TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/11 I414 1427649-3

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Veröffentlicht am 11.07.2019
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Entscheidungsdatum

11.07.2019

Norm

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
AsylG 2005 §58 Abs13
BFA-VG §16 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I414 1427649-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien (BAW) vom 03.06.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste illegal ins Bundesgebiet ein und stellte erstmals am 12.06.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes abgewiesen und eine Beschwerde dagegen vom Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 19.12.2013 als unbegründet abgewiesen.

Nur einen Monat später stellte er einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, der wiederum von der belangten Behörde hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen wurde. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt. Gegen ihn wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist.

Eine Beschwerde dagegen wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.02.2018, Zl. I404 1427649-2/7E, als unbegründet abgewiesen.

Am 24.07.2018 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Antrag gemäß § 55 AsylG. Dem Antrag wurden nach Verbesserungsauftrag eine Begründung, ein nigerianischer Staatsbürgerschaftsnachweis, ein Zeugnis über die Deutschprüfung A2, ein Kolporteursausweis und Bestätigungsschreiben aus den Jahren 2012 bzw. 2017 beigelegt. Der Beschwerdeführer wurde für den 10.05.2019 vor die nigerianische Delegation geladen und wurde die Ausstellung eines Heimreisezertifikates nach Abschluss des gegenständlichen Verfahrens zugesichert.

Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 03.06.2019 wies die belangte Behörde den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK zurück. Es wurde keine Rückkehrentscheidung ausgesprochen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtszeitig und zulässig das Rechtsmittel einer Beschwerde. Begründend führte er aus, dass er sich seit Mitte 2012 in Österreich aufhalte. Durch seine Beschäftigung als Zeitungsverkäufer und dem Bemühen, die deutsche Sprache zu lernen, sei von gelungener Integration auszugehen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die volljährige Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Nigeria.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 03.08.2017, bestätigt durch das Erkenntnis des BVwG vom 01.02.2018, wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 16.01.2014 auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten als unbegründet abgewiesen. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist.

Dabei stellte das BVwG in seinem Erkenntnis vom 01.02.2018 Folgendes fest:

"Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. [...] In Österreich geht der Beschwerdeführer keiner regelmäßigen Beschäftigung nach, er verteilt jedoch manchmal Flugzettel auf Autos und bezieht derzeit keine Leistungen aus der Grundversorgung. Der Beschwerdeführerin ist in Österreich nicht vorbestraft. Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf. Der Beschwerdeführer verfügt nur über geringe Deutschkenntnisse und ist Mitglied des XXXX Christian Center."

Der Beschwerdeführer stellte am 24.07.2018 bei der belangten Behörde den Antrag, ihm gemäß § 55 Abs 1 AsylG 2005 einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK zu erteilen. Er begründete diesen Antrag mit seinem langen Aufenthalt in Österreich und legte ein A2 Zertifikat sowie einen Kolporteursausweis vor. Der Beschwerdeführer geht keiner Erwerbstätigkeit nach, ist nicht zur Sozialversicherung gemeldet und bezieht auch keine Leistungen aus der Grundversorgung. Er hat einen aufrecht gemeldeten Wohnsitz in Wien.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde und durch Einsichtnahme in den Akt des BVwG zu 1427649-2.

Dass der Beschwerdeführer keine Leistungen aus der Grundversorgung mehr bezieht und keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, wurde durch eine Abfrage der Daten aus dem Betreuungsinformationssystem und des Hauptverbandes bestätigt. Die aktuelle Wohnsitzmeldung ergibt sich aus dem Zentralen Melderegister.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Der mit "Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK" betitelte § 55 AsylG 2005 lautet wie folgt:

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 sind Anträge als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57 AsylG 2005, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

Gemäß § 58 Abs. 13 AsylG 2005 begründen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG 2005 hat das BFA bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuwarten, wenn ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 AsylG 2005 eingeleitet wurde und die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG 2005 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.

Gemäß § 16 Abs. 5 BFA-VG begründet eine Beschwerde gegen eine Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 oder ein diesbezüglicher Vorlageantrag kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. § 58 Abs. 13 AsylG 2005 gilt.

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" titulierte § 9 Abs. 2 BFA-VG lautet:

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid den gegenständlichen Antrag auf Grund des § 58 Abs. 10 erster Satz AsylG 2005 zurückgewiesen, da aus dem Antragsvorbringen der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich mache, nicht hervorgehe.

Dieser Ansicht der belangten Behörde ist - wie im Folgenden dargestellt - beizutreten:

Auszugehen ist von § 58 Abs. 10 erster Satz AsylG 2005, wonach Anträge gemäß § 55 AsylG 2005 als unzulässig zurückzuweisen sind, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, [2016], § 58, K13).

Die ErläutRV (1803 BlgNR 24. GP 50) legen dazu dar:

"Der neue (Abs. 10) entspricht im Wesentlichen § 44b NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011. Mit der Neuerrichtung des Bundesamtes und der damit einhergehenden Verfahrensvereinfachung und organisatorischen Umstrukturierung ist die Einbindung der zuständigen Sicherheitsdirektion entfallen. Die Beurteilung bzw. Prüfung erfolgt nun durch das Bundesamt. Dementsprechend sind Anträge als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 iVm § 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Diese inhaltliche Neubewertung des Sachverhaltes hat sich lediglich auf den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Entscheidung nach dem FPG bis zur Entscheidung des zugrundeliegenden Antrages auf Erteilung des Aufenthaltstitels zu beziehen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass - im Rahmen einer Neubewertung - wenn ein maßgeblich geänderter Sachverhalt im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, ein Aufenthaltstitel zu erteilen sein wird."

Es hat also im Rahmen des Verfahrens nach § 55 AsylG 2005 eine Neubewertung einer Rückkehrentscheidung nur bei einem geänderten Sachverhalt zu erfolgen, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, wobei sich diese inhaltliche Neubewertung des Sachverhaltes lediglich auf den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Entscheidung nach dem FPG bis zur Entscheidung des zugrundeliegenden Antrages auf Erteilung des Aufenthaltstitels zu beziehen hat (vgl. VwGH 16.12.2015, Ro 2015/21/0037).

Gemäß diesen Ausführungen ist die maßgebliche, zu klärende Rechtsfrage daher jene, ob nach der rechtskräftig erlassenen Rückkehrentscheidung aus dem begründeten Antragsvorbringen der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, hervorgeht. Die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung ist nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen Entscheidung erfahren hat. Bei dieser Prognose sind die nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände jedenfalls soweit einzubeziehen, als zu beurteilen ist, ob es angesichts dieser Umstände nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann, dass im Hinblick auf früher maßgebliche Erwägungen eine andere Beurteilung nach Art. 8 EMRK unter Bedachtnahme auf den gesamten vorliegenden Sachverhalt nunmehr geboten sein könnte. Eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK muss sich zumindest als möglich darstellen (vgl. VwGH, 03.10.2013, 2012/22/0068).

Im gegenständlichen Fall lässt sich ein im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG geänderter Sachverhalt zum Zeitpunkt der bekämpften Entscheidung Anfang Juni 2019, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.02.2018 - somit nur etwa 16 Monate später - nicht erkennen.

Daran vermag auch das Faktum nichts zu ändern, dass sich die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers nach Rechtskraft der Rückkehrentscheidung durch den (illegalen) Verbleib im Bundesgebiet um einige Monate verlängert hat, während ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nach Rechtskraft der Rückkehrentscheidung im Hinblick auf das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Beschwerdeführers nicht festzustellen war. Ein maßgeblich geänderter Sachverhalt wurde vom Beschwerdeführer im Übrigen auch nicht substantiiert behauptet.

Auch die vorgelegte Bestätigung der A2-Prüfung und die Tätigkeit als Zeitungskolporteur führen zu keiner anderen Beurteilung. Der Behörde ist beizupflichten, wenn sie bei dem sieben Jahre andauernden Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich Kenntnisse der deutschen Sprache auf A2 Niveau als gering wertet und die gelegentliche Tätigkeit als Zeitungsverkäufer als nicht maßgebliche berufliche Integration qualifiziert. Der Beschwerdeführer lebt jedenfalls nach mehr von Leistungen der Grundversorgung, geht aber keiner zu sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nach.

Auch der Verwaltungsgerichtshof geht bei Ablegung einer neuen Deutschprüfung nicht von einer maßgeblichen Änderung des Sachverhaltes aus (vgl. VwGH, 13.10.2011, 2011/22/0065), die eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 EMRK erfordert hätte.

Es ist der belangten Behörde daher beizupflichten, wenn sie zu dem Ergebnis kommt, dass sich die familiären Verhältnisse seit der Erlassung der letzten Entscheidung gar nicht geändert haben und die Änderung der privaten Verhältnisse zu gering und daher nicht geeignet ist, einen geänderten Sachverhalt herbeizuführen oder zu begründen, wodurch eine neuerliche Prüfung des Artikels 8 EMRK zu unterbleiben hat. Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückzuweisen war und die Beschwerde war demnach spruchgemäß vom Bundesverwaltungsgericht abzuweisen.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Aus dem knapp gehaltenen Beschwerdevorbringen ergeben sich keine neuen Sachverhaltselemente. Es ist somit unsubstantiiert. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und waren auch keine Beweise aufzunehmen.

Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK, Integration,
Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Privat- und
Familienleben, private Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I414.1427649.3.00

Zuletzt aktualisiert am

26.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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