TE Vwgh Erkenntnis 1998/6/30 97/05/0132

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Veröffentlicht am 30.06.1998
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82007 Bauordnung Tirol;
L82054 Baustoff Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO OÖ 1994 §31 Abs3;
BauO OÖ 1994 §31 Abs4;
BauO Tir 1989 §30 Abs4 impl;
BauRallg;
BauTG OÖ 1994 §2 Z36;
BauTG OÖ 1994 §3 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Renate Fritz in Haid, vertreten durch Dr. Josef Broinger und Dr. Johannes Hochleitner, Rechtsanwälte in Eferding, Kirchenplatz 8, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 12. März 1997, Zl. BauR-011906/1-1997/GR/Lg, betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. DSG Union Pichling, vertreten durch Obmann Horst Lauß, in Linz, Storchenweg 30,

2. Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der Landeshauptstadt Linz Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 7. Februar 1995 beantragte der erstmitbeteiligte Verein die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Vereinshauses mit Schießstand im Kellergeschoß, einer Zuschauertribüne und 80 Kfz-Stellplätzen im Freien im Zusammenhang mit einer Sportanlage (Fußballfeld) an der "Rathfeldstraße" auf den Grundstücken Nr. 1615 und 1616, KG Pichling. Das geplante Vereinshaus mit den maximalen äußeren Abmessungen von 32,0 m x 12,72 m soll in einem Abstand von 11,5 m zur Rathfeldstraße bzw. in einem Abstand von 26,7 m zur südöstlichen Grundgrenze errichtet werden. Die Zuschauertribüne mit den Abmessungen von 60,0 m x 3,6 m wird in einem Abstand von 19,0 m zur nordwestlichen Grundgrenze situiert. Die Tribüne soll auf der Norwestseite des Spielfeldes errichtet werden. Der vorliegende Fußballplatz liegt zwischen der Bundesstraße 1 und der Westbahnstrecke (mittlerer Abstand des Spielplatzrandes zur Bundesstraße 110 m und zur Westbahn etwa 50 m).

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin der südöstlich der Baugrundstücke gelegenen und durch eine ca. 3 m breite Grundparzelle von diesen getrennten Grundstücke Nr. 1612/2, 1613/4, 1613/3 und 1613/2, je KG Pichling. Der mittlere Abstand der Tribüne zu den angeführten Grundstücken beträgt 90 m bis 170 m. An der Südwestseite des Fußballfeldes ist eine 90 m lange Stehplatzrampe für Zuschauer vorgesehen. Zwischen der Stehplatzrampe und den Grundstücken ergibt sich aus dem Außengestaltungsplan ein geringster Abstand von 5 m und zwischen der Mittelachse der Stehplatzrampe und den Grundstücken ein Abstand von 7 m. Die geringste Entfernung der Nachbargründe zum Klubhaus ist etwa 29 m und die nächsten Fenster des Schießstandes im Keller sind 51 m entfernt.

In der am 2. April 1996 abgehaltenen mündlichen Verhandlung wendete die Beschwerdeführerin ein, daß durch die Errichtung der Zuschauertribüne einer großen Zahl von Menschen Platz geboten werde, was eine erhebliche Lärmbelästigung und einen größeren Anfall an Müll und Abwässern mit sich bringe. Durch die geplanten 80 Autoabstellplätze würde ein wesentlich gesteigertes Verkehrsaufkommen bewirkt werden, wodurch wiederum entsprechende Immissionen in Form von Lärm und Abgasen verursacht würden. Die Errichtung der Parkplätze, der Tribüne und des Klubhauses stünden im Widerspruch zur ausgewiesenen Flächenwidmung.

Im Verfahren hat der erstmitbeteiligte Verein mit Schreiben vom 19. April 1996 nähere Angaben über den Betrieb des Fußballplatzes und des Schießstandes gemacht. Bei dem Spielfeld handle es sich danach um ein Fußballhauptspielfeld, das nur zu Meisterschaftsspielen verwendet werde. Das Training finde für alle Mannschaften auf dem bestehenden, 200 m entfernten Trainingsfeld statt. Die Häufigkeit der Fußballplatzbenutzung wurde mit 13mal im Jahr für die Reserve und die Kampfmannschaft und mit 11mal im Jahr für die Nachwuchsmannschaften angeführt. Die Anzahl der Zuschauer wurde mit 250 bis 400 bei den Meisterschaftsspielen der Kampfmannschaft und 20

bis 30 Personen bei Spielen der Nachwuchsmannschaften angegeben. Das Fassungsvermögen der Tribüne solle ca. 300 Personen und das der Stehplatzrampe 150 bis 200 Personen betragen. Bei dem Schießstand handle es sich um eine Luftgewehranlage im Keller. Bei dem Schießbetrieb trete auch bei geöffneten Fenstern kein Lärm nach außen.

In dem in der Folge erstatteten lärmtechnischen Gutachten vom 4. Juli 1996 wurde festgestellt, daß statistisch verbreitet Beschwerden auftreten würden, wenn der A-bewertete Grundgeräuschpegel um 10 dB durch den A-bewerteten Beurteilungspegel überschritten werde. Der Beurteilungspegel werde unter Berücksichtigung der Lärmdauer und des Lärmcharakters aus den äquivalenten Dauerschallpegeln der verschiedenen Lärmanteile nach Ö-NORM S 5004 "Messung von Schallemissionen" gebildet. Für die Bildung des Immissionsgrenzwertes sei nach der ÖAL-Richtlinie Nr. 3 vorgegangen worden. Demnach liege der Immissionsgrenzwert 10 dB über dem Grundgeräuschpegel oder im Bereich der bestehenden Immission, wenn durch die Ist-Situation der Grundgeräuschpegel bereits um 10 dB oder mehr überschritten werde. Am Rand der benachbarten Grundstücke Nr. 1613/2, 1613/3, 1613/4 und 1612/2, KG Pichling, ergäben sich durch den Parkplatzbetrieb Grenzwertüberschreitungen bis zu 1 dB und durch den Spielbetrieb bis zu 21 dB. Allerdings sei festzustellen, daß es sich bei diesen Grundstücken um landwirtschaftliche Flächen handle, wofür die Beurteilung eigentlich nicht angewendet werden könne. Jedenfalls widersprächen aus fachlicher Sicht die zu erwartenden Immissionen einer etwaigen künftigen Wohnnutzung der angeführten Grundstücke. Bei dem nächsten bewohnten Grundstück ergebe sich durch den Parkplatzbetrieb keine Überschreitung des Immissionsgrenzwertes und durch den Spielbetrieb eine Überschreitung um 2 dB bis 3 dB, bezogen auf 8 Stunden. Bei der Bewertung der Meßergebnisse sei zu berücksichtigen, daß nach der Angabe nur

13 Meisterschaftsspiele pro Jahr stattfänden und nicht immer von der angegebenen Vollauslastung von 400 Zuschauern ausgegangen werden könne. Die errechneten Überschreitungen könnten daher aus immissionstechnischer Sicht akzeptiert werden.

Für Schallpegelspitzen an Sonn- und Feiertagen - führte der Amtssachverständige in diesem Gutachten weiter aus - könne nach der ÖAL-Richtlinie Nr. 3, Blatt 1, ein Grenzwert von 70 dB herangezogen werden. Dieser Wert werde im Bereich der landwirtschaftlichen Grundstücke Nr. 1613/3, 1613/4 und 1612/2, KG Pichling, sicher erreicht bzw. überschritten. Es gelte die gleiche Beurteilung wie für die Beurteilungspegel, wonach die Lärmimmissionen aus fachlicher Sicht einer etwaigen Wohnnutzung widersprächen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitgeteiligten Landeshauptstadt vom 3. September 1996 wurde die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung diverser Auflagen erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin wurden als unbegründet abgewiesen.

Aufgrund der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin wurde ein medizinisches Gutachten darüber eingeholt, ob durch den Betrieb der gegenständlichen Sportanlage Lärmimmissionen auftreten könnten, die geeignet seien, erhebliche Belästigungen oder Gefahren für die Eigentümerin der angrenzenden Grundstücke herbeizuführen. Die Beurteilung sollte unter Berücksichtigung der von dem Erstmitbeteiligten bekanntgegebenen Anzahl der Nutzungen des Spielfeldes pro Jahr erfolgen. In dem erstatteten Gutachten vom 30. Oktober 1996 wurde von der medizinischen Amtssachverständigen folgende fallbezogene Beurteilung bzw. abschließende Stellungnahme vorgenommen:

"Fallbezogene Beurteilung:

Im gegenständlichen Fall werden die ortsüblichen Geräuschpegel bestimmt durch die vorbeifahrenden Züge der Westbahn sowie die Autos auf der nahegelegenen Bundesstraße.

Es ergeben sich daraus Beurteilungspegel bis 60 dB, was einer Erhöhung des Grundgeräuschpegels (44 dB) von 16 dB entspricht. Zieht man als Beurteilungshilfe die ÖAL Richtlinie Nr. 3 heran, so ergibt sich die Forderung, daß durch eine zusätzliche Lärmquelle der Beurteilungspegel nicht weiter erhöht werden darf, falls der Beurteilungspegel der ortsüblichen Schallimmission allein schon höher als der Grundgeräuschpegel +10 dB liegt.

Statistische Erhebungen zeigen auch, daß bei dauernder Überschreitung des Grundgeräuschpegels um 15 bis 20 dB mit starken Reaktionen der Bevölkerung gerechnet werden kann. Betrachtet man diese Richtwerte per se, bedeutet dies, angewendet auf ggstl. Projekt, im ungünstigsten Fall bei Immissionspunkt 3 eine durch den Spielbetrieb verursachte Überschreitung des Richtwertes bis 21 dB.

Bezogen auf den gegenständlichen Fall muß von einer vollausgelasteten Nutzung des Spielfeldes von höchstens 13mal pro Jahr ausgegangen werden, wobei die Spieldauer ca. 90 min. beträgt.

Zur medizinischen Beurteilung von Lärmimmissionen ist es aber von entscheidender Bedeutung, insbesondere im Hinblick auf die Entstehung von chronischen Krankheiten, neben deren Art und Intensität die Häufigkeit und Dauer ihres Auftretens zu berücksichtigen.

Erheblich ist eine Belästigung, wenn sie zu erheblichen Störungen des Wohlbefindens, zu psychosomatischen Beschwerden, bzw. zu funktionellen oder organischen Veränderungen führen kann.

Grundsätzlich ist zwischen Kurz- und Langzeitexposition gegenüber Lärmimmisionen zu unterscheiden. Akute Schalleinwirkungen führen ab einer bestimmten Reizschwelle unmittelbar zu Veränderungen physiologischer Größen, welche sich nach entsprechend langer Erholzeit wieder vollständig zurückbilden. Diese Reaktionen tragen keine gesundheitlichen Gefahren in sich, sind allerdings als Indikator für den Aufmerksamkeit erregenden und ablenkenden Effekt von Schalleinwirkungen zu sehen. Die mögliche Entstehung (psycho)somatischer Erkrankungen ist weitgehend an eine chronische, langandauernde Exposition gegenüber Schallreizen gebunden.

Abschließende Stellungnahme:

Es wird festgestellt, daß die an der nächsten Grundgrenze prognostizierten Lärmimmissionen aufgrund ihrer Intensität zu Belästigungen führen können, welche jedoch aufgrund der Seltenheit ihres Auftretens und ihrer kurzen Dauer nach dem Stand des medizinischen Wissens nicht als erheblich zu werten sind. Demzufolge sind auch keine Gesundheitsgefährdungen für den gesunden, normal empfindenden Menschen zu erwarten."

Nach Wahrung des Parteiengehörs gegenüber der Beschwerdeführerin wies der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz mit Bescheid vom 10. Dezember 1996 die Berufung der Beschwerdeführerin ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, daß im Einleitungssatz des Spruchabschnittes I. nach dem Wort "Bauplänen" die Wortfolge "und dem Schreiben vom 19. April 1996" eingefügt wurde (Spruchpunkt I. lautet nunmehr: "Dem Ansuchen von der DSG Union Pichling, vertr. durch ..., wird nach den geprüften Bauplänen und dem Schreiben vom 19. April 1996 Folge gegeben und die Baubewilligung für nachstehendes Bauvorhaben erteilt:

... .").

Die dagegeben erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen. Diese Entscheidung ist im wesentlichen damit begründet, daß im Berufungsbescheid klar und deutlich davon die Rede sei, daß aus den Bestimmungen betreffend die Flächenwidmung "Grünland" keinerlei Immissionsschutz ableitbar sei, sodaß den Nachbarn im Hinblick auf die Frage der Einhaltung der in Rede stehenden Gründlandwidmung demnach kein Mitspracherecht eingeräumt sei. Warum die Beschwerdeführerin behaupte, daß die Berufungsbehörde "richtigerweise die Tatsache festgestellt" habe, "daß der Nachbar auf die Einhaltung des Immissionsschutzes, der aus der Widmung "Grünland" erfließt, einen Rechtsanspruch besitzt", sei zumindest für die belangte Behörde nicht nachvollziehbar. Das diesbezügliche Vorbringen müsse daher ins Leere gehen. Es werde jedoch festgestellt, daß die Berufungsbehörde unter Zitierung der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes davon ausgegangen sei, daß die Nachbarn auf die Einhaltung der einzelnen Widmungskategorien des Flächenwidmungsplanes nicht schlechthin ein subjektiv-öffentliches Recht hätten, sondern nur dann, wenn die bestimmte Widmungskategorie auch einen Immissionsschutz gewährleiste. Dies sei jedoch bei Betrachtung des § 30 O.ö. ROG 1994 im Falle der Grünlandwidmung nicht der Fall, was bewirke, daß dem Nachbarn im Hinblick auf die Frage der Einhaltung der in Rede stehenden Grünlandwidmung kein Mitspracherecht eingeräumt sein könne. Aus § 3 Z. 4 in Verbindung mit § 2 Z. 36 O.ö. Bautechnikgesetz ergebe sich allerdings ein Immissionsschutz des Nachbarn auch im Grünland. Die belangte Behörde verweise in diesem Zusammenhang auf die zutreffenden Ausführungen im Berufungsbescheid. Die Beschwerdeführerin verkenne die Rechtslage, wenn sie meine, bei der Prüfung der Frage, ob durch eine bauliche Anlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen würden, sei auf den abstrakten Typus des beantragten Vorhabens abzustellen. Die typenmäßige Beurteilung habe nämlich nur zu erfolgen, wenn die Vereinbarkeit einer Anlage mit der im Flächenwidmungsplan vorgesehenen Widmungskategorie zu überprüfen sei. Bei der Frage, ob die bauliche Anlage in allen ihren Teilen so geplant und errichtet werde, daß schädliche Umwelteinwirkungen vermieden würden, könne aber nur die konkrete bauliche Anlage berücksichtigt werden. Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin sei daher im gegebenen Zusammenhang nicht auf den abstrakten Betriebstypus "Sportanlage" abzustellen, sondern von jener - eingeschränkten - Zweckwidmung auszugehen, die der Bauwerber in seinem als Ergänzung zur Baubeschreibung anzusehenden Schreiben vom 19. April 1996 kundgetan habe. Aus diesem Blickwinkel betrachtet könne somit auch die Feststellung der medizinischen Amtssachverständigen, wonach es ungeachtet einer vom immissionstechnischen Amtssachverständigen prognostizierten Grenzwertüberschreitung an einem Immissionspunkt bis zu 21 dB aufgrund der geringen Häufigkeit dieses Schallereignisses und seiner kurzen Dauer zu keinen erheblichen Belästigungen für die Nachbarschaft kommen könne, nicht als unschlüssig bewertet werden. Davon abgesehen habe die Berufungsbehörde zu Recht erkannt, daß es den Gepflogenheiten des Spielbetriebes im Fußballsport entspreche, daß die an den Wochenenden stattfindenden Meisterschaftsspiele alternierend "Auswärtsspiele" und "Heimspiele" seien, sodaß zwischen den im gegebenen Fall relevanten Schallereignissen in der Regel ein Zeitraum von zwei Wochen liege. Im Ergebnis könne somit auch durch den Hinweis der Beschwerdeführerin auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Grenze der zumutbaren Störung bei einem Beurteilungspegel von maximal 10 dB über dem Grundgeräuschpegel gezogen werde, nichts gewonnen werden, weil bei der Beurteilung der Immissionsauswirkungen immer die Besonderheiten des konkreten Einzelfalles maßgeblich seien. Weiters sei zu berücksichtigen, daß die Grundstücke der Beschwerdeführerin im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als "Grünland - für die Land- und Forstwirtschaft bestimmte Flächen, Ödland" ausgewiesen und derzeit unbebaut seien. Es sei zwar nicht ganz von der Hand zu weisen, daß sich der Schutz des Nachbarn vor Immissionen auch auf die Sicherung einer künftigen gesetzmäßigen Bebauung des Nachbargrundstückes, also nicht nur auf bestehende Gebäude erstrecke, doch könnten bei der im gegebenen Fall vorliegenden Flächenwidmung auf den Grundstücken der Beschwerdeführerin ausschließlich Bauten und Anlagen im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes errichtet werden und käme demnach eine Wohnnutzung nur in diesem Zusammenhang in Betracht. Im Erkenntnis vom 17. September 1985, Zl. 83/05/0065, habe der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, daß es "kaum einer weiteren Begründung" bedürfe, daß für eine Grundfläche von ca. 7000 m2 keinerlei Gebäude zur Bewirtschaftung erforderlich seien. Gehe man nun davon aus, daß die vier Grundstücke der Beschwerdeführerin der Aktenlage nach lediglich eine Gesamtfläche von ca. 3600 m2 aufwiesen, so könne im Sinne der zitierten Judikatur keine Rede davon sein, daß auf diesen Flächen eine "Landwirtschaft" - verstanden als planvolle, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit - betrieben werden könne. Dies bewirke im Ergebnis aber, daß die Grundstücke der Beschwerdeführerin praktisch unbebaubar seien, was letztlich auch bei der Würdigung der Immissionsauswirkungen benachbarter Anlagen einen entsprechenden Niederschlag finden müsse. Unter Würdigung der Ergebnisse des baubehördlicherseits durchgeführten Ermittlungsverfahrens sei als erwiesen anzusehen, daß der konsensgemäße Betrieb des geplanten Bauvorhabens zu keinen Belästigungen der Beschwerdeführerin in dem durch § 3 Z. 4 Oö Bautechnikgesetz verpönten erheblichen Ausmaß führe.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die zweitmitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit Antrag auf eine kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 31 Abs. 3 O.ö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66 (O.ö. BauO 1994), können Nachbarn gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtlichen Einwendungen) begründet sind. Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind gemäß § 31 Abs. 4 leg. cit. im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen.

Gemäß § 30 Abs. 2 O.ö. Raumordnungsgesetz 1994, LGBl. Nr. 114/1993 (O.ö. ROG 1994), sind Flächen des Grünlandes, die nicht für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt sind und nicht zum Ödland gehören, im Flächenwidmungsplan gesondert zu widmen. Gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle sind insbesondere die in diesem Absatz genannten Widmungen (u.a. größere Erholungsflächen für Erholungs- oder Sportanlagen, Sport- und Spielflächen) - je nach Erfordernis - auszuweisen. Gemäß § 30 Abs. 5 O.ö. ROG 1994 dürfen im Grünland nur Bauten und Anlagen errichtet werden, die nötig sind, um dieses bestimmungsgemäß zu nutzen (Abs. 2 bis 4). Auszugshäuser dürfen, soweit die Wohnbedürfnisse im Rahmen des Ausgedinges nicht im land- und forstwirtschaftlichen Hauptgebäude sichergestellt werden können oder ein Zubau nicht möglich ist, nur im unmittelbaren Nahbereich der land- und forstwirtschaftlichen Wohn- oder Wirtschaftsgebäude errichtet werden; die Ver- und Entsorgung muß sichergestellt sein.

Gemäß § 2 Z. 36 O.ö. Bautechnikgesetz, LGBl. Nr. 67/1994 O.ö. BauTG), sind schädliche Umwelteinwirkungen Einwirkungen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und im besonderen für die Benützer der baulichen Anlagen und die Nachbarschaft herbeizuführen, wie durch Luftverunreinigung, Lärm oder Erschütterungen. Gemäß § 3 Z. 4 O.ö. BauTG müssen bauliche Anlagen in allen ihren Teilen nach dem jeweiligen Stand der Technik so geplant und errichtet werden, daß durch ihren Bestand und ihre Benützung schädliche Umwelteinwirkungen vermieden werden.

Die Beschwerdeführerin vertritt zunächst die Auffassung, daß ihr ein Recht auf Einhaltung der Grünlandwidmung zukomme. In dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Mai 1991, Zl. 90/05/0067, sei als Zweck einer Grünlandwidmung das Hintanthalten von Immissionsbeeinträchtigungen genannt und unter Berufung auf das Erkenntnis (BauSlg. Nr. 68) die Einhaltung der entsprechenden Flächenwidmung als Nachbarrecht anerkannt worden.

Dem ist entgegenzuhalten, daß dem Nachbarn im Lichte der Bestimmung des § 31 Abs. 3 O.ö. BauO 1994 ein Recht auf Einhaltung der Widmungskategorie nur dann zusteht, wenn die Regelung über die Widmungskategorie auch dem Interesse der Nachbarn dient, insbesondere, wenn sie einen Immissionsschutz für den Nachbarn vorsieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. April 1997, Zl. 96/05/0210, und weiters dazu Hauer, Der Nachbar im Baurecht4, 232 ff). Eine Bestimmung, die - wie in der Tiroler Bauordnung - dem Nachbarn ausdrücklich ein Recht auf Einhaltung der Flächenwidmung - unabhängig von einem in der Widmungskategorie vorgesehenen Immissionsschutz oder einem sonstigen im Interesse des Nachbarn gelegenen Kriterium - einräumt, enthält die O.ö. BauO 1994 nicht. Die vom Bauvorhaben betroffenen Grundstücke sind unbestritten durch den Flächenwidmungsplan Linz, Teil Mitte und Süd Nr. 1 in der Fassung der Änderung Nr. 129 (Kundmachung im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 10 vom 28. Mai 1996) als "Grünland-Sport- und Spielfläche" gewidmet. Die raumordnungsrechtlichen Regelungen betreffend das Grünland enthalten keinen Immissionsschutz für den Nachbarn. Der Nachbar hat somit gemäß der O.ö. BauO 1994 kein Recht auf Einhaltung der Widmung "Grünland". Das von der Beschwerdeführerin erwähnte Erkenntnis Zl. 90/05/0067 betrifft nicht die Frage, ob der Nachbar ein Recht auf Einhaltung der Flächenwidmung hat. Dieser Beschwerdefall hat vielmehr einen Bauwerber betroffen, dem die Baubewilligung für ein Bauvorhaben auf einem Grundstück mit Grünland-Widmung versagt worden war. Der Bauwerber hat gegen den die Bewilligung im Hinblick auf die Widmung versagenden Bescheid stets das Recht, die unrichtige Auslegung der Widmungskategorie geltend zu machen. Das gleichfalls angeführte hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1983, Zl. 83/05/0036, BauSlg. Nr. 68, betrifft die Beschwerde eines Nachbarn, dem ein Rechtsanspruch auf Einhaltung der Widmung Wohngebiet gemäß § 16 Abs. 1 Z. 1 Nö ROG 1976 zuerkannt wurde, weil diese Widmungskategorie einen Immissionsschutz für den Nachbarn enthält. Aus beiden Erkenntnissen kann für die Beschwerdeführerin als Nachbar im Bauverfahren nichts gewonnen werden, das ihre Auffassung stützen könnte.

Weiters verweist die Beschwerdeführerin darauf, daß der Immissionssachverständige unmißverständlich am Rand ihrer Grundstücke Grenzwertüberschreitungen im Hinblick auf den Parkplatzbetrieb bis zu 1 dB und im Hinblick auf den Spielbetrieb bis zu 21 dB festgestellt habe. Aus der Sicht dieses Sachverständigen würden die zu erwartenden Immissionen einer etwaigen künftigen Wohnnutzung der angeführten Grundstücke widersprechen. Diese Überschreitungen seien nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls als überhöht zu betrachten.

Auch mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin nicht im Recht. Nach der hg. Judikatur (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 24. März 1998, Zl. 97/05/0301) sind über die Art und das Ausmaß von Immissionen entsprechende technische Gutachten zu erstatten, über die Auswirkungen der festgestellten Immissionen ist ein medizinisches Gutachten einzuholen. Es ist daher maßgeblich, daß die beigezogene medizinische Amtssachverständige in schlüssiger und nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis kam, daß die an der nächsten Grundgrenze zwar zu prognostizierenden Lärmimmissionen, die aufgrund ihrer Intensität zu Belästigungen führen, aufgrund der Seltenheit ihres Auftretens und ihrer kurzen Dauer nach dem Stand des medizinischen Wissens aber nicht als erheblich zu beurteilen sind. Es sind daher nach Ansicht dieser Gutachterin keine Gesundheitsgefährdungen für den gesunden, normal empfindenden Menschen zu erwarten. Aber auch der immissionstechnische Sachverständige hat - wie in der Sachverhaltsdarstellung angeführt - festgestellt, bei der Bewertung der Meßergebnisse sei zu berücksichtigen, daß nach den Angaben nur

13 Meisterschaftsspiele pro Jahr stattfänden und nicht immer von der angegebenen Vollauslastung von 400 Zuschauern auszugehen sei. Die errechneten Überschreitungen könnten daher auch nach Auffassung dieses Sachverständigen aus immissionstechnischer Sicht akzeptiert werden.

Wenn die Beschwerdeführerin meint, aus dem medizinischen Gutachten ergebe sich, daß es bei den vom technischen Sachverständigen festgestellten Kurzzeitexpositionen zu schädlichen Einflüssen kommen könne, ist ihr entgegenzuhalten, daß sie sich in diesem Zusammenhang auf die grundsätzlichen Ausführungen der Sachverständigen über allgemeine Auswirkungen des Lärmes auf den Menschen (auch ohne Rücksicht auf diese Aussage im Zusammenhang mit den übrigen allgemeinen Ausführungen) und nicht auf die maßgebliche konkret vorgenommene und im Erkenntnis eingangs wiedergegebene fallbezogene Beurteilung der Lärmsituation für die vorliegenden benachbarten Grundstücke bezieht. In der fallbezogenen Beurteilung hat die Sachverständige näher begründet, daß bei der Beurteilung von Lärmimmissionen neben der Art und der Intensität der in Frage stehenden Lärmimmissionen die Häufigkeit und Dauer ihres Auftretens von entscheidender Bedeutung sei, insbesondere im Hinblick auf die Entstehung von chronischen Krankheiten. Akute Schalleinwirkungen führten zwar - wie die Amtssachverständige ausgeführt hat - ab einer bestimmten Reizschwelle unmittelbar zu Veränderungen physiologischer Größen, die sich nach entsprechend langer Erholzeit aber wieder vollständig zurückbildeten. Derartige Reaktionen trügen keine gesundheitlichen Gefahren in sich, seien allerdings als Indikator für den Aufmerksamkeit erregenden und ablenkenden Effekt von Schalleinwirkungen zu sehen. Die mögliche Entstehung (psycho)somatischer Erkrankungen sei weitgehend an eine chronische, langandauernde Exposition gegenüber Schallreizen gebunden.

Auch wenn bei der vorliegenden Sportanlage einige Male im Jahr der grundsätzlich bestehende Maßstab zulässiger zusätzlicher Lärmimmissionen (nämlich 10 dB mehr als der Grundgeräuschpegel) überschritten wird, ergibt sich - wie dies die medizinische Amtssachverständige entsprechend dargelegt hat - aufgrund der Seltenheit des Auftretens dieser höheren Lärmimmissionen und ihrer kurzen Dauer, daß diese nicht als erheblich zu werten seien und daher daraus keine Gesundheitsgefährdungen für den gesunden, normal empfindenden Menschen zu erwarten seien.

Die Beschwerdeführerin rügt weiters die Auffassung der belangten Behörde, daß auf ihren Grundstücken eine zukünftige Wohnnutzung auszuschließen sei und daher dem Immissionsschutz keine Bedeutung zukomme. Der Nachbar genieße nicht nur Immissionsschutz zur Sicherung einer künftigen gesetzmäßigen Bebauung, sondern vor allem auch in bezug auf eine widmungsgemäße Nutzung seiner Grundstücke. Es sei unzutreffend, daß auf ihren Grundstücken in einer Größe von 3600 m2 eine Landwirtschaft nicht möglich und eine Bebauung im Zusammenhang mit einer Landwirtschaft nicht zu erwarten sei. Diese Überlegungen ließen zukünftige Entwicklungen, insbesondere den Zukauf von weiteren Flächen, außer acht.

Auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Überlegungen der belangten Behörde, wie auch der Berufungsbehörde, über die allfällige mögliche Nutzung der Grundstücke für die Landwirtschaft und die dabei allenfalls notwendige Errichtung von baulichen Anlagen nicht zutreffend. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes sind diese Überlegungen aber für den angefochtenen Bescheid nicht von maßgeblicher Bedeutung, weil die medizinische Amtssachverständige zu der Auffassung gelangte, daß die vom technischen Sachverständigen aufgezeigten Grenzwertüberschreitungen insgesamt betrachtet keine erheblichen Immissionen darstellten und zu keinen Gesundheitsgefährdungen von gesunden, normal empfindenden Menschen führen würden. Überlegungen der möglichen landwirtschaftlichen Nutzung der in Frage stehenden Nachbargrundstücke erübrigen sich aber auch deshalb, weil der technische Sachverständige sich mit seiner Aussage offensichtlich auf die Wohnnutzung im Bauland und nicht auf eine Wohnnutzung im Rahmen der Landwirtschaft bezogen hat.

Klarzustellen ist auch, daß eine Prüfung anhand der Betriebstype und somit anhand eines abstrakten Betriebes immer nur dann in Frage kommt, wenn es um die Einhaltung der Flächenwidmung für einen Betrieb geht. Der Beschwerdeführerin steht - wie bereits dargelegt - ein solches Recht auf Einhaltung der Widmung im Grünland nicht zu. Die belangte Behörde konnte daher die Frage des Ausmaßes der Immissionen nur im Rahmen des § 2 Z. 36 und § 3 Z. 4 O.ö. BauTG anhand des konkreten Betriebes prüfen.

Abschließend wendet sich die Beschwerdeführerin dagegen, daß die belangte Behörde ohne eigenes Ermittlungsverfahren davon ausgegangen sei, daß auf dem Hauptspielfeld nur 13 Meisterschaftsspiele pro Jahr durchgeführt würden und lediglich mit einer durchschnittlichen Zuschauerzahl von maximal 400 Zuschauern zu rechnen sei. Dem ist entgegenzuhalten, daß die Beschwerdeführerin selbst nicht behauptet, daß mehr Meisterschaftsspiele stattfinden und die durchschnittliche Zuschauerzahl anders anzunehmen ist. Die von der Erstmitbeteiligten näher angeführte Art der Benützung der Sportanlage ist im übrigen durch die Abänderung im Rahmen der Erlassung des Berufungsbescheides durch Anführung des Schreibens der Erstmitbeteiligten vom 19. April 1996 Inhalt des Spruches der Baubewilligung geworden, sodaß sich die Bewilligung der Sportanlage in bezug auf die Verwendung des Hauptspielfeldes nur darauf bezieht, daß dort

13 Meisterschaftsspiele und 11 Spiele von Nachwuchsmannschaften stattfinden und durchschnittlich bei Meisterschaftsspielen zwischen 250 und 400 Personen als Zuseher teilnehmen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997050132.X00

Im RIS seit

24.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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