TE Bvwg Beschluss 2019/11/26 W272 1425342-2

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Veröffentlicht am 26.11.2019
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Entscheidungsdatum

26.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W272 1425342-2/17E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. BRAUNSTEIN als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX alias XXXX , geb. XXXX , alias XXXX , alias XXXX , StA. China, unvertreten gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien vom XXXX , Zahl XXXX , beschlossen:

A)

Das Verfahren wird eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (BF) reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 21.02.2012 unter der Aliasidentität

XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Beschwerdeführerin brachte zunächst vor, dass sie in einem Einkaufszentrum, wo sie gearbeitet habe, einen Streit mit einem Ehepaar des konkurrierenden Nachbargeschäftes hatte. Eine Angestellte des Einkaufszentrums habe zu diesem Ehepaar gehalten und im Zuge der Auseinandersetzung habe sie mit einer Modellpuppe auf deren Kopf geschlagen. Aufgrund der Blutung sei die BF geflohen. Vor dem BAA gab sie weiters an, dass man ihr vorgeworfen habe, sie sei eine Drogenhändlerin und drogensüchtig und daher drohe ihr eine drakonische Gefängnisstrafe oder sogar die Todesstrafe.

Mit Bescheid vom 29.02.2012 Zahl 12 02.140-BAT, wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz bezüglich Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AslyG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I) und ihr gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Volksrepublik China nicht zuerkannt (Spruchpunkt II). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurde die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Volksrepublik China ausgewiesen (Spruchpunkt III). Gegen diesen Bescheid erhob die BF rechtzeitig Beschwerde vor dem Asylgerichtshof.

Während des Verfahrens vor dem Asylgerichtshof langte eine Meldung der Landespolizeidirektion Wien vom 23.11.2013 ein, wonach die BF bei einer Einvernahme angab, dass sie XXXX heiße und am XXXX in Fangcheng, China geboren sei. Weiters sei ihre Aussage vor der Asylbehörde falsch gewesen. In China sei sie in Schlägereien verwickelt gewesen und habe Angst vor chinesischen Gefängnissen. Sie sei schließlich über Peking nach Rom geflogen und von dort nach Österreich mit dem Zug. Bei der Einvernahme vor dem BVwG gab sie ergänzend an, dass sie vergessen habe zu sagen, dass man ihr Drogendelikte unterstellt habe und sie mit der Mafia in China Probleme habe, da sie dort Schulden habe. In Österreich arbeite sie als Sexarbeiterin, habe einen Freund der deutscher Staatsangehöriger sei und sie heiraten wolle, weiters wurden die Deutschkenntnisse von der Richterin als ausreichend eingestuft.

Mit Erkenntnis vom 16.04.2015 Geschäftszahl W119 1425342-1/41E wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides gem. §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Rückkehrentscheidung gem. § 75 Abs. 20 1. Satz, 1 Fall AsylG 2005 auf Dauer unzulässig ist. Das Gericht stellte fest, dass die BF als Sexarbeiterin in Österreich erwerbstätig und selbsterhaltungsfähig ist. Sie habe ausreichende Deutschkenntnisse und führe seit Ende 2013 eine Beziehung zu einem deutschen Staatsangehörigen, wobei sie mit ihm nicht im gemeinsamen Haushalt lebt. Die BF sei legal aus der Volksrepublik China ausgereist und würde daher im Falle ihrer Ausreise keine Sanktionen durch die chinesischen Behörden ausgesetzt sein. Es konnte durch das Gericht nicht festgestellt werden, dass die BF Schulden habe und deshalb in der Volksrepublik China einer Verfolgung durch Private ausgesetzt wäre.

Es wurde somit 2015 eine Interessensabwägung hinsichtlich Art. 8 EMRK zu Gunsten der BF getroffen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) führte seit 30.06.2015 ein Verfahren zur Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels gem. § 55 AsylG 2005.

Mit Schreiben vom 24.08.2016 legte die GKN Rechtsanwälte, XXXX und XXXX , eine Vollmachtsbekanntgabe vor und beantragte Akteneinsicht.

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien zur Zahl 024 SHv 51/17v vom 22.03.2018 wurde die BF gem. § 104a Abs. 1 StGB (Verbrechen des Menschenhandels) und gem. § 116 Abs. 1 FPG (Vergehen der Ausbeutung eines Fremden) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 13 Monaten verurteilt. Aufgrund der Anrechnung der Untersuchungshaft war diese Haftstrafe verbüßt und wurde die BF am 22.03.2018 aus der Justizhaft entlassen.

Das BFA lud die BF dreimal zu einer Verhandlung, wobei die BF nicht erschien, zweimal wegen einem gerichtlichen Termin und einmal wegen Krankheit. Ein Nachweis liegt nicht auf.

Mit Schreiben vom 18.07.2018 erfolgte durch das BFA eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme an die BF. Es wurde ihr mitgeteilt, dass beabsichtigt ist den Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK abzulehnen und mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot verbunden wird. Der BF wurde die Ergebnisse übermittelt und beauftragt innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung eine Stellungnahme abzugeben.

Mit Schreiben vom 02.08.2018 erfolgte eine Stellungnahme, in welcher vorgebracht wurde, dass bereits das Gericht mit oa. Erkenntnis ausgesprochen habe, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei. Weiters sei die Straftat bereits im Jahr 2011 erfolgte und auf Weiteres sei die BF unbescholten, führe ein selbständiges Leben mit einem deutschen Staatsbürger, gehe seit mehreren Jahren einer Erwerbstätigkeit nach und besitze finanzielle Ersparnisse von mehr als EURO 8.000, --. Weiters erwarte sie ein Haftentschädigung in der Höhe von EUR 3.750, -- und bezahle für ihre Wohnung kein Entgelt. Es sei daher keine Rückkehrentscheidung geboten und der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 55 AsylG bleibe aufrecht. Mit Bescheid des BFA vom XXXX , Zahl XXXX (ATB) wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK vom 30.06.2015 gem. § 55 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II) und die Abschiebung gem. § 46 FPG nach China als zulässig erklärt (Spruchpunkt III). Eine Frist zur freiwilligen Ausreise gem. § 55 Abs. 4 FPG wurde nicht gewährt (Spruchpunkt IV). Gleichzeitig wurde der Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt und ein Einreiseverbot gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG in der Dauer von 5 Jahren befristet erlassen. Begründend für den Bescheid waren ua., dass die BF seit zumindestens 2012 im Bundesgebiet aufhältig war und bisher aufgrund eines rechtsmissbräuchlich verwendeten Asylantrages rechtmäßig aufhältig war. Seit der "negativen" Erledigung sei ihr Aufenthalt quasi im "rechtsleeren" Raum und ihr Aufenthalt weder definitiv legal noch illegal. Sie habe zwar seit 6 1/2 Jahren ein gewisses Privatleben in Österreich jedoch nicht schützenswert. Dass sie Freunde und Bekannt in Österreich habe sei zwar nicht bestritten aber nicht ausreichend, da sie massiv straffällig geworden sei und daher jeder Schutz des Privatlebens obsolet sei. Die Integrationsschritte seien im Stande des unsicheren Aufenthaltes gesetzt worden. So habe die BF Sprachkenntnisse und arbeite selbständig als Sexarbeiterin, eine Rückkehrentscheidung sei aber nicht unzulässig. Die BF sei aufgrund § 116 (1) FPG und § 104a (1) StGB zu einer Freiheitsstrafe von 13 Monaten verurteilt worden. Die Straftat sei mit 23.01.2012 begangen worden. Die BF halte sich unter Verletzung des MeldeG unangemeldet im Verborgenen auf. Die BF habe keine familiäre Beziehungen iSd. Art 8 EMRK in Österreich. Auch ein Aufenthalt über zehn Jahren vermag für sich alleine keine Hinderung an der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sein, soweit das öffentliche Interesse an der Verweigerung eines Aufenthaltstitels größer sind. So z.b. bei strafgerichtlichen Verurteilungen oder unrichtige Identitätsangaben sowie Missachtung melderechtlicher Vorschriften. Auch das Vorhandensein eines A2-Deutschzertifikates reicht nicht aus. Durch das massive strafrechtliche Fehlverhalten der BF und ihre rechtskräftige Verurteilung ist die durch das Gericht erfolgte Interessensabwägung in einem anderen Licht zu beleuchten und nunmehr eine Interessensabwägung zu Ungunsten der BF zu treffen. Allein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkte Aufenthalt kann nämlich keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Es konnte daher kein schützenswertes Privatleben festgestellt werden. Auch ein Grund auf humanitären Fall würde nicht vorliegen. Sodass insgesamt kein Aufenthaltstitel gem. § 55 AsylG in Betracht komme. Weiters ei auch eine Rückkehrentscheidung zulässig da die Rückkehr nach China zumutbar ist und keine Gründe dagegen sprechen. Da die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, war von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen. Gleichzeitig wurde ein Einreiseverbot verhängt, da gegen die BF eine unbedingte Freiheitsstrafe von 13 Monaten verhängt wurde, die sie am 22.03.2019 verbüßt hatte. Dieses Verbrechen sei schwerwiegend und die BF habe mit mehreren anderen Personen einen wesentlichen Anteil zur Realisierung dieses Verbrechens beigetragen. Milderungsgründe waren die selbständige Tätigkeit, die Deutschkenntnisse und die bisherige Unbescholtenheit. Erschwerend, dass es sich um ein Verbrechen handelte bei dem die BF die Not und das Leid anderer ausnutzte um sich zu bereichern. Sie habe ihr Verhalten auch wissentlich und absichtlich gesetzt und bewusst die bestehenden Vorschriften missachtet.

Der Aufenthalt der BF war unbekannt und so wurde immer wieder der Anwalt kontaktiert, sodass der BF keine Verfahrensanordnung für die Rückkehrberatung übergeben werden konnte.

Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schriftsatz vom 27.12.2018 fristgerecht Beschwerde, wobei abermals auf eine reale Gefahr der Verletzung nach Art 8 EMRK hingewiesen wurde, da die BF gut integriert sei und hier ein Familienleben begründet habe.

Das BFA legte mit Schreiben vom 14.01.2019, eingelangt am 17.01.2019, die Beschwerde gegen den gegenständlichen Bescheid vor.

Mit Beschluss W272 1425342-2/2/ vom 23.01.2019 wurde der BF aufschiebende Wirkung zuerkannt. Das Gericht begründete die Aufschiebung damit, dass eine mündliche Verhandlung stattfinden kann, indem die BF über ihr Familienleben in Österreich aussagen kann.

Mit Schreiben vom 29.01.2019 wurde die BF über ihre rechtliche Vertretung von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung informiert. Gleichzeitig wurde die Vertretung aufgetragen die Daten des deutschen Freundes der BF schriftlich bekanntzugeben.

Mit Schreiben vom 19.02.2019 ersuchte die rechtliche Vertretung der BF um Vertagung der für den 17.02.2019 anberaumten Verhandlung und begründete dies damit, dass weder die BF noch ihr Freund bis dato weder telefonisch noch postalisch erreicht werden konnte. Beiliegend wurde die von der Generalprokuratur am 15.02.2019 gem. § 23 Abs. 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes vor, wonach die BF lediglich eines Vergehens und nicht eines Verbrechens schuldig gesprochen wurde.

Mit Schreiben vom 26.02.2019 legte die Vertretung der BF, die Kanzlei 1080 Rechtsanwälte, Rechtsanwältin XXXX , eine Vollmachtsauflösung vor.

Zur ausgeschriebenen Verhandlung am 27.02.2019 ist weder die BF noch die Rechtsvertretung erschienen.

Mit Urteil vom 27.02.2019, Zahl 15 Os6/19z-8 wurde durch den OGH die Strafe gegen die BF aufgrund des Urteiles des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 22.03.2018, GZ 24 Hv 51/17v-895 abgeändert. Der OGH verurteilte die BF wegen des Vergehens des Menschenhandels nach § 104a Abs. 1 Z 3 StGB sowie des Vergehens der Ausbeutung eines Fremden nach § 116 Abs. 1 FPG unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB nach § 104a Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten. Aufgrund erschwerend Zusammentreffen zweier Vergehen, mildernd bisher ordentliche Lebenswandel, das teilweise Geständnis, das längere Zurückliegen der Taten und die lange Verfahrensdauer erschien dem Gericht eine Freiheitsstrafe von 13 Monaten (bei einem Strafrahmen von bis zu drei Jahren) als angemessen, die wegen der unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer jedoch um fünf Monate auf acht Monate reduziert.

Am 18.09.2019 erfolgte eine Anzeige der LPD Wien, welches auch dem BVwG vorgelegt wurde, gegen die BF aufgrund Ausübung der Prostitution ohne die gesundheitlichen Voraussetzungen gem. § 4 lit. c Wiener Prostitutionsgesetz 2011. Der Ermittler führte eine verdeckte Ermittlung gem. § 15 WPG durch. Es kam zu einem Treffen, indem die BF sexuelle Dienst anbot. In weiterer Folge legte der Beamte seine amtliche Stellung offen. Die Frau war nur im Besitz einer Sozialversicherungskarte und so konnte die Identität festgestellt werden. Bei der BF handle es sich um eine vormals registrierte Prostituierte, welche jedoch seit 2017 keine gesundheitlichen Untersuchungen nachkam. Die BF gab an nach China zurückkehren zu wollen. Die Behörde teilte dem Gericht mit, dass keine Meldeadressen vorhanden sind. Auch auf Ersuchen des Gerichtes um weitere Nachforschungen, teilte die Behörde mit, dass die BF nicht mehr gefunden werden kann.

Das Gericht beraumte mit 18.10.2019 eine Verhandlung für den 18.11.2019 an.

Am 30.10.2019 übermittelte das BFA den Antrag der BF auf freiwillige Rückkehr mit 31.10.2019. Gleichzeitig wurde in Kopie das Flugticket übermittelt. Im Rahmen der Rückkehrberatung wurde die BF darüber belehrt, dass mit der Ausreise ihr Verfahren eingestellt wird. Diese Folge der Ausreise wurde ihr durch eine sprachkundige Vertrauensperson erklärt. Sie hat dies auch im Formular bestätigt.

Am 12.11.2019 übermittelte das BFA die Ausreisebestätigung seitens der Grenzkontrolle Flughafen Wien-Schwechat vom 31.10.2019.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Verfahrensgang wird als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt.

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die volljährige Beschwerdeführerin führt den Namen XXXX und ist Staatsangehörige der Volksrepublik China und seit zumindest Jänner 2012 im österreichischen Staatsgebiet aufhältig.

Sie ist seit 20.09.2018 in Österreich nicht mehr gemeldet.

Die BF wurde wegen des Vergehens des Vergehens des Menschenhandels nach § 104a Abs. 1 Z 3 StGB sowie des Vergehens der Ausbeutung eines Fremden nach § 116 Abs. 1 FPG unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB nach § 104a Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt.

Nicht festgestellt werden konnte, dass die BF ein Familienleben mit einem deutschen Staatsbürger in Österreich führt oder diesen geheiratet habe. Nicht festgestellt werden konnte, dass die BF Kinder in Österreich hat.

Nicht festgestellt werden konnte, in welcher Höhe die BF ein Einkommen als Selbstständige erhielt.

Die BF besitzt Deutschkenntnisse.

Die BF ist am 31.10.2019 freiwillig in ihren Herkunftsstaat ausgereist und wurde darüber belehrt und hat dies auch zur Kenntnis genommen, dass damit ihr Verfahren eingestellt wird. Sie hat kein rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung.

2. Beweiswürdigung:

Die Beweiswürdigung ergibt sich zweifelsfrei und schlüssig aus dem vorliegenden Behördenakt.

Die BF hat an keiner Verhandlung teilgenommen und nach Beschwerdeerlassung auch nicht mit ihrem Anwalt Kontakt aufgenommen, sodass das Gericht auch davon schlüssig ausgehen kann, dass sie an einer Sachentscheidung nicht mehr interessiert war. Sie konnte weder durch das Gericht, Polizei noch ihrer anwaltlichen Vertretung aufgefunden werden.

Dass die BF mit der Einstellung des Verfahrens einverstanden ist ergibt sich auch aus der Belehrung bei der Rückkehrberatung vom 28.10.2019. Weiters ist aus dem Bericht der LPD vom 18.09.2019 wiederum ersichtlich, dass die BF gewillt war Österreich zu verlassen und daher kein Interesse an einem Aufenthaltstitel im Zusammenhang mit Art. 8 EMRK hat.

Trotz Belehrung über die Folgen ihrer Ausreise hat sie, bestätigt durch die Grenzkontrolle Flughafen-Wien, die Rückkehr nach China am 31.10.2019 angetreten. Die Bestätigung liegt im Akt auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

Der rechtlichen Beurteilung werden die folgenden allgemeinen Erwägungen zugrunde gelegt:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Im gegenständlichen Fall konnte durch das Gericht nicht erhoben werden, inwieweit ein Familienleben oder Privatleben in Österreich der BF exisitiert.

Gem. § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinen Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses (Art. 132 B-VG) (vlg. Fister/Fuchs/Sachs,

Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 28 VwGVG, Anm. 5 und vgl. mutatis mutandis VwGH, 20.09.2012, 2011/06/0132).

Aufgrund der freiwilligen Ausreise der BF in ihren Herkunftsstaat China kann ein geschwundenes rechtliches Interesse der BF an einer Sachentscheidung angenommen werden, insbesondere dadurch, dass sie darüber auch belehrt wurde, sodass die Beschwerde gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich im vorliegenden Fall auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Diese wird durch die Erläuterungen (ErlRV 2009 BlgNR XXIV.GP,7) gestützt, wonach eine Einstellung des Verfahrens durch Beschluss zu erfolgen hat.

Schlagworte

freiwillige Ausreise, Gegenstandslosigkeit, Verfahrenseinstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W272.1425342.2.01

Zuletzt aktualisiert am

02.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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