TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/29 97/02/0535

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Veröffentlicht am 29.05.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs3;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/02/0538

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky, im Beisein des Schriftführers

Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des O in Ischgl, vertreten durch Dr. Günther Riess, Rechtsanwalt in Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 38, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 22. Oktober 1997, Zl. 1997/1/45-1, 1997/17/241-1, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit von Übertretungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996 und der Tiroler Bauordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom 22. Oktober 1997 die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 12. September 1997, mit welchem dieser schuldig erkannt worden war, Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 36 Abs. 1c Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 und 2.) § 53 Abs. 1 lit. h in Verbindung mit § 25 d Tiroler Bauordnung begangen zu haben, weshalb über ihn Geldstrafen zu 1.) von S 50.000,-- und zu 2.) S 10.000,-- verhängt worden waren, als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß die Berufung, da der Hinweis auf bisheriges Parteienvorbringen unbeachtlich sei, keinen begründeten Berufungsantrag enthalten habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß dem zufolge § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten hatte die Berufung nachstehenden Wortlaut:

"Gegen die mit auferlegten Strafen, siehe obige Zahl, erhebe ich in offener Frist, Berufung.

Ich wiederhole die Begründung vollinhaltlich wie bereits im vorhergehenden Schriftverkehr erwähnt und nehme dies auf keinen Fall zur Kenntnis."

Darüber hinaus enthalte dieses Schreiben die Bezeichnung "Berufung" sowie die "Geschäftszahl 2-GV-7789-St/3".

Strittig ist im vorliegenden Fall die Frage, ob die oben wiedergegebene Berufung einen begründeten Berufungsantrag enthält. Einer Berufung muß, um der Anforderung eines begründeten Berufungsantrages zu genügen, nach ständiger hg. Judikatur eindeutig zu entnehmen sein, welchen Erfolg der Einschreiter anstrebt und womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. für viele andere z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1993, Zl. 92/03/0262). Dies trifft auch für schriftliche, in einem Strafverfahren eingebrachte Berufungen zu (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 1989, Zl. 89/17/0047). Angesichts des Umstandes, daß bei der Beurteilung, ob ein begründeter Berufungsantrag vorliegt, kein strenger Maßstab angelegt werden soll, darf eine Berufung nicht wegen des Mangels eines solchen Antrages als unzulässig zurückgewiesen werden, wenn aus den Berufungsausführungen im Zusammenhang mit dem Verhalten der Partei vor der Unterinstanz mit Sicherheit darauf geschlossen werden kann, was die Partei anstrebt (vgl. abermals das angeführte Erkenntnis vom 6. Oktober 1989).

Bei dem mit Berufung bekämpften erstinstanzlichen Bescheid handelt es sich um ein Straferkenntnis, in welchem Fall das Fehlen eines ausdrücklich formulierten Berufungsantrages nicht schadet, weil schon die Erhebung der Berufung an sich - soweit dies durch die Berufungsausführungen nicht modifiziert wird - das Ziel des Berufungswerbers erkennen läßt, nicht der ihm im erstinstanzlichen Straferkenntnis zur Last gelegten Übertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. Dezember 1985, Zl. 85/02/0125, und vom 29. September 1993, Zl. 93/02/0129). Auf Grund der in der Berufung gegen das dem Beschwerdefall zugrundeliegende Straferkenntnis gebrauchten Worte "Ich wiederhole die Begründung vollinhaltlich wie bereits im vorhergehenden Schriftverkehr erwähnt und nehme dies auf keinen Fall zur Kenntnis" ist zu prüfen, ob sich daraus hinreichende Klarheit für das Begehren in der Berufung ergibt (vgl. abermals das unter Bezugnahme auf einen ähnlichen Wortlaut der in einer Verwaltungsstrafsache erhobenen Berufung ergangene Erkenntnis vom 6. Oktober 1989). In der im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahren abgegebenen schriftlichen Stellungnahme vom 15. April 1997 hat der damals anwaltlich vertretene Beschwerdeführer zu beiden Strafvorwürfen hinreichend deutliche Ausführungen gemacht, aus denen erkennbar ist, mit welchen Argumenten er seinen Standpunkt, daß das von ihm gesetzte Verhalten nicht strafbar sei, vertreten zu können glaubt. Daraus folgt, daß unter der - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - gebotenen Berücksichtigung des vom Beschwerdeführer in der Berufung ins Treffen geführten "vorhergehenden Schriftverkehrs" vom Mangel eines begründeten Berufungsantrages nicht ausgegangen werden kann.

Da die belangte Behörde sohin die Rechtslage verkannt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu dessen Aufhebung führen mußte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, weil Ersatz für Schriftsatzaufwand nur in der Höhe des in der angeführten Verordnung enthaltenen Pauschalsatzes zugesprochen werden kann.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997020535.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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