TE Vwgh Erkenntnis 1998/6/19 98/02/0182

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Veröffentlicht am 19.06.1998
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §19 Abs2;
AsylG 1997 §21 Abs1;
AsylG 1997 §44 Abs4;
AVG §56;
FrG 1993;
FrG 1997 §61 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des S in Graz, vertreten durch

Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 7. April 1998, Zl. UVS 25.14-3/98-6, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. April 1998 wurde gemäß den §§ 61 Abs. 1, 72 Abs. 1 und 73 Abs. 1 und 2 Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75/1997, in Verbindung mit den §§ 67c bis "76g" (gemeint wohl: 67g) sowie § 79a AVG die an diese gerichtete Beschwerde als unbegründet abgewiesen und festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen und die Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers seit dem 24. März 1998 bis zur Entscheidung durch die belangte Behörde rechtmäßig gewesen seien. Im übrigen wurde der Beschwerdeführer zum Ersatz der Verfahrenskosten verpflichtet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Die belangte Behörde ging - im wesentlichen in Übereinstimmung mit den Beschwerdeausführungen - von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo (vormals Zaire) sei am 8. Oktober 1992 unter Verwendung eines verfälschten rumänischen Reisepasses mit dem Zug von Rumänien in das Bundesgebiet (Wien) eingereist. Er habe am 12. Oktober 1992 persönlich beim Bundesasylamt, Außenstelle Graz, einen Asylantrag, über den bis dato noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei, gestellt. Der zuletzt erlassene Asylbescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. November 1996 sei vom Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof angefochten worden. Dem gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung habe der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 8. Jänner 1997, Zl. AW 96/01/0923, stattgegeben. Gemäß § 44 Abs. 2 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, sei das Asylverfahren des Beschwerdeführers mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes am 1. Jänner 1998 in das Stadium vor Erlassung des Berufungsbescheides zurückgetreten. Eine neuerliche Entscheidung durch den unabhängigen Bundesasylsenat stehe noch aus.

Der Beschwerdeführer habe sich seit 1992 ständig in Graz aufgehalten. Er habe im Jahre 1994 kurzfristig als Prospektverteiler gearbeitet. Von Dezember 1994 bis Juni 1996 habe er Sozialhilfe bezogen und sei an verschiedenen Adressen in Graz polizeilich gemeldet.

Am 29. Juni 1996 habe der Beschwerdeführer eine schwere Straftat verübt, wofür er vom Landesgericht für Strafsachen Graz mit Urteil vom 22. Oktober 1996 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt worden sei. Gestützt auf diese Verurteilung habe die Bundespolizeidirektion Graz mit Bescheid vom 5. Dezember 1997 über den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen, welches unbekämpft geblieben und rechtskräftig geworden sei.

Mit Bescheid vom 19. Dezember 1997 habe die Bundespolizeidirektion Graz über den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nach Beendigung der gerichtlichen Haft angeordnet. Die Überstellung des Beschwerdeführers von der Strafhaft in die Schubhaft sei am 23. März 1998 erfolgt. Den vom Beschwerdeführer gemäß § 54 Fremdengesetz (1992), BGBl. Nr. 838/1992, gestellten Antrag auf Feststellung, daß der Beschwerdeführer in Zaire Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu sein, habe zuletzt die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark mit Bescheid vom 25. März 1998 abgewiesen.

Am 2. April 1998 habe der Beschwerdeführer beim Bundesasylamt Graz den Antrag auf Zuerkennung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Asylgesetz (1997) gestellt; eine Bescheinigung nach § 19 Abs. 2 leg. cit. sei dem Beschwerdeführer bis dato nicht ausgestellt worden.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde u.a. im angefochtenen Bescheid aus, es könne der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers, wonach sich dieser schon aufgrund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Asylgesetz 1997 (BGBl. I Nr. 76/1997), jedenfalls aber auch aufgrund der Übergangsbestimmungen des § 44 Abs. 2 und 4 Asylgesetz 1997 rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, nicht gefolgt werden.

Es sei unbestritten, daß der Beschwerdeführer als Asylwerber im Sinne des Asylgesetzes 1997 zu gelten habe. Allein aufgrund dieses Rechtsstatus komme ihm jedoch ex lege noch keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zu. Dies wäre nach der neuen Rechtslage nur dann der Fall, wenn beim Beschwerdeführer die Grundvoraussetzungen des § 19 Abs. 1 Asylgesetz 1997 vorlägen, was aber vom Beschwerdeführer nicht einmal behauptet werde. Der Beschwerdeführer könne sich aber auch nicht auf § 19 Abs. 2 Asylgesetz 1997 stützen, weil nach dieser Gesetzesstelle Asylwerbern, die unter Umgehung der Grenzkontrolle oder - wie der Beschwerdeführer - entgegen den Bestimmungen des 2. Hauptstückes des Fremdengesetzes (1997) eingereist seien, die vorläufige Aufenthaltsberechtigung erst dann zukomme, wenn diese "von der Behörde zuerkannt" werde. Eine solche Zuerkennung sei aber dem Beschwerdeführer bis dato nicht zuteil geworden. Ohne behördliche Zuerkennung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung durch Aushändigung einer entsprechenden Bescheinigung könne nicht von einem rechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Sinne des § 19 Abs. 2 Asylgesetz (1997) gesprochen werden, weil die Bescheinigung konstitutiv und nicht - wie der Beschwerdeführer meine - nur deklaratorisch wirke.

Das Aufenthaltsrecht von Asylwerbern, denen - wie dem Beschwerdeführer - keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 Asylgesetz (1997) zukomme, richte sich bis zur Entscheidung durch den unabhängigen Bundesasylsenat danach, ob sie aufgrund der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung während des höchstgerichtlichen Verfahrens zum Aufenthalt berechtigt seien oder nicht (§ 44 Abs. 4 Asylgesetz 1997). Der diesbezügliche Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Jänner 1997 weise dem Antragsteller (Beschwerdeführer) jene Rechtsstellung zu, die er als Asylwerber vor Erlassung des Bescheides des Bundesministers für Inneres vom 12. November 1996 gehabt habe.

Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes 1992 habe für den Beschwerdeführer aber nicht bestanden, weil dieser eine der beiden gesetzlichen Voraussetzungen - nämlich die direkte Einreise aus dem Verfolgerstaat - nicht erfülle und eine mangelnde Verfolgungssicherheit in Durchreisestaaten nicht einmal geltend gemacht habe. Daran vermöge auch der vorzitierte Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in Verbindung mit der Übergangsregelung nach § 44 Asylgesetz (1997) nichts zu ändern, weil dieser nur an eine vormals existente Aufenthaltsberechtigung anknüpfen könne, die aber nicht vorgelegen habe. Damit könne sich der Beschwerdeführer auch nicht erfolgreich auf die Ausnahmebestimmung des § 21 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz (1997) berufen. Die §§ 61 bis 63 des Fremdengesetzes 1997 seien daher auf den Beschwerdeführer anzuwenden.

Der Beschwerdeführer wendet gegen den angefochtenen Bescheid u.a. ein, er sei Asylwerber im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und es komme ihm "die Rechtswohltat des § 19 Asylgesetz 1998" (gemeint wohl: Asylgesetz 1997) zu. Über seinen Asylantrag sei ein erstinstanzlicher Bescheid ergangen; es sei jedoch "kein Schengen- bzw. Duplinverfahren" durchgeführt worden. Der Verwaltungsgerichtshof habe der "Asylbeschwerde" des Beschwerdeführers (gemeint wohl:

Beschwerde gegen den Asylbescheid des Bundesministers für Inneres) die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Ein Antrag nach § 19 Asylgesetz 1997 sei an das Bundesasylamt Graz gestellt und darauf hingewiesen worden, daß eine derartige Bescheinigung nach § 19 leg. cit. nur deklaratorische, nicht aber konstitutive Wirkung habe.

Das Rechtsinstitut der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung solle der Rolle einer "Sicherungsmaßnahme für potentiell Verfolgte bis zur Entscheidung im Asylverfahren" gerecht werden. Dies bedeute, daß die vorläufige Aufenthaltsberechtigung - unabhängig von einer Einbringungsfrist - grundsätzlich immer entstehen solle, "wenn eine Verfolgungsgefahr im Einzelfall nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen" sei. Diese sei insbesondere dann mit hinreichender Sicherheit auszuschließen, wenn über einen Antrag bereits negativ entschieden worden sei, ohne daß sich der maßgebliche Sachverhalt in der Zwischenzeit geändert hätte. Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung solle nicht von Gesetzes wegen entstehen, wenn Fremde in Umgehung der Grenzkontrolle oder entgegen den Bestimmungen des 2. Hauptstückes des Fremdengesetzes 1997 eingereist seien. Diesfalls sei die Aufenthaltsberechtigung vom Bundesasylamt zuzuerkennen, wenn der Asylantrag zulässig und nicht wegen offensichtlicher Unbegründetheit abzuweisen sei. Die Zuerkennung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung erfolge "durch die Aushändigung der Bescheinigung und nicht durch einen Bescheid".

Daraus ergebe sich, daß die "§ 19 AsylG Bescheinigung", weil sie kein Bescheid sei, nur deklaratorische Wirkung habe. Der Beschwerdeführer sei Asylwerber im Sinne des § 1 Z. 3 Asylgesetz 1997, weil sein Asylverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei und weil der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der erhobenen Beschwerde (gemeint: gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres betreffend Asyl) die aufschiebende Wirkung zuerkannt habe. Dadurch sei die Rechtswirksamkeit des zweitinstanzlichen Bescheides (gemeint: des Bundesministers für Inneres) "vorläufig beseitigt". Gemäß § 19 Abs. 2 Asylgesetz 1997 habe die Asylbehörde dem Asylwerber das vorläufige Aufenthaltsrecht zuzuerkennen, wenn der Asylantrag zulässig und offensichtlich nicht unbegründet sei. Der Asylantrag des Beschwerdeführers sei zulässig. Es sei über sein Vorbringen ein Verfahren abgeführt und ein "inhaltlich erstinstanzlicher Bescheid" erlassen worden. Der Asylantrag sei auch nicht offensichtlich unbegründet gewesen, weil keiner der Tatbestände des § 6 Asylgesetz 1997 erfüllt sei.

Entgegen der Rechtsmeinung der belangten Behörde sei nicht erst von einem asylrechtlich rechtmäßigen Aufenthalt zu sprechen, wenn man die gegenständliche Bescheinigung ausgehändigt bekommen habe, sondern bereits dann, wenn die dafür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt seien, "weil die Bescheinigung nach § 19 Asylgesetz 1997, weil es sich dabei um keinen Bescheid handle, nur deklaratorische und daher keine konstitutive Wirkung" habe.

Daraus ergebe sich, daß der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Asylgesetz 1997 erfülle und er "bis zum rechtskräftigen Abschluß seines Asylverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof legal im Bundesgebiet aufhältig" sei.

Nach § 42 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997), BGBl. Nr. 76/1997, ist dieses Bundesgesetz mit 1. Jänner 1998 in Kraft und gleichzeitig das Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992, außer Kraft getreten.

Gemäß § 1 Z. 3 Asylgesetz 1997 ist Asylwerber(in) im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Fremder oder eine Fremde ab Einbringung eines Asylantrages oder eines Asylerstreckungsantrages bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens oder bis zu dessen Einstellung.

Gemäß § 44 Abs. 2 leg. cit. treten Verfahren betreffend Bescheide nach dem Asylgesetz 1991, die beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof angefochten sind, und nicht gemäß § 34 Abs. 1 VwGG oder § 19 Abs. 3 Z. 2 lit. a, b, d oder e VfGG zurückzuweisen sind, mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes in das Stadium vor Erlassung des Berufungsbescheides zurück, sofern die Anfechtung vor Kundmachung dieses Bundesgesetzes erfolgte.

Gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. haben Asylwerber, die unter Umgehung der Grenzkontrolle oder entgegen den Bestimmungen des 2. Hauptstückes des Fremdengesetzes eingereist sind, die vorläufige Aufenthaltsberechtigung erst, wenn sie von der Behörde zuerkannt wird. Die Behörde hat solchen Asylwerbern, deren Antrag zulässig, aber nicht offensichtlich unbegründet ist, unverzüglich die vorläufige Aufenthaltsberechtigung durch Aushändigung der Bescheinigung zuzuerkennen.

Gemäß § 19 Abs. 3 erster Satz leg. cit. ist die vorläufige Aufenthaltsberechtigung Asylwerbern, denen die vorläufige Aufenthaltsberechtigung zukommt, von Amts wegen zu bescheinigen.

Gemäß § 44 Abs. 4 leg. cit. richtet sich, sofern den Asylwerbern nach diesem Bundesgesetz keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zukommt (§ 19), deren Aufenthaltsrecht bis zur Entscheidung durch den unabhängigen Bundesasylsenat danach, ob sie aufgrund der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes über die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerde während des höchstgerichtlichen Verfahrens zum Aufenthalt berechtigt waren oder nicht. Im übrigen richtet sich die Stellung der Asylwerber während dieser Zeit nach der eines Fremden, dessen Asylantrag rechtskräftig abgewiesen ist.

Gemäß § 21 Abs. 1 leg. cit. findet - soweit im folgenden nicht anderes festgelegt wird - das Fremdengesetz insgesamt Anwendung, die §§ 33 Abs. 2, 36 Abs. 2 Z. 8, 55 und 61 bis 63 FrG jedoch nicht auf Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung, sofern sie

1. den Antrag außerhalb einer Vorführung persönlich beim Bundesasylamt eingebracht haben;

2. den Antrag anlässlich der Grenzkontrolle oder anlässlich eines von ihnen sonst mit einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgenommenen Kontaktes gestellt haben.

Soweit aus dem zeitlichen und textlichen Zusammenhang zu ersehen ist, beziehen sich die Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 hinsichtlich der Verweisung auf das "Fremdengesetz" (FrG) auf das gleichzeitig mit dem Asylgesetz in Kraft getretene Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75/1997.

Unbestritten ist, daß dem Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde die Eigenschaft eines Asylwerbers im Sinne des § 1 Z. 3 Asylgesetz 1997 aufgrund des infolge der Rechtsüberleitung (vgl. § 44 Abs. 2 Asylgesetz 1997) noch offenen Asylverfahrens zweiter Instanz zukam. Ferner stellt die belangte Behörde die persönliche Stellung des Asylantrages durch den Beschwerdeführer beim Bundesasylamt fest, wobei kein Anhaltspunkt dafür hervorgekommen ist, daß diese Antragstellung etwa im Rahmen einer Vorführung des Beschwerdeführers erfolgt wäre (vgl. § 21 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 1997).

Wegen der allenfalls für den Beschwerdeführer als Asylwerber in Frage kommenden Ausnahme von der Anwendung insbesondere der Bestimmungen betreffend Schubhaft (§§ 61 bis 63 FrG) aufgrund des § 21 Abs. 1 Asylgesetz 1997 ist im Hinblick auf die bereits aus dem Wortlaut des § 44 Abs. 4 Asylgesetz 1997 erkennbare Abfolge zunächst zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer allenfalls eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 Asylgesetz 1997 zukam.

Abgesehen von dem grundsätzlich im § 19 Abs. 1 Asylgesetz 1997 für Asylwerber statuierten vorläufigen Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet, regelt § 19 Abs. 2 leg. cit. den Sonderfall, in dem Asylwerber unter Umgehung der Grenzkontrolle oder entgegen den Bestimmungen des 2. Hauptstückes des Fremdengesetzes 1997 eingereist sind.

In den zuletzt genannten Fällen ist daher eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung eines Asylwerbers nur unter den in § 19 Abs. 2 Asylgesetz 1997 genannten Voraussetzungen gegeben.

Wenngleich den Beschwerdeführer im Jahre 1992 noch nicht die Verpflichtungen zur Einreise nach dem Fremdengesetz 1997 treffen konnten, ist aufgrund des allgemeinen Verweises auf die Bestimmungen des § 19 Asylgesetz 1997 in der Übergangsbestimmung des § 44 Abs. 4 leg. cit. davon auszugehen, daß in solchen Fällen eine sinngemäße Anwendung der Bestimmungen des 2. Hauptstückes des Fremdengesetzes 1997 gemeint ist. Das heißt, es muß sich um eine den seinerzeit geltenden Einreisebestimmungen, die dem nunmehrigen Regelungsinhalt des 2. Hauptstückes des Fremdengesetzes 1997 entsprechen, widersprechende Einreise gehandelt haben.

Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer unter Verwendung eines verfälschten rumänischen Reisepasses am 8. Oktober 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist. Diese Art der Einreise verstößt jedoch bereits gegen die in § 2 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 statuierte Paßpflicht, wonach Fremde u.a. für die Einreise grundsätzlich einen gültigen Reisepaß benötigen. Eine entsprechende Verpflichtung hätte aber für den Beschwerdeführer auch schon im Zeitpunkt der Einreise in das Bundesgebiet aufgrund des § 22 Abs. 1 des Paßgesetzes 1969, BGBl. Nr. 422 gegolten. Es liegt auf der Hand, daß der Beschwerdeführer dieser Verpflichtung infolge seiner Einreise mit einem verfälschten, sohin mit einem nicht gültigen Reisepaß nicht nachgekommen ist.

Gemäß § 19 Abs. 2 erster Satz Asylgesetz 1997 haben Asylwerber "die vorläufige Aufenthaltsberechtigung erst, wenn sie von der Behörde zuerkannt wird". Wie aus den Erläuterungen zu dieser Bestimmung aufgrund der Regierungsvorlage (686 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, XX. GP, S. 25) zu ersehen ist, soll aber die vorläufige Aufenthaltsberechtigung "nicht von Gesetzes wegen entstehen, wenn die Fremden unter Umgehung der Grenzkontrolle oder entgegen den Bestimmungen des 2. Hauptstückes des Fremdengesetzes 1997 eingereist sind. Diesfalls ist die vorläufige Aufenthaltsberechtigung vom Bundesasylamt zuzuerkennen, wenn der Asylantrag zulässig und nicht wegen offensichtlicher Unbegründetheit abzuweisen ist". Die Zuerkennung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung erfolgt gemäß diesen Erläuterungen durch Aushändigung der Bescheinigung und nicht durch Bescheid.

Schon aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 2 erster Satz Asylgesetz 1997 ist zu ersehen, daß die vorläufige Aufenthaltsberechtigung "durch Aushändigung der Bescheinigung zuzuerkennen" ist und somit "erst" mit dieser Aushändigung wirksam wird. Für das Vorliegen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung ist daher aufgrund dieser Bestimmung wesentlich, daß die Aushändigung der Bescheinigung erfolgt ist, wobei dahingestellt bleiben kann, ob der Bescheinigung selbst deklaratorische oder konstitutive Wirkung zukommt.

Wurde aber dem Beschwerdeführer bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid darlegt - eine solche Bescheinigung nach § 19 Abs. 2 Asylgesetz 1997 nicht ausgehändigt, so stand ihm infolge dieser Bestimmung eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nicht zu.

Im übrigen kam es bezüglich der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers - mangels entsprechender Anhaltspunkte in der Formulierung des § 19 Abs. 2 leg. cit. - auch nicht darauf an, welche Art von Asylverfahren im Beschwerdefall durchgeführt oder nicht durchgeführt wurde und ob der Beschwerdeführer einen "Antrag nach § 19 Asylgesetz" beim Bundesasylamt gestellt hat oder nicht.

Der von der belangten Behörde getroffenen Feststellung, dem Beschwerdeführer komme aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes, dem Beschwerdeführer im Verfahren gegen den auf der Basis des Asylgesetzes 1991 erlassenen Asylbescheid des Bundesministers für Inneres aufschiebende Wirkung zu gewähren, keine Aufenthaltsberechtigung nach § 44 Abs. 4 Asylgesetz 1997 zu, weil der Beschwerdeführer eine wesentliche Voraussetzung, nämlich die direkte Einreise aus dem Verfolgerstaat (hier: ehemaliges Zaire; siehe auch § 6 Asylgesetz 1991), nicht erfülle und eine mangelnde Verfolgungssicherheit in den Durchreisestaaten nicht geltend gemacht habe, tritt der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde nicht entgegen. Es besteht daher für den Verwaltungsgerichtshof auf der Basis der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen kein Anhaltspunkt, daß dem Beschwerdeführer aufgrund des erwähnten Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Asylverfahren eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 44 Abs. 4 Asylgesetz 1997 zugekommen wäre.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffenticher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil der Verwaltungsgerichtshof in Fällen, in denen er die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abweist, an einen Antrag des Beschwerdeführers auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nicht gebunden ist.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998020182.X00

Im RIS seit

20.12.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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