TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/20 I405 1433865-3

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Veröffentlicht am 20.08.2019
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Entscheidungsdatum

20.08.2019

Norm

AVG §73 Abs1
B-VG Art. 130 Abs1 Z3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §8
VwGVG §8 Abs1

Spruch

I405 1433865-3/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerden von XXXX, StA. Kamerun, gegen das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffenden den am 04.08.2015 gestellten Antrag auf Ausstellung eine Karte für Geduldete, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht

zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Kamerun, stellte nach seiner illegalen Einreise ins Bundesgebiet am 11.05.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen, ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. nicht zuerkannt und er aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Kamerun ausgewiesen.

3. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom XXXX, wurde die dagegen gerichtete Beschwerde gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z 1 und § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

4. Am 17.06.2014 stellte der Beschwerdeführer einen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

5. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, wurde der Folgeantrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

6. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX, gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG iVm.

§ 68 Abs. 1 AVG als unbegründet abgewiesen.

7. Am 04.08.2015 stellte der BF den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete. Begründend führte der BF aus, dass der BF sich den Behörden gegenüber kooperativ verhalten und stets gleichlautende Angaben zu seiner Identität gemacht habe. Aus dem Fremdenakt ergebe sich auch, dass kein Reisedokument und auch kein Ersatzreisedokument vorhanden seien, weshalb dem Antrag stattzugeben sei.

8. Am 29.04.2019 brachte der BF durch seine Rechtsvertretung die gegenständliche Säumnisbeschwerde ein. Begründend wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde über den Antrag des BF vom 04.08.2015 auf Ausstellung einer Karte für Geduldete noch nicht entschieden hätte und daher ihre sechsmonatige Entscheidungsfrist verletzt habe.

9. Mit Schriftsatz des BFA vom 29.07.2016 wurde der BF im Rahmen des Parteiengehörs darüber in Kenntnis gesetzt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gem. § 46a FPG abzuweisen.

10. Die gegenständliche Säumnisbeschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde dem Bundesverwaltungsgericht am 29.07.2016 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist nicht österreichischer Staatsbürger, sondern Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Der BF ist kamerunischer Staatsangehöriger. Seine weitere Identität steht mangels Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest.

Der BF hält sich seit seinem rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren samt Ausweisungsentscheidung unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Er kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach.

Am 04.08.2015 stellte der BF den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang sowie die darauf gründenden Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des BFA und den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF (VwGVG), sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A):

3.2. Zur Säumnisbeschwerde:

3.2.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.

Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

§ 8 Abs. 1 VwGVG knüpft bei der Regelung der Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde an die im AVG vorgesehene sechsmonatige Entscheidungsfrist an. Die Entscheidungsfrist beginnt grundsätzlich erst mit Einlangen des Antrages auf Sachentscheidung bei der zuständigen Behörde zu laufen. Für die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde ist der Zeitpunkt ihrer Erhebung maßgeblich (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte,

2. überarbeitete Auflage, K 3 und K 7 zu § 8 VwGVG).

Ist die Säumnisbeschwerde zulässig und nicht abzuweisen, geht die Zuständigkeit zur Entscheidung auf das Verwaltungsgericht über (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte,

2. überarbeitete Auflage, K 48 zu § 28 VwGVG).

Mangels verfahrensrechtlicher Sondervorschrift richtet sich die Entscheidungsfrist des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in Verfahren über die Ausstellung einer Karte für Geduldtete gemäß § 46a FPG nach § 73 Abs. 1 AVG, wonach die Behörden verpflichtet sind, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

3.2.2. Zweifellos ist gegenständlich davon auszugehen, dass seitens der Behörde eine Säumnis im Sinne des § 73 Abs. 1 AVG vorliegt. Im konkreten Fall stellte der BF am 04.08.2015 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldtete gemäß § 46a FPG. Mit Schriftsatz vom 29.04.2016 erhob der BF Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG. Zum Zeitpunkt der Einbringung der gegenständlichen Säumnisbeschwerde war daher die sechsmonatige Entscheidungsfrist gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG iVm § 73 Abs. 1 AVG verstrichen, weshalb sich aufgrund der - unbestrittenen - Säumigkeit des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht als zulässig erweist.

Der Beschwerdeführer hat im Verfahren rund um einen Antrag auf Ausstellung einer Karte über die Duldung Parteistellung und daher Anspruch darauf, dass ihm entweder eine Karte ausgestellt wird oder er einen abweisenden Bescheid darüber erhält, aus dem die von der Behörde erwogenen Umstände, warum ihrer Meinung nach eine Duldung noch nicht vorliegt, hervorgehen und der vor dem Bundesverwaltungsgericht in Beschwerde gezogen werden kann (vgl. hiezu VfGH, 23.02.2015, G171/2014ua). Die Behörde hätte daher innerhalb der im § 73 Abs. 1 AVG normierten Frist entweder eine Duldungskarte ausstellen oder einen abweisenden Bescheid hinsichtlich des Antrags auf Ausstellung einer Karte betreffend die Duldung erlassen müssen. Da dem Antrag des BF auf Ausstellung einer Duldungskarte weder durch Ausstellung der Karte entsprochen noch dieser (begründet) abgewiesen wurde, ist die in Bezug auf den Antrag auf Ausstellung einer Karte nach § 46a FPG die sechsmonatige Entscheidungsfrist daher abgelaufen.

3.2.3. Zu prüfen bleibt, ob die gegenständliche Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl abzuweisen ist, weil die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zurückzuführen ist.

Der BF hat am 04.08.2015 den gegenständlichen Antrag aus Ausstellung einer Karte für Geduldete gestellt. Die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 3 BVG wurde am 29.04.2016 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingebracht. Zu diesem Zeitpunkt war die sechsmonatige Frist zur Entscheidung zwar bereits abgelaufen, doch steht anlassbezogen fest, dass die belangte Behörde die für eine zügige Verfahrensführung notwendigen Schritte gesetzt hat. So geht gegenständlich aus den Unterlagen hervor, dass die belangte Behörde mehrmals, und zwar am 16.12.2015, am 14.01.2016 sowie am 04.05.2016 die heimatstaatlichen Behörden des BF zwecks Ausstellung eines Heimreisezertifikates angeschrieben hat.

3.2.4. In Anbetracht des Umstandes, dass die BF die verfahrensgegenständliche Säumnisbeschwerde zeitnah nach Verstreichen der Entscheidungsfrist eingebracht haben und die belangte Behörde darüber hinaus mit einer außergewöhnlich hohen Anzahl an offenen Asyl- und Fremdenrechtsangelegenheiten konfrontiert war, lässt sich dieser nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kein überwiegendes Verschulden an der Verzögerung der Verfahrenserledigung zur Last legen, weshalb sich die Säumnisbeschwerde als unbegründet erweist.

3.2.5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 idgF (VwGG), hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Duldung, Entscheidungsfrist, Entscheidungspflicht, Fristablauf,
Fristüberschreitung, Fristverlängerung, Karte für Geduldete,
Säumnis, Säumnisbeschwerde, überwiegendes Verschulden, Verletzung
der Entscheidungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I405.1433865.3.00

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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