TE Vwgh Erkenntnis 1998/7/9 98/03/0104

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Veröffentlicht am 09.07.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §37;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VStG §24;
VStG §51 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):98/03/0105

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerden 1) des R M in R, Bundesrepublik Deutschland, und 2) der H-Gesellschaft m.b.H., ebenda, beide vertreten durch Dr. Norbert Grill, Rechtsanwalt in 6200 Jenbach, Achenseestraße 37, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg 1) vom 29. Jänner 1998, Zl. UVS-7/10.029/2-1998, und 2) vom 10. März 1998, Zl. UVS-7/10.129/2-1998, jeweils betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind schuldig, dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von je S 4.282,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem zu 1) angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 29. Jänner 1998 wurde die Berufung der "Firma H-GmbH" gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 25. November 1997 als unzulässig zurückgewiesen. Mit dem zu

2) angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. März 1998 wurde "die Berufung von Herrn R M" gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 25. November 1997 als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

Dagegen richten sich die Beschwerden der beiden Beschwerdeführer mit dem Antrag, die angefochtenen Bescheide kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer bringen - von der belangten Behörde unbestritten - vor, daß der Erstbeschwerdeführer als Geschäftsführer vertretungsbefugtes Organ der Zweitbeschwerdeführerin ist, welche ihrerseits nach dem Akteninhalt persönlich haftende Gesellschafterin der H-GmbH und Co KG ist.

Diese Kommanditgesellschaft wurde mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 16. Juni 1997 als Halterin eines nach dem Kennzeichen bestimmten Kraftfahrzeuges aufgefordert, binnen zwei Wochen mitzuteilen, wer dieses Kraftfahrzeug am 12. April 1997 um 16.43 in Werfen auf der A 10 an einer näher bezeichneten Örtlichkeit gelenkt habe. Da eine Auskunft, die § 103 Abs. 2 KFG 1967 entsprochen hätte, nicht erteilt wurde, erließ die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau am 22. September 1997 gegen den Erstbeschwerdeführer eine Strafverfügung wegen Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG 1967 in Verbindung mit § 9 VStG, in welcher sie ihm zur Last legte, er habe "als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Fa. H-GmbH & Co KG als Zulassungsbesitzer" auf schriftliches Verlangen der Behörde vom 16. Juni 1997 innerhalb der gesetzten Frist keine Auskunft erteilt. Gegen diese Strafverfügung erhob der Erstbeschwerdeführer, vertreten durch den Beschwerdevertreter, Einspruch.

Mit Datum vom 25. November 1997 erließ die Erstbehörde daraufhin gegen den Erstbeschwerdeführer ein Straferkenntnis wegen Übertretung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 in Verbindung mit § 9 VStG, in welchem sie ihm zur Last legte, er habe "als gem. § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Fa. H-GmbH, R, als Zulassungsbesitzer" des nach dem Kennzeichen bestimmten Pkws zu verantworten, daß auf schriftliches Verlangen der Erstbehörde innerhalb der gesetzten Frist keine Auskunft erteilt worden sei. Dieses Straferkenntnis wurde dem Erstbeschwerdeführer am 1. Dezember 1997 zugestellt.

Am 17. Dezember 1997 langte bei der Erstbehörde eine mit

"Verwaltungsstrafsache gegen: H-GmbH ... vertreten durch:

Rechtsanwalt Dr. Norbert Grill ..." betitelte Berufung vom 12. Dezember 1997 ein, welche mit dem zu 1) angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 29. Jänner 1998 mit der wesentlichen Begründung als unzulässig zurückgewiesen wurde, daß im gegenständlichen Verfahren ausschließlich der Beschuldigte selbst (somit nur der Erstbeschwerdeführer) Parteistellung habe, welche somit der die Berufung erhebenden GmbH nicht zukomme.

Am 9. Feber 1998 brachte der Erstbeschwerdeführer bei der Erstbehörde einen Schriftsatz ein, in welchem er aus seiner Auffassung nach einer Bestrafung entgegenstehenden, im einzelnen genannten Gründen die Einstellung des gegenständlichen Verfahrens beantragte. Die belangte Behörde antwortete dem Erstbeschwerdeführer, daß das Verfahren bereits mit Straferkenntnis vom 25. November 1997, rechtskräftig seit 16. Dezember 1997, abgeschlossen worden und die Berufung der Zweitbeschwerdeführerin als unzulässig zurückgewiesen worden sei.

Daraufhin brachte der Erstbeschwerdeführer einen mit "Berichtigung und Antrag" überschriebenen, mit 18. Feber 1998 datierten Schriftsatz ein, in welchem er erklärte, in der gegenständlichen Verwaltungsstrafsache die Bezeichnung der berufungswerbenden Partei auf R M (den Namen des Erstbeschwerdeführers) zu berichtigen, da es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler handle. Er brachte darin ferner vor, daß die Gesellschaft ihrerseits gesetzliche Vertreterin des Organs und daher rechtsmittellegitimiert sei, der Erstbeschwerdeführer sei als "Organ der Gesellschaft bei der inkriminierten Handlung" tätig gewesen, letztere sei gesetzlich vertretungsbefugt gewesen und habe ihrerseits durch ihre Organe Vollmacht erteilen können, was geschehen sei. Es werde daher beantragt, die Sacherledigung der Berufung herbeizuführen.

Diesen Schriftsatz wertete die belangte Behörde als Berufung des Erstbeschwerdeführers und wies sie, da die Berufungsfrist mit Ablauf des 15. Dezember 1997 geendet habe, als verspätet mit dem zu 2) angefochtenen Bescheid vom 10. März 1998 zurück.

Auszugehen ist davon, daß die belangte Behörde in dem zu

1) angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebracht hat, die mit diesem zurückgewiesene Prozeßhandlung (Berufung) sei nicht dem Erstbeschwerdeführer, sondern der zweitbeschwerdeführenden GmbH zuzurechnen und werde mangels Parteistellung zurückgewiesen. Dies mit Recht. Denn die - anwaltlich vertretene - Berufungswerberin (die nunmehrige Zweitbeschwerdeführerin) brachte darin unmißverständlich zum Audruck, daß "die oben genannte Gesellschaft" - somit die im Berufungsschriftsatz im vollen Wortlaut als Adressatin der Verwaltungsstrafsache genannte GmbH - gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis Berufung erhebe. Sie brachte weiters unter anderem vor, daß eine bei der Auskunftserteilung eingetretene Verzögerung gerechtfertigt gewesen sei, weil sich "die Beschuldigte" laufend um ein gesetzeskonformes Verhalten bemüht habe. Es könne nach Ansicht "der Berufungswerberin inkriminierbar" auch nicht sein, Akteneinsicht zu beantragen und mitzuteilen, daß der Lenker derzeit nicht feststellbar sei. Da keine Anonymverfügung erlassen worden sei, sei der Rechtszug "der Beschuldigten" verkürzt. Schon aus dem Text der Berufung bestand daher für die belangte Behörde keinerlei Anlaß zu zweifeln, wem die Berufung zuzurechnen sei (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. Dezember 1984, Slg. Nr. 11.625/A), zumal keinerlei Hinweis aus dem Schriftsatz hervorging, der Erstbeschwerdeführer selbst und nicht die ausdrücklich bezeichnete Gesellschaft erhebe Berufung. Für die belangte Behörde bestand daher auch keine Veranlassung, im Sinne des § 37 AVG in Verbindung mit § 24 VStG im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens weitere Erhebungen über die Zurechnung der Berufung vorzunehmen. Derart kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde das Rechtsmittel der gemäß § 51 VStG zu dessen Erhebung nicht legitimierten Zweitbeschwerdeführerin mit dem zu 1) angefochtenen Bescheid zurückwies. Abgesehen davon, daß - entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde - kein Hinweis darauf gegeben war, daß "die GesmbH sichtlich für R M gehandelt" habe, besteht auch keine Verwaltungsvorschrift, die der genannten Gesellschaft das Recht zur Erhebung der Berufung gegen das gegenüber ihrem Geschäftsführer ergangene Straferkenntnis einräumen würde.

Zu Recht hat die belangte Behörde in der Folge den Schriftsatz des Erstbeschwerdeführers vom 18. Februar 1998 als eine von diesem erhobene Berufung gewertet und diese wegen bereits eingetretenen Ablaufes der Frist des § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurückgewiesen. In diesem Schriftsatz wird inhaltlich an die Behörde der Antrag gestellt, "die Sacherledigung" - wohl nur dahin verständlich, im Sinne der Einstellung des Strafverfahrens - herbeizuführen. Ein berichtigungsfähiger Formmangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG lag beim gegebenen Sachverhalt nicht vor. Daß der Schriftsatz vom 18. Februar 1998 erst nach Ablauf der Frist des § 63 Abs. 5 AVG erhoben wurde, wird nicht bestritten. Somit ist auch die hinsichtlich des zu 2) angefochtenen Bescheides behauptete Rechtswidrigkeit nicht gegeben.

Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 unter Bedachtnahme auf den hg. Beschluß vom 6. Mai 1998, Zl. 96/21/0735. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die belangte Behörde nur einen einheitlichen, auf beide Verwaltungsakte bezüglichen Verwaltungsstrafakt vorgelegt hat, daher der Vorlageaufwand nur einmal zuzusprechen war.

Schlagworte

Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang RechtsmittelVertretungsbefugter juristische PersonInhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998030104.X00

Im RIS seit

03.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

24.03.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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