TE Lvwg Erkenntnis 2018/5/28 LVwG 47.36-3437/2017

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Veröffentlicht am 28.05.2018
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Entscheidungsdatum

28.05.2018

Index

L92056 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Steiermark
L92006 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Steiermark
50/01 Gewerbeordnung

Norm

SHG Stmk 1998 §9
SHG Stmk 1998 §5 Abs1
SHG Stmk 1998 §4 Abs1
SHG Stmk 1998 §7 Abs1
SHG Stmk 1998 §8 Abs11
SHG Stmk 1998 §10 Abs1
MSG Stmk 2011 §10 Abs1 Z1 lita
GewO 1994 §159

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Mag. Leber über die Beschwerde der Frau A B, geb. am xx, vertreten durch C GmbH, Rstraße, W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag vom 24.11.2017, GZ: 9.10-927-17,

z u R e c h t e r k a n n t:

I.     Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet

abgewiesen.

II.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Bescheid vom 24.11.2017 wies die Bezirkshauptfrau von Bruck-Mürzzuschlag den Antrag von Frau A B auf einen Kostenzuschuss zu den monatlichen Kosten der 24-Stunden-Betreuung ab. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Personen, die in der Regel die 24-Stunden-Betreuung erfüllen sollen, das Gewerbe der Personenbetreuung gemäß § 159 Gewerbeordnung ausüben würden. Bei diesem Gewerbe handle es sich um ein freies Gewerbe, für dessen Anmeldung und Ausübung es keinerlei Befähigungsvoraussetzungen gebe. Es bestünden demnach auch bei einem weit auszulegenden Begriff der „Pflege“ (siehe GZ: LVwG 47.11-3129/2015) begründete Einwände dagegen, eine 24-Stunden-Betreuung unter die Bestimmung des § 9 Abs 2 lit a zu subsumieren.

Die dagegen vorgebrachte Beschwerde führte im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführerin Pflegestufe 4 und nicht 6 habe, seit August 2017 erhalte die Beschwerdeführerin eine 24-Stunden-Pflege von Frau D E und F G. Die Pflegerinnen würden sich alle 24 Tage abwechseln. Sie hätten eine entsprechende und umfassende Ausbildung in Rumänien absolviert. Die Beschwerdeführerin habe ein monatliches Einkommen in Höhe von € 3.101,52 (samt Pflegegeld und Zuschüssen). Demgegenüber stünden monatliche Ausgaben in Höhe von € 3.532,13. Die monatlichen Kosten für die 24-Stunden-Pflege beliefen sich auf € 2.154,00 (inklusive zweifacher Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von € 182,00). Es sei bei der Pflege von einem weit auszulegenden Pflegebegriff auszugehen, der über den medizinisch pflegerischen Bereich hinausgehe. Der Begriff Pflege umfasse jegliche Unterstützung und Hilfeleistung bei alltäglichen Verrichtungen, sofern diese aufgrund des körperlichen, geistigen oder psychischen Zustands nicht ohne Hilfe besorgt werden könnten. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark vertrete die vollkommen richtige Ansicht, dass eine 24-Stunden-Betreuung, auch wenn diese im Sinne der Personenbetreuung gemäß § 159 Gewerbeordnung ausgeübt werde, unter § 9 Stmk. SHG falle (LVwG Steiermark 11.01.2016, GZ: LVwG 47.11-3129/2015). Die belangte Behörde habe es unterlassen, Ermittlungen zu tätigen, welche Aufgaben und Unterstützungstätigkeiten die Pflegerinnen in diesem gegenständlichen Sachverhalt erfüllen würden. Hätte die belangte Behörde dies gemacht, hätte sie zweifelsfrei erkannt, dass alltägliche Verrichtungen, insbesondere jene, für welche sie, wie unter Punkt 1 ausgeführt, mit den Pflegerinnen einen Werkvertrag abgeschlossen habe, nicht ohne Unterstützung und Hilfe der Pflegerinnen möglich seien und daher dem Antrag stattzugeben gewesen wäre. Weiters sei am selben Tag ein identer Antrag mit identem Sachverhalt von einer anderen Antragstellerin bewilligt worden. Es werde daher beantragt, den Zuschuss zu den monatlichen Kosten der 24-Stunden-Betreuung in Höhe von € 430,61 monatlich zu bewilligen.

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat Folgendes erwogen:

I. Festgestellter Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin wurde xx geboren. Sie lebt alleine im betreuten Wohnen der H an der Adresse G Straße, I. Dafür fällt ihr neben der Miete ein Eigenleistungsanteil von € 198,00 pro Monat an. Damit werden jedoch keine Pflegeleistungen abgegolten, da die Beschwerdeführerin im Rahmen des betreuten Wohnens von der H keine Pflegeleistungen in Anspruch nimmt. Für ein Notruftelefon entstehen weitere Kosten iHv € 15,00. Die Beschwerdeführerin nimmt täglich von 9.00 bis 11.00 Uhr an der Gemeinschaftsanimation teil, die vom betreuten Wohnen angeboten wird. Das Zusammenkommen mit den Teilnehmern ist ihr sehr wichtig.

Seit August 2017 wird sie von Frau D E und Frau F G pflegerisch betreut. Diese wechseln sich alle 28 Tage ab. Die beiden Pflegerinnen haben eine Pflegeausbildung in Rumänien absolviert. Aufgrund dieser Ausbildung dürfen sie typische Pflegeleistungen erbringen und auch Medikamente verabreichen. Spritzen dürfen beispielsweise nicht verabreicht werden.

Die Beschwerdeführerin hat folgende Einkünfte:

Alterspension iHv   € 790,64

Witwenpension iHv  € 967,83

Summe:          € 1.758,47

abzüglich Krankenversicherungsbeiträge + Lohnsteuer: € 1.478,54

mal 14, dividiert durch 12: € 1.724,96

Pension J monatlich € 146,96

mal 14, dividiert durch 12: € 171,45

Pflegegeld iHv € 677,60 (seit 01.09.2017)

Zuschuss 24-Stunden-Betreuung € 550,00 (seit 01.09.2017),

Die monatlichen Kosten für die 24-Stunden-Betreuung setzen sich wie folgt zusammen:

Entgelt für die Pflegerin für 28 Tage      € 1.350,00

Transportkosten             € 140,00

Sozialversicherungsbeiträge zweifach in Höhe

von je € 182,00 – gesamt          € 364,00

seit 2018: je € 171,00 – gesamt       € 342,00

Vermittlungsgebühr der Agentur                                               € 300,00

Summe bis Ende 2017                                                                                  € 2.154,00

Summe seit Jänner 2018                                                                         € 2.132,00

Die Beschwerdeführerin hat folgende weitere monatliche Ausgaben:

Miete inklusive Heizkosten            € 530,25

Eigenanteil betreutes Wohnen           € 198,00

Strom                                       € 31,00

GIS-Gebühr und Kabel-TV            € 40,63

Telefonrechnung                € 35,81

Haushaltsversicherung (Jahresprämie € 135,49)    € 11,29

Hygieneartikel                 € 59,88

monatliche Ausgaben für Medikamente durchschnittlich € 40,54

Versicherung Gesundheitsvorsorge         € 23,00

Notruftelefon                                                                                                                                                 € 15,00

Summe                                                                                                                                                            € 985,40

Da die GIS-Gebühr iHv € 53,46 nur alle zwei Monate fällig ist, wurde dieser Posten entsprechend gekürzt.

Mit den Pflegerinnen wurde vertraglich die Erbringung folgender Leistungen und Tätigkeiten vereinbart:

?        Haushaltsnahe Dienstleistungen, insbesondere

Zubereitung von Mahlzeiten, Vornahme von Besorgungen, Reinigungstätigkeiten, Durchführung von Hausarbeiten, Durchführung von Botengängen, Sorgetragung für ein gesundes Raumklima, Betreuung von Pflanzen und Tieren, Wäscheversorgung (Waschen, Bügeln, Ausbessern)

?         Unterstützung bei der Lebensführung:

Gestaltung des Tagesablaufes, Hilfestellung bei alltäglichen Verrichtungen

?        Gesellschafterfunktion, insbesondere

Gesellschaftleisten, Führen von Konversation, Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Kontakte, Begleitung bei diversen Aktivitäten

?        Führung des Haushaltsbuches mit Aufzeichnungen über für die betreute Person getätigte Ausgaben

?        praktische Vorbereitung der betreuungsbedürftigen Person auf einen Ortswechsel

?        Organisation von Personenbetreuung

?        Sonstige (nicht oben angeführte) Dienstleistungen, wobei darauf zu achten ist, dass es sich nicht um pflegerische Leistungen, Leistungen der Basisversorgung sowie um sonstige Leistungen handeln darf, die in den Vorbehaltsbereich der Gesundheitsberufe fallen.

Von den beiden Pflegerinnen werden folgende Leistungen erbracht:

?    Reinigung der Zahnprothesen

?    Einkauf und Kochen

?    mundgerechte Vorbereitung der Mahlzeiten und Getränke

?    Mobilisierung ins Badezimmer, dortige Auskleidung, Körperpflege bis auf das Gesicht,

?    Ankleiden

?    nächtliches Waschen im Bett

?    Hilfe, um vom Sitzen aufzustehen

?    Begleitung beim Gehen

?    Intimhygiene sowie wechseln des Inkontinenzproduktes

?    Hilfe beim Toilettengang

?    Führen von Gesprächen

?    Begleitung den ganzen Tag über

Es liegen folgende Pflegediagnosen vor:

?    Gefahr eines Flüssigkeitsdefizits

?    funktionelle Harninkontinenz

?    Diarrhoe

?    Stuhlinkontinenz

?    beeinträchtigte Gehfähigkeit

?    verminderte Herzleistung

?    Selbstversorgungsdefizit Essen und Trinken

?    Selbstversorgungsdefizit Körperpflege

?    Selbstversorgungsdefizit Sich kleiden

?    Selbstversorgungsdefizit Toilettenbenutzung

?    beeinträchtigte Gedächtnisleistung

?    Hautschädigung

?    Sturzgefahr

?    akuter Schmerz

Der Pflegeaufwand der Beschwerdeführerin ist als hoch einzustufen. Die Betreuung durch eine 24-Stunden-Betreuung zu Hause ist aus pflegesachverständiger Sicht nötig und gerechtfertigt.

II. Beweiswürdigung

Die Feststellungen stützen sich auf den unbedenklichen Akteninhalt sowie die Ergebnisse der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 16.02.2018. Im Zuge der Verhandlung wurde die Pflegerin, Frau F G, einvernommen. Diese schilderte glaubwürdig und nachvollziehbar die von ihr geleisteten Tätigkeiten. Diese sind auch Großteils bereits aus dem Pflegegutachten vom 14.09.2017 zu entnehmen. Weitere Ausgaben wurden von der Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht.

III. Rechtliche Beurteilung:

Die maßgeblichen Bestimmungen des StSHG, LGBl. Nr. 29/1998 idF LGBl. Nr. 20/2017, 12/2018 und 47/2018, lauten wie folgt:

§ 1 Stmk. SHG:

Aufgabe der Sozialhilfe

(1) Durch die Sozialhilfe soll jenen Personen die Führung eines menschenwürdigen Lebens ermöglicht werden, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.

(2)Die Sozialhilfe umfaßt:

         a)       Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfs,

         b)       Hilfe in besonderen Lebenslagen,

         c)       Soziale Dienste.

(3) Die Sozialhilfe ist zu gewähren, um eine bestehende Notlage zu beseitigen oder eine drohende Notlage abzuwenden. Sie ist fortzusetzen, wenn dies notwendig ist, um die Wirksamkeit der geleisteten Hilfe zu sichern.

§ 4 Stmk. SHG:

Voraussetzung der Hilfe

(1) Auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes besteht für Personen, die den Lebensbedarf für sich und unterhaltsberechtigte Angehörige nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln und Kräften beschaffen können und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhalten, nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes ein Rechtsanspruch.

1.

Wer sich in der Steiermark aufhält und zu einem mehr als dreimonatigen Aufenthalt berechtigt ist, hat einen Rechtsanspruch auf Leistungen im Sinne der §§ 7 und 14.

2.

Wer sich in der Steiermark aufhält und die genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, hat einen Rechtsanspruch im Sinne der §§ 7 Abs. 1 lit. b, c, d, Abs. 2 lit. a Z 2 und 3 und lit. b und 14. Zur Vermeidung unbilliger Härten können vom Träger der Sozialhilfe als Träger von Privatrechten auch andere Leistungen gewährt werden.

(1a) Personen, denen nach betreuungsrechtlichen Bestimmungen ein Rechtsanspruch auf Gewährung der Grundversorgung zusteht, haben keinen Rechtsanspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfs. Ebenso haben Personen, die zum Adressatenkreis des Steiermärkischen Mindestsicherungsgesetzes zählen, keinen Rechtsanspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes mit Ausnahme der Leistungen gemäß § 7 Abs. 2 lit. a Z. 3, § 9 Abs. 2 lit. a und c, §§ 10, 11 und 14.

(2) Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege, durch die der Lebensbedarf nicht ausreichend gesichert wird, sind nicht zu berücksichtigen.

(3) Pflegegeld nach bundes- oder landesgesetzlichen Bestimmungen gilt nicht als Einkommen im Sinne des § 5. Es ist jedoch bei einer Hilfeleistung nach §§ 7 Abs. 1 lit. b, 9 Abs. 2 lit. a und b, 13 und 16 zu berücksichtigen.

Anm.: in der Fassung LGBl. Nr. 47/2004, LGBl. Nr. 21/2007, LGBl. Nr. 14/2011, LGBl. Nr. 64/2011, LGBl. Nr. 10/2012, LGBl. Nr. 7/2015

§ 5 Stmk. SHG:

Einsatz der eigenen Mittel

(1) Hilfe ist nur so weit zu gewähren, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfeempfängers nicht ausreichen, um den Lebensbedarf zu sichern.

(1a) Nähere Bestimmungen zum Einkommensbegriff und zum Nachweis des Einkommens hat die Landesregierung durch Verordnung zu erlassen.

(2) Hilfeempfänger haben Ansprüche gegenüber Dritten zu verfolgen, soweit dies nicht offenbar aussichtslos oder unzumutbar oder mit einem unverhältnismäßigen Kostenrisiko verbunden ist. Keine Rechtsverfolgungspflicht besteht bei Ansprüchen gemäß § 947 ABGB, bei Schmerzengeldansprüchen sowie bei nichttitulierten Unterhaltsansprüchen des Hilfeempfängers.

(3) Zum verwertbaren Vermögen gehören nicht jene Sachen, die zur persönlichen Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit oder zur Befriedigung allgemein anerkannter kultureller Bedürfnisse dienen.

(4) Hat der Hilfeempfänger Vermögen, dessen Verwertung ihm vorerst nicht möglich oder zumutbar ist, kann im Zuerkennungsbescheid oder in einem getrennten Verfahren die Sicherstellung des Ersatzanspruches verfügt werden.

(5) (Anm.: entfallen)

Anm.: in der Fassung LGBl. Nr. 46/2008, LGBl. Nr. 14/2011, LGBl. Nr. 64/2011, LGBl. Nr. 10/2012, LGBl. Nr. 64/2014

§ 5 Stmk. SHG:

Einsatz der eigenen Mittel

„(1) Hilfeleistungen gemäß § 13 sind nur soweit zu gewähren, als das Einkommen der Hilfeempfängerin/des Hilfeempfängers nicht ausreicht, um den Lebensbedarf zu sichern. Alle übrigen Hilfeleistungen sind nur soweit zu gewähren, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen der Hilfeempfängerin/des Hilfeempfängers nicht ausreichen, um den Lebensbedarf zu sichern.“

(1a) Nähere Bestimmungen zum Einkommensbegriff und zum Nachweis des Einkommens hat die Landesregierung durch Verordnung zu erlassen.

(2) Hilfeempfänger haben Ansprüche gegenüber Dritten zu verfolgen, soweit dies nicht offenbar aussichtslos oder unzumutbar oder mit einem unverhältnismäßigen Kostenrisiko verbunden ist. Keine Rechtsverfolgungspflicht besteht bei Ansprüchen gemäß § 947 ABGB, bei Schmerzengeldansprüchen sowie bei nichttitulierten Unterhaltsansprüchen des Hilfeempfängers.

(3) Zum verwertbaren Vermögen gehören nicht jene Sachen, die zur persönlichen Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit oder zur Befriedigung allgemein anerkannter kultureller Bedürfnisse dienen.

(4) Hat der Hilfeempfänger Vermögen, dessen Verwertung ihm vorerst nicht möglich oder zumutbar ist, kann im Zuerkennungsbescheid oder in einem getrennten Verfahren die Sicherstellung des Ersatzanspruches verfügt werden.

(5) (Anm.: entfallen)

Anm.: in der Fassung LGBl. Nr. 46/2008, LGBl. Nr. 14/2011, LGBl. Nr. 64/2011, LGBl. Nr. 10/2012, LGBl. Nr. 64/2014, LGBl. Nr. 47/2018

§ 7 StSHGLebensbedarf

(1) Zum Lebensbedarf gehören:

         a)       der Lebensunterhalt (§ 8);

         b)       die erforderliche Pflege (§ 9);

         c)       die Krankenhilfe (§ 10);

         d)       die Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen (§ 11);

         e)       die Erziehung und Erwerbsbefähigung (§ 12).

(2) Der ausreichende Lebensbedarf ist durch geeignete Maßnahmen zu sichern. Je nach Bedarf und Zweckmäßigkeit werden gewährt:

         a)       Geldleistungen:

         1.       als richtsatzgemäße Geldleistungen, wenn Sozialhilfe voraussichtlich über einen längeren Zeitraum zu gewähren sein wird;

         2.       zur Kostendeckung einer notwendigen Heim- oder Anstaltsunterbringung;

         3.       für einmalige Unterstützungen.

         b)       Sachleistungen,

wie insbesondere Unterkunft, Bekleidung und Lebensmittel. Sachleistungen sind vor allem dann zu gewähren, wenn eine zweckentsprechende Verwendung einer Geldleistung nicht gesichert ist oder erwartet werden kann.

§ 8 Stmk. SHG:

Lebensunterhalt, Richtsätze

(1) Der Lebensunterhalt umfaßt den Aufwand für die regelmäßig gegebenen Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens, insbesondere für Nahrung, Unterkunft, Hausrat, Beheizung, Bekleidung und andere persönliche Bedürfnisse, zu denen auch eine angemessene Pflege der Beziehungen zur Umwelt und Teilnahme am kulturellen Leben gehören.

(2) Als Maßnahme zur Sicherung eines ausreichenden Lebensunterhaltes, ausgenommen den Aufwand für Unterkunft, können fortlaufende monatliche Geldleistungen gewährt werden. Solche Geldleistungen sind nach Richtsätzen zu bemessen (richtsatzgemäße Geldleistung).

(3) (Anm.: entfallen)

(4) Die richtsatzgemäße Geldleistung kann im Einzelfall auf das zum Lebensunterhalt unerläßliche Maß beschränkt werden, wenn der Hilfeempfänger trotz wiederholter Aufforderung mit den ihm zur Verfügung gestellten Mitteln nicht sparsam umgeht oder trotz Erwerbsfähigkeit und Erwerbsmöglichkeit nicht gewillt ist, seine Arbeitskraft zur Sicherung seines Lebensbedarfes einzusetzen. Der Lebensunterhalt unterhaltsberechtigter Familienangehöriger darf dadurch jedoch nicht beeinträchtigt werden.

(5) Richtsatzgemäße Geldleistungen sind minderjährigen Mitunterstützten, für die Familienbeihilfe bezogen wird, in den Monaten Juni und November in zweifacher Höhe zu gewähren, wobei die diesen tatsächlich zufließenden Einkünfte dem zweifachen Richtsatz gegenüberzustellen sind und die sich ergebende Differenz als Sozialhilfeleistung zu gewähren ist.

(6) Werden richtsatzgemäße Geldleistungen gewährt, so ist zusätzlich der tatsächlich vertretbare Aufwand des Hilfeempfängers für Unterkunft zu tragen. Wenn der Hilfeempfänger mehr als ein Jahr Hilfen gemäß Abs. 1 bezogen hat, darf die richtsatzgemäße Geldleistung einschließlich des Aufwandes für Unterkunft die Höhe der Mindestleistungen gemäß Abs. 9 nicht überschreiten.

(7) Die Zuerkennung richtsatzgemäßer Geldleistungen schließt erforderliche weitere Maßnahmen zur Sicherung des ausreichenden Lebensunterhaltes im Einzelfall nicht aus.

(8) Zur Bemessung von monatlichen Geldleistungen sind durch Verordnung der Landesregierung Richtsätze für

         a)       alleinstehend Unterstützte,

         b)       Hauptunterstützte oder Unterstützte in Haushaltsgemeinschaft,

         c)       Mitunterstützte, die mit einem Hauptunterstützten in einer Haushaltsgemeinschaft leben,

festzusetzen.

(9) Bei der Festsetzung der Richtsätze ist davon auszugehen, daß die im Rahmen der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955, in der geltenden Fassung, gewährten vergleichbaren Mindestleistungen in der Regel den ausreichenden Lebensbedarf sicherstellen, und zwar jeweils ausgenommen den Aufwand für Unterkunft.

(10) Durch Verordnung der Landesregierung ist ein Betrag festzusetzen, der dem alleinstehend Unterstützten und dem Hauptunterstützten in den Monaten Februar und August zur Abdeckung von Energiekosten gebührt.

(11) Die richtsatzgemäße Geldleistung sowie der Aufwand für Unterkunft dürfen in Summe die Höhe der vergleichbaren Leistungen der Mindestsicherung nach dem Steiermärkischen Mindestsicherungsgesetz nicht übersteigen.

Anm.: in der Fassung LGBl. Nr. 70/2004, LGBl. Nr. 21/2007, LGBl. Nr. 14/2011, LGBl. Nr. 7/2015

§ 9 Stmk. SHG:

Erforderliche Pflege

(1) Zum Lebensbedarf gehört jene Pflege, die erforderlich wird, wenn auf Grund des körperlichen, geistigen oder psychischen Zustandes die Fähigkeit fehlt, die notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens ohne fremde Hilfe zu besorgen.

(2) Die erforderliche Pflege umfaßt

         a)       die mobile Pflege;

         b)       die Pflege in geeigneten stationären Einrichtungen;

         c)       die Versorgung mit Pflegemitteln und Pflegebehelfen.

Kosten der Hilfe zu mobiler Pflege sind bis zu jenem Betrag zu gewähren, der vergleichsweise für dieselben Leistungen in einer stationären Einrichtung anfällt.

Anm.: in der Fassung LGBl. Nr. 70/2004

Die maßgeblichen Bestimmungen der Sozialhilfegesetz-Durchführungsverordnung (StSHG-DVO), LGBl. Nr. 18/2012 idF LGBl. Nr. 10/2012, lauten wie folgt:

§ 1 StSHG-DVO:

Einkommen

Zum Einkommen zählen insbesondere:

         1.       Folgende Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 1988/400, in der Fassung BGBl. I Nr. 2010/111 (im Folgenden: Einkommensteuergesetz):

         a)       Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft;

         b)       Einkünfte aus selbständiger Arbeit;

         c)       Einkünfte aus Gewerbebetrieb;

         d)       Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit;

         e)       Einkünfte aus Kapitalvermögen;

         f)       Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung;

         g)       Sonstige Einkünfte gemäß § 29 Einkommensteuergesetz;

         2.       Wochengeld;

         3.       Kinderbetreuungsgeld;

         4.       Arbeitslosengeld;

         5.       Notstandshilfe;

         6.       Pensionsvorschuss;

         7.       erhaltene Unterhaltszahlungen;

         8.       Sonderzahlungen;

         9.       Wohnbeihilfe.

§ 2 StSHG-DVO:

Einkommensermittlung

(1) Vom Einkommen gemäß § 1 sind die auf die Einkünfte gemäß § 1 Z 1 entfallende Einkommensteuer gemäß § 33 Abs. 1 Einkommensteuergesetz – bereinigt durch die steuerrechtlichen Begünstigungen (Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Freibeträge nach §§ 104 und 105 Einkommensteuergesetz) vor Abzug der Absetzbeträge (allgemeiner Absetzbetrag, Alleinverdiener- bzw. Alleinerzieherabsetzbetrag, Unterhaltsabsetzbetrag, Arbeitnehmer- und Grenzgängerabsetzbetrag, Verkehrsabsetzbetrag, Pensionistenabsetzbetrag) – sowie die Sozialversicherungsbeiträge abzuziehen.

(2) Bei regelmäßig anfallendem Einkommen ist das Jahresnettoeinkommen zu ermitteln. Dieses ist – unter Berücksichtigung allfälliger Sonderzahlungen – durch 12 zu dividieren, um das monatliche Nettoeinkommen zu berechnen. Bei einem nicht regelmäßig anfallenden Einkommen ist das tatsächlich zufließende Einkommen heranzuziehen.

Die maßgebliche Bestimmungen der Sozialhilfegesetz-Richtsatzverordnung (StSHG-RSVO), LGBl. Nr. 118/2012, lautet wie folgt:

§ 1 StSHG-RSVO

Lebensunterhalt

(1) Die Richtsätze für den Lebensunterhalt betragen monatlich für:

1.

alleinstehend Unterstützte

579 Euro

Die maßgeblichen Bestimmungen der Stmk. Mindestsicherungsgesetz-Durchführungsverordnung 2016 (StMSG – DVO), LGBl. Nr 109/2016 idF LGBl. Nr. 146/2016 und 101/2017, lauten wie folgt:

§ 3Mindeststandard

Zur Deckung des Lebensunterhaltes werden gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 StMSG monatliche pauschalierte Geldleistungen in Höhe von 844,46 Euro gewährt.

Anm.: in der Fassung LGBl. Nr. 146/2016

§ 3Mindeststandard

Zur Deckung des Lebensunterhaltes werden gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 StMSG monatliche pauschalierte Geldleistungen in Höhe von 863,04 Euro gewährt.

Anm.: in der Fassung LGBl. Nr. 146/2016, LGBl. Nr. 101/2017

§ 9 StSHG regelt die erforderliche Pflege und ist ein Anspruch auf einen Kostenzuschuss zur 24-Stunden-Betreuung auf dieser Grundlage zu prüfen.

Das StSHG enthält keine Definition des Begriffs Pflege.

Nach Pfeil, XVIII. Recht der Pflege, Rz 13 in Resch/Wallner, Handbuch Medizinrecht, 2. Auflage 2015, wird Pflege in der österreichischen Rechtsprache in unterschiedlicher Bedeutung verstanden. Dabei dominieren zwei Ausrichtungen, zum einen das „klassische“ Verständnis, das Pflege als im weiteren Sinn medizinische Tätigkeit zur Unterstützung von bzw. im Zusammenwirken mit ärztlichem Personal sieht. Zum anderen wird Pflege auch als Unterstützung und Hilfeleistung bei alltäglichen Verrichtungen verstanden, bei denen die medizinische Komponente keine oder eine nur sehr geringe Rolle spielt. Teilweise wird dieser Begriff synonym mit Betreuung verwendet, wenngleich auch dieser keine klare Abgrenzung erlaubt. Eine solche wird überhaupt verwischt, wenn Pflege und Betreuung zusammengezogen werden.

Nach § 9 Abs 1 StSHG gehört zum Lebensbedarf eine Pflege „die erforderlich wird, wenn aufgrund des körperlichen, geistigen oder psychischen Zustandes die Fähigkeit fehlt, die notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens ohne fremde Hilfe zu besorgen“. Aus dieser Formulierung ergibt sich eindeutig, dass das StSHG beim Begriff „Pflege“ von einem weit auszulegenden Pflegebegriff ausgeht, der über den medizinisch-pflegerischen Bereich hinausgeht.

Ein Anspruch besteht gemäß § 5 Abs 1 StSHG nur, wenn das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfeempfängers nicht ausreichen, um den Lebensbedarf zu sichern. Ein Anspruch auf Sicherung des Lebensbedarfes besteht gemäß § 4 Abs. 1 nur für Personen, die den Lebensbedarf für sich und unterhaltsberechtigte Angehörigen nicht oder ausreichend aus eigenen Mitteln und Kräften beschaffen können.

Wie unter I. festgestellt, fallen der Beschwerdeführerin monatlich für die 24-Stunden-Pflege Kosten in Höhe von € 2.154,00 bzw iHv € 2.132,00 seit Jänner 2018 an. Diese setzten sich zusammen aus dem Entgelt für die Pflegerin, den Transportkosten, den zweifachen Sozialversicherungsbeiträgen sowie der monatlichen Vermittlungsgebühr in Höhe von € 300,00. Dem stehen ein Pflegegeld in Höhe von € 677,60 sowie ein Zuschuss zur 24-Stunden-Betreuung in Höhe von € 550,00, somit insgesamt € 1.227,60, gegenüber. Danach verbleiben Restkosten für die 24-Stunden-Betreuung in Höhe von € 926,04 bzw iHv € 904,40.

Laut Nachweis der Pensionsversicherungsanstalt von Jänner 2017 erhielt die Beschwerdeführerin eine Alterspension inklusive Witwenpension abzüglich der Krankenversicherungsbeiträge und der Lohnsteuer in Höhe von € 1.478,54. Multipliziert mal 14 durch 12 ergibt sich ein Betrag von € 1.724,96. (vlg § 2 StSHG – DVO)

Wie unter I. festgestellt hat sie folgende weitere monatliche Ausgaben:

Miete inklusive Heizkosten            € 530,25

Eigenanteil betreutes Wohnen           € 198,00

Strom                                       € 31,00

GIS-Gebühr und Kabel-TV            € 40,63

Telefonrechnung                € 35,81

Haushaltsversicherung (Jahresprämie € 135,49)    € 11,29

Hygieneartikel                 € 59,88

monatliche Ausgaben für Medikamente durchschnittlich € 40,54

Versicherung Gesundheitsvorsorge         € 23,00

Notruftelefon                                                                                                                                                 € 15,00

Summe                                                                                                                                                                     € 985,40

Die Beschwerdeführerin hatte somit im Jahr 2017 Ausgaben iHv € 1.911,44 (€ 926,04 + € 985,40). Seit Jänner 2018 hat sie Ausgaben iHv € 1.889,80 (€ 904,40 + € 985,40).

Diesen Ausgaben steht ein Einkommen iHv€ 1.724,96 + € 171,45, gesamt also € 1.896,41 gegenüber. Dies ergibt Restkosten iHv € 15,03 im Jahr 2017 sowie einen Überschuss iHv € 6,61 seit Jänner 2018.

Es ist nun zu prüfen, inwieweit die angegebenen Ausgaben der Bezahlung der Pflegeleistung vorgehen und das Einkommen vermindern.

Gemäß § 4 Abs 1 StSHG besteht für Personen, die den Lebensbedarf für sich und unterhaltsberechtigte Angehörige nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln und Kräften beschaffen können und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhalten, nach Maßgabe der Bestimmungen des 2. Abschnittes ein Rechtsanspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes.

Zum Lebensbedarf gehören gemäß § 7 Abs 1 StSHG der Lebensunterhalt, die erforderliche Pflege, die Krankenhilfe, die Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen und die Erziehung und Erwerbsbefähigung.

Gemäß § 8 Abs 1 StSHG umfasst der Lebensunterhalt insbesondere Nahrung, Unterkunft, Hausrat, Beheizung, Bekleidung und andere persönliche Bedürfnisse.

Dem Lebensunterhalt sind im vorliegenden Fall folgende Ausgaben zuordenbar:

Miete inklusive Heizkosten            € 530,25

Eigenanteil betreutes Wohnen           € 198,00

Strom                                       € 31,00

GIS-Gebühr und Kabel-TV            € 40,63

Telefonrechnung                € 35,81

Haushaltsversicherung (Jahresprämie € 135,49)                    € 11,29

Summe                                                                                                                                                            € 846,98

Das StSHG regelt in § 8 Abs 2 iVm § 1 StSHG – RSVO die Höhe der Richtsätze für den Lebensunterhalt. In § 8 Abs 11 StSHG wird festgehalten, dass die richtsatzgemäße Geldleistung sowie der Aufwand für Unterkunft in Summe die Höhe der vergleichbaren Leistungen der Mindestsicherung nach dem Stmk. Mindestsicherungsgesetz nicht übersteigen dürfen. Gemäß § 10 Abs 1 Z 1 lit a StMSG iVm § 3 der Mindestsicherungsgesetz-Durchführungsverordnung (StMSG-DVO) besteht für alleinstehende volljährige Personen im Jahr 2018 ein Anspruch auf € 863,04 (€ 844,46 im Jahr 2017). Daher können höchstens € 844,46 im Jahr 2017 und € 863,04 im Jahr 2018 als Ausgaben für den Lebensunterhalt gewertet und vom Einkommen in Abzug gebracht werden. Es verbleibt der Beschwerdeführerin somit ein Einkommen iHv € 1.051,95 im Jahr 2017 und iHv € 1.033,37.

Gemäß § 9 Abs 1 StSHG gehört zum Lebensbedarf auch die Pflege, die erforderlich wird, wenn auf Grund des körperlichen, geistigen oder psychischen Zustandes die Fähigkeit fehlt, die notwendigen Verrichtungen des tägliche Lebens ohne fremde Hilfe zu besorgen.

Weiters gehört zum Lebensbedarf die Krankenhilfe, die gemäß § 10 Abs 1 StSHG Heilbehandlung inkl. Zahnbehandlung, Versorgung mit Heilmitteln, Heilbehelfen, Körperersatzstücken und Zahnersatz, Untersuchung, Behandlung und Pflege in Krankenanstalten sowie Krankentransport umfasst. Gemäß Abs 2 kann die Krankenhilfe auch durch Übernahme der Kosten einer Krankenversicherung erbracht werden.

Der Pflege und der Krankenhilfe sind folgende der angegebenen Ausgaben zuordenbar:

Hygieneartikel                 € 59,88

monatliche Ausgaben für Medikamente durchschnittlich € 40,54

Notruftelefon                                            

Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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