TE Bvwg Beschluss 2019/8/22 W185 2154078-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.08.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

22.08.2019

Norm

AsylG 2005 §35 Abs1
AsylG 2005 §35 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §26
VwGG §33
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W185 2154078-1/10E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 04.04.2017, Zl. Damaskus-OB/KONS/0840/2017, aufgrund des Vorlageantrages von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch Migrantinnenverein St. Marx, Pulverturmgasse 4/2/R01, 1090 Wien, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 13.02.2017, beschlossen:

A)

Das Verfahren wird gemäß §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGVG als gegenstandslos eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Syriens, stellte am 05.08.2016 unter Anschluss diverser Unterlagen bei der Österreichischen Botschaft Damaskus (im Folgenden: ÖB Damaskus) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005.

Als Bezugsperson wurde der angebliche Ehemann, XXXX , geb. XXXX , angeführt. Der Bezugsperson sei mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 05.04.2016 der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden.

In der Folge übermittelte die ÖB Damaskus den Einreiseantrag zur weiteren Veranlassung an das Bundesamt.

Das Bundesamt teilte mit Schreiben vom 01.12.2016 gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder eines Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Ehe nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, weshalb die Antragstellerin keine Familienangehörige iSd § 35 Abs 5 AsylG sei. In der diesbezüglichen Stellungnahme des Bundesamtes vom 01.12.2016 wurden die Ablehnungsgründe näher ausgeführt.

Mit Schreiben vom 06.12.2016 wurde der Beschwerdeführerin (unter Anschluss der Mitteilung des Bundesamtes vom 01.12.2016) seitens der ÖB Damaskus die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt und mitgeteilt, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Es erging die Aufforderung, den angeführten Ablehnungsgrund innerhalb einer Woche ab Zustellung dieses Schreibens durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen (Parteiengehör).

Die Beschwerdeführerin brachte am 19.12.2016 eine Stellungnahme ein. Darin wurde vorgebracht, dass die Ehe der Beschwerdeführerin mit der Bezugsperson nach syrischem Recht und daher entsprechend den Regeln des IPRG auch in Österreich rechtsgültig sei.

Nach Übermittlung der Stellungnahme an das Bundesamt, erstattete das Bundesamt eine neuerliche Wahrscheinlichkeitsprognose. Die Gewährung desselben Status sei derzeit nicht wahrscheinlich; dies aus den bereits in der ersten Wahrscheinlichkeitsprognose genannten Gründen.

Mit Bescheid der ÖB Damaskus vom 13.02.2017, wurde der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 abgewiesen. Dies mit der Begründung, dass die Ehe zwischen der Antragstellerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, weshalb die Antragstellerin keine Familienangehörige iSd AsylG sei. Mit Schreiben der ÖB Damaskus vom 06.12.2016 hätte die Beschwerdeführerin Gelegenheit erhalten, die Ablehnungsgründe zu zerstreuen. Die Beschwerdeführerin hätte zur beabsichtigten Entscheidung mit Schreiben vom 19.12.2016 auch Stellung genommen. Diese Stellungnahme sei dem Bundesamt weitergeleitet worden; dieses habe nach Prüfung der Stellungnahme an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festgehalten.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin am 01.03.2017 das Rechtsmittel der Beschwerde. Begründend wurde ausgeführt, dass die Ehe am 20.07.2014 geschlossen worden und die Registrierung dieser Ehe am 13.06.2016 erfolgt sei. Das Datum der Eheschließung sei maßgeblich und sei die Ehe mit der amtlichen Registrierung rückwirkend bezogen auf den Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung wirksam. Gemäß § 16 Abs. 2 IPRG sei die Form einer Eheschließung im Ausland nach dem Personalstatus jedes der Verlobten zu beurteilen. Die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung würde genügen. Beim Abschluss des Ehevertrages sei die Stellvertretung zulässig. Verwiesen wurde auf die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 15.12.2014 zur Frage der Wirkung einer Eheschließung in Syrien. Die Formvorschriften des Ortes der Eheschließung seien eingehalten worden. Die Ehe habe demnach bereits im Herkunftsland bestanden und sei die Beschwerdeführerin somit Familienangehörige iSd Asylgesetzes. Die Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung stelle einen Verstoß gegen Art. 47 der Grundrechtecharta dar.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 04.04.2017 wies die ÖB Damaskus die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab:

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht. Daran, dass die Vertretungsbehörden an die Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes gebunden seien, und damit keinen eigenen Entscheidungsspielraum hätten, habe der VwGH in seiner Entscheidung vom 30.06.2016, Ra 2015/21/0068, festgehalten. Danach unterliege die Wahrscheinlichkeitsbeurteilung des Bundesamtes einer Überprüfung nur durch das Bundesverwaltungsgericht, wenn gegen einen Bescheid nach § 35 AsylG 2005 Beschwerde erhoben werde.

Am 04.04.2017 wurde bei der ÖB Damaskus ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 21.04.2017, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 25.04.2017, wurde der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

Am 28.09.2017 legte die Beschwerdeführerin Hochzeitsfotos, am 22.06.2018 weitere Urkunden (u.a. zur Integration) vor.

Die Bezugsperson gab am 18.07.2018 eine Adressänderung bekannt und legte einen aktuellen ZMR-Auszug vor.

Eine Abfrage des Zentralen Fremdenregisters durch das Bundesverwaltungsgericht am 19.08.2019 ergab, dass die Beschwerdeführerin am 10.09.2018 in Österreich um Asyl angesucht hat. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 19.02.2019 wurde der Beschwerdeführerin der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Eine Abfrage des Zentralen Melderegisters hat ergeben, dass die Beschwerdeführerin seit 21.09.2018 im gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehemann in Österreich gemeldet ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG, FPG) nicht getroffen, und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2018/57, geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. § 28 Abs. 1 VwGVG nimmt die Einstellung des Verfahrens, wozu jedenfalls die Einstellung des Beschwerdeverfahrens zu zählen ist, von der Erledigung mittels Erkenntnis ausdrücklich aus. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich aber auch, dass eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt. Handelt es sich doch bei der Entscheidung eines Verwaltungsgerichts, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, um eine Entscheidung iSd § 31 Abs. 1 VwGVG (vgl. zur Bejahung der Notwendigkeit der Fällung eines Beschlusses über die Verfahrenseinstellung auch Fuchs in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, § 28 VwGVG Anm 5 und § 31 VwGVG Anm 5, sowie Schmid in Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahren der Verwaltungsgerichte, § 28 VwGVG Anm K 3 und § 31 VwGVG Anm K 2) [ vgl. VwGH vom 29.04.2015, Zl. Fr 2014/20/0047].

In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung wegen Beseitigung des für den Beschwerdeführer belastenden Abspruchs, als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses (Art. 132 B-VG) (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2018] § 28 VwGVG, Anm. 5, Vgl VwGH, 28.1.2016, Ra 2015/11/007; 31.1.208, Ra 2018/10/0022).

Auf den gegenständlichen Sachverhalt finden diese allgemeinen Erwägungen Anwendung wie folgt:

Mit Bescheid der ÖB Damaskus vom 13.02.2017 wurde die Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

Die Beschwerdeführerin reiste dennoch im September 2018, somit illegal, in das österreichische Bundesgebiet ein, befindet sich seitdem in Österreich, hat am 10.09.2018 einen Asylantrag eingebracht und erhielt am 19.02.2019 originär den Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Das Bundesverwaltungsgericht kann kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung über den Vorlageantrag erkennen.

Das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses ist immer dann zu verneinen, wenn es für die Rechtsstellung des einzelnen keinen Unterschied macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles keinen objektiven Nutzen hat (Vgl. VwGH Ro 2016/21/0008 v. 30.06.2016). Die Beschwerdeführerin ist nunmehr in Österreich legal als subsidiär Schutzberechtige aufhältig und führt mit ihrem Ehemann ein Familienleben, welches selbe Ziel sie ursprünglich mit der Beantragung eines Einreisetitels verfolgt hat.

Die Beschwerde ist daher als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren ist einzustellen.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich im vorliegenden Fall auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Diese wird durch die Erläuterungen (ErlRV 2009 BlgNR XXIV. GP, 7) gestützt, wonach eine Einstellung des Verfahrens durch Beschluss zu erfolgen hat.

Schlagworte

Asylverfahren, Beschwerdevorentscheidung, Ehe, Einstellung,
Gegenstandslosigkeit, illegale Einreise, Integration, subsidiärer
Schutz, Verfahrenseinstellung, Vorlageantrag, Wegfall des
Rechtschutzinteresses, Wegfall rechtliches Interesse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W185.2154078.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten