TE Vwgh Beschluss 1998/6/23 98/08/0009

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Veröffentlicht am 23.06.1998
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §33 Abs1;
VwGG §56;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088 ;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, in der Beschwerdesache des PR in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Punz, Rechtsanwalt in Wien I, Wollzeile 15/15, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 24. November 1997, Zl. 121.501/4-7/97, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 7. Jänner 1994 stellte der Beschwerdeführer bei der Wiener Gebietskrankenkasse den "Antrag auf Rückerstattung gemäß § 69 ASVG", mit der Behauptung, er habe für die seinen Dienstnehmern bezahlte Schmutzzulage irrtümlich "Sozialversicherung" entrichtet. Dem Antrag füge er bis ins Jahr 1989 zurückreichende alle Arbeitnehmer betreffenden Lohnänderungsmeldungen mit den nunmehr richtigen beitragspflichtigen Bruttobezügen an.

Mit Bescheid vom 2. Oktober 1996 sprach die Wiener Gebietskrankenkasse aus, daß dem Antrag des Beschwerdeführers, die für die in der Anlage namentlich genannten Dienstnehmer für die jeweils bezeichneten Zeiten vorgeschriebenen Beiträge und Umlagen, soweit diese die Schmutzzulage betreffen, als zu Ungebühr entrichtete Beiträge im Sinne des § 69 Abs. 1 ASVG zu werten, nicht stattgegeben werde.

Der Beschwerdeführer erhob Einspruch mit dem Begehren, "meinem Einspruch Folge zu geben und auszusprechen, daß die von mir in der Zeit zwischen 1.1.1989 und 31.12.1993 gewährten Schmutzzulagen beitragsfrei gemäß § 49 Abs. 3 Z. 2 ASVG sind und allfällig von der zwischen 1.1.1989 und 31.12.1994 gewährten Schmutzzulagen eingehaltene Sozialversicherungsbeiträge unter Berücksichtigung von Guthabenzinsen im gesetzlichen Ausmaß zu erstatten".

Mit Bescheid vom 24. Juli 1997 gab der Landeshauptmann von Wien dem Einspruch teilweise statt und stellte gemäß §§ 413, 414 i.V.m. § 355 ASVG fest, daß die Wiener Gebietskrankenkasse gemäß § 69 Abs. 1 ASVG verpflichtet sei, an den Beschwerdeführer für die in der Anlage zum Bescheid genannten Dienstnehmer für die Zeit vom 1. Jänner 1990 bis 31. Dezember 1992 Beiträge und Umlagen in Höhe von S 165.363,74 zurückzubezahlen.

Gegen diesen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, protokolliert zur Zl. 97/08/0512, und an den Verfassungsgerichtshof. Dieser hob mit Erkenntnis vom 11. März 1998, B 2307/97, den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien auf.

Mit Devolutionsantrag vom 15. September 1997, bei der belangten Behörde eingelangt am 19. September 1997 behauptete der Beschwerdeführer, der Landeshauptmann von Wien habe mit Bescheid vom 24. Juli 1997, Zl. MA 15-II-R 36/97, gemäß § 413 und § 414 ASVG i.V.m. § 355 ASVG festgestellt, daß die Wiener Gebietskrankenkasse gemäß § 69 Abs. 1 ASVG verpflichtet sei, an ihn für die in der Anlage zum Bescheid genannten Dienstnehmer für die Zeit vom 1. Jänner 1990 bis 31. Dezember 1992 Beiträge und Umlagen in der Höhe von S 165.363,74 zurückzubezahlen. Über die weiteren Anträge in seinem Einspruch vom 29. November 1996 habe der Landeshauptmann von Wien nicht entschieden. Es werde daher der Antrag gestellt, dem Einspruch Folge zu geben und auszusprechen, daß die vom Beschwerdeführer in der Zeit zwischen 1. Jänner 1989 und 31. Dezember 1989 sowie zwischen 1. Jänner 1993 und 31. Dezember 1993 gewährten Schmutzzulagen als beitragsfrei gemäß § 49 Abs. 3 Z. 2 ASVG zu behandeln sind und dem Antrag, die für zwischen 1. Jänner 1989 und 31. Dezember 1989 sowie zwischen 1. Jänner 1993 und 31. Dezember 1993 gewährten Schmutzzulagen einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträge samt Guthabenzinsen im gesetzlichen Ausmaß zu erstatten sowie für die ihm in der Höhe von S 165.363,74 zuerkannten Beiträge und Umlagen zustehenden Guthabenzinsen im gesetzlichen Ausmaß zu erstatten, stattzugeben.

Mit dem im gegenständlichen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Devolutionsantrag des Beschwerdeführers als unzulässig zurück. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, Gegenstand des Verfahrens vor der Wiener Gebietskrankenkasse und dem Landeshauptmann von Wien sei die Frage gewesen, ob dem Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 1. Jänner 1989 bis 31. Dezember 1993 Sozialversicherungsbeiträge, die für gewährte Schmutzzulagen einbehalten worden seien, zurückzuerstatten seien, und als Vorfrage, ob diese Schmutzzulagen als beitragsfrei zu behandeln seien. Darüber habe die Wiener Gebietskrankenkasse mit Bescheid vom 2. Oktober 1996 entschieden. Der Einspruch des Beschwerdeführers beziehe sich ebenfalls auf diesen Gegenstand, wobei der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 24. Juli 1997 über den gesamten Gegenstand abgesprochen, allerdings nur teilweise stattgegeben habe. Da die gegenständliche Sache somit mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vollständig erledigt worden sei, liege kein offenes Verfahren und keine Säumnis vor. Es bestehe kein Raum für eine Entscheidung der belangten Behörde als im Devolutionsweg anzurufende Oberbehörde. Zur beantragten Feststellung, daß Guthabenzinsen zu leisten seien, werde festgestellt, daß diese Frage nicht Gegenstand des mit Einspruch bekämpften Bescheides gewesen sei und somit ein Übergang der Entscheidungspflicht an die Behörde ausgeschlossen sei.

Der Landeshauptmann von Wien teilte dem Verwaltungsgerichtshof mit Schreiben vom 8. April 1998 mit, daß sein im Instanzenzug ergangener Bescheid vom 24. Juli 1997 mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. März 1998, B 2307/97, aufgehoben worden sei.

Dies wurde vom Beschwerdeführer über entsprechenden Vorhalt mit Schreiben vom 11. Mai 1998 bestätigt.

Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluß als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, daß der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde.

Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist (vgl. den Beschluß eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A).

§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle einer formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Beschluß vom 9. April 1980, darlegte, z.B. auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat. Ob in letzterem Sinn das rechtliche Interesse eines Beschwerdeführers weggefallen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof nach objektiven Kriterien zu prüfen; er ist nicht an die Erklärung des Beschwerdeführers gebunden, dieser habe das rechtliche Interesse an seiner Beschwerde verloren.

Im Hinblick auf die geschilderten Verfahrensabläufe besteht für den Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sacherledigung des Verwaltungsgerichtshofes in der vorliegenden Beschwerdesache. Dies deswegen, weil der nach den Behauptungen des Beschwerdeführers seinen Einspruch nur teilweise erledigende Bescheid des Landeshauptmannes von Wien aufgehoben wurde und daher das Verfahren über den Einspruch noch zur Gänze offen ist. Die Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Mangels einer formellen Klaglosstellung liegt zwar die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch (an den Beschwerdeführer) gemäß § 56 nicht vor. Vielmehr kommt § 58 Abs. 2 VwGG i.d.F. der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 zur Anwendung, wonach der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen ist. Der Beschwerdeführer behauptet, der Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 24. Juli 1997 sei ein Teilbescheid.

Die belangte Behörde stützte sich im Beschwerdefall aber darauf, daß der Bescheid über den Einspruch des Beschwerdeführers den gesamten Gegenstand einer Erledigung zuführte. Diese Auslegung des Spruches des Bescheides des Landeshauptmannes von Wien ist im Ergebnis zutreffend. Da somit die Beschwerde als unbegründet abzuweisen gewesen wäre, war die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz so zu beurteilen, wie wenn die belangte Behörde obsiegende, der Beschwerdeführer unterlegene Partei im Sinne des § 47 VwGG wäre.

Schlagworte

Einstellung des Verfahrens wegen Klaglosstellung gemäß VwGG §56 erster Satz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998080009.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

25.08.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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