TE Lvwg Erkenntnis 2020/3/9 LVwG-2019/41/2201-21

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Veröffentlicht am 09.03.2020
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Entscheidungsdatum

09.03.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
86/01 Veterinärrecht allgemein

Norm

VStG §22
VStG §30
VwGVG 2014 §8a
TierschutzG 2005 §5 Abs1
TierschutzG 2005 §5 Abs2 Z13
TierschutzG 2005 §15
TierschutzG 2005 §38 Abs7

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol fasst durch seinen Richter Dr. Riedler über den Antrag des Herrn AA, Adresse 1, Z, auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für das Beschwerdeverfahren gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 07.10.2019, Zl ***, nachfolgenden

B E S C H L U S S :

1.       Der Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers wird abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig;

und erkennt über die Beschwerde des Herrn AA, Adresse 1, Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 07.10.2019, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach dem Tierschutzgesetz,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang und Beschwerdevorbringen:

Im Rahmen einer Tierschutz- und Tierarzneimittelanwendungsnachkontrolle im Rinderhaltungsbetrieb AA, Z, am 09.01.2019 durch die Amtstierärztin der Bezirkshauptmannschaft Y, wurde in einer mit vier Kalbinnen belegten Bucht unter dem eingeworfenen Stroh ein festliegendes Tier mit den Hinterextremitäten in „Froschstellung“ vorgefunden. Bei der Kontrolle der Ohrmarkennummer wurde bemerkt, dass es sich bei dem Tier um das bei der Dokumentenkontrolle als verendet angegebene (und in der AMA-Datenbank am 08.01.2019 als verendete gemeldete) Rind AT ***.***.***, geboren am 01.07.2016, handelte. Das Tier konnte sich nicht mehr fortbewegen und lag mit dem Brustkorb auf der vorderen Begrenzung der Liegefläche (ca 10 cm hoher Holzriegel, der als vordere Liegeflächenbegrenzung diente). Die hinzugekommene TGD-Betreuungstierärztin BB teilte der Amtstierärztin CC mit, dass AA am 08.01.2019 in ihre Tierarztpraxis gekommen sei, weil sein Rind nach der Abkalbung am 07.01.2019 schon 24 Stunden festgelegen sei und dass aufgrund des langen Festliegens und des Befindens des Tieres die Prognose aussichtslos sei. Nach Abholen des Befundes der Blutuntersuchung am nächsten Tag in der Tierarztpraxis habe er der Tierärztin fälschlicherweise erklärt, das er das Tier bereits getötet habe. Von der Amtstierärztin CC wurde gutachterlich festgehalten, dass es aufgrund der Erhebungen als gesichert gilt, dass der nunmehrige Beschwerdeführer in seinem landwirtschaftlichen Betrieb durch unzureichende Betreuung (rechtzeitige Unterbringung des hochträchtigen Rindes in der dafür vorgesehenen Abkalbebox bzw zum Zeitpunkt der Komplikationen in der Nachgeburtsphase (Verdacht auf Adduktorenriss in Verbindung mit Gebärparese) bzw Unterbringung in einer weich eingestreuten Krankenbox und rechtzeitige Zuziehung seines Tierarztes sowie die unterlassene ausreichende Tränkung und Fütterung eines in der Fortbewegung unfähigen Tieres und unterlassene Tötung seines Rindes AT ***.***.***, geboren am 01.07.2016, Schmerzen und Leiden gemäß § 5 Abs 2 Z 13 iVm § 15 Tierschutzgesetz zugefügt habe und der Verdacht bestehe, dass der Tatbestand der Tierquälerei verwirklicht worden sei. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer das verlängerte Tierleid durch die unterlassene Tötung bewusst in Kauf genommen habe.

Dieses von der Amtstierärztin CC erstellte amtsärztliche Gutachten vom 10.01.2019, Zl ***, wurde mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Y vom 14.01.2019 an die Staatsanwaltschaft X mit der Bitte um strafrechtliche Würdigung im Sinne des § 222 StGB übermittelt. Die Tierschutzombudsperson wurde von dieser Anzeige in Kenntnis gesetzt. Mit weiterem Schreiben der belangten Behörde an die Staatsanwaltschaft X vom 19.02.2019 wurde auf die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung des Tierschutzgesetzes hingewiesen und aufgrund des Doppelbestrafungsverbotes um Mitteilung des derzeitigen Verfahrensstandes im diesbezüglichen Strafverfahren gebeten.

Mit E-Mail vom 25.02.2019 übermittelte das Landesgericht X das seit dem 11.02.2019 in Rechtskraft erwachsene Urteil vom 06.02.2019, Zl ***, mit welchem der Angeklagte AA von der wider ihn mit Strafantrag der Staatsanwaltschaft X vom 08.01.2019 erhobenen bzw in der Hauptverhandlung vom 06.02.2019 ausgedehnten Anklage, in Z Tieren unnötige Qualen zugefügt zu haben, indem er entsprechend Punkt I)/II. in der Zeit vom 06.01.2019 bis 09.01.2019 in Z es unterließ, seine festliegende Braunviehkuh mit der Ohrenmarke Nummer AT ***.***.*** von Beginn der Nachgeburtsphase an bis zum Zeitpunkt des Verendens ordnungsgemäß unterzubringen, zu betreuen, zu füttern und zu tränken, rechtzeitig dem Tierarzt vorzustellen und zeitgerecht eine fachgerechte Nötigung zu veranlassen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen wurde.

Begründet wurde der Freispruch damit, dass kein Schuldbeweis gelungen sei, da mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit weder der vom Gesetz geforderte (zumindest bedingte) Vorsatz nachweisbar gewesen sei, noch festgestellt werden habe können, dass dem Tier unnötige Qualen zugefügt wurden, weshalb im Zweifel ein Freispruch zu fällen gewesen sei.

Dieses Urteil wurde der Tierschutzombudsperson DD mit E-Mail der belangten Behörde vom 26.02.2019 zur gefälligen Kenntnisnahme und weiteren Verwendung übermittelt.

Nach Aufforderung des nunmehrigen Beschwerdeführers zur Rechtfertigung vom 02.04.2019, Zl ***, wegen des Verdachtes einer Übertretung nach dem TSchG und nach Einholung einer Stellungnahme der Tierschutzumbudsperson vom 23.09.2019 erging schließlich das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 07.10.2019, Zl ***, mit welchem AA folgender Sachverhalt zur Last gelegt wurde:

„Sie haben als Halter des Rindes mit der Ohrmarkennummer AT ***.***.***, geb. 01.07.2016, sowie als Bewirtschafter des landwirtschaftlichen Betriebes in Z, Adresse 1, LFBIS: ***, zu verantworten, dass das genannte Rind, wie aus dem Gutachten der Amtstierärztin der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.01.2019, Zahl ***, und aus den diesem Gutachten beigeschlossenen Lichtbildern hervorgeht, welches festliegend am 09.01.2019 in der Jungtierbucht aufgefunden wurde, zumindest in der Zeit vom 07. bis 09.01.2019 entgegen § 15 Tierschutzgesetz nicht unverzüglich ordnungsgemäß, erforderlichenfalls unter Heranziehung eines Tierarztes versorgt wurde (das hochträchtige Rind wurde nicht rechtzeitig in der dafür vorgesehenen Abkalbebox bzw. zum Zeitpunkt der Komplikationen in der Nachgeburtsphase in einer weich eingestreuten Krankenbox untergebracht, die Tränkung und Fütterung des in der Fortbewegung unfähigen Tieres war nicht ausreichend, es erfolgte keine rechtzeitige Zuziehung eines Tierarztes, sowie keine zeitgerecht fachgerechte Tötung des Rindes).

Insgesamt wurden somit dem Rind mit der Ohrmarkennummer AT ***.***.***, geb. 01.07.2016, vom Beginn der Nachgeburtsphase an bis zum Zeitpunkt der Verendung, zumindest aber in der Zeit vom 07. bis 09.01.2019, somit über einen längeren Zeitraum, aufgrund vernachlässigter Unterbringung, Betreuung und insbesondere durch die unterlassene Behandlung bzw. tierärztliche Versorgung bzw. Nottötung durch den Tierhalter bzw. einen Tierarzt ungerechtfertigt Schmerzen und Leiden im Sinne des § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Z 13 Tierschutzgesetz zugefügt.

Eine Kopie des Gutachtens der Amtstierärztin der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.01.2019, Zahl ***, samt Fotodokumentation liegt diesem Schreiben bei.

Sie haben dadurch folgende Verwaltungsübertretung begangen:

§ 38 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 38 Abs. 2 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Z 13 und in Verbindung mit § 15 Tierschutzgesetz (TSchG), BGBl. I Nr. 118/2004, in der geltenden Fassung

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

Gemäß

2.000,00 Euro

90 Stunden

 

§ 38 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 38 Abs. 2 Tierschutzgesetz

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

• 200,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (mindestens jedoch 10,00 Euro)

• 0,00 Euro als Ersatz der Barauslagen

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher

2.200,00 Euro“

Gegen dieses Straferkenntnis wurde von AA mit Schriftsatz vom 22.01.2019 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und darauf hingewiesen, dass er zu Zl *** vom 06.02.2019, vom Vorwurf der Tierquälerei im Zweifel freigesprochen wurde. Um Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens wurde ersucht und gleichzeitig ein Antrag auf Verfahrenshilfe gemäß §40 VwGVG gestellt.

II.      Sachverhalt:

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 14.01.2019 wurde der Staatsanwaltschaft X das auch dem angefochtenen Straferkenntnis zugrunde gelegte Gutachten der Amtstierärztin der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.01.2019, Zl ***, samt Lichtbildern, mit der Bitte um strafrechtliche Würdigung iSd § 222 StGB übermittelt.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 19.02.2019 wurde die Staatsanwaltschaft X aufgrund der gegen den Beschwerdeführer AA wegen einer Übertretung des Tierschutzgesetzes beabsichtigten Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens unter Hinweis auf das Doppelbestrafungsverbot gebeten, den derzeitigen Verfahrensstand im diesbezüglichen Strafverfahren mitzuteilen.

Mit E-Mail vom 25.02.2019 wurde der belangten Behörde das seit dem 11.02.2019 in Rechtskraft erwachsene Urteil des Landesgerichtes X vom 06.02.2019, Zl ***, mit welchem AA unter Punkt I)/II. von der Anklage, in Z unter anderem einem Tier unnötige Qualen zugefügt zu haben, indem er es in der Zeit vom 06. bis 09.01.2019 in Z unterließ, seine festliegende Braunviehkuh mit der Ohrenmarke Nummer AT ***.***.*** von Beginn der Nachgeburtsphase an bis zum Zeitpunkt des Verendens ordnungsgemäß unterzubringen, zu betreuen, zu füttern und zu tränken, rechtzeitig dem Tierarzt vorzustellen und zeitgerecht eine fachgerechte Nottötung zu veranlassen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen wurde, übermittelt. Begründet wurde der im Zweifel erfolgte Freispruch damit, dass kein Schuldbeweis erbracht werden habe können, da mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit weder der vom Gesetz geforderte (zumindest bedingte) Vorsatz nachweisbar gewesen sei, noch festgestellt werden habe können, dass dem Tier unnötige Qualen zugefügt wurden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer sachverhaltsmäßig das gleiche strafbare Verhalten angelastet und dieses auf die Strafbestimmung des § 5 Abs 1 iVm § 5 Abs 2 Z 13 iVm § 15 Tierschutzgesetz gestützt.

III.     Beweiswürdigung:

Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den übermittelten verwaltungsbehördlichen Akt der belangten Behörde, in den Strafakt des Landesgerichtes X zu Zl *** sowie in den Akt des Landesverwaltungsgerichtes Tirol zu Zl LvwG-2019/41/2201. Aufgrund dieser Aktenlage steht der erhobene Sachverhalt als unbestritten fest.

Gemäß § 44 Abs 2 VwGVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass das mit Beschwerde angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstanden.

IV.      Rechtslage:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Strafgesetzbuches (StGB), BGBl Nr 60/1974 in der zum Tatzeitpunkt geltenden relevanten Fassung BGBl I Nr 70/2018, lauten wie folgt:

㤠222.

(1) Wer ein Tier

         1.       roh misshandelt oder ihm unnötige Qualen zufügt,

         2.       aussetzt, obwohl es in der Freiheit zu leben unfähig ist, oder

         3.       mit dem Vorsatz, dass ein Tier Qualen erleide, auf ein anderes Tier hetzt,

ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahre zu bestrafen.

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer, wenn auch nur fahrlässig, im Zusammenhang mit der Beförderung mehrerer Tiere diese dadurch, dass er Fütterung oder Tränke unterlässt, oder auf andere Weise längere Zeit hindurch einem qualvollen Zustand aussetzt.

(3) Ebenso ist zu bestrafen, wer ein Wirbeltier mutwillig tötet.“

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Tierschutzgesetzes BGBl I Nr 118/2004 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl I Nr 148/2017 lauten wie folgt:

„§ 5.

(1) Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.

(2) Gegen Abs. 1 verstößt insbesondere, wer

[…]

13.      die Unterbringung, Ernährung und Betreuung eines von ihm gehaltenen Tieres in einer Weise vernachlässigt oder gestaltet, dass für das Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind oder es in schwere Angst versetzt wird;

[…]“

„Versorgung bei Krankheit oder Verletzung

§ 15.

Weist ein Tier Anzeichen einer Krankheit oder Verletzung auf, so muss es unverzüglich ordnungsgemäß versorgt werden, erforderlichenfalls unter Heranziehung eines Tierarztes. Kranke oder verletzte Tiere sind diesen besonderen Ansprüchen angemessen und erforderlichenfalls gesondert unterzubringen.“

㤠38.

(1) Wer

         1.       einem Tier entgegen § 5 Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt oder

         2.       ein Tier entgegen § 6 tötet oder

         3.       an einem Tier entgegen § 7 Eingriffe vornimmt oder

         4.       gegen § 8 verstößt,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu 7 500 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 15 000 Euro zu bestrafen.

[…]

(7) Eine Verwaltungsübertretung liegt nicht vor, wenn eine in Abs. 1 bis 3 bezeichnete Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

[…]“

Die verfahrensgegenständlich relevanten Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 58/2018, lauten wie folgt:

„Zusammentreffen von strafbaren Handlungen

§ 22.

(1) Soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, ist eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

(2) Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind die Strafen nebeneinander zu verhängen. Dasselbe gilt bei einem Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit anderen von einer Verwaltungsbehörde zu ahndenden strafbaren Handlungen.“

„Zusammentreffen verschiedener strafbarer Handlungen

§ 30.

(1) Liegen einem Beschuldigten von verschiedenen Behörden zu ahndende Verwaltungsübertretungen oder eine Verwaltungsübertretung und eine andere von einer Verwaltungsbehörde oder einem Gericht zu ahndende strafbare Handlung zur Last, so sind die strafbaren Handlungen unabhängig voneinander zu verfolgen, und zwar in der Regel auch dann, wenn die strafbaren Handlungen durch ein und dieselbe Tat begangen worden sind.

(2) Ist aber eine Tat von den Behörden nur zu ahnden, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit anderer Verwaltungsbehörden oder der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, und ist es zweifelhaft, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, so hat die Behörde das Strafverfahren auszusetzen, bis über diese Frage von der sonst in Betracht kommenden Verwaltungsbehörde oder vom Gericht rechtskräftig entschieden ist.

(3) Hat die Behörde vor dieser Entscheidung ein Straferkenntnis erlassen, so darf es vorläufig nicht vollstreckt werden. Ergibt sich später, daß das Verwaltungsstrafverfahren nicht hätte durchgeführt werden sollen, so hat die Behörde das Straferkenntnis außer Kraft zu setzen und das Verfahren einzustellen.

(4) Die Gerichte und die sonst in Betracht kommenden Verwaltungsbehörden haben eine entgegen Abs. 3 vollstreckte Verwaltungsstrafe auf die von ihnen wegen derselben Tat verhängte Strafe anzurechnen.“

㤠45.

(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

[…]

2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

[…]

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.“

Die für das gegenständliche Verfahren relevanten Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl I Nr 33/2013 idF BGBl I Nr 58/2018, lauten wie folgt:

㤠8a.

(1) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten tritt.

(2) Soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist, sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung – ZPO, RGBl. Nr. 113/1895, zu beurteilen. Die Bewilligung der Verfahrenshilfe schließt das Recht ein, dass der Partei ohne weiteres Begehren zur Abfassung und Einbringung der Beschwerde, des Vorlageantrags, des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder zur Vertretung bei der Verhandlung ein Rechtsanwalt beigegeben wird.

(3) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist schriftlich zu stellen. Er ist bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Für Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ist der Antrag unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen.

(4) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe kann ab Erlassung des Bescheides bzw. ab dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, gestellt werden. Wird die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer Säumnisbeschwerde beantragt, kann dieser Antrag erst nach Ablauf der Entscheidungsfrist gestellt werden. Sobald eine Partei Säumnisbeschwerde erhoben hat, kann der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe auch von den anderen Parteien gestellt werden.

(5) In dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist die Rechtssache bestimmt zu bezeichnen, für die die Bewilligung der Verfahrenshilfe begehrt wird.

(6) Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und die Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Hat das Verwaltungsgericht die Bewilligung der Verfahrenshilfe beschlossen, so hat es den Ausschuss der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu benachrichtigen, damit der Ausschuss einen Rechtsanwalt zum Vertreter bestelle. Dabei hat der Ausschuss Wünschen der Partei zur Auswahl der Person des Vertreters im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen.

(7) Hat die Partei innerhalb der Beschwerdefrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt, so beginnt für sie die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei zu laufen. Entsprechendes gilt für die Fristen, die sich auf die sonstigen in Abs. 2 genannten Anträge beziehen.

(8) Die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter erlischt mit dem Einschreiten eines Bevollmächtigten.

(9) In Verfahrenshilfesachen ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig.

(10) Der Aufwand ist von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen das Verwaltungsgericht in der Angelegenheit handelt.“

㤠40.

(1) Ist ein Beschuldigter außerstande, die Kosten der Verteidigung ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, so hat das Verwaltungsgericht auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, dessen Kosten der Beschuldigte nicht zu tragen hat, soweit dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich und auf Grund des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 lit. c der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geboten ist.

(2) § 8a Abs. 3 bis 10 ist sinngemäß anzuwenden, § 8 Abs. 3 mit der Maßgabe, dass der Antrag auch mündlich gestellt werden kann.“

V.       Erwägungen:

a) Zur Abweisung des Antrages auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers:

Entsprechend dem oben wiedergegebenen § 40 Abs 1 VwGVG setzt die im vorliegenden Fall beantragte Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers voraus, dass beide in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen, nämlich Mittellosigkeit des Beschuldigten und Interesse an der Rechtspflege, kumulativ vorliegen (vgl VwSlg 16.582A/2005; VwGH 29.09.2005, 2005/11/0094).

Als notwendiger Unterhalt ist ein zwischen dem notdürftigen und dem standesgemäßen Unterhalt liegender anzusehen, der abstrakt zwischen dem statistischen Durchschnittseinkommen eines unselbstständigen Erwerbstätigen und dem Existenzminimum liegt und unter Würdigung der Umstände des Einzelfalles eine die Bedürfnisse des Einzelnen berücksichtigende bescheidene Lebensführung gestattet (VwGH 02.05.2012, 2012/08/0057).

Der Beschwerdeführer ist grundbücherlicher Alleineigentümer des geschlossenen Hofes „EE“ in EZ **1 KG W. In diesem geschlossenen Hof sind land- und forstwirtschaftliche Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 54,3590 Hektar vorgetragen, sodass aufgrund dieses Grundbesitzes nicht zu erwarten ist, dass der Beschuldigte außer Stande wäre, die Kosten der Verteidigung ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten. Aus diesen Gründen konnte die Frage nach der Erforderlichkeit der Beigebung eines Verteidigers im Interesse der Rechtspflege offen gelassen werden, da jedenfalls das Vorliegen der zweiten Voraussetzung, nämlich der Frage nach einer Beeinträchtigung des notwendigen Unterhaltes durch die Kosten der Verteidigung, zu verneinen ist.

b) Zum angefochtenen Straferkenntnis:

Im gegenständlichen Fall geht es im Wesentlichen um die Frage, in wie weit eine Bestrafung durch die belangte Behörde im Hinblick auf das Doppelbestrafungsverbot noch zulässig ist, wenn bereits mangels Schuldnachweises betreffend dieselbe Sache im gerichtlichen Verfahren vor dem Landesgericht X gegen den Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Tierquälerei nach § 222 Abs 1 Z 1 2. Fall StGB im Zweifel ein Freispruch erfolgt ist.

§ 22 Abs 1 VStG ordnet an, dass, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar ist, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

Nach § 38 Abs 7 TSchG liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn eine in Abs. 1 bis 3 bezeichnete Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

Eine Subsidiaritätsklausel stellt auf die Tat ab, worunter im vorliegenden Zusammenhang jenes menschliche Verhalten zu verstehen ist, welches sowohl den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung verwirklicht als auch den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Handlung bildet. Nicht erforderlich ist dabei, dass alle Aspekte dieses Verhaltens sowohl unter dem Gesichtspunkt des Verwaltungsstrafrechts als auch unter jenem der gerichtlich strafbaren Handlung relevant sind. Die Subsidiaritätsklausel greift vielmehr auch dann, wenn der Tatbestand der gerichtlich strafbaren Handlung nicht allein durch die verwaltungsstrafrechtlich relevanten Elemente des die Tat bildenden Verhaltens verwirklicht wird, sondern erst durch das Hinzutreten weiterer Sachverhaltselemente. Es ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Vorliegen einer ausdrücklichen Subsidiaritätsklausel nicht erforderlich, dass verdrängendes und verdrängtes Delikt die gleiche Angriffsrichtung haben (vgl. VwGH vom 24.02.2011, Zl 2007/09/0361).

Die oben zit Bestimmungen der §§ 22 und 30 VStG stehen in einem engen Sachbezug zum sogenannten „Doppelbestrafungsverbot“. Nach dem gegenwärtigen Stand der verfassungsrechtlichen/konventionsrechtlichen Prozessgarantien bestehen keine Schranken gegenüber einer gleichzeitigen Mehrfachverfolgung im Sinne einer parallelen Strafverfolgung durch unterschiedliche Behörden. Bezugspunkt aller diesbezüglichen Verbürgungen ist (erst) die bestandskräftige Erledigung eines Strafverfahrens; es gilt das Verbot neuerlicher Strafverfolgung und Bestrafung in derselben Sache nach deren rechtskräftiger Entscheidung („ne bis in idem“). Diese Unwiederholbarkeit ergibt sich zunächst schon rein prozessual auf einfachgesetzlicher Ebene nach den allgemeinen Regeln („entschiedene Sache“). Sie ist aber auch mehrfach abgesichert; und zwar in Bezug auf „strafrechtliche Anklagen“ (iwS des Art 6 EMRK) desselben Staats durch Art 4 des 7. ZPMRK, sowie - staatenübergreifend - durch Art 54 des Schengener Durchführungsübereinkommens. Beide Garantien enthalten ein Verbot neuerlicher Strafverfolgung und Bestrafung in Bezug auf den bereits rechtskräftig erledigten Sachverhalt. Nunmehr statuiert auch Art 50 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ein unionsrechtliches Doppelbestrafungsverbot (vgl Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 30 Rz 2, Stand 1.5.2017).

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 4 7. ZPEMRK bestärkt, wonach niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden darf.

Zur Beurteilung der Frage, ob "dieselbe Sache" vorliegt, hat der EGMR beginnend mit seinem Erkenntnis vom 10. Februar 2009, Nr. 14.939/03 (Sergey Zolotukhin), sowie dem folgend in seinen weiteren Erkenntnissen vom 16. Juni 2009, 13.079/0325 (Ruotsalainen), vom 25. Juni 2009, 55.759/07 (Maresti), und vom 14. Januar 2010, 2376/03 (Tsonyo Tsonev), die Ansicht vertreten, dass allein auf die Fakten abzustellen sei und die rechtliche Qualifikation derselben außer Betracht zu bleiben habe und dass eine neuerliche Strafverfolgung dann unzulässig ist, wenn sie sich auf denselben oder zumindest im Wesentlichen denselben Sachverhalt bezieht. In seinem Urteil vom 14. Jänner 2010, im Fall Tsonyo Tsonev v Bulgaria, Nr. 2376/03, hat er darauf abgestellt, ob dieselben Fakten das zentrale Element der Anschuldigungen und der beiden angewendeten Strafbestimmungen gebildet haben, und betont, dass die strafrechtliche Anklage die Fakten der Verwaltungsstraftat in ihrer Gesamtheit umfasste und umgekehrt die Verwaltungsstraftat keine Elemente enthielt, die nicht bereits in der gerichtlich strafbaren Handlung gegeben waren, wegen welcher der Beschwerdeführer verurteilt worden war. Aus diesem Grunde durfte der Beschwerdeführer in diesem Fall nicht ein zweites Mal verwaltungsbehördlich verfolgt werden. Der VfGH hat nach Ergehen der Entscheidung des EGMR im Fall Zolotukhin seine Rechtsprechung zum Doppelbestrafungsverbot des Art. 4 7. ZPEMRK unter Berücksichtigung dieses Urteiles des EGMR in seiner Entscheidung vom 02.07.2009, Slg Nr 18.833, dahingehend präzisiert, dass eine Verfolgung wegen ein und desselben tatsächlichen Verhaltens nach zwei verschiedenen Straftatbeständen dann zulässig ist, wenn sich die Straftatbestände in ihren wesentlichen Elementen unterscheiden (Hinweis E vom 24. Februar 2011, 2007/09/0361).

In seiner Vorabentscheidung im Fall Van Esbroeck, RsC-436/04, ist der EuGH von einem weiten Begriff derselben Tat ausgegangen. Im Ergebnis bestimmt der EuGH den Tatbegriff anhand des tatsächlichen Sachverhaltes. Entscheidend ist somit das tatsächliche Geschehen, der sogenannte historische Lebenssachverhalt, nicht aber dessen rechtliche Einordnung unter einem bestimmten Straftatbestand. Ebenso wenig ist die Identität des hinter der jeweiligen Strafnorm stehenden Rechtsguts von Bedeutung (vgl. ausführlich zu dieser Entscheidung den Beitrag von Rosbaud in ÖJZ 2006, 669 ff).

Im weiteren Grundsatzerkenntnis vom 02.07.2009, B 559/08, hat der Verfassungsgerichtshof sich wiederum unter ausführlicher Bedachtnahme mit der bisherigen einschlägigen Judikatur des EGMR zu Art 4 des 7. ZPEMRK mit der Auslegung des Begriffes derselben strafbaren Handlung sowie des Vorliegens derselben wesentlichen Elemente befasst und dabei betont, dass es bei der Auslegung des Wortes strafbare Handlung (offence) im Text des Art 4 des 7. ZPEMRK nicht auf die rechtliche Qualifikation ankommt.

Die vom EGMR und vom EuGH genannten Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Auch hier hat die strafrechtliche Anklage die Fakten der Verwaltungsstraftat in ihrer Gesamtheit umfasst und enthielt umgekehrt die Verwaltungsstraftat keine Elemente, die nicht bereits in der gerichtlich strafbaren Handlung gegeben waren. Im vorliegenden Fall musste das erkennende Gericht im Hinblick auf diese von den zitierten Gerichten entwickelten Prüfgrundsätze der Doppelbestrafungsproblematik im Verhältnis zwischen dem § 222 StGB und der Bestimmung des § 5 Abs 1 iVm § 5 Abs 2 Z 13 TSchG davon ausgehen, dass Sache des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens sowie des beim Landesgericht X anhängig gewesenen Strafverfahrens die gleiche Tat war, nämlich, dass es der Beschwerdeführer unterließ, in der Zeit vom 06.01.2019 bis 09.01.2019 seine festliegende Braunviehkuh mit der Ohrenmarke Nr AT ***.***.*** von Beginn der Nachgeburtsphase an bis zum Zeitpunkt des Verendens ordnungsgemäß unterzubringen, zu betreuen, zu füttern und zu tränken, rechtzeitig dem Tierarzt vorzustellen und zeitgerecht eine fachgerechte Nottötung zu veranlassen. Der Begründung des Freispruchs des Landesgerichtes X folgt, dass sich das Strafgericht eingehend mit der Frage des Tatbestandes der Tierquälerei beschäftigt hat, welcher auch die Zufügung von Schmerzen, Leiden und Schäden beinhaltet. Der Schutzzweck des § 222 Abs 1 Z 1 2. Fall StGB deckt sich insofern mit jenem des § 5 Abs 2 Z 13 iVm § 15 TSchG, als beide Bestimmungen darauf abzielen, bestimmte Unterlassungen bei der Haltung von Tieren hintanzuhalten.

Mit der Bestätigung des gegenständlichen Straferkenntnisses würde daher für ein und dasselbe Verhalten des Beschuldigten ein Unrechts- und Schuldgehalt abgegolten werden, der bereits durch Freispruch im Zweifel durch das Landesgericht X abgegolten wurde. Art 4 7. ZPEMRK verbietet die Wiederholung eines Strafverfahrens, welches mit einer endgültigen Entscheidung beendet worden ist. In einem zweiten Schritt war zu prüfen, ob die Art der Erledigung, nämlich der erfolgte Freispruch durch das Landesgericht X, Sperrwirkung entfaltet. Seitens der herrschenden Lehre und Rechtsprechung herrscht Einigkeit dahingehend, dass jedenfalls eine rechtskräftige Verurteilung sowie ein rechtskräftiger Freispruch als Sachurteil anzusehen sind und immer die Wirkung der entschiedenen Sache auslösen, wohin gegen Unzuständigkeitsurteile dies niemals tun (ua Thienel, verfassungsrechtliches „ne bis in idem“ und seine Auswirkung auf das Verhältnis von Justiz- und Verwaltungsstrafverfahren, JBl 2004, 153 ff). Aufgrund des rechtskräftigen Freispruches des Landesgerichtes X sowie der oben bereits erläuterten inhaltlichen Übereinstimmung des gerichtlichen tatbestands- erheblichen Sachverhaltes mit dem nunmehrigen verwaltungsstrafrechtlichen Sachverhalt würde eine nunmehrige Bestrafung gegen das Doppelbestrafungsverbot verstoßen. Aus diesen Gründen war der Beschwerde daher Folge zugeben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den

Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Riedler

(Richter)

Schlagworte

Doppelbestrafungsverbot

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2019.41.2201.21

Zuletzt aktualisiert am

03.04.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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