TE Bvwg Beschluss 2019/10/30 W205 2144339-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.10.2019
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Entscheidungsdatum

30.10.2019

Norm

AsylG 2005 §35 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W205 2144339-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Schnizer-Blaschka nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Ankara vom 19.12.2016, Zl. Ankara-OB/RECHT/0802/2016, aufgrund des Vorlageantrages von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Ankara vom 02.11.2016, Zl. Ankara-ÖB/RECHT/0682/2016, beschlossen:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der

bekämpfte Bescheid und die Beschwerdevorentscheidung behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Österreichische Botschaft Ankara zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Die Beschwerdeführerin stellte am 20.01.2015 bei der Österreichischen Botschaft (ÖB) Ankara einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß

§ 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, dem durch Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.11.2014, GZ. 1031654304/14987301, der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, angegeben. Begründend wurde im Antrag eine bestehende Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson behauptet.

Dem Antrag lagen folgende Unterlagen bei:

Die Bezugsperson betreffend:

-

Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.11.2014, in dem der Bezugsperson die Flüchtlingseigenschaft zugesprochen wurde;

-

Reisepasskopie

-

Meldebestätigung

Die Beschwerdeführerin betreffend:

-

"Auszug aus dem Zivilstandsregister" vom 01.10.2014

-

"Volkszählungsakten Muster für Syrischer Staatsangehörige Arabischen Bürgern" vom 05.09.2014

-

"Heiratsschein"

2. Durch Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 10.12.2015 wurde der ÖB Ankara die Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA gem. § 35 AsylG übermittelt und dieses führte darin aus, dass die Gewährung des Status eines Asyl- bzw. subsidiär Schutzberechtigen hinsichtlich der Beschwerdeführerin nicht wahrscheinlich sei, da die Beschwerdeführerin die Zweitfrau der Bezugsperson sei. Voraussetzung dafür, dass ein Familienverfahren geführt und daher auch die Einreise gewährt werde, sei, dass eine Eigenschaft als Familienangehöriger bestanden habe. Im vorliegenden Fall hätten sich Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten (im Sinne von § 35 Abs. 5 AsylG) Familienverhältnisses ergeben. Die behauptete Gültigkeit der Ehe liege nicht vor, da diese gegen den ordre-public Grundsatz (Doppelehe, Zwangsehe, Kinderehe, Stellvertreter- bzw. Telefonehe) verstoße.

3. Mit Bescheid ("Informationsschreiben") vom 14.12.2015 teilte die ÖB Ankara der Beschwerdeführerin mit, dass eine Gewährung desselben Schutzes wie der Bezugsperson aus folgendem(n) Grund (Gründen) als nicht wahrscheinlich einzustufen sei: Die Ehe verstoße gegen den ordre-public Grundsatz (Doppelehe), weshalb die Beschwerdeführerin keine Familienangehörige im Sinne des 4. Hauptstücks des AslyG 2005 sei. Weiters wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass seitens der Österreichischen Vertretungsbehörde der Vorgang damit abgeschlossen sei. Hingewiesen wurde, dass jederzeit eine Neuantragstellung gem. § 25 AsylG möglich sei.

4. Mit Schreiben vom 05.02.2016 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde. Begründend wurde darin im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei die zweite Ehefrau der Bezugsperson. Sie habe gemeinsam mit ihren sieben Kindern einen Einreiseantrag an der ÖB Ankara gestellt, um das gemeinsame Familienleben mit ihrem Ehemann bzw. Vater in Österreich fortsetzen zu können. Dieser Antrag sei mit gegenständlichem Bescheid abgewiesen worden. Auch die erste Ehefrau der Bezugsperson habe einen Einreiseantrag gem. § 35 AsylG gestellt, welchem stattgegeben worden sei. Am 18.01.2016 habe die Beschwerdeführerin die Information der ÖB Ankara erhalten, dass eine Gewährung desselben Schutzes wie der Bezugsperson nicht wahrscheinlich sei, da die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson gegen den ordre-public Grundsatz verstoße (Doppelehe). Daher sei die Beschwerdeführerin keine Familienangehörige im Sinne des 4. Hauptstückes des AsylG. Dagegen richte sich die vorliegende Beschwerde. Dem angefochtenen Bescheid würde es an der ausdrücklichen Bezeichnung desselben mangeln sowie an einer Rechtsmittelbelehrung, weshalb er nicht den Anforderungen des § 58 Abs. 1 AVG entspreche. Nichtsdestotrotz handle es sich bei dem ausgehändigten Schriftstück um einen anfechtbaren Bescheid. In dem als "Information" titulierten Schreiben der ÖB Ankara werde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass die Voraussetzungen zur Gewährung desselben Schutzes nicht vorliegen würden. Da dies die einzige notwendige Voraussetzung für die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG darstelle, könne angenommen werden, dass die Botschaft damit ausdrücke, dass kein Einreisetitel erteilt werde. Ebenso werde durch die Botschaft hervorgehoben, dass der Vorgang damit abgeschlossen sei. Unbestritten sei, dass Mehrfachehen in Österreich nicht zulässig seien und gegen die Grundwerte der österreichischen Rechtsordnung verstoßen würden. Dass bei mehreren Ehefrauen nur eine von ihnen nachziehen könne, sei auch durch Art. 4 Abs. 4 der Familienzusammenführungsrichtlinie abgedeckt. Die Beschwerdeführerin sei jedoch nicht nur die Ehefrau der Bezugsperson, sondern zugleich die Mutter der sieben (zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährigen) gemeinsamen Kinder, die ebenfalls Einreiseanträge gem. § 35 AsylG an der ÖB Ankara mit Bezug auf ihren Vater eingebracht hätten. Wie in § 35 Abs. 2 AsylG vorgesehen, sei den minderjährigen Kindern eines Asylberechtigten die Einreise zu gewähren. Dem folge aber, dass auch der Einreiseantrag der Beschwerdeführerin nicht ohne weiteres abgelehnt werden könne, da in diesem Fall eine Fortführung des Familienlebens zwischen der Beschwerdeführerin und ihren Kindern verhindert werden würde, was einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben gem. Art. 8 EMRK darstellen würde. Nach Art. 8 EMRK sei es geboten, dass die Beschwerdeführerin als Mutter der sieben Kinder, denen die Einreiseerlaubnis nach Österreich gem. § 35 Abs. 2 AsylG zu erteilen sei, die Möglichkeit bekomme, das Familienleben mit ihrem Ehemann und ihren Kindern in Österreich fortzusetzen. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 06.06.2014, B 369/2013, sei in einem ähnlich gelagerten Fall die Entscheidung des BVwG behoben worden.

Der Beschwerde beigefügt waren bereits vorgelegte Dokumente.

5. Durch Beschwerdevorentscheidung der ÖB Ankara, GZ. Ankara-OB/KONS/0073/2016, vom 18.02.2016, wurde die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die belangte Behörde die Ausführungen des BFA teile, dass es sich bei der Erstbeschwerdeführerin um die Zweitfrau der Bezugsperson handle und Doppelehen dem ordre-public widersprechen würden. Wenn in der Beschwerde auf Art. 8 EMRK und das Erkenntnis des VfGH vom 06.06.2014, B369/2013 verwiesen und ausgeführt werde, dass der Beschwerdeführerin die Einreise zu erlauben sei, wenn selbige ihren minderjährigen Kindern erlaubt werde, so wäre hier anzumerken, dass weder aus Art. 8 EMRK noch aus dem zitierten Erkenntnis abgeleitet werden könne, dass dem Grundsatz des ordre-public derogiert werden solle.

6. Mit Schreiben vom 24.02.2016 wurde durch die Beschwerdeführerin ein Vorlageantrag eingebracht und die Begründung der Beschwerde vom 05.02.2016 erneut vorgebracht.

7. Mit Beschluss des BVwG vom 12.04.2016, GZ. W161 2122926-1/3E, wurde der Beschwerde gem. § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen. Ausgeführt wurde, dass eindeutig ein Bescheid vorliege, dem eine notwendige Rechtsmittelbelehrung fehle und die Beschwerde zulässig sei. Dem Akt könne auch die Zustellung der Entscheidung der ÖB Ankara nicht entnommen werden, sodass auch die Rechtzeitigkeit eines Rechtsmittels vom erkennenden Gericht überprüft werden könne. Schon vor Erlassung des Bescheides habe die erstinstanzliche Behörde es offensichtlich verabsäumt, die Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA der Beschwerdeführerin zuzustellen und dieser die Möglichkeit einzuräumen, hierzu Stellung zu nehmen. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführerin kein Parteiengehör eingeräumt worden sei, stelle einen schweren Verfahrensfehler dar. Auch inhaltlich sei das erstinstanzliche Verfahren mangelhaft geblieben. Es würden jegliche Feststellungen darüber fehlen, ob und wie viele Kinder die Beschwerdeführerin mit dem in Österreich aufhältigen Ehemann tatsächlich habe, wie alt diese Kinder seien und wer für diese in Österreich sorgen könnte und würde. Aus den zitierten Erkenntnissen der Höchstgerichte ergebe sich, das eine konkrete und individuelle Prüfung der beteiligten Interessen nach den Kriterien des Art. 8 EMRK stattzufinden habe und eine eventuelle Ablehnung eines Einreisetitels entsprechend begründet werden müsse, was in diesem Falle nicht geschehen sei.

8. Im fortgesetzten Verfahren teilte das BFA der ÖB Ankara mit Stellungnahme vom 20.05.2016 gem. § 35 AsylG mit, dass die behauptete Gültigkeit der Ehe nicht vorliege, da diese gegen den ordre-public Grundsatz (Doppelehe) verstoßen würde. Begründend wurde ausgeführt, die Bezugsperson sei in Syrien mit zwei Ehefrauen verheiratet. Beide Ehen seien dem BFA durch die entsprechenden Urkunden nachgewiesen worden. Das BFA vertrete die Ansicht, dass beide Ehen in Syrien rechtskonform seien. In Österreich verstoße jedoch die zweitgeschlossene Ehe gegen den ordre-public Grundsatz. An der Führung eines Ehelebens in Syrien mit beiden Frauen, wie auch der beabsichtigten Weiterführung beider Ehen durch den Asylberechtigten in Österreich, hege das Bundesamt keine Zweifel.

9. Mit Schreiben des BFA vom 25.05.2016, erhalten am 30.05.2016, wurde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihr wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das BFA nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die behauptete Gültigkeit der Ehe nicht vorliege, da diese gegen den ordre-public Grundsatz (Doppelehe) verstoße.

10. Mit Stellungnahme vom 01.06.2016 führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie die zweite Ehefrau der Bezugsperson sei. Auch die erste Ehefrau habe einen Einreiseantrag gem. § 35 AsylG gestellt, welchem stattgegeben worden sei. Ebenso sei den Einreiseanträgen der acht Kinder der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson stattgegeben worden. Wie bereits in der am 05.02.2016 erhobenen Beschwerde ausgeführt worden sei, sei unbestritten, dass Mehrfachehen in Österreich nicht zulässig seien und gegen die Grundwerte der österreichischen Rechtsordnung verstoßen würden. Die Beschwerdeführerin sei jedoch nicht nur die Ehefrau der Bezugsperson, sondern zugleich die Mutter der acht (zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährigen) gemeinsamen Kinder, deren Einreiseanträge bereits durch eine positive Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA stattgegeben worden sei. Dem folge aber, dass auch der Einreiseantrag der Beschwerdeführerin nicht ohne weiteres abgelehnt werden könne, da in diesem Fall eine Fortführung des Familienlebens zwischen der Beschwerdeführerin und ihren Kindern verhindert werden würde, was einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben gem. Art. 8 EMRK darstellen würde. Das BVwG habe mit Entscheidung vom 12.04.2016 bereits festgestellt, dass das BFA in diesem spezifischen Fall Erhebungen und Feststellungen nicht nur zum tatsächlichen Bestehen und der Gültigkeit der Ehe der Beschwerdeführerin, sondern auch zu den gemeinsamen Kindern und dem bisherigen und geplanten weiteren Familienleben zu treffen habe. Außerdem habe sich die neuerliche Entscheidung demnach damit auseinanderzusetzen, ob und inwieweit ein Eingriff in Art. 8 EMRK vorliegen könnte. Die beteiligten Interessen müssten nach den Kriterien des Art. 8 EMRK geprüft werden und eine eventuelle Ablehnung eines Einreisetitels müsse entsprechend begründet werden. Aus dem Schreiben der ÖB Ankara vom 25.05.2016 gehe jedoch nicht hervor, ob und inwieweit überprüft worden sei, ob eine negative Entscheidung einen Eingriff in das Recht der Kinder auf ein Privat- und Familienleben nach Art. 8 EMRK darstelle. Sollte nur den Kindern, nicht aber der Mutter, die Einreise nach Österreich gestattet werden, werde dadurch zudem massiv in das in der UN-Kinderrechtskonvention festgehaltene Kindeswohl, das demnach bei allen Entscheidungen die Kinder betreffen, berücksichtigt werden müsse sowie in das Recht des Kindes auf elterliche Fürsorge, eingegriffen werden.

11. Mit Schreiben vom 02.06.2016 wurde ergänzend ausgeführt, dass die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zu Art. 8 EMRK (E35-36/2014) davon ausgehe, dass die familiäre Bindung zwischen Eltern und Kindern eine ganz spezielle sei, die nur unter außergewöhnlichen Umständen abreißen könne. Im vorliegenden Fall könne von einer abgerissenen Bindung zwischen der Beschwerdeführerin und ihren Kindern nicht die Rede sein. Eine entsprechende vom BVwG mit Entscheidung vom 12.04.2016, vorgeschriebene Überprüfung, ob eine Ablehnung des Einreiseantrags das von Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Familienleben der Beschwerdeführerin oder der Kinder verletzen würde, sei durch die zuständige Behörde jedoch nicht erfolgt. Auch dem Hinweis des BVwG, dass eine eventuelle Ablehnung im Hinblick auf Art. 8 EMRK entsprechend begründet werden müsse, sei das BFA nicht gefolgt.

12. Mit Stellungnahme vom 18.10.2016 des BFA wurde abermals ausgeführt, dass die behauptete Gültigkeit der Ehe nicht vorliege, da diese gegen den ordre-public Grundsatz (Doppelehe) verstoße. Ein Eingriff in den Schutzbereich - Familienleben- des Art. 8 EMRK sei unter gewissen Voraussetzungen sehr wohl möglich. Er sei u.a. dann erlaubt, wenn der Eingriff dazu geeignet sei, dass gesellschaftliche, wirtschaftliche Wohl des Staates in welchem zusammengeführt werden solle, zu schützen. Der Begriff des Familienlebens des Art. 8 EMRK sei weiter gefasst als der des §§ 2, 34 und 35 AsylG. Jedoch erfahre auch der Begriff des Familienlebens iSd Art. 8 EMRK Einschränkungen durch die Familienzusammenführungsrichtlinie RL 2003/86/EG. Aus dieser sei ersichtlich, dass der zusammenführende Staat auch die Familienzusammenführung gem. Art. 4 RL 2003/86/EG beschränken könne, auch wenn es sich bei dem Zusammenführenden um ein minderjähriges Kind handle, sofern es sich um Mehrfachehen handle. Auch überlasse es die RL den einzelnen Mitgliedstaaten, den Familienbegriff näher zu definieren. Auf Grundlage der EU-Richtlinie zur Familienzusammenführung seien lediglich Ehepartnerinnen und deren Kinder zur Nachreise berechtigt, davon ausgenommen seien - nach einheitlichem europäischen Standard - mögliche Zweitfrauen. Sohin sei es eindeutig, dass Polygamie nicht durch den Schutzzweck der Norm erfasst sei. Auch könne man aus Art. 8 EMRK kein zwingendes Recht ableiten, einem Fremden die Einreise oder einen Aufenthaltstitel für ein bestimmtes Land zu gewähren. Das bedeute, ein Flüchtling habe kein Recht auf das Leben in einem bestimmten Staat. Auch werde Art. 12 EMRK als Verankerung der Monogamie ausgelegt.

Weiters erfahre der Familienbegriff in der österreichischen Rechtsordnung eine weitere Einschränkung, nämlich jenen des § 34 Abs. 6 AsylG. Aus dem parlamentarischen Materialien ergebe sich, dass durch die Einschränkung des Begriffes der Familienangehörigen sogenannte "Ketten-Familienverfahren" verhindert werden sollen. In gegenständlichem Fall sei daher zu klären gewesen, ob es sich bei den minderjährigen Kindern der Beschwerdeführerin um taugliche Bezugspersonen - RV zu BGBl. I 100/2005 und RV zu BGBl. I 122/2009 - handle. Dies sei in Anlehnung an die Auslegung des § 34 Abs. 6 ASylG zu verneinen.

Art. 8 EMRK setze des Weiteren ein bestehendes Familienleben voraus. Aus dem bisherigen Akteninhalt sei ersichtlich, dass auch im Heimatstaat kein einheitliches Familienleben bestanden habe. Es habe getrennte Haushalte gegeben. Die in Österreich befindliche Bezugsperson sei überwiegend bei der ersten Frau gewesen. Auch sei aus den bisherigen Einvernahmen ersichtlich, dass vor allem die zweite Frau diese familiäre Situation nicht gutgeheißen habe. Ebenfalls sei anzumerken, dass nach wie vor der Kontakt zu der ersten Ehefrau überwiege. Dazu werde auf die EV-Protokolle vom 10.11.2014 als auch vom 03.07.2014 verwiesen. Ebenso sei nach Schutzgewährung der Bezugsperson und seiner mit ihm gereisten Söhne für die Mutter der mitgereisten Söhne- die erste Ehefrauinterveniert und durch eine Stellungnahme vom 16.09.2015 beantragt worden, dass man schnell zu einer Entscheidung kommen möge, da man unter der Trennung von der Mutter leide. Es sei diesbezüglich nur das Familienleben zu der ersten Ehefrau zu bejahen. Das Wohl der gemeinsamen Kinder von der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson sei durch die Nichtgewährung des Einreiseantrages der Beschwerdeführerin nicht gefährdet. Auch sei darauf hinzuweisen, dass die Kinder niemals durchgehend und auf Dauer gleichzeitig von beiden Elternteilen betreut worden seien. Die Bezugsperson wünsche nach wie vor getrennte Haushalte und sohin auch eine Trennung der Familien. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Bezugsperson tatsächlich ein aufrechtes Familienleben mit seiner zweiten Frau führen möchte und dies auch werde. Ebenso werde in Frage gestellt, dass es der Bezugsperson möglich sein werde, die entsprechende aus dem Gesetz erwachsende Unterhaltsleistung zu tätigen. Aus den dargelegten Gründen sei zum derzeitigen Zeitpunkt die Zuerkennung des Status iSd § 35 Abs. 4 AsylG nicht wahrscheinlich.

13. Mit Bescheid vom 02.11.2016 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Einreisetitels abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass eine Doppelehe vorliege und auf die Stellungnahme vom 18.10.2016 verwiesen.

14. Gegen den Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 30.11.2016, in welcher ausgeführt wurde, dass der Bescheid in vollem Umfang angefochten werden, da er das Recht auf Parteiengehör verletzt habe. Weiteres verletze er das verfassungsmäßig garantierte Recht auf Privat- und Familienleben gem. Art. 8 EMRK unter Missachtung der Aufträge durch das BVwG und lege die Regelung des § 34 Abs. 6 AsylG verfassungs- und unionsrechtswidrig aus. Dem abweisenden Bescheid liege eine Stellungnahme des BFA vom 18.10.2016 bei, die der Beschwerdeführerin nie zur Kenntnis gebracht worden sei und ihr daher nie die Möglichkeit gegeben worden sei, dazu Stellung zu nehmen. In Anbetracht des in § 11a FPG geregelten Neuerungsverbotes in Beschwerdeverfahren stelle dies nach ständiger Rechtsprechung eine massive Verletzung des Rechts auf Parteiengehör dar und sei der angefochtene Bescheid bereits deshalb zu beheben. In seinem Beschluss vom 12.04.2016 habe das BVwG den Bescheid der ÖB behoben und ihn erneut an die Botschaft zurückverwiesen. Dabei sei der Auftrag ergangen, eine Einschätzung hinsichtlich einer Verletzung des Rechts auf Privat- und Familienleben gem. Art. 8 EMRK zu treffen und die Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels zu prüfen. Diesem Auftrag seien die Behörden nicht nachgekommen. Zum einen sei die Möglichkeit der Verletzung des Art. 8 EMRK nicht mit der Beschwerdeführerin erörtert worden, zum anderen könne, selbst unter Betrachtung der Stellungnahme des BFA vom 18.10.2016, nicht nachvollzogen werden, wie dieses zum Schluss gelangt sei, dass keine derartige Verletzung vorliegen würde.

Die Stellungnahme des BFA führe umfangreich aus, weshalb Mehrfachehen gegen die Grundwerte der Österreichischen Rechtsordnung verstoßen, dies sei allerdings nie in Frage gestellt worden. Weiters sei festgestellt worden, dass die Bezugsperson das überwiegende Familienleben mit seiner ersten Ehefrau geführt hätte und somit dem Familienleben mit der Beschwerdeführerin weniger Gewicht zukommen würde. Es hätte getrennte Wohnsitze gegeben, die Beschwerdeführerin hätte das Familienleben als "nicht gut" empfunden, womit kein Familienleben bestanden hätte. Auch sei nicht davon auszugehen, dass ein Familienleben in Österreich fortgesetzt werden würde. Dazu sei vorab anzumerken, dass die Feststellungen des BFA unrichtig seien. Dies hätte bei entsprechender Wahrung des Rechts auf Parteiengehör ohne Weiteres festgestellt werden können. Es habe nicht getrennte, sondern mehrfache Wohnsitze gegeben, an welchen sich die Bezugsperson abwechselnd aufgehalten habe. Dass die Beschwerdeführerin womöglich nicht immer zufrieden mit der Situation gewesen sei, mindere nicht die Tatsache eines bestehenden Familienlebens. Generell lasse sich nicht nachvollziehen, weshalb das BFA bei acht gemeinsamen leiblichen Kindern ein Familienleben verneine.

Ungeachtet dieser Tatsache habe es die Botschaft und das BFA jedoch erneut verabsäumt, eine Prüfung des Art. 8 EMRK im Hinblick auf die Trennung von Mutter und Kindern vorzunehmen. Die Kinder, denen die Einreise gewährt worden sei, würden von ihrer Geburt an bis zum heutigen Tage mit ihrer leiblichen Mutter zusammenleben. Es könne somit wohl nicht in Frage gestellt werden, dass diese ein äußerst schützenswertes Familienleben mit ihrer Mutter führen würden und dies auch weiter führen wollen würden. Gleichzeitig hätten die Kinder ein Familienleben mit dem in Österreich befindlichen Vater geführt, welches nun -mangels sonstiger Möglichkeiten- in Österreich fortgesetzt werden solle. Davon dürfte das BFA ausgehen, hätte es andernfalls keine positive Wahrscheinlichkeitsprognose für die Kinder erlassen. Es sei also im angefochtenen Bescheid neuerlich unterlassen worden, eine Verletzung des Rechts auf Privat- und Familienleben durch die Trennung der Beschwerdeführerin von ihren Kindern zu prüfen, weshalb der Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet sei.

Das BFA argumentiere in seiner Stellungnahme damit, dass die Möglichkeit des Familiennachzuges durch die Bestimmung des § 34 Abs. 6 AsylG eingeschränkt sei, um "Ketten-Familienverfahren" zu vermeiden. Obwohl nicht ausdrücklich angeführt, dürfte es damit ausdrücken wollen, dass die Kinder der Beschwerdeführerin selbst nach Einreise und Statusgewährung in Österreich keine tauglichen Bezugspersonen für ein Einreiseverfahren der Beschwerdeführerin darstellen würden.

Ziel dieser Bestimmung sei es laut den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage, zu verhindern, dass es zu sogenannten "Ketten-Familienverfahren" und damit über verschiedenste Familienverhältnisse vermittelte Gewährungen von Asyl oder subsidiären Schutz komme, ohne dass oftmals noch irgendein relevanter familiärer Bezug zum ursprünglichen Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten bestehe.

Dies sei beim vorliegenden Antrag nicht der Fall. So sei nicht davon auszugehen, dass zwischen den Kindern und der Beschwerdeführerin als leiblicher Mutter in Österreich kein Familienleben bestehen würde. Die Interpretation des BFA würde im vorliegenden Fall zu einem Widerspruch zur Richtlinie 2003/86/EG führen, deren maßgebliches Ziel es sei, die Zusammenführung von Familien zu ermöglichen. Dabei dürfe der Ermessenspielraum der Mitgliedstaaten nicht in einer Weise genutzt werden, die dem Zweck der Richtlinie widerspreche. Insbesondere der Lage von Flüchtlingen werde dabei besonderes Augenmerk geschenkt. Grundsätzlich würde sich in der Richtlinie keine Möglichkeit finden, den Familiennachzug derart einzuschränken, wie es durch § 34 Abs. 6 Z 2 AsylG geschehe.

15. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 19.12.2016 wies die ÖB Ankara die Beschwerde gem. § 14 Abs. 1 VwGVG ab.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht.

Soweit in der Beschwerde behauptet werde, dass die Stellungnahme des BFA vom 18.10.2016 der Beschwerdeführerin nicht zur Kenntnis gebracht worden sei und daher im Hinblick auf das Neuerungsverbot des § 11a FPG eine zur Aufhebung und Zurückverweisung zu führende Verletzung des Parteiengehörs vorliege, so sei zu entgegnen, dass selbst dann, wenn eine Verletzung des Parteiengehörs vorliegen sollte, dies noch nicht zu einer Zurückverweisung führen könne. Nach VwGH 30.06.2016, Ra 2015/21/0068 könne nämlich einem bestreitenden Vorbringen des Antragstellers in der Beschwerde an das BVwG gegen eine abweisende Entscheidung in Bezug auf den Einreisetitel nach § 35 AsylG das Neuerungsverbot nach § 11a Abs. 2 FPG nicht entgegengehalten werden, wenn das Parteiengehör (durch die Vertretungsbehörde) nicht gewährt worden sei.

Davon abgesehen werde in der Beschwerde auf die Stellungnahme des BFA vom 18.10.2016 (zentral) eingegangen und die darin vertretene Rechtsauffassung bekämpft. Inwiefern daher ein wesentlicher Verfahrensmangle (durch Verletzung des Parteiengehörs) vorliegen solle, sei nicht nachvollziehbare.

Soweit in der Beschwerde eine "verfassungs- und unionsrechtswidrige Auslegung des § 34 Abs. 6 AsylG behauptet werde - auch nach Auffassung der belangten Behörde widerspreche der vorliegende Fall § 34 Abs. 6 AsylG (und wäre daher eine Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz nach § 35 Abs. 4 AsylG nicht wahrscheinlich) - so vermöge dies nicht zu überzeugen. Worin eine "verfassungswidrige Auslegung" liegen solle, werde in der Beschwerde nicht dargetan. Soweit aber dabei auf die Gesetzesmaterialien Bezug genommen worden sei, ändere dies jedenfalls nichts am klaren Wortlaut des Gesetzes (und werde in den Gesetzesmaterialien - auch nur beispielhaft ["oftmals"] - eine Begründung für die Regelung des § 34 Abs. 6 Z 2 AsylG geliefert).

Soweit aber eine Unionsrechtswidrigkeit in den Raum gestellt werde, so vermöge die Beschwerde nicht einmal eine konkrete Norm der Richtlinie 2003/86/EG zu nennen, der § 34 Abs. 6 Z 2 AsylG widersprechen würde.

16. Am 19.12.2016 wurde bei der ÖB Ankara ein Vorlageantrag gem. § 15 VwGVG eingebracht.

17. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 09.01.2017, am 11.01.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Behebung und Zurückverweisung:

1. Zunächst ist zu den maßgeblichen Bestimmungen für die Entscheidung über den gegenständlichen Einreiseantrag festzuhalten, dass gemäß § 75 Abs. 24 (dritter bis fünfter Satz) AsylG 2005 die §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 AsylG 2005 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden sind. Auf Verfahren gemäß § 35 AsylG 2005, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 AsylG 2005 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde.

Im gegenständlichen Fall stellte die Beschwerdeführerin ihren Einreiseantrag nach § 35 AsylG 2005 am 20.01.2015. Das Verfahren über diesen Antrag war somit bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig, sodass im Beschwerdefall § 35 Abs. 1 bis 4 AsylG 2005 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 anzuwenden ist.

Mit dem FrÄG 2017 (BGBl. I Nr. 145/2017) entfiel vor dem Hintergrund der Bestimmungen der Richtlinie 2011/95/EU - "StatusRL" (vgl. EBzRV 1523 der Beilagen XXV. GP) mit Inkrafttretensdatum 01.11.2017 ohne Übergangsbestimmung (vgl. § 73 Abs. 18 AsylG 2005) unter anderem in § 34 Abs. 2 und Abs. 3 AsylG 2005 jeweils die Z. 2, in § 35 Abs. 5 leg.cit. wurden die Wendungen "im Herkunftsstaat" jeweils durch die Wortfolge "vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten" ersetzt, mit dem FrÄG 2018 (BGBl. I Nr. 56/2018) erfolgte ua mit Inkrafttretensdatum 01.09.2018 ohne Übergangsbestimmungen (vgl. § 73 Abs. 20 AsylG 2005) eine Neufassung des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 und Adaptierung in § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Bei verständiger Interpretation der genannten Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen sind im Beschwerdefall daher § 35 Abs. 1 bis 4 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 in der durch das FrÄG 2018 modifizierten Fassung, die übrigen Bestimmungen in der nach dem FrÄG 2018 geltenden Fassung anzuwenden.

2. Der mit "Begriffsbestimmungen" übertitelte § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 idgF lautet:

§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

-[....]

22. Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat;"

Der mit "Familienverfahren im Inland" übertitelte § 34 AsylG 2005 idgF lautet:

§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von

----------

-1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

-2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

-3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

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-

-1. dieser nicht straffällig geworden ist und

-(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

-3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

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-1. dieser nicht straffällig geworden ist;

-(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

-3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

-4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

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-1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

-auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der

2. Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

-3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).

§ 35 AsylG 2005 idaF lautet:

"Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen.

(2) Befindet sich der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Ausland, ist diesem über Antrag nach der ersten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung des Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde, die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 und Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1.

gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9) und

2.

das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."

§ 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

[...]

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

[...]

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

[....]

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26. Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 6 und 17) des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) idgF lauten wie folgt:

Vorbehaltsklausel (ordre public)

"§ 6. Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden."

§ 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet wie folgt:

"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des BFA über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung, und es kommt ihr diesbezüglich keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

Ungeachtet dieser für die Vertretungsbehörden bestehenden Bindungswirkung an die Prognoseentscheidung des Bundesamtes steht es dem Bundesverwaltungsgericht allerdings nunmehr - innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems - offen, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

3. Wie der Verfahrensdarstellung zu entnehmen ist, wurde zu dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren, das den Antrag der Beschwerdeführerin aus Erteilung eines Einreisetitels vom 20.01.2015 betrifft, bereits ein die Entscheidung der Behörde behebender Beschluss des BVwG vom 12.04.2016, GZ. W161 2122926-1, erlassen (Erstverfahren). Diese Entscheidung blieb unbekämpft. Aus seiner Rechtskraft (wie auch aus der in den Verfahrensvorschriften normierten Bindungswirkung von im Beschwerdeweg ergangenen aufhebenden Entscheidungen, vgl. § 28 Abs. 3 VwGVG) folgt nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, dass der gerichtliche Ausspruch - unabhängig von seiner Richtigkeit - Bindungswirkung entfaltet, was bedeutet, dass Behörden und Verwaltungsgerichte (wie auch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) im fortgesetzten Verfahren bei unverändertem Sachverhalt und unveränderter Rechtslage an die (die Entscheidung tragende) Begründung der betreffenden Entscheidung gebunden sind.

Im Wesentlichen wurde im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.04.2016 folgendes ausgeführt:

"Das BFA in seiner Mitteilung sowie die Österreichische Botschaft Ankara zweifeln offensichtlich nicht an dem tatsächlichen Bestehen der Ehe zwischen der Antragstellerin und ihrem in Österreich asylberechtigten Ehemann.

Den Kindern, die die Antragstellerin angeblich gemeinsam mit dem in Österreich aufhältigen Ehemann hat, wurde offensichtlich ohne weitere Prüfung (Vorlage entsprechender Unterlagen, Aufforderung zur Vorlage eines DNA-Tests etc.) sofort die Einreise nach Österreich bewilligt. Dem Bescheid fehlen jegliche Feststellungen darüber, ob und wie viele Kinder die Beschwerdeführerin mit dem in Österreich aufhältigen Ehemann tatsächlich hat, wie alt diese Kinder sind und wer für diese in Österreich sorgen könnte und würde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 13.11.2012, 2011/22/0074 darauf verwiesen, dass für den Fall, dass ein aus Art. 8 EMRK ableitbarer Anspruch auf Familiennachzug bestehe, als Familienangehöriger im § 46 Abs. 4 NAG demnach aus verfassungsrechtlichen Gründen auch jener - nicht im Bundesgebiet aufhältige Angehörige erfasst sei, dem ein derartiger Anspruch zukomme und gerügt, dass die belangte Behörde Feststellungen unterlassen habe, die zur Beurteilung der Zulässigkeit des Eingriffs nach Art. 8 EMRK erforderlich wären.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 06.06.2014, B369/2013 in einem Fall, in dem der Vater und Ehemann der Beschwerdeführerin in Österreich subsidiär schutzberechtigt war und der Kindesmutter im Gegensatz zu den Kindern kein Visum erteilt worden war, ausgesprochen, dass es nach Art. 8 EMRK geboten sein könnte, dass die Beschwerdeführerin als Mutter der vier Kinder, denen die Einreiseerlaubnis wie im § 35 Abs. 2 AsylG 2005 vorgesehen, nach Österreich erteilt worden wäre, das Familienleben mit ihrem Ehemann und ihren Kindern in Österreich fortsetze. Eine dies verweigernde Entscheidung hätte die Gründe dafür entsprechend darlegen müssen. Auch in dieser Entscheidung wird gerügt, dass auf diese spezifische Konstellation des Falles weder in der Mitteilung des Bundesasylamtes eingegangen worden sei, noch diese mit der Beschwerdeführerin im Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde in Islamabad in geeigneter Weise erörtert worden sei.

Aus den oben zitierten Erkenntnissen der Höchstgerichte ergibt sich zumindest, dass eine konkrete und individuelle Prüfung der beteiligten Interessen nach den Kriterien des Art. 8 EMRK stattzufinden hat und eine eventuelle Ablehnung eines Einreisetitels entsprechend begründet werden muss. Die vorgenommene Verhältnismäßigkeitsprüfung ist wohl auch in geeigneter Weise mit der Antragstellerin zu erörtern. Im gegenständlichen Fall wurde eine solche Prüfung nicht vorgenommen bzw. zumindest nicht begründet dokumentiert.

Im fortzusetzenden Verfahren werden daher Erhebungen und Feststellungen zum tatsächlichen Bestehen der Ehe der Antragstellerin, ihrer Gültigkeit im Heimatland sowie in Österreich, zu den gemeinsamen Kindern, dem bisherigen und dem geplanten weiteren Familienleben zu treffen sein und wird sich die Entscheidung damit auseinanderzusetzen haben ob und inwieweit ein Eingriff in Art. 8 EMRK vorliegen könnte.

Aufgrund der Besonderheiten und der verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11 a FPG) des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens kann die Durchführung der notwendigen Ermittlungen zum Familienleben und dem tatsächlichen Grad der behaupteten Erkrankung der beschwerdeführenden Partei nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch das erkennende Gericht selbst durchgeführt werden. Es war daher mit der ersatzlosen Behebung des gegenständlichen Bescheids vorzugehen."

Der Behörde wurde demnach im Erstverfahren - mit rechtskräftigem Beschluss - vom BVwG bindend aufgetragen, "Erhebungen und Feststellungen zum tatsächlichen Bestehen der Ehe der Antragstellerin, ihrer Gültigkeit im Heimatland sowie in Österreich, zu den gemeinsamen Kindern, dem bisherigen und dem geplanten weiteren Familienleben zu treffen sein und wird sich die Entscheidung damit auseinanderzusetzen haben ob und inwieweit ein Eingriff in Art. 8 EMRK vorliegen könnte." Diesem Auftrag ist die belangte Behörde (bzw. das BFA bei der Erstellung der Wahrscheinlichkeitsprognose) nicht vollständig nachgekommen, sondern hat sich darauf beschränkt, die Ungültigkeit der Zweitehe und damit das Fehlen der Angehörigeneigenschaft der Beschwerdeführerin zur Bezugsperson zu beleuchten.

Zufolge der dem behebenden Vorerkenntnis des BVwG zugrunde gelegten - hier aufgrund der besagten Bindungswirkung keiner weiteren Kommentierung zu unterziehenden - Rechtsansicht ist aber weiters zu prüfen, inwiefern durch die Trennung von Beschwerdeführerin und ihren Kindern, denen offenbar die Einreise bewilligt wurde, ein Eingriff in Art. 8 EMRK vorliegen könnte. Derartige den Behörden überbundene Ermittlungsschritte sind allerdings nicht erfolgt, insbesondere kann weiterhin nicht nachvollzogen werden, dass sich die belangte Behörde auf das Vorliegen von Einreisebewilligungen der Kinder stützt ohne weitere genauere Ausführungen zu diesen Feststellungen zu tätigen. Aus dem vorliegenden Akt können keinerlei Angaben zu den Kindern gewonnen werden. Die belangte Behörde hätte sich entsprechend dem Auftrag auch näher mit der (möglicherweise erteilten) Einreisebewilligung der Kinder auseinandersetzen müssen und in weiterer Folge im Lichte der bindenden Rechtsauffassung des BVwG im Erstbeschluss argumentieren müssen, inwiefern durch die Entscheidung und die damit einhergehende Trennung der Familie im Ergebnis keine ihrer nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte verletzt wurden.

Wenn das BFA in seiner Stellungnahme vom 18.10.2016 ausführt, dass aus dem bisherigen Akteninhalt ersichtlich sei, dass auch im Heimatstaat kein einheitliches Familienleben bestanden habe, es getrennte Haushalte gegeben habe und aus den bisherigen Einvernahmen ersichtlich sei, dass vor allem die Beschwerdeführerin diese familiäre Situation nicht gut heißen würde, so ist auszuführen, dass nicht nachvollzogen werden kann, wie die belangte Behörde zu diesem Schluss kommt, da sich diesbezüglich keine Unterlagen im Akt findet. Auch die Behauptung in dieser Stellungnahme, dass das Wohl der gemeinsamen Kinder von der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson durch die Nichtgewährung des Einreiseantrages der Beschwerdeführerin nicht gefährdet sei, hat die belangte Behörde nicht näher dargelegt.

Erst nach Durchführung des oben angeführten weiteren Ermittlungsverfahrens, Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes im oben dargestellten Sinn und erst wenn eine Mitteilung des BFA vorliegt, die einer nachprüfenden Kontrolle des Bundesverwaltungsgerichts zur Richtigkeit der negativen Prognose standhält, würde diese eine taugliche Grundlage für eine negative Entscheidung der Vertretungsbehörde über den

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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