TE Bvwg Beschluss 2019/12/15 W264 2120591-2

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Veröffentlicht am 15.12.2019
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Entscheidungsdatum

15.12.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
VOG §3
VwGVG §8a

Spruch

W264 2120591-2/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über den Antrag von XXXX , geb. XXXX , vom 12.2.2019 auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 16.1.2019, Zl. XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ersatz des Verdienstentganges nach dem Verbrechensopfergesetz, beschlossen:

A)

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Die Antragstellerin stellte am 7.11.2012 einen Antrag auf Leistungen nach dem Opferfürsorgegesetz auf Anerkennung als Opfer und Gewährung einer Opferrente (Gesundheitsschaden durch Verfolgung) und Erhöhung ihrer Opferrente beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien (im Folgenden: belangte Behörde).

2. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 4.12.2012 wurde ihr im Rahmen eines Verbesserungsauftrages im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG das Antragsformblatt für Leistungen nach dem Verbrechensopfergesetz (Abl. 32) übermittelt, da aufgrund ihrer Angaben davon ausgegangen wurde, dass sie einen Antrag auf Gewährung von Hilfeleistungen für Opfer nach dem österreichischen Verbrechensopfergesetz stellen wollte.

3. Antragsbegründend brachte die Antragstellerin im Wesentlichen vor, während des Aufenthaltes in der Pflegefamilie XXXX in den Jahren 1973 bis 1992 körperliche Gewalt in Form von Schlägen mit einem Teppichklopfer, mit einem Kochlöffel oder mit der Faust sowie durch - bis beinahe zur Bewusstlosigkeit - durchgeführtes Eintauchen in ein mit Wasser gefülltes Becken, erlebt zu haben. Auch sei sie an den Haaren gerissen und ihr nach einem "Stromunfall" vorsätzlich ärztliche Hilfe verweigert worden. Sie sei von der Familie ausgegrenzt worden, habe lediglich Kleidung vom Flohmarkt oder von den älteren männlichen Geschwistern auftragen dürfen und sie sei aus Strafmaßnahmen gezwungen worden, Lebensmittel zu verspeisen, auf welche sie allergisch reagierte. Kontakte mit Schulfreundinnen seien untersagt worden. Auch sei ihr die von ihr gewünschte Schulbildung durch die Pflegeeltern nicht ermöglicht worden. Aufgrund dieser Vorfälle leide sie an Asthma bronchiale, an einem Herzklappenfehler, an chronischer Polyarthritis, an depressiven Störungen sowie an einer Lebensmittel- und Tierhaarallergie.

4. Gemäß einem von der Antragstellerin beigebrachten klinisch-psychologischen Kurzbericht Dris. XXXX vom 3.5.2012 (Abl.

12 - 13) leide sie an einem Herzfehler sowie Asthma. Auch hätte sie

bereits zwei Mal einen Lungenriss gehabt. Dieser könne lebensbedrohlich sein und jeder Zeit wieder auftreten, was die Antragstellerin psychisch schwer belaste. Sie sei depressiv, habe oft Selbstmordgedanken und Panikattacken. Nach dem Suizid ihrer Mutter im März 1973 sei sie in eine Pflegefamilie gekommen, in welcher sie misshandelt worden sei.

5. In einer am 14.12.2012 aufgenommenen Niederschrift (Abl. 42 - 43) gab der Ehegatte der Antragstellerin stellvertretend ergänzend an, die Antragstellerin habe die Mittelschule besuchen und sei ihr jedoch nur der Hauptschulbesuch gestattet worden. Sie habe immer schlechtere Noten als die leiblichen Kinder ihrer Pflegeeltern bekommen, da der Pflegevater Direktor in einer Schule im 3. Bezirk gewesen sei und dies veranlasst hätte. Auch sei ihrem Wunsch eine Lehre zu absolvieren, nicht nachgekommen worden. Die die Pflegeeltern hätten die Antragstellerin im Alter von 19 Jahren oder 20 Jahren überraschend auf die Straße gesetzt, da sie keine weitere finanzielle Unterstützung für ihre Unterbringung erhalten hätten. Ihre Unterlagen seien nicht mehr auffindbar gewesen, weshalb sie auch eine Gesellenprüfung nicht habe absolvieren können. Diese habe sie jedoch im Jahre 1993 bzw. im Jahre 1994 nachgeholt. Auch hätte sie ein Diplom in Kunstpädagogik erlangt und eine Ausbildung zur diplomierten

Legasthenietrainerin absolviert. Im Jahre 1997 sei bei der Antragstellerin ein erworbener Herzklappenfehler diagnostiziert worden, welchen sie auf einen "Stromunfall" ohne anschließende ärztliche Versorgung zurückführe. Auch leide sie unter schwerem Asthma, welches in ihrer Kindheit nicht behandelt worden sei.

6. Am 27.06.2012 beantragte die Antragstellerin bei der Pensionsversicherungsanstalt die Gewährung einer Invaliditätspension. Diesen Antrag wies die Pensionsversicherungsanstalt mit Bescheid vom 31.10.2012 ab. Die Antragstellerin erhob gegen diesen Bescheid fristgerecht das Rechtsmittel der Klage beim Arbeits- und Sozialgericht Wien. Im Rahmen des Klageverfahrens wurden mehrere Gutachten aus unterschiedlichen medizinischen Fachbereichen eingeholt:

Laut neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachten Dris. XXXX (Abl. 341 - 347) vom 17.6.2013 bestünden bei der Antragstellerin eine Dysthymie (ICD-10 F.34.1), eine generalisierte Angststörung (ICD-10 F. 41.1), eine akzentuierte Persönlichkeit mit selbstunsicheren Merkmalen (ICD-10 Z.73.1) und lägen Hinweise für das Vorliegen einer Polyneuropathie und eine seropositive Polyarthritis (Gelenksentzündung) vor. Es bestehe eine Traumaerfahrung im Jugendalter. Es hätten sich Persönlichkeitsmerkmale entwickelt, im Hinblick auf Selbstunsicherheit und Ängstlichkeit, neben tatsächlichen Merkmalen einer Angststörung und einer dysthymen Entwicklung in den letzten Jahren.

Gemäß neurologisch-psychiatrischen Ergänzungsgutachten Dris. XXXX (Abl. 352 - 353) vom 25.7.2013 seien der Antragstellerin weiterhin Arbeiten mit durchschnittlichem psychischem und gehobenem geistigem Anforderungsprofil zumutbar und möglich.

In einer weiteren Ergänzung vom 19.9.2013 (Abl. 357) kam der neurologisch-psychiatrische Sachverständige zu keiner Änderung des Begutachtungsergebnisses.

Weiters wurde ein chirurgisch-orthopädisches Sachverständigengutachten Dris. Dirnberger (Abl. 337 - 340) vom 18.6.2013 eingeholt, aus welchem folgende Diagnosen hervorgehen:

klinische Symptome einer chronischen rheumatischen Polyarthritis, Stat. p. Spontanpneumothorax, Stat. p. Lungeninfarkt, Stat. p. Mittelfußfraktur rechts. Vom chirurgischen und orthopädischen Standpunkt aus sei die Antragstellerin für ganzzeitig alle leichten und mittelschweren Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen zu den üblichen Arbeitszeiten und -pausen geeignet.

Laut lungenfachärztlichen Sachverständigengutachten Dris. XXXX (Abl.

354 - 356) vom 26.7.2013 leide die Antragstellerin an einem milden

persistierenden allergischen Asthma bronchiale, einer polivalenten Allergieneigung mit wiederkehrenden Beschwerden, an einem Zustand nach folgenlos abgeheilter beidseitiger Lungenembolie 2010 mit Marcoumarbehandlung bis Jänner 2011, an einem abgeheilten Zustand nach Spontanpneumothorax links 1997 und rezidivierend 2009 sowie an wiederkehrenden Rippenfellschmerzen links. Aus lungenfachärztlicher Sicht seien der Antragstellerin leichte und halbzeitig mittelschwere körperliche Arbeiten möglich.

Gemäß einem internistischen Sachverständigengutachten Dris. XXXX (Abl. 331 - 336) vom 16.4.2013 gäbe es keine Hinweise darauf, dass in absehbarer Zeit Invalidität eintreten werde.

In seinen beiden Ergänzungsgutachten vom 11.12.2013 (Abl. 297 - 298) und vom 22.4.2014 (Abl. 299 - 300) kam Dr. XXXX nicht zu einer Kalkülsänderung.

Im rheumatologischen Gutachten Dris. XXXX (Abl. 348 - 351) vom 10.6.2013 wurde eine chronische Polyarthritis (Funktionsklasse 1 nach Steinbrocker) diagnostiziert.

Laut arbeitspsychologischen Sachverständigengutachten Dris. XXXX (Abl. 210 - 213) vom 23.7.2013 seien der Antragstellerin weiterhin Arbeiten mit einem durchschnittlichen psychischen und gehobenen geistigen Anforderungsprofil sowie Arbeiten mit durchschnittlicher psychischer Belastung zumutbar und möglich.

7. Im Rahmen des Parteiengehörs vom 10.9.2013 (Abl. 229) wurde der Antragstellerin von der belangten Behörde mitgeteilt, dass ihr Antrag voraussichtlich nicht bewilligt werde, da ein verbrechenskausaler Verdienstentgang im fiktiven schadensfreien Verlauf nicht mit der für das Verbrechensopfergesetz erforderlichen Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne. Bezug genommen wurde hierbei unter anderem auf die Gutachten des neurologisch-psychiatrischen Sachverständigen Dr. XXXX und das Gutachten des arbeitspsychologischen Sachverständigen, Dr. XXXX , wonach ein leichter depressiv-ängstlicher Verstimmungszustand festgestellt worden sei und der Antragstellerin Arbeiten mit durchschnittlichem psychischen und gehobenem geistigen Anforderungsprofil, Arbeiten im Fertigungsbereich einer Fabrik, am Bildschirmarbeitsplatz, unter durchschnittlichem, bis zu 50% der Arbeitszeit auch unter besonderem Zeitdruck und mit durchschnittlicher psychischer Belastung möglich seien. Eine Gesamtbetrachtung der vorliegenden Unterlagen würden nicht den Schluss zulassen, dass das Ausmaß einer psychischen Gesundheitsschädigung einen solchen Schweregrad erreicht hätte, dass von einer maßgeblichen und für einen Verdienstentgang im Sinne des § 3 VOG bzw. § 1325 ABGB relevanten Beeinflussung des beruflichen Werdegangs ausgegangen werden könnte.

8. Der Ehemann der Antragstellerin äußerte daraufhin im Wesentlichen, dass die im Rahmen des Verfahrens vor dem Arbeits- und Sozialgericht eingeholten Gutachten nicht korrekt seien. Seine Frau wünsche ausdrücklich vom ärztlichen Dienst psychologisch untersucht zu werden.

9. Aufgrund des Urteils des Arbeits- und Sozialgerichtes vom 2.6.2014, XXXX , mit welchem das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Gewährung einer Invaliditätspension abgewiesen wurde, wurde der Antragstellerin am 7.11.2014 neuerlich das Parteiengehör (Abl. 310) gewährt.

10. Am 9.2.2015 langte bei der belangten Behörde eine Stellungnahme des Rechtsanwaltes der Antragstellerin ein, in welcher im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass sich die Rechtsansicht der belangten Behörde hauptsächlich auf im arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren XXXX eingeholte Gutachten gründe, gegen dessen Entscheidung ein Rechtsmittel eingebracht worden sei, sodass der Ausgang des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht abzuwarten sei.

11. Am 18.8.2015 langten bei der belangten Behörde das den Rekurs und die Berufung abweisende Urteil des Oberlandesgerichtes vom 28.1.2015, XXXX und XXXX und die in diesen Verfahren erstatteten Gutachten und Ergänzungsgutachten sowie erneut das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes vom 2.6.2014, XXXX , ein.

12. Mit Schreiben vom 23.9.2015 wurde der Antragstellerin im Rahmen eines Parteiengehörs (Abl. 383) das zwischenzeitlich seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, Frau Dr. XXXX vom 16.5.2014 - vidiert durch Dr. XXXX am 11.12.2014 - basierend auf der persönlichen Untersuchung der Antragstellerin, übermittelt. Es wurde ihr in dem Schreiben vom 23.9.2015 mitgeteilt, dass das Gutachten Dris. XXXX mit den im o.a. sozialgerichtlichen Verfahren herangezogenen Gutachten im Einklang stehe und die belangte Behörde daher im Wesentlichen bei den Ausführungen in dem Schreiben vom 7.11.2014 bleibe. Es liege keine Arbeitsunfähigkeit vor, das Vorliegen eines verbrechenskausalen Verdienstentganges zum Zeitpunkt der Antragstellung (bzw. ab dem Antragsfolgemonat Dezember 2012) im fiktiven schadenfreien Verlauf könne nicht mit der für das Verbrechensopfergesetz erforderlichen Wahrscheinlichkeit angenommen werden.

13. Auf Ersuchen der anwaltlichen Vertretung der Antragstellerin wurde die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme um vier Wochen erstreckt. Eine Stellungnahme langte jedoch nicht ein.

14. Mit Bescheid vom 11.12.2015 wies die belangte Behörde den Antrag der Antragstellerin vom 7.11.2012 auf Ersatz des Verdienstentganges ab und führte begründend aus, dass für die Annahme des Vorliegens einer Kausalität zwischen den erlittenen Schädigungen und dem beruflichen Werdegang der Antragstellerin in einer Art und Weise, dass die Antragstellerin heute nicht den Beruf ausübe, den sie bei Nichterleben der Misshandlungen ausgeübt hätte, keine ausreichenden Anhaltspunkte gegeben seien. Die bloß abstrakte Möglichkeit einer Verursachung reiche dafür nicht aus. Aus dem arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren ergebe sich im Übrigen die Arbeitsfähigkeit der Antragstellerin.

15. Gegen diesen Bescheid vom 11.12.2015 erhob der Rechtsvertreter der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 25.1.2016 fristgerecht Beschwerde. Begründend wurde ausgeführt, dass die Abweisung ausschließlich darauf gestützt werde, dass im Fall der Antragstellerin angeblich keine Arbeitsunfähigkeit vorliege und/oder diese nicht ausschließlich auf die damaligen Geschehnisse zurückgeführt werden könne. In medizinischer Hinsicht berufe sich die belangte Behörde auf ein Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Frau Dr. XXXX vom 16.5.2014, die bei der Antragstellerin lediglich eine chronifizierte depressive Verstimmung, welche überdies nur teilweise aus traumatischen Kindheitserfahrungen resultieren würde, attestiere. Zu diesem Gutachten sei abgesehen von dessen Kürze zu bemerken, dass es sich bei dieser Ärztin offenbar um keine gerichtlich zertifizierte Sachverständige handle. Von einer fundierten Untersuchung der Antragstellerin könne keine Rede sein. Die Befundaufnahme am 16.5.2014 habe gerade fünf Minuten gedauert. Weiters habe sich Dr. XXXX keinerlei psychologischer Tests bedient. Insbesondere sei eine arbeitspsychologische Testung der Antragstellerin gänzlich unterblieben. Im Unterlassen einer dem Stand der Wissenschaft entsprechenden psychologisch-psychiatrischen Begutachtung der Antragstellerin werde eine wesentliche Mangelhaftigkeit des von der belangten Behörde geführten Ermittlungsverfahrens erblickt.

16. Mit bundesverwaltungsgerichtlichem Erkenntnis vom 27.3.2018,

XXXX , wurde der Bescheid vom 11.12.2015 gemäß § 28 Abs. 3 Z 2 VwGVG behoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht darin aus, dass aus dem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 22.9.2015 (Abl. 382) hervorgehe, dass mit behördlicher Anordnung der ärztliche Dienst um eine Doppelbegutachtung und Erstellung eines neurologischen-psychologischen sowie allgemeinmedizinischen Gutachtens ersucht wurde. Aufgrund der - nach Ansicht der belangten Behörde vorliegenden - Unschlüssigkeit der beiden daraufhin erstatteten Gutachten, sei seitens der belangten Behörde eine "Ergänzung der Gutachten" beauftragt worden, wobei jedoch nur die Ärztin Dr. XXXX ein neues Gutachten erstattet habe. Das Gutachten Dris. XXXX sei nicht überarbeitet worden. Aus welchem Grund die belangte Behörde auf die Ergänzung des - ihrer Ansicht nach - unschlüssigen Gutachtens Dris. XXXX verzichtet habe, sei nicht ersichtlich, so das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 27.3.2018. Darüber hinaus sei dieses Gutachten von der Akteneinsicht ausgenommen worden und der Partei auch nicht zu Gehör gebracht. Die Unschlüssigkeit sei seitens der belangten Behörde jedoch nicht begründet worden. Eine wie von der belangten Behörde angenommene Aktenwidrigkeit im Gutachten Dris. XXXX bezüglich der dort festgestellten chronifizierten Depression liege aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedoch nicht auf der Hand.

Zudem sei festzuhalten, dass der ursprüngliche Gutachtensauftrag vom 27.3.2014 die von der Psychotherapeutin Mag. XXXX erstellte Diagnose ICD 10, F 62.0 "andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung" (Email vom 13.02.2013, Abl. 100) sowie die Beurteilung der Klinischen Psychologin Dr. XXXX im klinisch-psychologischen Befund vom 3.5.2012 "mittelgradig depressive Störung mit verstärkten Angstsymptomen und Traumatisierungsmerkmalen" (Abl. 12 - 13) völlig unerwähnt lasse.

Zu dem im Akt befindlichen nervenärztlichen Gutachten Dris. XXXX , Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, sei wie folgt auszuführen: Im Aktenvermerk vom 22.9.2015 wurde angegeben, dass Dr. XXXX ein neues Gutachten, datierend auf 11.12.2014, erstattete. Das ursprüngliche Gutachten von Dr. XXXX sei jedoch nicht dem Akt beigefügt worden. Somit sei auch nicht überprüfbar, ob es sich bei dem nunmehr im Akt befindlichen Gutachten (Abl. 316 - 317) um ein abgeändertes Gutachten handelt, da Veränderungen nicht dokumentiert seien. Es sei keiner Überprüfung zugänglich, ob es sich, wie im Aktenvermerk vom 22.9.2015 angegeben, um ein komplett neues Gutachten handelt, wobei der Anschein der Datierung "Wien, 16.5.2014" jedenfalls dagegen spreche.

Im fortgesetzten Verfahren werde die belangte Behörde das bisher von der Akteneinsicht ausgenommene Gutachten Dris. XXXX der Partei offen zu legen und Gelegenheit zur Stellungnahme zu bieten haben. Aufgrund der, durch das Bundesverwaltungsgericht aufgezeigten, Unschlüssigkeit der behördlichen Behauptung der Aktenwidrigkeit und mangelnden Berücksichtigung von Diagnosen und Beurteilungen, sei ein neues oder ergänzendes Gutachten einzuholen. Zu diesem sei ebenso Parteiengehör zu gewähren und das Parteienvorbringen eingehend zu würdigen. Die belangte Behörde werde sodann unter Berücksichtigung sämtlicher Befunde und den darin erstellten Diagnosen den Sachverhalt erneut zu beurteilen haben.

17. Mit Auftragsschreiben vom 17.7.2018 veranlasste die belangte Behörde eine Neubegutachtung durch Dr. XXXX und eine aktenmäßige ergänzende Begutachtung durch Dr. XXXX unter Hinweis auf die in der bundesverwaltungsgerichtlichen Entscheidung im bisherigen Gutachtensauftrag "noch nicht erwähnten" medizinischen Befunde und Vornahme einer sich daraus allenfalls ergebenden Änderung ihres nervenfachärztlichen Gutachtens vom 16.5.2014.

18. Dr. XXXX erstattete daraufhin sein auf der Aktenlage basierendes Gutachten vom 20.8.2018 und führte im Wesentlichen nach Auflistung der bei der Antragstellerin vorliegenden Gesundheitsschädigungen aus, dass die Gesundheitsschädigung "allergisches Asthma bronchiale" als teilkausales Leiden anzusehen sei, das Verbrechen jedoch nicht als wesentliche Ursache zum derzeitigen Leidenszustand beigetragen habe. Alle übrigen angeführten Leidenszustände aus dem internistischen Fachbereich seien akausal. Eine Arbeitsunfähigkeit liege bei der Antragstellerin nicht vor. Der kausale Anteil der Gesundheitsschädigung "allergisches Asthma bronchiale" sei nicht maßgebliche Ursache für Zeiten, in denen die Antragstellerin nicht gearbeitet habe. Darüber hinaus sei sie deswegen auch nicht an einem kontinuierlichen Berufsverlauf oder an einer besseren Ausbildung gehindert gewesen.

19. Die Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, Dr. XXXX , erstattete ihr Aktengutachten vom 12.9.2018, in welchem sie unter Berücksichtigung der Aussage der Psychotherapeutin Mag. XXXX im E-Mail vom 13.2.2013 (Abl. 100) und dem Befund der klinischen Psychologin Dr. XXXX zu keinem geänderten Ergebnis ihrer bisherigen Einschätzung der Akausalität hinsichtlich des beruflichen Werdeganges der Antragstellerin kam. So führte die Sachverständige in ihrem Gutachten vom 16.5.2014 aus, dass die Antragstellerin an einer chronifizierten depressiven Verstimmung leide, die zum Teil auf die traumatischen Kindheitserfahrungen zurückzuführen sei, wobei auch konstitutionelle Faktoren vorliegen würden, sodass nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit von einer ausschließlichen Kausalität ausgegangen werden könne. Es liege keine Arbeitsunfähigkeit vor. Die Gesundheitsschädigungen hätten den beruflichen Werdegang der Antragstellerin nur zum Teil und auch erst in den letzten Jahren beeinflusst. Die depressive Verstimmung mit Angstzuständen sei erst in den letzten Jahren so gravierend geworden, dass subjektiv Arbeitsfähigkeit nicht mehr gegeben gewesen sei. Eine kausale Arbeitsunfähigkeit liege nicht vor.

20. Im Wege des Parteiengehörs vom 22.10.2018 (Abl. 449) wurden der Antragstellerin die beiden zuletzt eingeholten Sachverständigengutachten (Dris. XXXX vom 20.8.2018 und Dris. XXXX vom 12.9.2018) sowie das von der belangten Behörde als unschlüssig gewertete Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 21.5.2014 - wie im bundesverwaltungsgerichtlichen Erkenntnis vom 27.3.2018 aufgetragen - übermittelt und die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme binnen vier Wochen eingeräumt.

Eine Stellungnahme der Antragstellerin langte nicht ein.

21. Mit Bescheid vom 16.1.2019 wies die belangte Behörde basierend auf den Ermittlungsergebnissen den Antrag der Antragstellerin vom 7.11.2012 auf Ersatz des Verdienstentganges nach dem Verbrechensopfergesetz ab.

22. Mit Eingabe vom 12.2.2019 stellte die Antragstellerin den gegenständlichen Antrag auf Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid vom 16.1.2019 sowie zur Vertretung bei einer allenfalls stattfindenden Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der dargestellte Verfahrensgang wird zum festgestellten Sachverhalt erhoben.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und ist nicht strittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 9 Abs. 1 BVwGG leitet und führt der Vorsitzende eines Senates das Verfahren bis zur Verhandlung. Die dabei erforderlichen Beschlüsse bedürfen keines Senatsbeschlusses. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (RV 2008 BlgNR 24. GP, S. 4) bedeutet dies, dass der Senatsvorsitzende "insbesondere die Entscheidung über den Antrag auf aufschiebende Wirkung, gegebenenfalls über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und über die Gewährung eines Verfahrenshilfeverteidigers" ohne Senatsbeschluss erlassen darf. Die Entscheidung über die Gewährung der Verfahrenshilfe unterliegt somit der Einzelrichterzuständigkeit.

Zu A)

Die Antragstellerin beantragte am 12.2.2019 - innerhalb offener Rechtsmittelfrist des ihren Antrag auf Ersatz des Verdienstentganges abweisenden Bescheides - die Gewährung von Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht

Im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) ist die Gewährung der Verfahrenshilfe in § 8a geregelt. Diese Bestimmung wurde mit dem Erlass des BGBl. I Nr. 24/2017 in das VwGVG eingefügt und trat gemäß § 58 Abs. 4 VwGVG mit 01.01.2017 in Kraft.

§ 8a VwGVG idgF lautet wie folgt:

"(1) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten tritt.

(2) Soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist, sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung - ZPO, RGBl. Nr. 113/1895, zu beurteilen. Die Bewilligung der Verfahrenshilfe schließt das Recht ein, dass der Partei ohne weiteres Begehren zur Abfassung und Einbringung der Beschwerde, des Vorlageantrags, des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder zur Vertretung bei der Verhandlung ein Rechtsanwalt beigegeben wird.

(3) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist schriftlich zu stellen. Er ist bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Für Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ist der Antrag unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen.

(4) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe kann ab Erlassung des Bescheides bzw. ab dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, gestellt werden. Wird die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer Säumnisbeschwerde beantragt, kann dieser Antrag erst nach Ablauf der Entscheidungsfrist gestellt werden. Sobald eine Partei Säumnisbeschwerde erhoben hat, kann der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe auch von den anderen Parteien gestellt werden.

(5) In dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist die Rechtssache bestimmt zu bezeichnen, für die die Bewilligung der Verfahrenshilfe begehrt wird.

(6) Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und die Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Hat das Verwaltungsgericht die Bewilligung der Verfahrenshilfe beschlossen, so hat es den Ausschuss der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu benachrichtigen, damit der Ausschuss einen Rechtsanwalt zum Vertreter bestelle. Dabei hat der Ausschuss Wünschen der Partei zur Auswahl der Person des Vertreters im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen.

(7) Hat die Partei innerhalb der Beschwerdefrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt, so beginnt für sie die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei zu laufen. Entsprechendes gilt für die Fristen, die sich auf die sonstigen in Abs. 2 genannten Anträge beziehen.

(8) Die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter erlischt mit dem Einschreiten eines Bevollmächtigten.

(9) In Verfahrenshilfesachen ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig.

(10) Der Aufwand ist von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen das Verwaltungsgericht in der Angelegenheit handelt."

Gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG ist Verfahrenshilfe einer Partei zu gewähren, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 EMRK oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist. Durch den Verweis auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC ist sichergestellt, dass die Verfahrenshilfe im verwaltungsgerichtlichen Verfahren den Anforderungen des Europäischen Menschenrechtsschutzes entspricht (siehe auch das Erk. des VwGH vom 03.09.2015, Ro 2015/21/0032).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist es nicht erforderlich, dass Verfahrenshilfe in allen erdenklichen Verfahren zu gewähren ist. Vielmehr bedarf es einer Prüfung im Einzelfall. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Prüfungsbeschluss, der zur Aufhebung des § 40 VwGVG führte, die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte dahingehend zusammengefasst, dass der "Zugang zu einem Gericht nicht bloß theoretisch und illusorisch, sondern effektiv gewährleistet sein müsse"; in jenen Fällen, in denen es "unentbehrlich sei, dass der Partei eines Verfahrens ein unentgeltlicher Verfahrenshelfer beigestellt werde," müsse ein solcher beigestellt werden.

Für diese Beurteilung sind verschiedene Kriterien maßgeblich. Das sind zum einen Kriterien, die sich auf die Person der Parteien beziehen, nämlich ihre Vermögensverhältnisse oder ihre Fähigkeiten im Verkehr mit Behörden; zum anderen auch Kriterien, die in Zusammenhang mit der Rechtssache stehen, nämlich die Erfolgsaussichten, die Komplexität des Falles oder die Bedeutung der Angelegenheit für die Parteien (siehe 1255 der Beilagen XXV. GP - Regierungsvorlage - Erläuterungen zu § 8a VwGVG).

Gemäß § 64 Abs. 1 Z 3 ZPO umfasst die Verfahrenshilfe die unentgeltliche Beigebung eines Rechtsanwaltes nur in solchen Fällen, in denen die Vertretung durch einen Rechtsanwalt gesetzlich geboten ist oder es nach der Lage des Falles erforderlich erscheint. Eine Erforderlichkeit ist nur dann gegeben, wenn der Rechtsfall besondere Schwierigkeiten in rechtlicher und/oder tatsächlicher Hinsicht erwarten lässt. Dabei kommt es einerseits auf die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers an, wie etwa über den Grad von Verständnis und Intelligenz bzw. an Rechtskenntnissen dieser verfügt. In Einzelfällen kann auch die besondere Trageweite des Rechtsfalles für den Antragsteller von Relevanz sein. Weiters kommt es auch auf die Komplexität der Rechtssache an (vgl. M. Bydlinski in Fasching/Konecny³ II/1 § 64 ZPO, Rz 16).

Dies entspricht auch den vom Verwaltungsgerichtshof zur Beurteilung der in § 40 Abs. 1 VwGVG (der die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers in Beschwerdeverfahren gegen Straferkenntnisse regelt) normierten "Erforderlichkeit im Interesse der Rechtspflege" entwickelten Kriterien. Demnach ist ein solches Interesse dann gegeben, wenn die Sach- oder Rechtslage durch besondere Schwierigkeiten gekennzeichnet oder dies durch besondere persönliche Verhältnisse des Antragstellers (etwa im Hinblick auf die Trageweite des Rechtsfalles für den Antragsteller) indiziert ist. Die Gewährung der Verfahrenshilfe ist deshalb auch dann zu verwehren, wenn lediglich einfache Sachverhaltsfragen zu beantworten sind und mit der Sache keinerlei schwierige Rechtsfragen verbunden sind (vgl. das Erkenntnis des VwGH 08.09.2009, 2009/17/0095). Das Gericht hat dazu eine Prognose hinsichtlich der Schwierigkeit des zu erwartenden Verfahrens zu erstellen (vgl. VwGH 26.01.2001, 2001/02/0012).

Somit entspricht die "Erforderlichkeit" iSd § 64 Abs. 1 Z 3 ZPO im Wesentlichen jener des § 40 VwGVG, weshalb die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur zweitgenannten Bestimmung auch auf die Prüfung der Erforderlichkeit der Beigebung eines Verfahrenshelfers nach § 8a Abs. 2 VwGVG iVm § 64 Abs. 1 Z 3 ZPO zu übertragen ist.

Den gegenständlichen Fall betreffend ist zunächst auszuführen, dass in den Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, sohin auch zur Erhebung einer Beschwerde, keine Anwaltspflicht besteht und der entscheidungserhebliche Sachverhalt grundsätzlich von Amts wegen zu ermitteln ist.

Der zu ermittelnde Sachverhalt weist zudem keine rechtliche Komplexität auf, die das Einschreiten eines Rechtsanwaltes erforderlich machen würde. Gegenständlich geht es vielmehr um die Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes, welcher vorwiegend von ärztlichen Sachverständigen zu erheben ist. Dabei trifft die Antragstellerin eine persönliche Mitwirkungspflicht und ist sie dieser bereits durch die Teilnahme an persönlichen Untersuchungen durch die Sachverständigen nachgekommen.

Des Weiteren ist auf die Erfolgsaussichten Bedacht zu nehmen. In § 8a Abs. 1 VwGVG ist die Aussichtslosigkeit als Versagungsgrund für den Verfahrenshilfeantrag ausdrücklich erwähnt und steht dies im Einklang mit Art. 6 EMRK, da der Zugang zu einem Gericht nicht absolut gewährt werden muss und Beschränkungen der Verfahrenshilfe grundsätzliche zulässig sind, sodass auch die mangelnde Aussicht auf Erfolg zur Abweisung des Verfahrenshilfeantrages führen kann (EGMR 13.3.2007 Laskowska, 77.765/01 Rz 52).

Offenbar aussichtslos ist die Rechtsverfolgung dann, wenn sie schon ohne nähere Prüfung der vorgebrachten Argumente als erfolglos erkannt werden kann. Dies ist vom Verwaltungsgericht anhand der ihm vorgelegten Akten objektiv zu beurteilen; ob die antragstellende Person selbst die Aussichtslosigkeit nicht erkennt oder erkennen kann, ist ohne Bedeutung. Der Erfolg muss zur Genehmigung von Verfahrenshilfe zwar nicht gewiss sein, aber nach der sofort erkennbaren Lage eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben. Erforderlich ist hierfür allerdings kein besonders strenger Maßstab, weil sonst unter Umständen durch die Verfahrenshilfeentscheidung bereits die Sachentscheidung vorweggenommen würde. Einzubeziehen sind vom Verwaltungsgericht daher nicht sämtliche, sondern nur die wesentlichen Gesichtspunkte. Erachtet das Gericht zur Beurteilung etwa Beweisaufnahmen oder sonstige Ermittlungen für erforderlich, ist nicht mehr von einer "offenkundigen" Aussichtslosigkeit auszugehen und der Verfahrenshilfeantrag bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen zu bewilligen (Beate Sündhofer, Neuregelung der Verfahrenshilfe im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, ZVG 2018, 17).

Im gegenständlichen Fall ist die Frage, ob die bei der Antragstellerin vorliegenden Gesundheitsschädigungen mit Wahrscheinlichkeit auf die in den Jahren 1973 bis 1992 erlittene körperliche Gewalt bei der Pflegefamilie zurückzuführen sind und diese auch mit dem nach dem Verbrechensopfergesetz geforderten Wahrscheinlichkeitsgrad einen negativen Einfluss auf ihren beruflichen Werdegang genommen haben. Es sind sohin Tatsachenfragen zu klären deren Beantwortung die Beiziehung medizinischer Sachverständiger unverzichtbar macht.

Mit dem Fall der Antragstellerin befassten sich in der Vergangenheit bereits eine Vielzahl an ärztlichen Sachverständigen und wurde durch diese - im Rahmen eines angestrengten Verfahrens auf Gewährung einer Invaliditätspenison - unstrittig die Arbeitsfähigkeit der Antragstellerin festgestellt.

Auch die Frage, ob die Gesundheitsschädigungen der Antragstellerin auf erlittene Gewalt in ihrer Kindheit zurückzuführen sind und diese auch Auswirkungen auf den beruflichen Werdegang der Antragstellerin hatten, wurde durch im Rahmen des verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens herangezogene medizinische Sachverständige spätestens im fortgesetzten Ermittlungsverfahren nach Behebung des ersten Bescheides durch das Bundesverwaltungsgericht umfassend geklärt und verneint.

Die eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten erweisen sich in Anbetracht der damit übereinstimmenden Feststellungen aus dem arbeitsgerichtlichen Verfahren hinsichtlich der abweisenden Entscheidung auf Zuerkennung einer Invaliditätspension als schlüssig. Im Übrigen sind die eingeholten Sachverständigengutachten nachvollziehbar, schlüssig und widerspruchsfrei. Die von der Antragstellerin beigebrachten Beweismittel wurden darin berücksichtigt.

Insbesondere war es der Antragstellerin möglich, den Lehrberuf der Fotokauffrau zu erlernen, eine Ausbildung zur diplomierten Legasthenietrainerin zu absolvieren und ein Diplom in Kunstpädagogik zu erwerben. Gemäß dem arbeitspsychologischen Sachverständigengutachten vom 23.7.2013 ist es der Antragstellerin möglich, Arbeiten mit durchschnittlichem psychischen Anforderungsprofil sowie auch Arbeiten unter durchschnittlichem, bis zu 50 % der Arbeitszeit auch unter besonderem Zeitdruck zu verrichten.

Mangels der Erforderlichkeit der Vertretung eines Rechtsanwaltes zur Einbringung einer Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht bleibt der Antragstellerin die Möglichkeit der Ausübung eines derartigen Rechtsmittels trotz Ablehnung der Verfahrenshilfe.

Die Erfolgsaussichten stellen sich jedoch in Anbetracht der vorliegenden, umfassend eingeholten Sachverständigengutachten aufgrund der vorgenommenen objektiven Beurteilung zum aktuellen Zeitpunkt als äußerst gering dar.

Angesichts dieses Ergebnisses erübrigt sich eine Prüfung, ob die Antragstellerin außerstande ist die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung ihres notwendigen Unterhaltes zu bestreiten.

Da die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe nicht gegeben sind, ist der darauf gerichtete Antrag spruchgemäß abzuweisen.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Trotz des Fehlens einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 8a VwGVG liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da die Rechtslage zur Gewährung von Verfahrenshilfe sowohl durch den EGMR als auch durch den EuGH hinreichend geklärt ist (vgl. dazu VwGH 20.12.2016, Ro 2014/03/0049). Zudem ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 40 VwGVG sowie zu den einschlägigen Bestimmungen der ZPO auf die Prüfung der Erforderlichkeit der Beigebung eines Verfahrenshelfers nach § 8a Abs. 2 VwGVG iVm § 64 Abs. 1 Z 3 ZPO übertragbar. Letztlich handelt es sich bei der Entscheidung über die Bewilligung der Verfahrenshilfe stets um eine einzelfallbezogene Beurteilung.

Schlagworte

Erfolgsaussichten, Verfahrenshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W264.2120591.2.00

Zuletzt aktualisiert am

07.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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