TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/14 94/12/0250

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Veröffentlicht am 14.05.1998
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Index

L22002 Landesbedienstete Kärnten;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
24/01 Strafgesetzbuch;
61/01 Familienlastenausgleich;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
DienstrechtsG Krnt 1994 §20 Abs1 Z3 impl;
DienstrechtsG Krnt 1994 §20 Abs1 Z4;
DienstrechtsG Krnt 1994 §232;
DienstrechtsG Krnt 1994 §233 Abs1;
DienstrechtsG Krnt 1994 §254;
DienstrechtsG Krnt 1994 §277 Abs1;
DienstrechtsG Krnt 1994 §277;
FamLAG 1967 §2;
PG 1965 §1;
PG 1965 §2;
PG 1965 §26;
PG 1965 §49 Abs1 impl;
PG 1965 §49;
StGB §27 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde der K in K, vertreten durch Dr. Gerd Tschernitz, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Wienergasse 5, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 12. August 1994, Zl. Pers-33594/2/93, betreffend Gewährung eines Unterhaltsbeitrages (Erhöhung des Unterhaltsbeitrages für 1992 und Weitergewährung des vollen Unterhaltsbeitrages für 1993 und darüber hinaus), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Anträge der Beschwerdeführerin, einen Unterhaltsbeitrag für 1993 und darüber hinaus zu gewähren, abweist, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde, soweit damit die Anträge auf Erhöhung des Unterhaltsbeitrages für 1992 abgewiesen werden, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen.

Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

J, der Gatte der Beschwerdeführerin, wurde mit rechtskräftigem Urteil des LG Klagenfurt vom 30. Oktober 1991, 10 Vr 156/91, zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Sein bis dahin bestehendes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zum Land Kärnten endete deshalb gemäß § 20 Abs. 1 Z. 4 des Kärntner Dienstrechtsgesetzes, LGBl. Nr. 35/1985 (im folgenden Ktn DRG), mit Ablauf des 30. November 1991 kraft Gesetzes.

Mit Schreiben vom 27. März 1992 ersuchte die Beschwerdeführerin, ihr und ihrem minderjährigen Sohn P einen Unterhaltsbeitrag nach § 277 Ktn DRG zu gewähren. Sie sei derzeit halbtags als Friseurin mit einem Nettoeinkommen von S 4.800,-- beschäftigt und habe ihr Kind im Alter von drei Jahren zu versorgen. Da ihr Ehegatte seit seinem Amtsverlust ohne Einkommen sei, müsse sie derzeit für den gesamten Familienunterhalt aufkommen.

Mit Bescheid vom 8. März 1993 setzte die belangte Behörde den monatlichen Unterhaltsbeitrag unter Berücksichtigung des durchschnittlichen Monatseinkommens der Beschwerdeführerin in der Höhe von S 6.297,40 für den Zeitraum vom 1. Dezember 1991 bis 31. Dezember 1991 mit brutto S 342,60 und für den Zeitraum vom 1. Jänner 1992 bis 31. Dezember 1992 mit monatlich brutto S 895,60 fest. Die Beträge sind die Differenz zwischen den für den überlebenden Ehegatten mit einem Kind in den für die Kalenderjahre 1991 und 1992 festgesetzten Richtsätzen nach den in diesen Zeiträumen jeweils geltenden Ergänzungszulagenverordnungen und dem Nettoeinkommen der Beschwerdeführerin (einschließlich Familienbeihilfe).

Mit Schreiben vom 13. Mai 1993 wies die Beschwerdeführerin darauf hin, daß sich der Bescheid vom 8. März 1993 auf ein durchschnittliches Monatseinkommen in der Höhe von netto S 6.297,40 stütze; in diesem Betrag sei die Familienbeihilfe für den minderjährigen Sohn P bereits enthalten. Seit 1. Oktober 1992 gehe sie keiner unselbständigen Erwerbstätigkeit mehr nach, sondern sei vielmehr Gesellschafterin der K und H Offene Erwerbsgesellschaft (OEG). Aus ihrer beiliegenden Einkommensteuererklärung für 1992 gehe hervor, daß in diesem Jahr wegen der umfangreichen Investitionen kein Firmengewinn erzielt worden sei und sie ein negatives Einkommen gehabt habe. Auf Grund dieser wesentlichen Änderung der Sachlage stelle sie daher den Antrag, ihr ab 1. Jänner 1992 einen Unterhaltsbeitrag gemäß § 277 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 254 Ktn DRG "im vollen Umfang zu gewähren", da sich der Bescheid der belangten Behörde vom 8. März 1993 lediglich auf Einkommensnachweise vom 1. Dezember 1991 bis 30. Juni 1992 stütze (Hinweis auf die Verhandlungsschrift vom 7. Dezember 1992). Außerdem beantrage sie, ihr auch für das Jahr 1993 den vollen Unterhaltsbeitrag zu gewähren, da sie das obgenannte Unternehmen überschuldet von ihrer Mutter übernommen habe, sich der Betrieb erst in der Aufbauphase befinde und daher auch für das Jahr 1993 kein Gewinn zu erwarten sei.

Im Ermittlungsverfahren legte die Beschwerdeführerin über Aufforderung der belangten Behörde die Einkommensteuerbescheide des Finanzamtes K. für die Kalenderjahre 1992 und 1993 vor, die jeweils ein Einkommen in der Höhe von S 0,-- aufwiesen. Über Vorhalt der belangten Behörde gab die Beschwerdeführerin ferner am 12. Juli 1994 die eidesstattliche Erklärung ab, sie habe den notwendigen Lebensunterhalt aus einem von ihrem Vater gewährten zinsenlosen Darlehen in der Höhe von bisher S 105.000,-- bestritten, das ihr in Teilbeträgen von monatlich S 7.000,-- ab 1. April 1993 ausbezahlt worden sei (Vorlage eines entsprechenden Vertrages/Schuldscheines). Da dieses Darlehen nicht für alle sie betreffenden Zahlungen ausreiche, sei sie bei vielen ihrer Verpflichtungen säumig (wird näher ausgeführt). Sie stelle daher den Antrag, ihr auf Grund ihrer prekären Situation "den beantragten Unterhaltsbeitrag nachzuzahlen" und ihr "weiterhin einen monatlichen Unterhaltsbeitrag -" bis sich ihre finanzielle Situation geändert habe - zu gewähren.

Laut einem Aktenvermerk vom 6. Juli 1994 sind nach einer telefonischen Auskunft der Bezirkshauptmannschaft K. auf die Beschwerdeführerin zwei PKW (Mazda 323 - Zulassung vom 24. September 1993; Citroen - Zulassung vom 26. Jänner 1994) zugelassen. Nach dem Amtsvortrag zum angefochtenen Bescheid hat die Beschwerdeführerin, die für einen offenen Bezugsvorschußrest ihres Gatten als Bürge haftet, bis zum 1. Juni 1994 Teilbeträge gezahlt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12. August 1994 wies die belangte Behörde die Anträge der Beschwerdeführerin vom 13. Mai 1993 bzw. 12. Juli 1994 betreffend die Gewährung eines Unterhaltes (Erhöhung des Unterhaltsbeitrages für 1992 und Weitergewährung des vollen Unterhaltsbeitrages für 1993 und darüber hinaus) ab. Sie ging davon aus, daß die Beschwerdeführerin seit 1. Oktober 1992 keiner unselbständigen Erwerbstätigkeit mehr nachgehe, sondern Gesellschafterin einer OEG sei. Im Zeitpunkt der Firmenübernahme hätte die Beschwerdeführerin Kenntnis darüber haben müssen, daß dieser Betrieb Belastungen aufweise und - wie sie selbst in ihrem Antrag vom 13. Mai 1993 ausgeführt habe - umfangreiche Investitionen zu tätigen gewesen seien. Bei dieser Sachlage hätte die Gewährung eines Unterhaltsbeitrages die Konsequenz, daß die offenen Verbindlichkeiten, die sich durch die Firmenübernahme ergeben hätten, letztlich dem Land aufgebürdet würden. Dies könne nicht Sinn und Zweck der Unterhaltsbeitragsnormen sein. Unter dem Begriff "Einkommen" des Angehörigen sei alles zu verstehen, was ihm aus welchem Titel auch immer an Geld oder Geldeswert zufließe und geeignet sei, daraus den notwendigen Unterhalt zu bestreiten. Das der Beschwerdeführerin von ihrem Vater gewährte zinsenlose Darlehen müsse also als Einkommen gewertet werden. Ob dieses Darlehen in welcher Form auch immer zurückzuzahlen sei, sei im Verfahren betreffend die Gewährung von Unterhaltsbeiträgen nicht zu prüfen. Als weiteres Indiz, daß die Beschwerdeführerin über entsprechende Einkünfte verfüge, sei der Umstand zu werten, daß auf ihren Namen zwei PKWs zugelassen seien. Wenn jemand den Aufwand für zwei PKWs finanzieren könne, müsse er jedenfalls über ein entsprechendes Einkommen verfügen, weil ja nebenbei der notwendige Lebensunterhalt bestritten werden müsse. Festzuhalten sei auch, daß die Beschwerdeführerin, die als Bürge für einen offenen Bezugsvorschußrest ihres Gatten hafte, 1993 einen Betrag in der Höhe von S 7.187,40 und 1994 einen solchen in der Höhe von S 3.779,20 zurückgezahlt habe, sodaß sich zum 1. August 1994 ein offener Restbetrag in der Höhe von S 12.442,40 ergebe. Ohne Einkommen hätte die Beschwerdeführerin diese Rückzahlungen nicht tätigen können. Als Gesellschafterin der obgenannten OEG habe die Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Vornahme von Privatentnahmen zur Bestreitung ihres notwendigen Lebensunterhaltes. Diese Privatentnahmen seien im Betriebsergebnis enthalten und fänden dementsprechend in den vorgelegten Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 1992 und 1993 ihren Niederschlag, wenn sie letztlich auch der Höhe nach nicht gesondert herauslesbar seien. Auch die von der Beschwerdeführerin für ihren minderjährigen Sohn P bezogene Familienbeihilfe sei als Einkommen zu werten. Die belangte Behörde gehe daher auf Grund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens davon aus, daß die Beschwerdeführerin über ein zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhaltes ausreichendes Einkommen verfüge, das zumindest den Mindestsatz nach den jeweiligen Ergänzungszulagenverordnungen zum Kärntner Dienstrechtsgesetz erreiche. Mitberücksichtigt seien hier das vom Vater gewährte zinsenlose Darlehen, die von der Beschwerdeführerin sicher getätigten Privatentnahmen aus der OEG sowie die Familienbeihilfe worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Kärntner Dienstrechtsgesetz (Wiederverlautbarung, LGBl. Nr. 71/1994) anzuwenden. (Paragraphenbezeichnungen beziehen sich, soweit im folgenden nicht eine andere Fundstelle angegeben wird, auf dieses Gesetz.)

Gemäß § 20 Abs. 1 wird das Dienstverhältnis u.a. aufgelöst durch

"3. Entlassung,

4. Amtsverlust gemäß § 27 Abs. 1 StGB oder ..."

Nach § 233 Abs. 1 erwirbt der Beamte mit dem Tag des Dienstantrittes Anwartschaft auf Pensionsversorgung für sich und seine Angehörigen, es sei denn, daß er vorher auf die Pensionsversorgung verzichtet hat.

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung erlischt die Anwartschaft durch

a)

Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft oder Staatsangehörigkeit im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 5

b)

Verzicht,

c)

Austritt,

d)

Kündigung,

e)

Entlassung.

Nach § 232 Abs. 1 sind Hinterbliebene der überlebende Ehegatte, die Kinder und der frühere Ehegatte des verstorbenen Beamten.

Gemäß Abs. 5 dieser Bestimmung sind Angehörige die Personen, die im Falle des Todes des Beamten Hinterbliebene wären.

§ 277 lautet (auszugsweise):

"Unterhaltsbeitrag für die Angehörigen und Hinterbliebenen eines entlassenen Beamten

(1) Die Landesregierung kann dem Angehörigen eines aus dem Dienststand entlassenen Beamten auf Antrag einen monatlichen Unterhaltsbeitrag gewähren, vorausgesetzt, daß der Angehörige über ein zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhaltes ausreichendes Einkommen nicht verfügt und Anspruch auf Versorgungsgenuß hätte, wenn der Beamte im Zeitpunkt der Entlassung gestorben wäre. Der Unterhaltsbeitrag kann auch befristet gewährt werden. Er ist zu entziehen, wenn eine Voraussetzung für seine Gewährung weggefallen ist.

(2) Der Unterhaltsbeitrag darf den Versorgungsgenuß und die Versorgungsgenußzulage nicht übersteigen, auf die der Angehörige Anspruch hätte, wenn der Beamte im Zeitpunkt der Entlassung gestorben wäre. Im Falle einer Verurteilung des Angehörigen, die das Erlöschen des Anspruches auf Versorgungsgenuß bewirken würde, vermindert sich der Höchstbetrag des Unterhaltsbeitrages bis zum Ablauf des Monats, in dem die Verurteilung getilgt wird, um 25 v.H.

..."

Nach § 254 Abs. 1 Satz 1 gebührt einer Person, die Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuß hat und deren monatliches Gesamteinkommen die Höhe des Mindestsatzes (Abs. 5) nicht erreicht, auf Antrag eine Ergänzungszulage in der Höhe des Unterschiedes zwischen dem monatlichen Gesamteinkommen und dem Mindestsatz.

Gemäß Abs. 5 dieser Bestimmung sind die Mindestsätze durch Verordnung der Landesregierung festzusetzen. Hiebei sind unter anderem folgende Grundsätze zu beachten:

"1. Die Mindestsätze sind so festzusetzen, daß der notwendige Lebensunterhalt des Beamten und seiner Angehörigen sowie der Hinterbliebenen des Beamten gesichert ist.

2. Die Mindestsätze sind für den Beamten, den überlebenden Ehegatten, die Halbwaise, die Vollwaise und den früheren Ehegatten gesondert festzusetzen."

Die Kärntner Landesregierung hat mit Verordnung vom 30. März 1993 die Mindestsätze für die Bemessung der Ergänzungszulage nach dem Kärntner Dienstrechtsgesetz, LGBl. Nr. 42 in der Fassung der Druckfehlerberichtigung LGBl. Nr. 23/1994, mit Wirkung ab 1. Jänner 1993 in den Ziffern 2 und 3 (in der Klammer werden die Sätze der ab 1. Jänner 1994 in Kraft getretenen Verordnung, LGBl. Nr. 36/1994, angeführt) wie folgt festgesetzt:

Der Mindestsatz im Sinne des § 254 Abs. 5 beträgt für den überlebenden Ehegatten S 7.000,-- (S 7.500,--) und erhöht sich für jedes Kind, für das dem überlebenden Ehegatten eine Haushaltszulage gebührt, um S 746,-- (S 799,--).

Für eine Halbwaise bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres beträgt der Mindestsatz S 2.614,-- (S 2.801,--) und nach diesem Zeitpunkt S 4.644,-- (S 4.976,--).

Vorab ist festzuhalten, daß die Begehren der Beschwerdeführerin vom 13. Mai 1993 und 12. Juli 1994 mehrere Anträge enthalten, und zwar:

1. den Antrag, ihr ab 1. Jänner 1992 wegen der Änderung ihrer Einkommenssituation (kein Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit mehr ab 1. Oktober 1992; kein "Gewinn" bzw. kein steuerpflichtiges Einkommen aus der seither ausgeübten selbständigen Tätigkeit in dem von der Mutter übernommenen Familienbetrieb) einen Unterhaltsbeitrag "im vollen Umfang" und

2. den Antrag, ihr auch für das Kalenderjahr 1993 den vollen Unterhaltsbeitrag bzw. ihr einen solchen weiterhin, bis sich ihre finanzielle Situation gebessert habe,

zu gewähren.

Die belangte Behörde hat über alle Anträge im angefochtenen Bescheid entschieden und eine negative Sachentscheidung gefällt.

Was den ersten für das Kalenderjahr 1992 gestellten Antrag betrifft, ist er auf die Abänderung des rechtskräftigen Bescheides der belangten Behörde vom 8. März 1993 gerichtet, der unter anderem der Beschwerdeführerin auch für 1992 einen Unterhaltsbeitrag (in der Höhe von monatlich brutto S 895,60) zuerkannt hatte. Die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Sachverhaltsänderung trat während des Kalenderjahres 1992 (nämlich ab 1. Oktober 1992) ein und hätte grundsätzlich vor der Erlassung des rechtskräftigen Bescheides der belangten Behörde vom 8. März 1993 geltend gemacht werden müssen, der auch diesen Anspruchszeitraum 1992 erfaßte. Dem Begehren vom 13. Mai 1993, soweit es auf die Neubemessung des Unterhaltsbeitrages für das Kalenderjahr 1992 abzielt (dies gilt auch für die Wiederholung im Schreiben vom 12. Juli 1994), läßt sich kein Vorbringen entnehmen, das als Wiederaufnahmeantrag im Sinne des § 69 Abs. 1 (Z. 2) AVG gedeutet werden könnte. Soweit sich das Begehren der Beschwerdeführerin auf (nachträgliche) Erhöhung des Unterhaltsbeitrages für das Jahr 1992 bezieht, wäre es daher bei der im Beschwerdefall gegebenen Konstellation wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen. Durch die negative Sachentscheidung des angefochtenen Bescheides in diesem zeitlichen Umfang wurde die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Beschwerde ist daher, soweit sie sich gegen die Abweisung des Erhöhungsantrages für das Kalenderjahr 1992 richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Was den Antrag der Beschwerdeführerin, soweit er sich auf das Kalenderjahr 1993 und Folgezeiten bezieht, betrifft, ist folgendes maßgebend:

Die Beschwerdeführerin bringt zunächst vor, es seien Verfahrensvorschriften verletzt worden, da von der Antragstellung bis zur Bescheiderlassung 15 Monate verstrichen seien. Damit wird keine Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid dargetan. Bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides hätte der Verletzung der Entscheidungspflicht mit einer Säumnisbeschwerde gemäß Art. 132 B-VG begegnet werden können. Mit der Erlassung des angefochtenen Bescheides ist die belangte Behörde ihrer Verpflichtung zur Entscheidung nachgekommen. Daß dies erst nach Ablauf der Entscheidungsfrist erfolgte, belastet den angefochtenen Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit.

§ 277 Abs. 1 enthält die Ermächtigung eine Ermessensentscheidung zu treffen (arg.: kann). Voraussetzung für die Übung des Ermessens ist jedoch das Vorliegen folgender Tatbestandsvoraussetzungen:

1. Antragstellung durch einen hiezu Berechtigten (Angehöriger eines aus dem Dienststand entlassenen Beamten);

2. kein Einkommen des Antragstellers, das zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhaltes ausreicht;

3. Bestehen eines fiktiven Anspruches des Antragstellers auf Versorgungsgenuß im Zeitpunkt der Entlassung des Beamten.

Liegt auch nur eine dieser drei Voraussetzungen nicht vor, ist der Antrag auf Gewährung eines Unterhaltsbeitrages abzuweisen; in diesem Fall besteht kein Ermessen.

Was die erste Tatbestandsvoraussetzung betrifft, ist aus der Sicht des Beschwerdeführers zu prüfen, ob im Fall der Auflösung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses eines Beamten durch Amtsverlust nach § 27 Abs. 1 StGB überhaupt ein Anwendungsfall des § 277 Abs. 1 vorliegt. Das hängt davon ab, ob ein solcher ehemaliger Beamter, dessen Dienstverhältnis aus diesem Grund kraft Gesetzes beendet wurde, ein aus dem Dienststand entlassener Beamter im Sinne der genannten pensionsrechtlichen Bestimmung ist, zumal § 20 Abs. 1 in seinen Z. 3 und 4 beide Endigungsgründe gesondert nennt.

Das Kärntner DRG orientiert sich in seinem V. Teil (Pensionsrecht; §§ 232 ff) offenkundig am bundesrechtlichen Vorbild, dem Pensionsgesetz 1965 (PG 1965), das es zum Großteil wörtlich übernimmt. Die §§ 232, 233 Abs. 1, 254 und 277 Ktn DRG entsprechen dabei den §§ 1, 2, 26 und 49 PG 1965.

Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des PG 1965 galt im Bundesbereich die Dienstpragmatik 1914 (DP). § 116 DP sah vor, daß die Entlassung des Beamten ohne weiteres Verfahren im administrativen Wege zu verfügen war, wenn gegen einen Beamten ein strafgerichtliches Urteil ergangen war, das nach den bestehenden gesetzlichen Vorschriften den Verlust des Amtes unmittelbar zur Folge hatte. Nach übereinstimmender Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts kam der nach § 116 DP von der Dienstbehörde ausgesprochenen "administrativen" Dienstentlassung nur deklarative, nicht aber konstitutive Bedeutung zu (vgl. z.B. VfGH 21. Mai 1927, Slg. 821; 1. Juni 1932, Slg. 1451; VwGH 9. Juli 1953, Slg. 3068/A, sowie vom 21. Dezember 1961, Slg. 5695/A). Damit umfaßte der Entlassungsbegriff in § 2 Abs. 2 lit. e und § 49 Abs. 1 PG 1965 (entspricht §§ 233 Abs. 2 lit. e und 277 Abs. 1 Ktn DRG) jedenfalls im Zeitpunkt seiner Entstehung auch den Amtsverlust nach § 26 Abs. 1 lit. d des damals geltenden Strafgesetzes bzw. ab 1. Jänner 1975 nach § 27 Abs. 1 StGB (so auch im Ergebnis Gebetsroither/Grüner, Das Pensionsgesetz2, 1976, Anmerkung 11 zu § 2, Seite 43 f, die auf die Anmerkung 3 zu § 49, Seite 787, verweist).

Das BDG (1977 und 1979) wie auch das Ktn DRG enthalten keine dem § 116 DP entsprechende Bestimmung. § 20 Abs. 1 BDG 1979 (bzw. Ktn DRG) führte die bereits oben erwähnte taxative Aufzählung der Endigungsgründe eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses ein, die zwischen Entlassung einerseits und Amtsverlust nach § 27 Abs. 1 StGB andererseits unterscheidet. Die §§ 2 und 49 Abs. 1 PG selbst wurden aus Anlaß des BDG 1977 und BDG 1979 nicht geändert. Es findet sich kein Anhaltspunkt dafür, daß der Entlassungsbegriff in den genannten pensionsrechtlichen Bestimmungen seitdem im Licht der dienstrechtlichen Bestimmungen des § 20 Abs. 1 Z. 3 und 4 BDG 1979 einschränkend auszulegen ist und den Amtsverlust nach § 27 Abs. 1 StGB nicht mehr umfaßt.

Dem kann auch nicht Art. VI Z. 4 des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 522/1995, entgegengehalten werden, der mit Wirkung vom 1. Juli 1995 dem § 49 Abs. 1 PG 1965 folgenden letzten Satz anfügte:

"Der Entlassung aus dem Dienststand ist der Amtsverlust gemäß § 27 Abs. 1 des StGB, BGBl. Nr. 60/1974, gleichzuhalten, sofern dadurch das Dienstverhältnis eines Beamten des Dienststandes aufgelöst worden ist."

Wie die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zu diesem Bundesgesetz, 233 Blg.Sten.Prot. NR 19. GP, zu dieser Bestimmung, Seite 33, betonen, dient diese Anfügung der Klarstellung (Unterstreichung nicht im Original), daß der Amtsverlust gemäß § 27 Abs. 1 StGB bei Anwendung des § 49 PG 1965 der Entlassung aus dem Dienststand gleichzuhalten ist.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes führte daher diese Novelle des PG 1965 aus dem Jahr 1995 (eine derartige Ergänzung fehlt im Ktn DRG) lediglich zur Verdeutlichung der bereits damals geltenden Rechtslage, jedoch nicht zu einer Erweiterung des Kreises der Unterhaltsbeitragsberechtigten.

Gegen eine Gleichsetzung des pensionsrechtlichen Entlassungsbegriffes in § 49 Abs. 1 PG 1965 aF (vor der Novelle BGBl. Nr. 522/1995) bzw. § 277 Abs. 1 Ktn DRG mit dem engeren in § 20 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 bzw. Ktn DRG verwendeten Begriff der Entlassung spricht auch, daß sich kein überzeugender sachlicher Rechtfertigungsgrund dafür finden läßt, daß den Angehörigen eines von einer Disziplinarbehörde rechtskräftig entlassenen Beamten ein Unterhaltsbeitrag nach dem Pensionsrecht gewährt werden könnte, während dies bei Angehörigen eines Beamten, dessen Dienstverhältnis nach § 27 Abs. 1 StGB (in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 bzw. Ktn DRG) endete, von vornherein ausgeschlossen wäre.

Aus diesen Gründen teilt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, von der auch die belangte Behörde implicite zutreffend ausgegangen ist, daß § 277 Abs. 1 auch bei der im Beschwerdefall gegebenen Konstellation - die Beschwerdeführerin ist Angehörige eines ehemaligen Beamten, dessen öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis durch Amtsverlust nach § 27 Abs. 1 StGB in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Z. 4 Ktn DRG kraft Gesetzes geendet hat - anzuwenden ist.

Der Verwaltungsgerichtshof geht ferner davon aus, daß die Beschwerdeführerin mit ihren Eingaben vom 13. Mai 1993 und 12. Juli 1994, soweit sie sich auf das Kalenderjahr 1993 und Folgezeiten beziehen, nur beantragt hat, ihr als Angehöriger (Ehefrau nach einem aus dem Dienststand entlassenen Beamten) einen Unterhaltsbeitrag im Sinne des § 277 Abs. 1 zuzuerkennen. Daß dies "im vollen Umfang" geschehen solle, bezieht sich lediglich auf die Höhe des von ihr geltend gemachten Anspruches. Der Hinweis auf die von ihr für ihren minderjährigen Sohn P bezogene Familienbeihilfe im Antrag vom 13. Mai 1993 betrifft lediglich eine Tatbestandsvoraussetzung (Einkommen) für den von ihr geltend gemachten Anspruch. Darüber allein hat auch die belangte Behörde abgesprochen.

Die erste Tatbestandsvoraussetzung nach § 277 Abs. 1 im gebotenen Bereich ist erfüllt, weil auch die Angehörigeneigenschaft der Beschwerdeführerin unbestritten gegeben ist.

Auch die dritte Tatbestandsvoraussetzung, die im Verwaltungsverfahren nicht näher behandelt wurde, ist offenbar unstrittig erfüllt.

Die belangte Behörde hat ihren angefochtenen Bescheid nämlich im wesentlichen auf zwei Versagungsgründe gestützt:

a) Sie geht davon aus, daß die Beschwerdeführerin über ein ausreichendes Einkommen zur Bestreitung ihres notwendigen Lebensunterhaltes verfügt und damit die oben unter 2. genannte gesetzliche Tatbestandsvoraussetzung des § 277 Abs. 1 nicht erfüllt ist. Insofern ist der angefochtene Bescheid im Bereich der Gebundenheit getroffen worden.

b) Sie vertritt ferner die Auffassung, die Beschwerdeführerin habe im Zeitpunkt der Unternehmensübernahme Kenntnis von den auf sie zukommenden Belastungen haben müssen; die Gewährung eines Unterhaltsbeitrages würde damit im Ergebnis darauf hinauslaufen, daß die durch diese Übernahme offenen Verbindlichkeiten auf das Land überwälzt werden würden, was nicht im Sinn und Zweck des Unterhaltsbeitrages liege. Insofern hat die belangte Behörde im Ermessensbereich entschieden.

ad a) Zum Einkommensbegriff nach § 277 Abs. 1:

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die Beschwerdeführerin geltend, das von ihrem Vater erhaltene Darlehen, das sie wegen der langen Untätigkeit der belangten Behörde hätte aufnehmen müssen und das sie zurückzuzahlen habe, könne nicht als Einkommen gewertet werden. Bei einer solchen Auslegung wäre dem Ktn DRG jeglicher Anwendungsbereich genommen, weil jeder einkommenslose Unterhaltsbeitragsberechtigte jedenfalls für seinen notwendigen Lebensunterhalt Vorsorge treffen müsse. Auch die Familienbeihilfe könne nicht als ihr Einkommen gewertet werden, weil sie der Bestreitung der Bedürfnisse ihres Sohnes diene. Ferner bringt sie vor, die beiden auf ihren Namen angemeldeten Fahrzeuge (ein Leasingfahrzeug; ein PKW, Baujahr 1982, mit einem Wert von S 5.000,--, der in der Zwischenzeit nicht mehr angemeldet sei) dienten als Firmenfahrzeuge. Es entbehre jeglicher objektiver Grundlage, wenn die Behörde aus der Tatsache der Anmeldung dieser PKWs auf ihren Namen darauf schließe, sie verfüge über ein entsprechendes Einkommen. Sie wies auch darauf hin, daß sie aus dem ihr von ihrem Vater gewährten Darlehen auch die Bezugsvorschußrückzahlungen getätigt habe.

Dazu ist folgendes zu bemerken:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung zu § 49 Abs. 1 PG 1965, die wegen der wörtlichen Übereinstimmung mit § 277 Abs. 1 Ktn DRG auch für den Anwendungsbereich dieses Landesgesetzes herangezogen werden kann, klargestellt, daß bei der Bemessung des Unterhaltsbeitrages im Sinne dieser Bestimmung von der tatsächlichen Lage des Einkommens des antragstellenden Angehörigen im erfaßten Zeitraum auszugehen und danach zu prüfen ist, ob er ein zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhaltes ausreichendes Einkommen besitzt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1991, 90/12/0110, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Unter "Einkommen" des Angehörigen im Sinne des § 277 Abs. 1 ist dabei nicht das steuerpflichtige Einkommen nach dem Einkommensteuergesetz, sondern alles das zu verstehen, was dem Angehörigen aus was immer für einem Rechtstitel oder sonstigen Anlaß an Geld oder Geldeswert zufließt und geeignet ist, daraus den notwendigen Lebensunterhalt zu bestreiten. Dazu gehören auch die Unterhaltsleistungen, die der Angehörige von welcher Seite immer (insbesondere auch vom entlassenen Beamten) tatsächlich erhält (vgl. z.B. zum PG 1965 das hg. Erkenntnis vom 7. Dezember 1972, 1159 bis 1161/72 = Slg. N.F. Nr. 8330/A - nur Leitsatz, sowie das hg. Erkenntnis vom 8. Juni 1994, 90/12/0225).

Klargestellt wurde in der bisherigen Rechtsprechung, daß Leistungen nach dem Unterhaltsvorschußgesetz (hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1988, 88/12/0126 bis 0128), aber auch die Leistungen des Unterhaltes durch den Großvater an den Enkel (hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1991, 90/12/0110) ein zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne der obgenannten pensionsrechtlichen Regelung darstellen. Hingegen fallen freiwillige Leistungen Dritter (damals: freiwillig geleistete Unterhaltsbeiträge der Wahleltern vor Wirksamkeit der Adoption an die "Adoptiv"kinder), bei denen diese erkennbar nicht auf deren Einbringung verzichtet haben, nicht unter den Einkommensbegriff des § 49 Abs. 1 PG 1965 (hier: § 277 Abs. 1 Ktn DRG). Dies wurde unter anderem auch damit begründet, daß bei einer anderen Betrachtung für die Anwendung des § 49 Abs. 1 PG 1965 (§ 277 Abs. 1 Ktn DRG) kaum eine Möglichkeit bestünde, weil regelmäßig Dritte für den Angehörigen zumindest (vorschußweise) jene Unterhaltsleistungen erbringen, die die Bestreitung des notwendigen Lebensunterhaltes ermöglichen, worauf die Beschwerdeführerin zutreffend hingewiesen hat. Der Sinn der genannten Bestimmung kann aber nicht darin gelegen sein, den Anspruch nur subsidiär insoweit zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhaltes zu gewähren, als nicht freiwillige Leistungen erbracht werden, um die Anspruchsberechtigten vor einer Notlage zu bewahren (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1991, 90/12/0110).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage erweist sich jedoch die Zurechnung des der Beschwerdeführerin von ihrem Vater gewährten Darlehens zum Einkommen im Sinne des § 277 Abs. 1 als auf dem Boden des bisher festgestellten Sachverhaltes als rechtswidrig.

Nach der von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren vorgelegten Privaturkunde (Vertrag/Schuldschein) stellte der Vater der Beschwerdeführerin (seiner Tochter) "ein zinsenloses Darlehen von S 105.000,--" zur Verfügung; das Darlehen sei in Teilbeträgen von monatlich S 7.000,-- ab 1. April 1993 gewährt worden, sodaß der Betrag von S 105.000,-- mit 1. Juli 1994 erreicht worden sei. Die Beschwerdeführerin verpflichtete sich demnach, "dieses Darlehen in gesamter Höhe nach Ausbezahlung des ihr zustehenden Unterhaltsbeitrages vom Amt der Kärntner Landesregierung, spätestens aber bis September 1994 zurückzuzahlen."

Davon ausgehend sind aber die aus diesem Titel der Beschwerdeführerin zugeflossenen Mittel, die sie zurückzuzahlen hat, nach dem oben Gesagten kein Einkommen im Sinne des § 277 Abs. 1. Etwas anderes würde z.B. gelten, wenn festgestellt worden wäre, daß der Vater der Beschwerdeführerin diese Leistung zur Gänze oder zum Teil in Erfüllung einer ihn treffenden gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung erbringt oder in Wahrheit eine Schenkung an die Beschwerdeführerin vorliegt. Ermittlungen und Feststellungen in diese Richtung hat die belangte Behörde - offenkundig ausgehend von einem zu weiten Einkommensbegriff - nicht angestellt bzw. getroffen.

Was die Bewertung der Familienbeihilfe als Einkommen der Beschwerdeführerin im Sinne des § 277 Abs. 1 betrifft, ergibt sich aus § 12a des Familienlastenausgleichsgesetzes nur, daß die Familienbeihilfe kein Einkommen des Kindes ist und seinen Unterhaltsanspruch nicht mindert. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist aus der Zielsetzung der Familienbeihilfe abzuleiten, daß sie in voller Höhe für das betreffende Kind zu verwenden ist und demnach nicht unter den Einkommensbegriff des § 277 Abs. 1 Ktn DRG fällt (vgl. dazu auch Schwimann in Schwimann, Hrsg. - ABGB - Praxiskommentar2, Rz 52 zu § 94 ABGB im ersten Band auf Seite 186).

Was die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid aus verschiedenen Umständen (Haltereigenschaft für zwei PKWs; Rückzahlung von Bezugsvorschußraten, für die die Beschwerdeführerin haftet) gezogenen Rückschlüsse auf sonstige Einkunftsquellen, insbesondere Privatentnahmen aus der OEG, der Beschwerdeführerin betrifft, wurden diese Feststellungen getroffen, ohne der Beschwerdeführerin Parteigehör zu gewähren; ihre in der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde dagegen zum Teil vorgebrachten Gründe sind daher keine Neuerung; sie können auch nicht von vornherein als unbeachtlich angesehen werden. Dazu kommt noch, daß die belangte Behörde keinerlei Aussagen zur Höhe dieser angeblichen Einkommensteile trifft, was jedoch für den anzustellenden Vergleich (notwendiger Lebensunterhalt) von Bedeutung gewesen wäre. Zutreffend ist die belangte Behörde allerdings davon ausgegangen, daß die Einkommensteuerbemessungsgrundlage für die Ermittlung der aus selbständiger Tätigkeit erzielten Einkünfte im Sinne des § 277 Abs. 1 nicht maßgebend ist, weil es auf das Einkommen im oben dargelegten Sinn ankommt. Diesbezügliche Sachverhaltsklärungen wären jedoch unter Mitwirkung der Beschwerdeführerin - sollte sie dabei nicht mitwirken unter Berücksichtigung dieses Umstandes im Schätzungsweg - zu lösen gewesen.

Die belangte Behörde konnte daher nicht zutreffend davon ausgehen, daß der Unterhaltsbeitrag der Beschwerdeführerin bereits deswegen zu versagen sei, weil sie über ein ausreichendes Einkommen im Sinne des § 277 Abs. 1 verfüge.

ad b) Zur Ermessensübung nach § 277 Abs. 1:

Der Beschwerdefall ist dadurch gekennzeichnet, daß die Beschwerdeführerin im Jahr 1992 ihre (zuletzt halbtägige) unselbständige Beschäftigung als Friseurin aufgegeben hat und in der Folge den "überschuldeten" Friseurbetrieb ihrer Mutter ab 1. Oktober 1992 als Gesellschafterin einer OEG übernommen hat. In der Anfangsphase habe sie umfangreiche Investitionen getätigt.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt im grundsätzlichen die Annahme der belangten Behörde, daß aus dem Zweck des Unterhaltsbeitrages nach § 277 Abs. 1 für die Ermessensübung abzuleiten ist, daß die Versagung einer Gewährung dieser Leistung im Sinne des Gesetzes liegen kann, wenn ein vom Anspruchsberechtigten vorgenommener Berufswechsel (hier: Wahl eines selbständigen Berufes) mit einem zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhaltes nicht mehr ausreichenden Einkommen verbunden ist. Maßgebend für die Gesetzmäßigkeit einer derartigen Ermessensübung sind aber die Umstände des Einzelfalles.

Im Beschwerdefall hat es die belangte Behörde allerdings unterlassen, diese maßgebenden Umstände unter Mitwirkung der Beschwerdeführerin festzustellen. So wurde nicht geklärt, in welchem Ausmaß der Betrieb am 1. Oktober 1992 "überschuldet" war und ob bei objektiver Betrachtung unter Berücksichtigung der Branchensituation und des konkreten Betriebszustandes in vertretbarer Zeit und bei Betrieben dieser Größenordnung mit realistischem Mittelaufwand (unter Einbeziehung von allenfalls in Frage kommenden Förderungen der Gebietskörperschaften und der Kammer) insoweit Aussicht auf Konsolidierung bestand, daß der Beschwerdeführerin Einkünfte zur Verfügung stehen würden, die für die Führung eines Betriebes dieser Art und Größe üblich sind, die aber zumindest in der Höhe ihrer zuletzt aus nichtselbständiger Tätigkeit bezogenen Einkünfte - im Falle der Zumutbarkeit einer Ganztagsbeschäftigung unter Zugrundelegung einer solchen - liegen. Klärungsbedürftig ist auch geblieben, ob die von ihr getätigten Betriebsinvestitionen in der Anfangsphase für die Sicherung und Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage (Wettbewerbsfähigkeit) des Betriebes erforderlich waren (nur in diesem Fall liegen den Betriebsgewinn schmälernde abzugsfähige Ausgaben vor) oder über dieses Ziel hinausgehende Investitionen vorgenommen wurden. Eine bloß durch den Berufswechsel bedingte vorübergehende ertragslose (selbständige) Erwerbstätigkeit, die mit begründeter Aussicht auf Einkünfte (zumindest in der Höhe der Vortätigkeit) in absehbarer Zeit verbunden ist, schließt nämlich allein eine positive Ermessensübung im Sinne des § 277 Abs. 1 nicht aus.

Derartige Feststellungen wurden von der belangten Behörde offenkundig deshalb nicht getroffen, weil sie ihre allgemeinen Überlegungen - ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles - für ausreichend erachtete, die beantragten Unterhaltsbeiträge für 1993 und Folgezeiten zu versagen, was jedoch nicht dem Gesetz entspricht.

Aus den angeführten Gründen ist daher der angefochtene Bescheid, soweit er den Antrag der Beschwerdeführerin, ihr den Unterhaltsbeitrag für die Jahre 1993 und Folgezeiten zu gewähren, abweist, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben; im übrigen aber war die Beschwerde aus den oben dargelegten Überlegungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 und 49 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren (Umsatzsteuer) war in dem Ausmaß abzuweisen, als es über den pauschalierten Schriftsatzaufwand hinausgeht, weil daneben die Mehrwertsteuer nicht zuerkannt werden kann.

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1994120250.X00

Im RIS seit

18.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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