeseitige Behauptung einer Verfolgung des BF1 durch Anhänger von XXXX , weil der BF1 mit Genannten in eine Rauferei verwickelt war, als er sich weigerte im Rahmen seiner Tätigkeit als LKW-Fahrer Asphalt an eine bestimmte Adresse zu liefern (siehe dazu I.).

In Österreich wurden zuletzt die Anträge der BF1-BF5 auf internationalen Schutz vom 11.02.2015, der Antrag der BF6 vom 15.09.2016 und der Antrag der BF7 vom 14.12.2014 mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts W112 1432266-3/31E, W112 1432267-3/22E, W112 1434980-2/18E, W112 1432269-3/14E, W112 2134016-1/14E, W112 1432270-3/14E, W112 2137978-1/14E vom 05.07.2019 (hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asyl- wie des subsidiär Schutzberechtigten) in der Sache rechtskräftig negativ entschieden und die Erlassung der Rückkehrentscheidung bestätigt. Verfahrensgegenstand war dabei die beschwerdeseitige Behauptung einer Verfolgung des BF1 durch staatliche Organe, weil er den Ladungen der Armee bzw. der Einberufung zum Wehrdienst nicht nachgekommen sei, sowie eine Verfolgung der BF1-BF7 aufgrund der Reise von Familienangehörigen nach Syrien, um sich dem Islamischen Staat anzuschließen, wo der Cousin/Neffe des BF1 auch getötet worden sei. Verfahrensgegenständlich war außerdem das Vorbringen der BF2 es drohe dem BF1 im Falle der Rückkehr Verfolgung, weil sie dem angeblichen Onkel erzählt habe, dass sie sich in Österreich befinden, weil ihr Mann den Wehrdienst nicht ableisten wolle, was dieser "dem Lord", der rechten Hand XXXX , erzählt habe.

Die BF1-BF7 reisten im September 2019 nach Deutschland aus, blieben dort jedoch nur etwa 2 1/2 Monate und reisten anschließend wieder in das österreichische Bundesgebiet ein. Im Angesicht der drohenden Abschiebung stellten die BF1-BF6 am 21.11.2019 und die BF7 am 25.11.2019 den gegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz.

Der BF1 begründete gegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz damit, dass alles noch schlimmer geworden sei. Sein Cousin in Tschetschenien sei ungerechtfertigt verhaftet und zu einer 6-jährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Deshalb fürchte auch er ins Gefängnis zu kommen. Die BF2-BF6 machten keine eigenen Fluchtgründe geltend. Die BF7 gab an, ihr Sohn habe zusätzlich zu seinen nach wie vor bestehenden Problemen ein weiteres. So seien XXXX ¿s Leute Mitte September 2019 bei ihrem Ehegatten gewesen, hätten nach dem BF1 gefragt, den Ehegatten angeschrien, diesem gedroht, sodass dieser untergetaucht sei.

Die Beschwerdeführer begründeten ihre gegenständlichen dritten Anträge auf internationalen Schutz mit einer Gefährdungslage, welche ihnen bereits zum Zeitpunkt des zweiten Asylverfahrens bekannt waren und machten keinen - seit rechtskräftigem Abschluss ihres vorangegangenen Verfahrens - neu entstandenen Sachverhalt geltend. Darüber hinaus wohnt ihrem nunmehrigen Vorbringen kein glaubhafter Kern inne.

Im gegenständlichen Fall ergab sich weder eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die BF1-BF7 b

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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