TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/2 I421 2221266-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.08.2019
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Entscheidungsdatum

02.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b Abs1
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §17
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I421 2221266-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX), geb. XXXX, StA. Marokko, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 02.07.2019, Zl. 1097357208 - 190597742 / BMI-EAST_WEST, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer marokkanischer Staatsangehörigkeit reiste illegal ein und stellte am 30.11.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Er gab an, dass er Marokko aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe. Er habe sich seinen Lebensunterhalt als Straßenverkäufer nicht verdienen können. Zudem sei die Regierung korrupt, es gebe keine Menschenrechte und auch keine Zukunft.

Die belangte Behörde wies am 23.05.2016 mit Bescheid den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt. Dazu wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist für seine freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt IV.).

Der Bescheid vom 23.05.2016 erwuchs am 22.06.2016 in Rechtskraft.

2. Am 13.06.2019 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen zweiten Antrag auf Zuerkennung internationalen Schutzes.

Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag führte der Beschwerdeführer - nachdem er auf sein bereits rechtskräftig entschiedenes Verfahren hingewiesen wurde - hinsichtlich seiner Fluchtgründe aus, dass er von deutschen Beamten an die Polizei in Österreich übergeben worden sei und deswegen in Österreich einen Asylantrag stelle. In Marokko habe er keine Probleme, er habe keine Arbeit und kein Geld.

Mit Verfahrensanordnung vom 13.06.2019 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 15b AsylG aufgefordert, in der Betreuungsstelle "BS XXXX" durchgehend Unterkunft zu nehmen.

In einer niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde am 19.06.2019 gab der Beschwerdeführer an, dass er einen Asylantrag gestellt habe, da er in Österreich bleiben und heiraten möchte. In Marokko habe er Probleme mit einer Drogenbande gehabt und die Polizei habe ihn nicht schützen können. Im Erstverfahren habe er dies zwar angegeben, allerdings habe es Probleme mit dem Dolmetscher gegeben. An ernsten Erkrankungen leide er nicht, nehme lediglich etwas zum Schlafen und zur Beruhigung.

Am 19.06.2019 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 und 15a AsylG 2005 mitgeteilt, dass beabsichtigt werde seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Am 24.06.2019 wurde der Beschwerdeführer neuerlich niederschriftlich durch die belangte Behörde einvernommen. Der Beschwerdeführer gab an, dass er 2015 von einer Drogenbande bedroht worden sei und die Polizei nichts dagegen unternommen habe, weswegen er ausgereist sei. Auf die zahlreichen Widersprüche in seinen Vernehmungen angesprochen, meinte er nur, dass dies am Dolmetscher gelegen sei. Er leide an Kopfschmerzen und möchte in Österreich behandelt werden, arbeiten und heiraten

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.07.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) bzw. des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Marokko gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Absatz 1a FPG wurde festgehalten, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkte VI.). Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer ein Einreisverbot befristet auf zwei Jahren verhängt (Spruchpunkt VII.). Schließlich wurde ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 15b Abs. 1 AsylG aufgetragen wurde, ab 14.06.2019 Unterkunft im Quartier "BS XXXX" zu nehmen (Spruchpunkt VIII.). Die belangte Behörde führte beweiswürdigend aus, dass die im gegenständlichen Verfahren neu vorgebrachte Verfolgung durch eine Drogenbande, dem Beschwerdeführer bereits im Erstverfahren bekannt gewesen sei und er diese bereits dort vorbringen hätte müssen. Da das erste Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen worden sei und die im zweiten Asylverfahren vorgebrachten Fluchtgründe des Beschwerdeführers bereits im ersten Asylverfahren angeführt werden hätten müssen und somit kein neues objektives und asylrelevantes Vorbringen vorliege, handle es sich um entschiedene Sache.

Mit Schreiben vom 12.07.2019 erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 02.07.2019 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Es wurde beantragt das Bundesverwaltungsgericht möge den hier angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem Antrag auf internationalen Schutz Folge gegeben und der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wird; in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die erste Instanz zurückverweisen; in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko zuerkannt wird; die gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG ausgesprochene Rückkehrentscheidung, samt gemäß § 53 Abs. iVm Abs. 2 FPG verhängten Einreiseverbot aufheben; in eventu die Dauer des auf zwei Jahre befristeten Einreiseverbotes angemessen herabsetzen; in eventu einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilen; in eventu feststellen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko nicht zulässig ist; der Beschwerde gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkennen; eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumen, damit der Beschwerdeführer die Fluchtgründe noch einmal vor unabhängigen RichterInnen persönlich und unmittelbar schildern und glaubhaft machen kann.

Am 16.07.2019 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der (spätestens) am 30.11.2015 in das Bundesgebiet eingereiste Beschwerdeführer ist volljährig, Staatsangehöriger von Marokko und bekennt sich zum islamischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Araber an. Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer hielt sich seit seiner Einreise nicht durchgehend im Bundesgebiet auf und war den Großteil seines Aufenthaltes in Europa ohne aufrechte Meldeadresse. In Österreich war er lediglich von 14.06.2019 bis 11.07.2019 ordnungsgemäß gemeldet.

Der Beschwerdeführer ist gesund und leidet weder an lebensbedrohlichen Krankheiten noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig und ist daher auch erwerbsfähig.

Über die Schul- und Berufsausbildung des Fremden können keine Feststellungen getroffen werden. In Marokko verfügt er noch über familiäre Anknüpfungspunkte.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Eine Tante des Beschwerdeführers lebt in Frankreich, eine Schwester in Spanien und ein Onkel in Deutschland.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf. Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Mit Verfahrensanordnung vom 13.06.2019 wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, seine Unterkunft in der Betreuungsstelle "BS XXXX" zu nehmen. Diese Verfahrensanordnung wurde dem Beschwerdeführer am 29.04.2019 persönlich ausgehändigt. Nachdem er am 14.06.2019 dort auch tatsächlich Unterkunft bezog, reiste er am 11.07.2019 wieder ab und tauchte in der Folge unter.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft.

1.2. Zum Vorverfahren und zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Sein erster Antrag auf internationalen Schutz vom 30.11.2015 wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 23.05.2016 rechtskräftig abgewiesen.

Der Beschwerdeführer kam in weiterer Folge seiner Ausreisverpflichtung nicht nach.

Der Beschwerdeführer brachte im gegenständlichen Asylverfahren keine entscheidungsrelevanten neuen Fluchtgründe vor. Die Situation in Marokko hat sich seit der letzten Entscheidung nicht entscheidungswesentlich verändert. Auch die Rechtslage blieb, soweit entscheidungsrelevant, unverändert.

1.3. Zur allgemeinen Situation in Marokko:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 02.07.2019 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle (Stand 17.08.2018 samt integrierter Kurzinformation vom 10.10.2018) "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Marokko auszugsweise zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Marokko ist ein sicherer Herkunftsstaat. Es ist politisch wie sicherheitspolitisch ein stabiles Land. Marokko ist fähig und willig, seine Bürger zu schützen. Justiz und Sicherheitsapparate funktionieren. Die Justiz ist gemäß der geltenden Verfassung unabhängig. Ein rechtsstaatliches, faires Verfahren mit dem Recht, Berufung einzulegen, ist gesetzlich gewährleistet. Über Beeinflussung der Gerichte durch Korruption oder durch außergerichtliche Einflussmaßnahmen wird berichtet. Der Sicherheitsapparat besteht aus Polizei- und paramilitärischen Organisationen Eine zivile Kontrolle über Sicherheitskräfte ist abgesehen von Einzelfällen effektiv. Folter steht unter Strafe, wobei Berichte über Folterungen und Gewaltanwendung gegenüber Gefangenen bestehen. Die in Marokko verbreitete Korruption steht unter Strafe, welche aber nicht effektiv vollzogen wird. Eine Reform der Korruptionsbekämpfungsbehörde ist geplant, aber noch nicht verwirklicht.

Marokko verfügt über einen umfassenden Grundrechtebestand, lediglich das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit fehlt. Die Grundrechte werden durch den Vorbehalt in Bezug auf die Monarchie, den islamischen Charakter von Staat und Gesellschaft und die territoriale Integrität beschränkt. Ferner fehlen zT Durchführungsgesetze. Allgemein bestehen grundrechtliche Probleme hinsichtlich der Sicherheitskräfte sowie schlechter Haftbedingungen. Staatliche Repressionen gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer religiösen Überzeugung können nicht festgestellt werden. Die Haftbedingungen sind generell schlecht und entsprechen nicht internationalen Standards. Hygienische Verhältnisse und die medizinische Versorgung in Gefängnissen sind nicht gut. Gefängnisse sind in Marokko überbelegt. Es existieren Berichte über folterähnliche Praktiken in Gefängnissen. Die Todesstrafe wird weiterhin in Marokko verhängt. Seit 1993 wurden aber keine Todesstrafen mehr vollstreckt.

Eine nach Marokko zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seiner Volljährigkeit, seinem Familienstand, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Volksgruppenzugehörigkeit und seiner Konfession ergeben sich aus seinen diesbezüglichen glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, dass Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ist durch den vorliegenden Verwaltungsakt und die Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister belegt.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und den medizinischen Unterlagen vom Juni 2019. Auch aus der Aktenlage sind keinerlei Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen ableitbar. Er führte zwar bei seiner niederschriftlichen Einvernahme bei der belangten Behörde vom 19.06.2019 an, dass er Schlaf- und Beruhigungsmittel einnehme und bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 24.06.2019, dass er an Kopfschmerzen leide, doch handelt es sich dabei um keine lebensbedrohlichen Erkrankungen, deren Vorhandensein er auch selbst verneinte (AS 73).

Dass hinsichtlich seiner Schul- und Berufsausbildung keine Feststellungen getroffen werden können, gründet sich auf seinen unterschiedlichen Angaben. So behauptet er in seinem ersten Asylverfahren, dass er von 1988 bis 1996 die Grundschule in Nador besucht habe und danach als Straßenverkäufer tätig gewesen sei. Diametral behauptete er in seinem zweiten Asylverfahren, dass er über keine Schulbildung verfüge und in Marokko als Türsteher tätig gewesen sei. Auf diesbezüglichen Vorhalt seitens der belangten Behörde, meinte der Beschwerdeführer nur, dass er in seinem Erstverfahren Probleme mit dem Dolmetscher bei der Polizei gehabt habe (AS 131 und 132).

Die Feststellungen zur Familie des Beschwerdeführers in Marokko ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Allerdings kam es auch diesbezüglich zu Ungereimtheiten. So erklärte er in seinem ersten Asylverfahren, dass sowohl sein Vater als auch seine Mutter verstorben seien. In seinem zweiten Asylverfahren erklärte er dann, dass lediglich sein Vater verstorben sei.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse, die Lebensumstände und die Integration des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf den Aussagen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde.

Dass dem Beschwerdeführer die Verfahrensanordnung gemäß § 15b AsylG am 13.06.2019 ausgehändigt wurde und er am 11.07.2019 wieder aus der Betreuungsstelle abgereist ist, wurde dem Akt der belangten Behörde entnommen und ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 16.07.2019.

2.3. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer hatte im Verfahren zu seinem ersten Antrag auf internationalen Schutz vom 30.11.2015 erklärt, Marokko aufgrund von wirtschaftlichen Gründen verlassen zu haben. Dem Bescheid der belangten Behörde vom 23.05.2016 wurde dieser Fluchtgrund zugrunde gelegt und als nicht asylrelevant qualifiziert. Eine Rückkehrgefährdung oder sonstige existentielle Bedrohung für den Beschwerdeführer wurde für den Fall einer Rückkehr nach Marokko verneint.

Vom Bundesverwaltungsgericht ist im gegenständlichen Verfahren zu prüfen, ob zwischen der Rechtskraft des Bescheides der belangten Behörde vom 23.05.2016 und der Zurückweisung des gegenständlichen Antrages wegen entschiedener Sache mit Bescheid vom 02.07.2019 eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist.

Zunächst ist festzustellen, dass sich die Rechtslage in einzelnen Punkten durch das FRÄG 2017 geändert haben mag, allerdings nicht entscheidungswesentlich. Dies wurde in der Beschwerde auch nicht behauptet.

Eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage ist folglich nicht erkennbar. Der Beschwerdeführer gab sowohl in seinem ersten als auch in seinem zweiten Asylverfahren an, Marokko aus wirtschaftlichen Gründen verlassen zu haben.

Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 13.06.2019 führte der Beschwerdeführer - nachdem er auf sein bereits rechtskräftig entschiedenes Verfahren hingewiesen wurde - hinsichtlich seiner Fluchtgründe aus: "In Marokko habe ich sonst keine Probleme. Ich habe dort keine Arbeit und auch kein Geld.".

In einer niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde am 19.06.2019 gab der Beschwerdeführer zusätzlich an, dass er nicht nach Marokko zurückkehren könne, da er dort Probleme mit einer Drogenbande gehabt habe und die Polizei ihn nicht davor schützen könne. Dieses erstmals während seines zweiten Asylverfahrens erstattete Vorbringen war dem Beschwerdeführer bereits vor der Rechtskraft des ersten Asylverfahrens bekannt, zumal er selbst angab, dass er das in seinem ersten Asylverfahren zwar angegeben habe, der Dolmetscher es aber nicht verstanden habe (AS 75). Diesbezüglich wird darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer am Ende seiner Erstbefragung zu seinem ersten Antrag auf internationalen Schutz selbst bestätigte, dass die Vernehmung in eine verständliche Sprache rückübersetzt worden sei und es keine Verständigungsprobleme gegeben habe, was sich auch aus einem entsprechenden Vermerk im Protokoll vom 30.11.2015 ergibt.

Die Feststellungen zum rechtskräftig abgeschlossenen ersten Asylverfahren, dem gegenständlichen Asylverfahren und zu den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Fluchtgründen stützen sich auf seine Angaben im ersten und im zweiten Asylverfahren und dem vorliegenden Verwaltungsakt.

Bei Folgeanträgen sind die Asylbehörden auch dafür zuständig, mögliche Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus des Antragstellers einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH 15.05.2012, 2012/18/0041). Eine wesentliche Änderung der Situation in Marokko wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet und entspricht dies auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes. Es sind auch keine Umstände bekannt, dass in ganz Marokko gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefahr im Sinn der Art. 2 oder 3 EMRK ausgesetzt ist, und es besteht auch nicht auf dem gesamten Staatsgebiet Marokkos ein innerstaatlicher oder internationaler Konflikt, durch den mit einem Aufenthalt in Marokko für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt verbunden wäre. Es sind auch keine wesentlichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, welcher eine neuerliche umfassende Refoulementprüfung notwendig erscheinen ließe.

Eine neue umfassende inhaltliche Prüfung wird vom Bundesverwaltungsgericht aus diesen Gründen nicht für notwendig erachtet.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Marokko vom 17.08.2018 (inklusive integrierter Kurzinformation vom 10.10.2018) samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Marokko ergeben sich aus den folgenden Meldungen und Berichten:

-

AA - Auswärtiges Amt (10.2017a): Marokko - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/-/224120, Zugriff 31.7.2018

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2018a), LIPortal - Marokko - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/marokko/geschichte-staat/, Zugriff 31.7.2018

-

ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (9.2015): Asylländerbericht Marokko

-

AA - Auswärtiges Amt (8.8.2018): Marokko - Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/marokkosicherheit/224080#content_0, Zugriff 8.8.2018

-

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (8.8.2018): Reiseinformation Marokko, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/marokko/, Zugriff 8.8.2018

-

EDA - Eidgenössisches Departemenet für auswärtige Angelegenheiten (8.8.2018): Reisehinweise für Marokko, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/marokko/reisehinweise-marokko.html, Zugriff 8.8.2018

-

FD - France Diplomatie (8.8.2018): Conseils aux Voyageurs - Maroc

-

Sécurité,

https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/maroc/, Zugriff 8.8.2018

-

AA - Auswärtiges Amt (10.2017b): Marokko - Außenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/-/224118, Zugriff 8.8.2018

-

CIA - Central Intelligence Agency (12.7.2018): The World Factbook

-

Morocco,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mo.html, Zugriff 8.8.2018

-

CIA - Central Intelligence Agency (11.7.2018): The World Factbook

-

Western Sahara,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/wi.html, Zugriff 8.8.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (7.2018a), LIPortal - Marokko - Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/marokko/geschichte-staat/, Zugriff 8.8.2018

-

AA - Auswärtiges Amt (14.2.2018): AA-Bericht zu Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/1424844/4598_1519120123_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-im-koenigreich-marokko-stand-november-2017-14-02-2018.pdf, Zugriff 1.8.2018

-

ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (9.2015): Asylländerbericht Marokko

-

USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430366.html, Zugriff 1.8.2018

-

AI -Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Morocco/Western Sahara,

https://www.ecoi.net/de/dokument/1425081.html, Zugriff 1.8.2018

-

TI - Transparency International (21.2.2018): Corruptions Perceptions Index 2017,

https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017, Zugriff 17.8.2018

-

HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Morocco and Western Sahara,

http://www.ecoi.net/local_link/334712/476546_de.html, Zugriff 3.8.2018

-

USDOS - U.S. Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom - Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436851.html, Zugriff 7.8.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2018b): LIPortal - Marokko - Gesellschaft, https://www.liportal.de/marokko/gesellschaft/, Zugriff 7.8.2018

-

AA - Auswärtiges Amt (10.2017c): Marokko - Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/wirtschaft/224082, Zugriff 7.8.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (7.2018c): Marokko - Wirtschaft, http://liportal.giz.de/marokko/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 7.8.2018

-

DIS - Danish Immigration Service (2.2017): Morocco - Situation of Unaccompanied Minors,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1490253625_morocco-situationofunaccompaniedminors-06032017.pdf, Zugriff 6.7.2017

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VB - Verbindungsbeamter des BMI in Rabat (30.5.2017):

Anfragebeantwortung Kinder und Jugendliche, nach direkter Rücksprache mit einem Mitarbeiter der NGO "Association Marocaine des Droits Humains" (AMDH), sowie mit Frau Saida SAGHER von der Organisation "BAYTI" (übersetzt "mein Haus") in Casablanca, einer Organisation, die sich speziell für Straßenkinder einsetzt; übermittelt per E-Mail vom 30.5.2017

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides):

Da die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.

Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21. 3. 1985, 83/06/0023, u.a.). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27. 9. 2000, 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 80 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8. 9. 1977, 2609/76).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 9. 9. 1999, 97/21/0913; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Ist davon auszugehen, dass ein/eine Asylwerber/Asylwerberin einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser/diese jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 24. 8. 2004; 2003/01/0431; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315; VwGH 24. 2. 2000, 99/20/0173; VwGH 21. 10. 1999, 98/20/0467).

Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend - bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache - entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30. 5. 1995, 93/08/0207).

Für das Bundesverwaltungsgericht ist daher Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs. 1 das Vorliegen eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides, d. h. eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, da die Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.05.2016 über den Antrag des Beschwerdeführers vom 30.11.2015 auf internationalen Schutz in formelle Rechtskraft erwachsen ist.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat - wie in der Beweiswürdigung zusammengefasst - völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass entschiedene Sache vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung der belangten Behörde an, dass die Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren nicht geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken und dass darin kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann.

Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann. Der angefochtene Spruchpunkt I. und II. war sohin vollinhaltlich zu bestätigen.

3.2. Zur Nichtgewährung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 (Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs. 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

3.3. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides):

Der Antrag auf internationalen Schutz wird mit gegenständlicher Entscheidung zurückgewiesen. Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung (VwGH, 19.11.2015, Ra 2015/20/0082) ist die frühere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Erforderlichkeit der Verbindung einer ab- oder zurückweisenden Entscheidung der Asylbehörden mit einer Ausweisung, unabhängig davon, ob zum Entscheidungszeitpunkt bereits eine rechtskräftige Ausweisung vorliegt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 7. Mai 2008, Zl. 2007/19/0466, und vom 19. Februar 2009, Zl. 2008/01/0344) auf die seit 1. Jänner 2014 geltende Rechtslage übertragbar. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat daher zu Recht eine Rückkehrentscheidung erlassen.

Auch die inhaltliche Prüfung der Frage, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über kein Familienleben in Österreich. Zu prüfen wäre daher ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554).

Im Hinblick auf die Zeitspanne, seit der sich der seit November 2015 eingereiste Beschwerdeführer in Österreich aufhält, kann eine von Art. 8 EMRK geschützte Aufenthaltsverfestigung noch nicht angenommen werden, zumal sich der Beschwerdeführer auch nicht durchgehend in Österreich aufhielt, sondern zeitweise auch in Deutschland aufhältig war (vgl. VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger Aufenthalt "jedenfalls" nicht ausreichte, um daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abzuleiten; vgl. auch VwGH 20.12.2007, Zl. 2007/21/0437, zu § 66 Abs. 1 FPG, wonach der 6-jährigen Aufenthaltsdauer eines Fremden im Bundesgebiet, der Unbescholtenheit, eine feste soziale Integration, gute Deutschkenntnisse sowie einen großen Freundes- und Bekanntenkreis, jedoch keine Familienangehörige geltend machen konnte, in einer Interessensabwägung keine derartige "verdichtete Integration" zugestanden wurde, da der Aufenthalt "letztlich nur auf einem unbegründeten Asylantrag fußte"; ähnlich auch VwGH 25.02.2010, Zl. 2010/18/0026; VwGH 30.04.2009, Zl. 2009/21/0086; VwGH 08.07.2009, Zkl. 2008/21/0533; VwGH 8.3.2005, 2004/18/0354).

Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss angesichts der kurzen Dauer des Inlandsaufenthaltes von insgesamt rund dreieinhalb Jahren, wobei der Beschwerdeführer nicht durchgehend in Österreich aufhältig war, davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers das Interesse an der Achtung seines Privatlebens überwiegt.

Hinweise, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen maßgeblichen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde, liegen nicht vor. Der Beschwerdeführer hat keinen Deutschkurs positiv abgeschlossen, hat in Österreich an keinen Aus- oder Weiterbildungen teilgenommen, hat keine nachgewiesene legale Erwerbstätigkeit ausgeübt und hat aktuell keine engen Bezüge zu ÖsterreicherInnen. Er hat weder gemeinnützige Tätigkeiten ausgeübt, noch konnte er andere außergewöhnliche Umstände ins Treffen führen. Unterlagen, die für eine verfestigte Integration sprechen würden, wurden nicht vorgelegt.

Zudem liegt die rund dreieinhalbjährige Aufenthaltsdauer (mit Unterbrechungen) des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet nicht in einer überlangen Verfahrensdauer begründet, sondern ausschließlich auf einer mehrfachen Asylantragsstellung sowie dem bewussten beharrlichen illegalen Verbleib im Bundesgebiet trotz der seine Asylanträge rechtskräftig ab- sowie zurückweisenden Entscheidungen, die allesamt nach kurzer Verfahrensdauer erfolgten.

Zudem besteht auch zu seinen Verwandten in der EU kein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis oder ein gemeinsamer Haushalt oder eine besonders intensive Beziehung, dass diesbezüglich von einem relevanten Privat- und Familienleben auszugehen wäre.

Die verfügte Rückkehrentscheidung stellt insofern keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers dar.

Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK - aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaige wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Besondere Schwierigkeiten sind diesbezüglich aber nicht zu erwarten, der Beschwerdeführer ist jung, gesund und arbeitsfähig.

Dagegen bestehen nach wie vor Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Heimatstaat Marokko, zumal er dort einen großen Teil seines Lebens verbracht hat und dort hauptsozialisiert wurde, er seine Muttersprache spricht und durchaus mit den regionalen Sitten und Gebräuchen der marokkanischen Kultur vertraut ist. Im gegenständlichen Fall kann nicht von einer vollkommenen Entwurzelung des Beschwerdeführers gesprochen werden, zumal er auch noch über familiäre Anknüpfungspunkte in Marokko verfügt.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als ein Fremder, der seinen Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch seine Einreise und durch die Stellung eines letztlich unbegründeten Asylantrages erzwingt. Dies würde in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl VwGH11.12.2003, 2003/07/0007; vgl dazu auch VfSlg 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.").

Hinsichtlich seiner strafrechtlichen Unbescholtenheit ist auszuführen, dass dies nach hg. Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen darstellt (VwGH 21.01.1999, 98/18/0420), da der VwGH davon ausgeht, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Marokko keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.4. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):

Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 52 Abs. 9 Fremdenpolizeigesetz (FPG) festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko zulässig ist.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu ver

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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