TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/10 W170 2189572-1

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Veröffentlicht am 10.01.2020
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Entscheidungsdatum

10.01.2020

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z17
AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs1 Z1
AsylG 2005 §34 Abs2
AsylG 2005 §34 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W170 2189568-1/9E

W170 2189574-1/8E

W170 2189567-1/5E

W170 2189572-1/5E

W170 2189570-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

I. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2018, Zl. 1098436600-151950000/BMI-BFA_NOE_SP, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2

Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019, stattgegeben und XXXX der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 4 leg.cit kommt XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter für drei Jahre zu. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019, nicht zulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2018, Zl. 1098436807-151950055/BMI-BFA_SZB_RD, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2

Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, in Verbindung mit §§ 3 Abs. 1, 34 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019, stattgegeben und XXXX der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 4 leg.cit kommt XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigte für drei Jahre zu. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019, nicht zulässig.

III. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch XXXX und XXXX , diese vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2018, Zl. 1132933509-161438004/BMI-BFA_SZB_RD, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2

Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, in Verbindung mit §§ 3 Abs. 1, 34 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019, stattgegeben und XXXX der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 4 leg.cit kommt XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter für drei Jahre zu. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019, nicht zulässig.

IV. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten XXXX und XXXX , diese vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2018, Zl. 1132933509-161438004/BMI-BFA_SZB_RD, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2

Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, in Verbindung mit §§ 3 Abs. 1, 34 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019, stattgegeben und XXXX der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 4 leg.cit kommt XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigte für drei Jahre zu. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019, nicht zulässig.

V. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten XXXX und XXXX , diese vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2018, Zl. 1132933509-161438004/BMI-BFA_SZB_RD, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2

Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, in Verbindung mit §§ 3 Abs. 1, 34 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019, stattgegeben und XXXX der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 4 leg.cit kommt XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter für drei Jahre zu. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX und XXXX sowie deren gemeinsame Kinder XXXX und XXXX und stellten am 08.12.2015 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der am XXXX in Österreich geborener Sohn von XXXX und XXXX namens XXXX stellte am 19.10.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen des Administrativverfahrens brachte XXXX im Wesentlichen vor, er fürchte, in Syrien wieder zum Reservedienst einberufen zu werden, den er im September 2004 beendet hatte und währenddessen er bei der Flugabwehr eingesetzt worden war, einberufen zu werden. Im Rahmen des Administrativverfahrens legte

XXXX seinen syrischen Reisepass, seinen syrischen Personalausweis und sein syrisches Wehrdienstbuch vor.

Die anderen beschwerdeführenden Parteien beriefen sich im Wesentlichen auf die von XXXX vorgebrachten Gründe. Im Rahmen des Administrativverfahrens legte XXXX ihren syrischen Reisepass und ihren syrischen Personalausweis vor, hinsichtlich des XXXX ist eine österreichische Geburtsurkunde, hinsichtlich XXXX und XXXX jeweils ein syrischer Reisepass vorhanden.

3. Nach Durchführung des oben dargestellten Ermittlungsverfahrens wurde der gegenständliche Antrag des XXXX mit im I. Spruch bezeichneten Bescheid vom 16.02.2018, erlassen am 21.02.2018, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen. Unter einem wurde diesem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass zum Zeitpunkt der Ausreise "keine Rekurtierungsbeabsichtigung der syrischen Regierung" gegenüber dem XXXX bestanden habe, eine inzwischen vorliegende Einberufungsabsicht aber nicht ausgeschlossen werden könne.

XXXX , XXXX , XXXX und XXXX erhielten gleichartige Bescheide, in denen begründend ausgeführt wurde, dass sich diese lediglich auf die Fluchtgründe des XXXX bezogen hätten und diesen daher im Rahmen des Familienverfahrens der gleiche Schutz zuzuerkennen sei.

4. Mit am 14.03.2018 bei der Behörde eingebrachtem Schriftsatz wurde gegen Spruchpunkt I. der jeweiligen in den Sprüchen I. bis V. bezeichneten Bescheides Beschwerde erhoben.

Begründend wurde auf die Asylrelevanz der Einberufung als Reservist zur syrischen Armee hingewiesen.

5. Die Beschwerde wurde samt den bezugnehmenden Verwaltungsakten am 16.03.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und der Gerichtsabteilung W150 zugewiesen. Nach einer erfolgten Abnahme wurde die Rechtssache am 18.10.2019 der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. XXXX und XXXX sind volljährige syrische Staatsangehörige, deren Identität feststeht und die in Österreich unbescholten sind, XXXX , XXXX und XXXX sind deren unmündige, eheliche Kinder; auch deren Identität steht fest.

XXXX und XXXX sind verheiratet, die Ehe bestand bereits ins Syrien vor deren Flucht und besteht noch immer.

1.2. Das Bundesamt hat festgestellt, dass XXXX aus Latakia stammt. Es hat weiters festgestellt, dass eine inzwischen gegen XXXX bestehende Einberufungsabsicht nicht ausgeschlossen werden könne.

In den Länderfeststellungen wird festgestellt, dass die Rekrutierung von männlichen Syrern weiterhin unvermindert stattfinde (Bescheid, S. 33), die syrische Armee durch Todesfälle, Desertionen und Überlaufen zu den Rebellen einen schweren Mangel an Soldaten zu verzeichnen hat (Bescheid, S. 34) und bei der Einreise nach Syrien kontrolliert wird, ob wehrdienstfähige Männer den Wehrdienst abgeleistet haben und dass auch solche Männer, die den Wehrdienst abgeleistet haben, erneut zwangsrekrutiert werden (Bescheid, S. 35). Weiters wird in den Länderfeststellungen festgestellt, dass es zu von der Armee zu verantwortenden Menschenrechtsverletzungen kommt.

1.3. XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX haben keine Asylausschluss- oder -endigungsgründe verwirklicht.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweiswürdigung zu 1.1.:

Die Feststellungen zu den Personen der beschwerdeführenden Parteien gründen sich im Wesentlichen auf den vorgelegten, unbedenklichen Ausweise (siehe Darstellung im Verfahrensgang) und den diesbezüglichen Angaben von XXXX und XXXX vor dem Bundesamt, das diese Angaben seinen Entscheidungen unwidersprochen unterstellt hat.

Die Feststellung der Unbescholtenheit gründet sich auf eine jeweils eingeholte Strafregisterauskunft.

2.2. Beweiswürdigung zu 1.2.:

Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage, es ist nicht ersichtlich, dass zu den entscheidungsrelevanten Feststellungen inzwischen Änderungen eingetreten sind.

2.3. Beweiswürdigung zu 1.3.:

Die Feststellung, dass die beschwerdeführende Partei keine Asylausschluss- oder

-endigungsgründe verwirklicht hat, gründet sich auf den Umstand, dass keine Hinweise auf das Vorliegen solcher Gründe zu erkennen waren.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu XXXX :

3.1.1. Gemäß § 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019 (in Folge: AsylG), ist Asylwerbern auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in Folge: GFK), droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG ist unter Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes zu verstehen. Dies ist im vorliegenden Fall zweifellos Syrien.

3.1.2. Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; ebenso droht entsprechende Verfolgung einer Person, die staatenlos ist und sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Es ist auszuführen, dass § 3 Abs. 1 AsylG auf den Flüchtlingsbegriff (drohende Verfolgung im Herkunftsstaat) im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK verweist. Danach ist entscheidend, ob glaubhaft ist, dass den Fremden in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist dann der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation der Asylwerber unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde (VwGH 24.06.2010, 2007/01/1199). Weiters setzt die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung nicht voraus, dass der Asylwerber vor seiner Ausreise eine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung bereits erlitten haben müsste oder ihm zumindest eine solche bereits konkret angedroht worden wäre; eine derartige Befürchtung ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Verhältnisse im Heimatland des Asylwerbers dergestalt sind, dass die Angst vor der vorgebrachten, drohenden Verfolgung objektiv nachvollziehbar ist (siehe VwGH 25.01.1996, 95/19/0008, wenn auch zum Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 76/1997, jedoch unter Bezugnahme auf den Flüchtlingsbegriff der GFK).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt ausdrücklich die Auffassung, dass unter dem Gesichtspunkt des Zwangs zur Mitwirkung an völkerrechtswidrigen Militäraktionen - etwa gegen die Zivilbevölkerung - auch eine bloße Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung darstellen kann (siehe VwGH 25.3.2003, 2001/01/0009, zitiert nach Feßl/Holzschuster [Asylgesetz 2005, 117 ff]). Dies wird auch ausdrücklich im Art. 9 Abs. 2 lit e der Richtlinie 2011/95/EU als asylrelevante Verfolgung festgehalten. Daher ist eine (drohende) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 der genannten Richtlinie fallen, eine (drohende) asylrelevante Verfolgung.

3.1.3. Festgestellt wurde, dass es im Bürgerkrieg in Syrien zu durch staatliche Stellen zu verantwortenden Menschenrechtsverletzungen kommt. Auch wurde festgestellt, dass XXXX als Reservist der syrischen Armee grundsätzlich wehrpflichtig ist. Da XXXX hinreichend jung ist und bei der Flugabwehr Dienst versehen hat, besteht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit - mehr ist für die Gewährung des Status des Asylberechtigten nicht notwendig -, dass dieser im Falle seiner Rückkehr diesen Dienst wieder antreten müsste bzw. hiezu zwangsrekrutiert werden würde. Schließlich wurde festgestellt, dass in Syrien auch Reservisten der syrischen Armee zur Aufstandsbekämpfung eingesetzt und zur Mitwirkung an völkerrechtswidrigen Handlungen gezwungen werden, widrigenfalls ihnen jedenfalls eine Gefängnisstrafe droht.

3.1.4. Die rechtskräftige Gewährung von subsidiärem Schutz und damit die Bejahung der Voraussetzungen zur Zuerkennung dieses Schutzstatus durch das Bundesamt sind auch vom Bundesverwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren betreffend den Status eines Asylberechtigten zu beachten. Sie stehen der Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative entgegen (VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0011 bis 0016, 0083; VwGH 25.03.2015, Ra 2014/20/0022; VwGH 17.12.2015, Ra 2015/20/0048; VwGH 19.01.2016, Ra 2015/01/0070, mwN). Da nicht ersichtlich ist, dass sich nach Erlassung der Entscheidung des Bundesamtes der Sachverhalt oder die Rechtsvorschriften wesentlich geändert hätten, kommt eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht in Betracht. Ebenso liegen keine Asylausschluss- oder -endigungsgründe vor.

3.1.5. Daher ist der Beschwerde des XXXX gegen Spruchpunkt I. des im I. Spruch bezeichneten Bescheides stattzugeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, auszusprechen, dass XXXX gemäß § 3 Abs. 4 leg.cit eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter für drei Jahre zukommt und weiters auszusprechen, dass XXXX gemäß § 3 Abs. 5 AsylG kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

3.2. Zu XXXX , XXXX , XXXX und XXXX

3.2.1. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist Familienangehöriger unter andrem wer Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern - bei Ehegatten - die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise bestanden hat.

Da XXXX die Ehefrau des XXXX ist und die Ehe bereits in Syrien bestanden hat sowie XXXX , XXXX und XXXX deren gemeinsame, unmündige, ledige Kinder sind, sind XXXX , XXXX , XXXX und XXXX Familienangehörige des XXXX im Sinne des AsylG.

3.2.2. Gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 AsylG gilt ein Antrag auf internationalen Schutz eines Familienangehörigen von einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist (auch) als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

Gemäß § 34 Abs. 2 und 5 AsylG hat das Bundesverwaltungsgericht auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist.

XXXX wurde unter einem der Status des Asylberechtigten zuerkannt, gegen ihn ist kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig.

XXXX , XXXX , XXXX und XXXX sind in Österreich unbescholten und - wie oben ausgeführt - Familienangehörige des XXXX im Sinne des AsylG.

3.2.3. Daher ist den Beschwerden von XXXX , XXXX , XXXX und XXXX gegen den jeweiligen Spruchpunkt I. des in den Sprüchen II. bis V. bezeichneten Bescheiden stattzugeben und diesen gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status der bzw. des Asylberechtigten zuzuerkennen, auszusprechen, dass diesen gemäß § 3 Abs. 4 leg.cit eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigte bzw. Asylberechtigter für drei Jahre zukommt und weiters auszusprechen, dass diesen gemäß § 3 Abs. 5 AsylG kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

3.3. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019, kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig und in ordnungsgemäßem Ermittlungsverfahren erhoben wurde, zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes immer noch aktuell und vollständig ist und das Verwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilt.

Das ist hinsichtlich des entscheidungsrelevanten Sachverhalts hier der Fall, da dieser bereits von der Behörde ermittelt wurde; diese hat lediglich die sich aus dem ermittelten Sachverhalt ergebenden Rechtsfolgen übersehen und waren daher nur Rechtsfragen zu klären.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 104/2019, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019 (in Folge: B-VG), zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die für die Lösung des Falles relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter A) dargestellt und ist dieser gefolgt; es ist daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen.

Schlagworte

Asylgewährung, asylrechtlich relevante Verfolgung, Asylverfahren,
befristete Aufenthaltsberechtigung, begründete Furcht vor
Verfolgung, Bürgerkrieg, Familienangehöriger, Familienverfahren,
Fluchtgründe, Flüchtlingseigenschaft, Glaubhaftmachung,
Glaubwürdigkeit, Herkunftsstaat, Verfolgungsgefahr,
Verfolgungshandlung, wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W170.2189572.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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