TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/3 I422 2219571-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.06.2019
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Entscheidungsdatum

03.06.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §19
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I422 2219571-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (XXXX), geb. XXXX (alias XXXX), StA. Marokko (alias Libyen), vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 17.04.2019, Zl. 1105676803-160248592/BMI - BFA_SBG_AST_01, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Dem Beschwerdeführer wurde am 15.02.2016 von Beamten der deutschen Bundespolizei am Grenzübergang Freilassing die illegale Einreise nach Deutschland verweigert. Er stellte in weiterer Folge unter Angabe des Namens XXXX, dem Geburtsdatum XXXX und der Staatsangehörigkeit Libyen am 16.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz und begründete diesen mit wirtschaftlichen Motiven.

2. Der Beschwerdeführer entzog sich dem Asylverfahren in Österreich und stellte am 05.07.2018 in Griechenland ebenfalls einen Antrag auf international Schutz. Diesen stellte er unter dem Namen XXXX, dem Geburtsdatum XXXX und der Staatsangehörigkeit Marokkos.

3. Mit dem Bescheid vom 17.04.2019, Zl. 1105676803-160248592/BMI - BFA_SBG_AST_01, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Marokko (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt V.). Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht (Spruchpunkt VII.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VIII.).

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 15.05.2019, bei der belangten Behörde eingelangt am 17.05.2019.

5. Mit Schriftsatz vom 21.05.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 31.05.2019, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Marokko und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Araber an. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Er stellte am 16.02.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Der Beschwerdeführer entzog diesem Asylverfahren im Zeitraum vom 26.07.2017 bis 10.01.2019 durch Untertauchen.

Die Familie des Beschwerdeführers bestehend aus dem Vater, der Mutter, einem Bruder und zweier Schwestern lebt in Marokko.

Der Beschwerdeführer besuchte mehrere Jahre lang die Grundschule und arbeitete anschließend als Straßenhändler. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung in Marokko hat er eine Chance auch hinkünftig im marokkanischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

In Österreich geht der Beschwerdeführer keiner Beschäftigung nach und er bezieht gegenwärtig keine Leistungen von der staatlichen Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich mehrfach vorbestraft.

Das Landesgericht Salzburg verurteilte ihn mit rechtskräftigem Urteil vom 20.04.2016, Zl. XXXX wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Monat und einer Probezeit von drei Jahren.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 14.11.2016, Zl. XXXX rechtskräftig wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach § 15 StGB § 127 StGB zu einer Geldstrafe von 70 Tagsätzen zu je 4 Euro (280 Euro) und im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe 35 Tage.

Drittmalig verurteilte ihn das Landesgericht Salzburg mit Urteil vom 09.02.2017, Zl. XXXX wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach § 27 Abs. 1 achter Fall, Abs. 2a und Abs. 3 SMG rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten und einer Probezeit von drei Jahren.

Zuletzt wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 09.04.2019, Zl. XXXX wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB und des Diebstahls nach § 127 StGB rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe sechs Monaten und einer Probezeit von drei Jahren.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Entgegen seinem Fluchtvorbringen kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in dem von ihm behaupteten Herkunftsland Libyen einer Verfolgung ausgesetzt ist.

Zu dem von der belangten Behörde festgestellten Herkunftsland Marokko brachte der Beschwerdeführer kein Fluchtmotiv vor.

Der Beschwerdeführer ist nicht konvertiert und droht ihm daraus keine Verfolgung.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat aus rein wirtschaftlichen Überlegungen verlassen hat.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Marokko:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 17.04.2019 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle (Stand 17.08.2018) "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Marokko vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Marokko ist ein sicherer Herkunftsstaat. Es ist politisch wie sicherheitspolitisch ein stabiles Land. Marokko ist fähig und willig, seine Bürger zu schützen. Justiz und Sicherheitsapparate funktionieren. Die Justiz ist gemäß der geltenden Verfassung unabhängig. Ein rechtsstaatliches, faires Verfahren mit dem Recht, Berufung einzulegen, ist gesetzlich gewährleistet. Über Beeinflussung der Gerichte durch Korruption oder durch außergerichtliche Einflussmaßnahmen wird berichtet. Der Sicherheitsapparat besteht aus Polizei- und paramilitärischen Organisationen Eine zivile Kontrolle über Sicherheitskräfte ist abgesehen von Einzelfällen effektiv. Folter steht unter Strafe, wobei Berichte über Folterungen und Gewaltanwendung gegenüber Gefangenen bestehen. Die in Marokko verbreitete Korruption steht unter Strafe, welche aber nicht effektiv vollzogen wird. Eine Reform der Korruptionsbekämpfungsbehörde ist geplant, aber noch nicht verwirklicht.

Marokko verfügt über einen umfassenden Grundrechtebestand, lediglich das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit fehlt. Die Grundrechte werden durch den Vorbehalt in Bezug auf die Monarchie, den islamischen Charakter von Staat und Gesellschaft und die territoriale Integrität beschränkt. Ferner fehlen zT Durchführungsgesetze. Allgemein bestehen grundrechtliche Probleme hinsichtlich der Sicherheitskräfte sowie schlechter Haftbedingungen. Staatliche Repressionen gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer religiösen Überzeugung können nicht festgestellt werden. Die Haftbedingungen sind generell schlecht und entsprechen nicht internationalen Standards. Hygienische Verhältnisse und die medizinische Versorgung in Gefängnissen sind nicht gut. Gefängnisse sind in Marokko überbelegt. Es existieren Berichte über folterähnliche Praktiken in Gefängnissen. Die Todesstrafe wird weiterhin in Marokko verhängt. Seit 1993 wurden aber keine Todesstrafen mehr vollstreckt.

Eine nach Marokko zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Marokko mit Stand 17.08.2018.

Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellung zu seiner Volljährigkeit, seinem Personen- und Familienstand sowie seiner Volksgruppenzugehörigkeit gründen auf den diesbezüglich gleichbleibenden Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Mangels Vorlage identitätsbezeugender Dokumente steht die Identität des Beschwerdeführers nicht zweifelsfrei fest.

Die Feststellung, dass er nicht libyscher, sondern marokkanischer Staatsangehöriger ist, ergibt sich einerseits aus dem Ergebnis des Einvernahmeprotokolls der belangten Behörde vom 17.10.2016. Nach Abfrage von länderspezifischen Eigenheiten verwies die belangte Behörde darauf, dass der Beschwerdeführer trotz seiner behaupteten Staatsangehörigkeit Libyens geringe Länderkunde aufweise und äußerte sie bereits den Verdacht, dass er aus Marokko stamme. Dieser Verdacht erhärtete sich andererseits durch das Ergebnis eines durchgeführten Sprachgutachtens vom 24.01.2019. Demnach werde die Hauptsozialisierung des Beschwerdeführers für Libyen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen und sei die Hauptsozialisierung des Beschwerdeführers mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit erfolgt. Dies vor allem deshalb, weil der Beschwerdeführer eine hohe Kompetenz an einer marokkanisch gesprochenen Varietät des Arabischen aufweise. Auch habe der Beschwerdeführer laut Gutachten in wichtigen Bereichen keine wichtigen Landeskenntnisse zu Libyen aufweisen können. Zudem stellte der Beschwerdeführer am 05.07.2018 vor den griechischen Behörden unter Angabe einer marokkanischen Identität einen Antrag auf internationalen Schutz. Seinem Einwand in der Beschwerde, wonach er in Libyen mit einem marokkanischen Freundeskreis aufgewachsen sei und seine Sprache deshalb eine marokkanische Färbung aufweise, wird kein Glauben geschenkt. Auch wird sein Einwand, dass er sich in Griechenland schlecht beraten habe lassen und deshalb unter einer falschen, marokkanischen Identität einen Asylantrag gestellt habe, als nicht glaubhaft erachtet. Aus den zuvor dargestellten Überlegungen ist von einer marokkanischen Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers auszugehen.

Dass der Beschwerdeführer sich zum islamischen Glauben bekennt, ergibt sich aus seinen diesbezüglichen Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Seinem zuletzt in der Einvernahme vom 21.03.2019 getätigten Vorbringen, wonach er zum christlichen Glauben konvertiert sei, wird kein Glauben geschenkt. Die Durchsicht des Einvernahmeprotokolls und seine in dieser Einvernahme getätigten Aussagen (wie zB "LA: Für welche Kirche ist denn Wien bekannt? VP:

Ich war in vielen Kirchen in Wien. Fragewiederholung: VP: Keine

Angabe. Das ist schon lange her. LA: Beschreiben Sie mir einen gewöhnlichen Gottesdienst. VP: Ich kenne mich nicht gut aus. LA:

Beschreiben Sie mir bitte die wichtigen religiösen Feiertage, die im Laufe eines Jahres anfallen. VP: Ich habe alles wieder vergessen.

LA: Was wird beim Osterfest gefeiert? VP: Das weiß ich nicht. LA: Um was geht es in der -in der christlichen Religion¿? LA: Das weiß ich nicht." (Protokoll vom 21.03.2019, AS 185ff) lassen erkennen, dass sich der Beschwerdeführer mit dem christlichen Glauben in keiner Weise ausgesetzt hat.

Dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist, ergibt sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben. Berücksichtigt wurde dabei auch der Umstand, dass er Marihuana und Haschisch konsumiert habe und er sich wegen psychischer Probleme in der CDK in Salzburg behandelt habe lassen (Protokoll vom 17.10.2016, AS 118 und AS 122). Zuletzt bestätigte der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme vom 21.03.2019 glaubhaft, dass es ihm gesund gehe und er keinerlei Medikamente nehme. Die Frage nach einem nach wie vor bestehenden Drogenkonsum verneinte der Beschwerdeführer. Er habe sich beraten lassen und erkannt, dass Drogen nichts bringen und habe er deshalb mit dem Drogenkonsum aufgehört. Weder aus den Einvernahmeprotokollen, noch aus seinen Angaben in der Beschwerde konnte Anhaltspunkte einer derartigen gesundheitlichen Beeinträchtigung erkannt werden, welche seiner Rückkehr entgegenstehen würden.

Die Feststellungen zum gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, seinem Untertauchen und seinem Asylansuchen in Griechenland, ergeben sich aus der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister sowie aus dem Verwaltungsakt und der darin einliegenden Auskunft der griechischen Asylbehörden. Zudem liegt im Verwaltungsakt einen Bericht der LPD Salzburg ein, wonach sich der Beschwerdeführer wieder seit (spätestens) 10.01.2019 im Bundesgebiet aufhält, nachdem er an diesem Tag bei der Begehung eines strafrechtlichen Deliktes betreten und nach erkennungsdienstlicher Behandlung das Verfahren wieder weitergeführt wurde.

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen in seinem Herkunftsstaat, insbesondere seiner familiären Anbindungen, seiner Schulausbildung sowie dem Verdienst seines bisherigen Lebensunterhaltes, gründen sich auf die diesbezüglichen gleichbleibenden und glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde (Protokoll vom 16.02.2016, AS 13 und vom 17.10.2016, AS 123). Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme durch die belangte Behörde (Protokoll vom 21.03.2019, AS 381ff). So bestätigte der Beschwerdeführer in dieser Einvernahme, dass es hinsichtlich seiner familiären Situation keinerlei Änderungen gegeben habe. Auch habe er in Österreich keine Verwandte oder nahe Angehörige. Dokumente oder Nachweise die seine allfällige Integration belegen würden, brachte der Beschwerdeführer nicht in Vorlage. Zum Einwand in der Beschwerde - wonach Natalie H. seine Lebensgefährtin sei und sie mittlerweile eine Kind von ihm erwarte - wird angemerkt, dass sie als Vertrauensperson des Beschwerdeführers in der Einvernahme anwesend war. Befragt in welcher Beziehung sie zum Beschwerdeführer stehe, gab Natalie H. an, dass sie lediglich befreundet seien. In dieser Einvernahme bestätigte auf Nachfragen explizit, dass sie keine Beziehung mit dem Beschwerdeführer führe.

Die Feststellung, dass er in Österreich keiner Beschäftigung nachgeht und er gegenwärtig keine Leistungen von der staatlichen Grundversorgung bezieht, resultiert aus einem Auszug des Betreuungsinformationssystems des Bundes.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers sind durch die Einsichtnahme in das Strafregister sowie den sich im Verwaltungsakt befindlichen Strafurteilen belegt.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Zunächst ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer keine drohende Verfolgung seiner Person im Sinne der GFK erstattete. So begründete er die Ausreise aus seinem Herkunftsstaat mit rein wirtschaftlichen Überlegungen ("Ich hatte in Libyen keine Sicherheit mehr und auch keine Arbeit. Durch diese unstabile Situation nach der Revolution habe ich dort keine Zukunft mehr für mich gesehen, und habe dann beschlossen mein Heimatland zu verlassen." bzw. "Ich habe Angst weiter in Armut zu leben." (Protokoll vom 16.02.2016, AS 13) seinen Herkunftsstaat verlassen hat.

Im gegenständlichen Fall kommt hinzu, dass seinem Vorbringen einer allfälligen Bedrohung in Bezug auf Libyen kein Glauben geschenkt werden kann, da der Beschwerdeführer die österreichischen Behörden bereits bei seiner Antragsstellung auf internationalen Schutz vom 16.02.2016 zu täuschen versuchte und sich durch die Angabe einer falschen Identität sowie eines unrichtigen Herkunftsstaates einen unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu erschleichen beabsichtigte. Der Richtigkeit der Angaben des Asylwerbers über seine Identität und seine Herkunft kommt jedoch maßgebliche Bedeutung für die Frage zu, ob die von ihm angegebenen Verfolgungsgründe überhaupt zutreffen können.

Die Angaben des Beschwerdeführers über seine Bedrohungssituation in dem von ihm als seinen Herkunftsstaat bezeichneten Staat entsprechen mangels weiterer gegenteiliger Hinweise offensichtlich nicht den Tatsachen, weil seinem Vorbringen insbesondere wegen eines Täuschungsversuches über seine wahre Identität keinerlei Glaubwürdigkeit zukommt. Der Beschwerdeführer hat seinen Antrag auf internationalen Schutz unter Verwendung einer falschen Identität gestellt. Er behauptete damit nicht die Verfolgung seiner eigenen, sondern einer anderen Person. Daher leidet die gesamte Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers, da nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts in der Regel nur ein Asylwerber, der bewusst einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz stellt, sich veranlasst sehen wird, die belangte Behörde durch die Angabe einer Aliasidentität in die Irre zu leiten.

Im gegenständlichen Fall ist von einer marokkanischen Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers auszugehen und erstattete - wie die Einvernahmeprotokolle ergaben - der Beschwerdeführer im Hinblick auf Marokko kein asylrelevantes Vorbringen.

Wie umseits unter Punkt II.2. ebenfalls ausführlich dargestellt, war dem Vorbringen des Beschwerdeführers - wonach er in Österreich konvertiert sei und er daraus auch eine Verfolgung befürchte - ebenfalls die Glaubhaftigkeit zu versagen.

In einer Gesamtbetrachtung der zuvor genannten Umstände kommt das Bundesverwaltungsgericht - in Übereinstimmung mit den schlüssig und nachvollziehbaren Ausführungen der belangten Behörde - zur Überzeugung, dass der Beschwerdeführer kein asylrelevantes Vorbringen erstattet und seinen Herkunftsstaat lediglich aus wirtschaftlichen Überlegungen verließ.

Berücksichtigt wird auch, dass der Beschwerdeführer den Ausführungen der belangten Behörde in seiner Beschwerde nicht substantiiert entgegentrat, sodass für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund besteht, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln. Daher schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dieser Beweiswürdigung vollinhaltlich an.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Marokko vom 17.08.2018 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Marokko ergeben sich aus den folgenden Meldungen und Berichten:

-

AA - Auswärtiges Amt (10.2017a): Marokko - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/-/224120, Zugriff 31.7.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2018a), LIPortal - Marokko - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/marokko/geschichte-staat/, Zugriff 31.7.2018

-

ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (9.2015): Asylländerbericht Marokko

-

AA - Auswärtiges Amt (8.8.2018): Marokko - Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/marokkosicherheit/224080#content_0, Zugriff 8.8.2018

-

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (8.8.2018): Reiseinformation Marokko, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/marokko/, Zugriff 8.8.2018

-

EDA - Eidgenössisches Departemenet für auswärtige Angelegenheiten (8.8.2018): Reisehinweise für Marokko, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/marokko/reisehinweise-marokko.html, Zugriff 8.8.2018

-

FD - France Diplomatie (8.8.2018): Conseils aux Voyageurs - Maroc

-

Sécurité,

https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/maroc/, Zugriff 8.8.2018

-

AA - Auswärtiges Amt (10.2017b): Marokko - Außenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/-/224118, Zugriff 8.8.2018

-

CIA - Central Intelligence Agency (12.7.2018): The World Factbook

-

Morocco,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mo.html, Zugriff 8.8.2018

-

CIA - Central Intelligence Agency (11.7.2018): The World Factbook

-

Western Sahara,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/wi.html, Zugriff 8.8.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (7.2018a), LIPortal - Marokko - Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/marokko/geschichte-staat/, Zugriff 8.8.2018

-

AA - Auswärtiges Amt (14.2.2018): AA-Bericht zu Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/1424844/4598_1519120123_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-im-koenigreich-marokko-stand-november-2017-14-02-2018.pdf, Zugriff 1.8.2018

-

ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (9.2015): Asylländerbericht Marokko

-

USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430366.html, Zugriff 1.8.2018

-

AI -Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Morocco/Western Sahara,

https://www.ecoi.net/de/dokument/1425081.html, Zugriff 1.8.2018

-

TI - Transparency International (21.2.2018): Corruptions Perceptions Index 2017,

https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017, Zugriff 17.8.2018

-

HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Morocco and Western Sahara,

http://www.ecoi.net/local_link/334712/476546_de.html, Zugriff 3.8.2018

-

USDOS - U.S. Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom - Morocco, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436851.html, Zugriff 7.8.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2018b): LIPortal - Marokko - Gesellschaft, https://www.liportal.de/marokko/gesellschaft/, Zugriff 7.8.2018

-

AA - Auswärtiges Amt (10.2017c): Marokko - Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/wirtschaft/224082, Zugriff 7.8.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (7.2018c): Marokko - Wirtschaft, http://liportal.giz.de/marokko/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 7.8.2018

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Dass es sich bei Marokko um einen sicheren Herkunftsstaat handelt, ist durch die Einsichtnahme in die Herkunftsstaatenverordnung belegt.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. Zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Wie umseits in der Beweiswürdigung ausführlich dargestellt, erstattete der Beschwerdeführer kein asylrelevantes Fluchtvorbringen.

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Rechtslage

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl. VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102; 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 mwH). Im Sinne einer mit der Statusrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004) konformen Auslegung des § 8 Abs. 1 AsylG ist subsidiärer Schutz nur zu gewähren, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass er bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, eine der drei in Art 15 der Statusrichtlinie definierten Arten eines ernsthaften Schadens (Todesstrafe oder Hinrichtung [lit. a], Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat [lit. b] und ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts [lit. c]) zu erleiden (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 mit Verweis auf die dort zitierte Rechtsprechung des EuGH).

Die Voraussetzungen nach Art 15 lit. c der Statusrichtlinie sind gegeben, wenn es sich erstens um eine Schadensgefahr allgemeinerer Art handelt - der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad der Gewalt hat ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder die betreffende Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder Region Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (EuGH 17.02.2009, C-465/07, Elgafaji, Rn 35). Zweitens muss diese Situation ausnahmsweise als ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit der subsidiären Schutz beantragenden Person anzusehen sein (vgl EuGH 17.02.2009, C-465/07, Elgafaji, Rn 37 und 39 ua).

Die Voraussetzungen nach Art 15 lit. b Statusrichtlinie für einen ernsthaften Schaden in Form von Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat erfordern dessen Verursachung durch das Verhalten Dritter (Akteure). Sind solche Schäden Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsstaat, ist dagegen subsidiärer Schutz nicht zu erteilen (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 unter Berufung auf die dort zitierte Rechtsprechung des EuGH). Der Umstand, dass der Beschwerdeführer aus Gründen des Art 3 EMRK nicht abgeschoben werden kann, bedeutet hingegen nicht, dass ihm subsidiärer Schutz zu gewähren ist (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 mHa EuGH 18.12.2014, C-542/13, M'Bodj).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Dem Beschwerdeführer droht in Marokko keine Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung. Es droht ihm auch keine reale Gefahr, im Falle seiner Rückkehr entgegen Art 3 EMRK behandelt zu werden. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzungen des Art 3 EMRK - was in Marokko aufgrund der Sicherheitslage grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden kann - ist hingegen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht ausreichend. Diese Lebensumstände betreffen sämtliche Personen, die in Marokko leben und können daher nicht als Grund für die Zuerkennung eines Status eines subsidiär Schutzberechtigten herangezogen werden.

So liegt hinsichtlich des Beschwerdeführers kein stichhaltiger Grund dafür dar anzunehmen, dass der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat tatsächlich in Gefahr liefe, die Todesstrafe oder Hinrichtung, die Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung des Beschwerdeführers in Marokko und auch nicht eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des Beschwerdeführers in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in Marokko erleiden würde.

Nachdem der Beschwerdeführer selbst angibt, nie ernstliche Probleme mit den Behörden von Marokko gehabt zu haben und auch keine Gründe ersichtlich sind, die auf den Vorwurf einer Straftat, welcher zu der Verhängung der Todesstrafe, der Folter oder Bestrafung des Antragstellers im Herkunftsstaat hindeuten könnten, ist ein "ernsthafter Schaden" im Sinne des Art 15 der Statusrichtlinie auszuschließen.

Ein bewaffneter Konflikt besteht in Marokko ebenfalls nicht. Zwar ist es so, dass in Marokko die Sicherheitslage nicht mit der österreichischen vergleichbar ist, jedoch erreichen die nach dem Länderinformationsblatt für Marokko möglichen Gewaltakte nicht ein so hohes Niveau, dass stichhaltige Gründe dafür bestehen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Marokko alleine durch seine Anwesenheit im Gebiet von Marokko tatsächlich in Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein. Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft machen, dass er aufgrund seiner persönlichen Situation in Marokko und den hiermit verbundenen Umständen spezifisch von willkürlicher Gewalt in Marokko betroffen wäre. Daher ist auch diese Voraussetzung für die Gewährung subsidiären Schutzes nicht erfüllt. Eine Gefahr eines ernsthaften Schadens durch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des Beschwerdeführers in Marokko liegt ebenfalls nicht vor. Der Beschwerdeführer gehört weder einer Bevölkerungsgruppe an, die in Marokko allgemein einer besonderen Gefahr ausgesetzt worden wäre, noch liegen individuelle Bedrohungen, die dazu führen könnten, dass der Beschwerdeführer bei Rückkehr nach Marokko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt worden wäre.

Ganz allgemein besteht in Marokko derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 oder Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine diesbezüglichen Umstände bekannt geworden. Es ergeben sich auch aus dem Länderinformationsblatt für Marokko keine Gründe, die es naheliegen würde, dass bezogen auf den Beschwerdeführer, ein reales Risiko gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung oder Strafe bzw. der Todesstrafe besteht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG abzuweisen war.

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides)

3.3.1. Rechtslage

Gemäß § 58 Abs. 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs. 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 57 AsylG, abzuweisen war.

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

3.4.1. Rechtslage

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

Zu prüfen ist, ob die von der belangten Behörde getroffene Rückkehrentscheidung mit Art. 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art. 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Das vorliegende Asylverfahren erreichte, gerechnet von der Antragstellung am 16.02.2016 bis zum Datum der vorliegenden Entscheidung am 17.04.2019 zwar eine Dauer von rund drei Jahren und zwei Monate. Es darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass sich der Beschwerdeführe im Zeitraum von Juli 2017 bis Jänner 2019 seinem Asylverfahren durch Untertauchen und einer weiteren Asylantragstellung in Griechenland entzog. Dessen ungeachtet beruhte der Aufenthalt des Beschwerdeführers auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann.

Das Gewicht seiner privaten Interessen wird daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Der Beschwerdeführer führt - wie die belangte Behörde zu Recht ausführt - nach eigenen Angaben keine Lebensgemeinschaft oder eine "familienähnliche" Beziehung in Österreich. Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt II.2 ausgeführt, wurde seinem Vorbringen - wonach er mit Natalie H. eine Beziehung führe - kein Glauben geschenkt. Es fehlen zudem alle Sachverhaltselemente, aus denen sich die Existenz gewisser in einem Zeitraum eines rund drei Jahre und zweimonatigen Aufenthaltes entstandener - unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens relevanter - Bindungen allenfalls hätte ergeben können (wie etwa Teilnahme am Erwerbsleben und am sozialen Leben in Österreich, Selbsterhaltungsfähigkeit, Erwerb von nachweisbaren Sprachkenntnissen). Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und knapp den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber.

Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Im Fall des Beschwerdeführers, der keine nennenswerten Integrationsschritte in Österreich vorzuweisen hat, kommt hinzu, dass er mit der durch das

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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